Warum gibt es Frauen, die die Unterdrückung von Frauen befürworten bzw. sogar selber praktizieren?

Hallo und Guten Tag.

Gerade bin ich auf diesen Artikel gestoßen:

Häusliche Gewalt in Russland

Das bisschen Prügel

In Russland werden die Strafen bei häuslicher Gewalt gelockert, die Reform ist so gut wie durch. Eine Demütigung für Frauen wie Natalja Tunikowa - dabei wurde der Gesetzentwurf von weiblichen Abgeordneten initiiert.

(…)

Die konservative Duma-Abgeordnete Jelena Misulina ist eine der Initiatoren. Sie gehört zu den Verteidigerinnen der traditionellen, russischen Werte, die Gewalt als adäquates Mittel der Erziehung einschließen. „Wenn er dich schlägt, liebt er dich“ - besagt ein Sprichwort, es zeigt das widersprüchliche Verhältnis.

(…)

Ganzer Artikel:

Da frage ich mich: Warum beteiligen sich Frauen immer wieder auch gewaltsam an der Unterdrückung ihres eigenen Geschlechts? Das ist doch so wie jene Frauen die freiwillig zum IS reisen und dort z.B. die gewaltsame Verschleierung von Frauen durchsetzen oder jene Frauen, die als Kind selbst genitalverstümmelt worden sind und dennoch ihrerseits sich an der genitalen Verstümmelung von kleinen Mädchen beteiligen. Warum tun das Frauen anderen Frauen an, warum unterdrücken sie ihr eigenes Geschlecht, woher kommt das? Dummheit? Gehirnwäsche?

Vielen Dank für Antworten und Meinungsäußerungen,

Jasper

Hallo,

Wobei dies nichts mit Frauen und Männern zu tun hat! Die Männer sind da kein bisschen anders!

Die Gehirnwäsche kommt mit der Erziehung und die Dummheit verunmöglicht es, alles zu hinterfragen.

Ein weiterer Punkt dürfte noch die Zugehörigkeit sein. Hat man die selbe Meinung wie die Gruppe gehört man dazu.
Mit einer eigenen Meinung ist man schnell auffällig und exponiert.

Nicht jeder ist in der Lage sich eine eigene Meinung leisten zu können.

MfG Peter(TOO)

Hi,

Mit Dummheit hat das nichts zu tun. Man lebt und handelt selbst So, wie man es aus seiner Kindheit kennt. Und je stärker das Vorbild ist, sprich, je mehr Menschen im Umfeld sich so verhalten haben, für um so normaler hält es. So entsteht unser innerer moralischer Kompass. Deswegen grüßen wir, deswegen sagen wir bitte und danke- so lernen wir unsere gesamte Kultur, auch das Männer keine Röcke tragen und Pink für Mädchen ist. Bei uns ist Gewalt verpönt, trotzdem gibt es Leute, die es tun. Emotionale Gewalt gegen Kinder hingegen ist bei uns nicht verpönt. Es ist Ok, dem Kind zu sagen, dass man es nicht mehr lieb hat, wenn es dieses und jenes tut. Es ist Ok, entschuldigungen nicht anzunehmen oder eine Umarmung zu verweigern, weil man grad sauer ist. Warum? Weil das jeder so macht. Und weil man ja nicht schlägt.
All das macht keine der Verhaltensweisen richtig, aber es erklärt, warum wir oder jemand anderes die als normal empfinden.

Die Franzi

Hallo,

Dir ist hoffentlich bewusst, dass das Sprichwort kein Zitat der Jelena Misulina war. Nun etwas Sachlichkeit zur Darstellung:

Es geht nicht nur um Frauen bei dieser Reform, falls Dir das noch nicht aufgefallen sein sollte, sondern prinzipiell um häusl. Gewalt. Es betrifft also auch Mütter, die ihre Kinder schlagen oder ihren Vater, weil er sie als Pflegefall „zu sehr stresst“.

Dann sollte man auch mal die Relationen in der Bestrafung zurechtrücken.

(A) Minderschwerer Fall

Den Tätern drohen (…) Geldstrafe von bis zu (…) 460 Euro oder Freiheitsentzug bis zu 15 Tage.

