Hallo Experten,
wie kann man das Auftreten von Masochismus evolutionsbiologisch erklären? Was nützt es dem Individuum (oder seinen Genen), wenn Unterwerfung, Schmerz und Ähnliches als lustvoll empfunden wird? Erhöht es die Chance zur Vermehrung, wenn sich ein Sadist und ein Masochist treffen?
Gruß!
Christian
Servus Christian,
das Problem wird hier durch die Fragestellung verursacht, weil sie die Methode von vornherein vorgibt. Die Frage ist analog gestellt zu: „Wie kann man eine Mondfinsternis ökonomisch erklären?“ - An diesem Beispiel mag deutlich werden, was für einen Einfluss die Fragestellung auf die Antwort hat.
Schöne Grüße
MM
Warum Masochismus?
Muss es einen Sinn haben, wozu braucht es einen Sinn? Wirkt sich doch beispielsweise auch Homosexualität negativ auf die Fortplanzung aus.
Die Fortpflanzungchancen werden eventuell lediglich durch die Erfüllung der eigenen Bedürfnisse erhöht.
Huhu!
Ich denke, man kann Masochismus schon „evolutionär“ erklären, die Frage ist, ob das sinnvoll ist.
- Menschen können sich mit einiger Anstrengung bestimmte Reize als positiv konditionieren.
Also, man kann ohne große Probleme eine Verknüpfung zwischen Geld und Erregung (also, sexueller) herstellen.
Schmerz/unangenehme Dinge gehen auch als Schlüsselreiz.
Warum das evolutionär sinnvoll ist, sollte klar sein.
Z.B. die Verbindung zwischen unangenehmer körperlicher Erschöpfung und Sattheitsgefühl (wenn ich noch ca. 20 Minuten hinter dem Mamut herlaufe, auch wenns weh tut, dann fällt es vor Erschöpfung tot um, und ich kann prima essen).
Abgesehen davon gibt es diese seltsame gesellschaftliche Neigung, Sexualität als etwas negatives darzustellen - warum das die Fittness erhöht, ist eine gute Frage.
Und da liegt die Verbindung zwischen Sex und Schmerz sehr nahe.
Also, man kann viel evolutionär erklären, aber beim Menschen kommt IMMER noch Kultur dazu.
Das sollte man nicht vergessen.
Viele Grüße!
Ph.
Hallo,
für das Überleben der Art ist es lediglich notwendig, daß eine hinreichend große Anzahl von Individuen sich fortpflanzt, bei weitem nicht alle, vielleicht sogar nur ein kleiner Bruchteil. Auf die Art kommt es an, nicht auf das Individuum.
Für das Überleben der Art scheint es aber ebenfalls notwendig zu sein, daß eine gewisse Anzahl von Individuen sich verhaltensbiologisch total antidurchschnittlich, und zwar unvorhersehbar, ungezielt und in vielen Fällen bizarr, verhält, damit ggf. auf Änderung von Umweltbedingungen rasch reagiert werden kann. Diese Individuen pflanzen sich normalerweise nicht fort und müssen es auch nicht.
Aus statistischen Durchschnitten das Verhalten eines Individuums zu prognostizieren (oder gar zu fordern!), ist sinnlos und sogar unzulässig.
Dies verstehen eine Menge von Menschen nicht, die gewisse Formen der Sexualität, der Kunst, der Individualität, der freien Persönlichkeitsentfaltung etc, z.B. staatlich unterbinden wollen. Ein Durchschnitt ist nur ein Durschnitt, von dem jeder abweicht.
Daher ist es auch sinnlos, jedwedes individuelle Verhalten auf biologische Sinnhaftigkeit zu untersuchen. Dazu ist der Mensch, sein Geist, sein Gehirn, viel zu komplex. Ein einzelner Mensch ist mehr als nur ein Zellhaufen, der sich fortpflanzt, auch wenn dies nach der Mittelung über X Menschen so aussehen mag.
Gruß
Moriarty
Hallo,
Aus statistischen Durchschnitten das Verhalten eines
Individuums zu prognostizieren (oder gar zu fordern!), ist
sinnlos und sogar unzulässig.
Ich stimme deinem gesamten Text völlig zu. Nur: Meine Frage war nicht, warum mein Nachbar ein Masochist ist (Individuum), sondern ob man Masochismus als ein Verhalten, dass offenbar regelmäßig bei einem nicht unerheblichen Teil der Menschheit vorkommt, evolutionsbiologisch erklären kann.
Gruß!
Christian
Wirkt sich doch beispielsweise auch Homosexualität negativ auf die
Fortplanzung aus.
Ja, interessanter Fall. Kommt offenbar sogar bei Tieren vor! Allerdings ist klar, dass die Evolution bisher dafür gesorgt hat, dass der Anteil homosexueller Individuen gering bleibt (sonst würde eine Spezies ja aussterben).
Hoffentlich hält mir jetzt nicht ein unaufmerksamer Leser vor, ich würde eine Minderheit diskriminieren…
Gruß!
Christian
Wirkt sich doch beispielsweise auch Homosexualität negativ auf die
Fortplanzung aus.
Moooooooooooooooooment! So ja mal nicht… Das ist einfach kurzsichtig!
Ja, interessanter Fall. Kommt offenbar sogar bei Tieren vor!
Fortpflanzung und damit das Durchsetzen einer Art hat nicht nur ausschließlich etwas mit der Syngamie von Keimzellen zu tun! Eine Art überlebt auch nicht, wenn alle Individuen in den nächsten Stunden/Wochen/Jahren sterben.
