Hallo,
fragt irgendwer danach, wann er sein Kind in Sachen „Straßenverkehr“ unterrichten soll? Eher nicht. Man beginnt mit der Verkehrserziehung in dem Moment, wo man sich mit dem Kind nach draußen begibt. Das Gesichertwerden im Autositz ist dabei häufig die erste Vekehrssicherheits-Erfahrung, die Kinder machen, noch bevor sie sich selbst aktiv im Straßenverkehr bewegen.
Ganz ähnlich funktioniert auch eine gute Aufklärung: Als Prozess, der in diesem Fall mit dem Moment beginnt, wo das Kind geboren wird. Aufklärung beginnt mit der Körperpflege des Säuglings, bei dem Eltern zum einen die Grundlagen in Punkto Hygiene legen, zum anderen durch handlungsbegleitendes Sprechen die Körperteile benennen. Wenn Penis und Scheide mit der selben Selbstverständlichkeit benannt werden, wie Arme und Beine, geht man den ersten Schritt der Aufklärung: Geschlechtsteile haben einen Namen und sind kein ominöses Etwas.
Der erste „richtige“ Schritt in Sachen Sexualität beginnt meist um das zweite Lebensjahr herum, wenn Kinder anfangen, ihren Körper zu entdecken und zu masturbieren. Anstatt hier mit Scham und Verboten zu reagieren, sollte behutsam der Schritt in die Richtung vollzogen werden, dem Kind klarzumachen, dass es okay ist, sich selbst zu streicheln, dass man das aber nur da tut, wo niemand zugucken kann.
Zwischen dem dritten und fünften Lebensjahr stehen dann in der Regel „Doktorspiele“ auf dem Entwicklungsprogramm, bei denen die Kinder ihre Neugier in Hinsicht auf ihren eigenen und den Körper anderer Kinder befriedigen. Auch hier ist eine bejahende Haltung der Eltern notwendig, die gleichzeitig einen aufmerksamen Blick auf den Verlauf der Spiele hat, der hilft, dann „aufklärend“ einzuschreiten, wenn die Initiative nicht von allen beteiligten Kindern gleichermaßen ausgeht oder ein Stärke - Ungleichgewicht besteht.
Übrigens entwickelt sich im gleichen Zeitraum auch das erste Schamgefühl, und mit dem „Warum“-Alter tauchen auch Fragen nach Schwangerschaft und Geburt auf, wenn das Kind damit konfrontiert ist. Die Frage danach, wie das Baby aus dem Bauch kommt, ist übrigens meist noch interessanter, als die, wie es hineingekommen ist
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Bevor ein Kind in die Schule kommt, hat es also bereits umfangreiche Erfahrungen in Hinblick auf Sexualität gesammelt - die Reaktionen der Erwachsensen darauf sind also essentieller Bestandteil der Sexualerziehung. Auch die Sauberkeitserziehung fällt in diesen Bereich, da auch sie den Umgang mit der eigenen Körperlichkeit zum Inhalt hat.
Hat das Kind bis hierher erfahren, dass der Körper und die körperlichen Vorgänge etwas Normales sind, wird es in der Folge Fragen stellen, wenn ihm Dinge neu sind, die man so einfach wie möglich beantwortet sollte. Genügt dem Kind die Antwort nicht, wird es weiterfragen. Tut es das nicht, ist das in aller Regel ein Hinweis darauf, dass es erst mal zufrieden mit der Antwort ist.
In Anbetracht der Tatsache, dass Mädchen oft schon mit 9 oder 10 Jahren ihre Mens bekommen, könnte das das als nächstes anstehende Thema bei Mädchen sein. Spätestens mit dem Eintritt der Blutung ist es an der Zeit, über Befruchtungsdetails zu sprechen.
Bei Jungs sind „feuchte Träume“ ein ebenfalls geeigneter Zeitpunkt für weitere Aufklärung.
Du siehst: Das Ganze kann (und sollte) völlig unaufgeregt im ganz normalen Verlauf der kindlichen Entwicklung passieren. Entscheidend ist, dass Eltern weder ausweichen, noch das Kind mit Informationen überfrachten, die es (noch) nicht braucht.
Einem Vierjährigen reicht - so er überhaupt danach gefragt hat - die Erklärung, dass ein Mann und eine Frau ein Baby bekommen, wenn sie sich sehr liebhaben. Mit zehn Jahren sollten die Details einer Befruchtung bekannt sein - auch dann, wenn das Kind nocht „kindlich“ wirken mag. Die Welt draußen macht davor nicht Halt, und eine sachkundige Aufklärung in einem geschützten Rahmen durch die Eltern ist einer auf der Straße mit Sicherheit vorzuziehen.
Schöne Grüße
Jule