460 Euro in Russland entsprechen in etwa einen Monatsdurchschnittseinkommen mit Stand 2014 nach dem Rubelverfall gegenüber dem Euro.

(B) Schwerer Fall

Das Strafgesetzbuch wird nur dann angewendet, wenn der Täter mehr als
einmal im Jahr zuschlägt, bei den Opfern Blutergüsse sichtbar sind oder
deren Knochen brechen.

Der Wiederholungsfall ist abgedeckt und für bereits minimale Körperverletzungen wie einen Bluterguss gibt es weiterhin bis zu zwei Jahre Haft.

Jetzt müsste man mal vergleichsweise entgegenhalten, wieviele Haftstrafen über 15 Tage in D wg. einer spurlosen Backpfeife tatsächlich verhängt wurden.

Ich bin ziemlich sicher, dass der Gesetzestext selbst umfangreicher ist und die Folgen exakter beschrieben werden als gebr. Knochen/Bluterguss.

Und dann wäre eigentlich noch die Frage abzuklären, ob häusl. Gewalt mit Knochenbruch nicht ohnehin unter anderen §§ abgehandelt wird.

Vielleicht wäre das eine Frage für das Rechtsbrett. Hier ginge es zum StGB für RUS. Leider nicht in dt. Übersetzung verlinkt.

Gruß
vdmaster

Hallo,

wobei dieser Artikel (es war ziemlich klar ersichtlich, dass das Zitat kein Zitat sondern ein Sprichwort war) ja nur als Einleitung für die eigentliche Frage war, die da lautete: Warum helfen Frauen, andere Fraue zu unterdrücken, oft mit den gleichen Methoden, die sie erfahren haben?
oder erweitert (von Antwortern angesprochen):
Warum geben Menschen Unterdrückung (zum Teil in ganz krasser Form wie Genitalverstümmelung, Gewalt, Freiheitsentzug, etc.), die sie selbst erfahren haben, an andere weitere, statt sich mit anderen zu solidarisieren?

Dazu schreibst du genau nichts.

Siboniwe

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Hallo,

ich wollte ebenfalls darauf hinweisen, dass das kein Männer-Frauen Problem ist, dass es jedoch bei der Frauenproblematik besonders deutlich zum Vorschein kommt.

Genauso könnte man aber fragen: Warum schlagen Eltern ihre Kinder, wenn sie selbst unter Schlägen gelitten haben? Dazu diese - meiner Meinung nach unsägliche - Aussage, die man so oft hört: „Ich wurde als Kind geschlagen und es hat mir nicht geschadet!“ (Ich wurde als Kind nicht geschlagen und es hat mir nicht geschadet – und nu? Außerdem kann mir kein Mensch sagen, wie ich geworden wäre, wenn man mich geschlagen hätte? Verängstigt? Psychotisch? Depressiv? Erfolgreich(er)? Fleissiger? Mitfühlender? Kälter?)

Warum vergehen sich frühere Opfer von Kindesmissbrauch ebenso wieder an Kindern?

Bei der letzten Frage scheint am deutlichsten ein pathologischer Zustand durch - das in minderschweren Fällen eben nicht aus rationalen, logischen Überlegungen heraus geschieht.

Erziehung (oder Indoktrination, wenn du so willst) spielt sicher eine Rolle. Das Bedürfnis, dazu gehören zu wollen (was dem- oder derjenigen aber oft nicht bewusst ist). Der Gedanke: „Mir ging’s nicht besser, warum soll es den anderen (jüngeren) besser gehen?“ Sicher auch ein Teil Verdrängung – „So schlimm war es nicht und es hat mir gut getan!“ (siehe oben)

Grüße
Siboniwe

Womit auch klar die Position des UP-Erstellers transportiert wurde, dass er diese Änderung im russ. Strafrecht als den Versuch von Frauen, andere Frauen zu unterdrücken, ansieht.

Dem wollte ich widersprechen.

Ich hatte auch nur das UP gelesen und nicht die Antworten darauf.

Die Grundfrage selbst wäre m.M.n. auch nichts für Gender Studies, sondern für das Psychologiebrett.

vdmaster

Seit wann verhindert eine falsche Entscheidung für ein Themenbrett eine Antwort?

Was du mit deinem Artikel wolltest, kann ich nicht beurteilen. Was rüber kam ist:

  1. eine Unterstellung an den UP, dass er ein Zitat missverstanden hatte (worauf nichts hindeutete)
  2. eine Relativierung von häuslicher Gewalt

Siboniwe

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Falsch! Dass er das zitierte Sprichwort als Zitat der Person mißverstanden haben könnte.

Das ist einen plumpe und extrem unverschämte Unterstellung von Dir. Eine glatte Beleidung.

Ich habe nicht die Gewalt relativiiert, sondern das Ausmaß der Gewalt, die gegen eine Person gerichtet wird. Etwas, was tagtäglich Praxis der Gerichte ist.

Es macht nämlich einen Unterschied, ob jemand verletzungsfrei blieb oder ihm mit dem Vorschlaghammer beide Beine zertrümmert wurden.

Du kannst Dich daher gerne trollen!

Das ist eben Tradition, die sind damit groß geworden. Viele verprügelte Frauen suchen ja die Schuld bei sich selbst. Hätten sie sich richtig verhalten, ihn nicht gereizt etc., wäre nichts passiert?
Das gibt irgendwie die Sicherheit /Illusion, man hätte Einfluss auf das Geschehen und ist dem prügelnden Kerl nicht hilflos ausgeliefert.

Das ist ein bisschen die Argumentation parallel zu"Wer nicht versucht hat, aus der DDR zu flüchten, der wurde auch an der Grenze nicht erschossen" (Nur ein Beispiel, analog zu anderem Unrecht"

Nicht plumper als deine an den UP (das „könnte“ macht es nur ein bisschen perfider).

Noch so ein kleiner, perfider Seitenhieb von dir, ein unbedarfter Mitleser könnte „trollen“ im Internet-Kontext ganz anders verstehen, als das, was du dann hinterher behauptest, gemeint haben wolltest …

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Ganz einfache Antwort: Weil auch Frauen eine politische Haltung haben (ob die schlau oder blöd, progressiv oder reaktionär ist, tut dem keinen Abbruch).

A bissl ausführlicher: Jeder Mensch, also auch jede Frau, ist ein Konglomerat vieler Identitätsvariablen. Eine davon ist das Geschlecht, eine andere die regionale Herkunft, die soziale Herkunft (sozioökonomischer Hintergrund), ein weiterer die Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft, noch einer die Zugehörigkeit zu einer ethnischen Gemeinschaft usw. etc. pp.

Daraus wird vollends ersichtlich, dass es eine „objektive Interessenslage der Frau“ nicht nur nie gegeben hat, sondern auch nicht geben kann, weil keine Frau nur Frau ist. Niemand ist nur sein Geschlecht.

Ganz ähnlich musste schon der Marxismus lernen, dass der „Arbeiter“ nicht nur seine „Klassenlage“ ist, sondern auch … siehe oben.

Gruß
F.

Neben der eigenen Sozialisation stellt sich für andere Völker ja auch die Frage, ob unsere westlich aufgeklärten Erkenntnisse zum einen im fremden Kontext isoliert praktikabel und zum anderen dort ohne die offensichtlichen „Begleiterscheinungen“ möglich sind.

Hallo,

vielleicht wäre statt „Dummheit“ eher „Mangel an Bildung und Kenntniss anderer Möglichkeiten“ angebracht.

Wer mit bestenfalls 4 Schuljahren in einer kleinen Gemeinschaft aufwächst, ohne Zugang zu anderen Meinungen hat kaum eine Chance, von der in der Umgebung herrschenden Kultur wirklich Abstand zu gewinnen, unabhängig von der persönlichen Intelligenz.

Noch seltsamer finde ich, dass hierzulande vor einigen Jahren, im Widerspruch zum Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit, die Beschneidung von Jungen erlaubt wurde.

Das ist hier nicht eben kulturell verankert, die Politiker, die so entschieden haben, hatten hoffentlich ausreichend Zugang zu Bildung etc. - warum wurde also hier ein so kulturell fremder archaischer Brauch, neu erlaubt?

Gruß, Paran

Hallo Paran,

Die Beschneidung von Jungen und Mädchen lässt sich medizinisch nicht vergleichen!

Besonders in warmen Regionen und schlechten hygienischen Verhältnissen, hat das Beschneiden von Jungs sogar gesundheitliche Vorteile. OK, das ist heute, und besonders in unserer Kultur, nicht mehr wirklich der Fall, wenn man täglich duschen kann.
Grundsätzlich hat die Beschneidung von Jungs keinen Einfluss auf die Funktionalität.
Interessant ist, dass die Beschneidung der Jungs in den meisten Kulturen bekannt ist, welche in heissen Regionen zu Hause sind.

Bei den Mädchen liegt, schon medizinisch, der Fall aber anders!

Aus welchen Überlegungen eure Politiker dies erlaubt haben, weiss ich nicht. Allerdings gehören die Juden schon auch zur deutschen Kultur. Allerdings erfolgte schon im Mittelalter eine Ausgrenzung z.B. durch die Beschränkung der Berufswahl.

MfG Peter(TOO)

Hallo,

das sehe ich auch so, die politische Identität der Misulina scheint ja doch etwas opportunistisch zu sein. Sie macht sich einen Namen – vielleicht auch vor dem Hintergrund einer stark patriarchischen russischen Gesellschaft – und sucht sich dafür die passenden Themen aus, um die konservativen Kräfte ihres Landes auf ihre Seite zu ziehen.

Die generalisierte Sicht auf eine solche Persönlichkeit als Opfer ihres persönlichen oder kulturellen Hintergrundes, halte ich für unangemessen, denn Viktimisierung (und das praktiziert sie selbst möglicherweise an anderen, versteckt in ihrem Gesetzentwurf?!) ist auch immer eine Art Rechtfertigung.

Sie ist eine von vielen derzeit besorgniserregenden politischen Kräften, die ihre Nase in den anti-liberalen Wind hält.

Der Spiegel-Artikel geizt leider mit Sachinformationen, stellt auch meiner Meinung nach irreführende Assoziationen her und ist mir persönlich zu reißerisch.

Hier wird der kulturelle Hintergrund etwas klarer:

…Denn bereits jetzt sei die Reaktion der russischen Polizei und der Gerichte auf das Problem nicht adäquat. Manche Frauen müssen zehn bis 20 Mal zur Polizei gehen. Ihre Anzeigen werden immer wieder abgelehnt, bis sich Menschenrechtsorganisationen oder Anwälte einmischen“, weiß sie aus Erfahrung. Schläge in der Familie würden nicht als ernstes Problem wahrgenommen…

das dürfte also vor der Strafrechtsreform auch schon so gewesen sein.

Gruß
Heidi

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Hallo vdmaster,

wenn es „nur“ um häusliche Gewalt Allgemein geht, darf dann, gemäß der Weltanschauung von Jelena Misulina, auch die Frau ihren Ehemann schlagen? Ich meine, in der Regel sind zwar Männer körperlich stärker als Frauen, aber es gibt doch durchaus einige Frauen, die Bodybuilding, Karate, Wendo, Kickboxen oder was auch immer beherrschen und sich also gegen gewalttätige Männer zur Wehr setzen und zurückschlagen können - oder sogar ihren „nervigen“ Mann zuerst schlagen. Dürften diese Frauen das dann auch, oder gilt laut Frauen wie Jelena Misulina das „Züchtigungsrecht“ im Zweifel nur für Männer?

Gruß Jasper.

Hallo Libor,

so könnte man dann ja z.B. bei weiblicher Genitalverstümmelung auch argumentieren. Oder bei der Frauenunterdrückung des IS. So könnte aber letzten Endes man bei jeder Gewalt argumentieren, sogar beim „Waterboarding“ der USA in Guantánamo, Motto: „Ist halt so bei denen, wir dürfen denen nicht unsere europäischen ‚Weichei-Normen‘ überstülpen.“

Gruß Jasper.

Du hast meinen Beitrag offenbar nicht verstanden oder wolltest ihn nicht verstehen.