Es hat Studien gegeben, dass es Individuen einer Art gibt, die sich nicht selbst fortpflanzen, sondern es als ihre Aufgabe ansehen, sich um die Nachkommen einer Art zu kümmern, Neste zu bauen, Nahrung zu beschaffen u.a.
Allerdings ist klar, dass die Evolution bisher dafür gesorgt
hat, dass der Anteil homosexueller Individuen gering bleibt
(sonst würde eine Spezies ja aussterben).
Das hat nichts mit Evolution zu tun. Es kann ja gar nichts mit Evolution zu tun haben, da die Homosexuellen ja ihre Neigung gar nicht an andere Generationen weitergeben können.
Hoffentlich hält mir jetzt nicht ein unaufmerksamer Leser vor,
ich würde eine Minderheit diskriminieren…
Ich bin sehr aufmerksam, aber mit dem Thema Homosexualität habt ihr sehr sehr heiße Eisen angefasst!
Gruß,
Kyan
Hallo, Christian,
wenn wir schon mal Parallelen zur Tierwelt ziehen - staatenbildende Insekten sind ein schönes Beispiel dafür, dass die Mehrzahl der Population aus geschlechtlich inaktiven(bzw irrelevanten) Individuen bestehen kann.
Möglicherweise wiederholt die Evolution hier nur ein erfolgreiches Modell (was sie ja gelegentlich macht)?
Gruß
Eckard
Evolution
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Allerdings ist klar, dass die Evolution bisher dafür gesorgt
hat, dass der Anteil homosexueller Individuen gering bleibt
(sonst würde eine Spezies ja aussterben).Das hat nichts mit Evolution zu tun. Es kann ja gar nichts mit
Evolution zu tun haben, da die Homosexuellen ja ihre Neigung
gar nicht an andere Generationen weitergeben können.
Lieber kyan,
ich hoffe, ich tret’ Dir nicht auf die Füße, das hab’ ich nämlich nicht vor.
Ich muß allerdings in der Sache sehr bitten!
Die Vorstellung von Evolution, auf die Du Dich beziehst, wie soll ich es sagen…, ist leicht archäologisch…
Ich hoffe die Wortwahl kommt Dir nicht angriffig vor, ist auch nicht so gemeint.
Gerne können wir in Folgezeiten darüber reden - ist keine Floskel - jedoch für den Einstieg mag ich Dir zunächst die Vertiefung in das sogenannte „Handicapprinzip“ empfehlen, welches ich zwar anders nenne… aber man muß nicht alles verkomplizieren. Von ihm aus könnte man zu einigen der modernen Gesichtspunkten der Evolution durchaus gelangen. Zumindest handelt es sich um einen vertrebaren Pfad, um sich ihnen zu nähern.
Auch schwierige Sondernaspekte des Sexuellen, wie die Bedeutung sogenannter sadistischer und masochistischer Impulse in der menschlichen Sexualität werden dann mit der Zeit wohl eher einordnbar.
abifiz
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Hallo,
als Naturwissenschaftler, der ich bin (wenngleich auch kein Biologe) würde ich Aussagen hierzu immer skeptisch betrachten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß mir irgend jemand überzeugend und wissenschaftlich korrekt nachweisen kann, warum Masochismus evolutionsbiologisch sinnvoll sein soll. Ebensowenig, wie eine tiefe Abscheu vor Knöpfen oder Katzen, Musikalität, Schwindelfreiheit oder Koprophilie. Wie will man das tun? Es werden immer mehr oder weniger plausible Spekulationen sein wie die folgenden, die ich mir gerade eben willkürlich aus den Fingern sauge:
- Eher evolutionsbiologisch: In der Geschichte der Menschheitswerdung und auch im Tierreich gibt es sowohl agressives also auch unterwürfiges, oft instinktives Sozialverhalten. Instinktives Verhalten wird über Emotionen gesteuert, wie etwa Abscheu, oder eben Lust. Bei gewissen Individuen mag unterwürfiges Verhalten oder das Empfangen von Schmerz besonders stark mit Lust gekoppelt sein.
- Eher psychologisch-freudsch: Durch eine z.B. frühkindliche Prägung, über eine Kopplung von Belohnung und Schmerz, wurde eine solche Verhaltensweise geprägt.
- Eher neuropsychologisch: Gewisse Hirnareale, wie das Belohnungszentrum oder das für Sexualität, sind mit anderen Arealen, etwa für die Wahrnehmung von Schmerz, die im Gehirn an ähnlichen Stellen liegen mögen, durch eine Veranlagung ungewöhnlich stark gekoppelt.
Die Liste könnte man sicher fortsetzen, und es wäre sicher ein treffliches Thema für eine Maischberger, oder Club 2. Allein der Sinn erschließt sich mir nicht. Meine Meinung bleibt, daß es eben Veranlagung ist, und daß es nicht den geringsten Sinn zu haben braucht, solange es das Fortbestehen der Art nicht gefährdet.
Viele Grüße
Moriarty
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Hallo Abifiz!
Die Vorstellung von Evolution, auf die Du Dich beziehst, wie
soll ich es sagen…, ist leicht archäologisch…
Ansichtssache.
Zumindest handelt es sich um einen vertrebaren Pfad, um sich
ihnen zu nähern.
Es gibt ja bekanntermaßen immer verschiedene Pfade…
Auch schwierige Sondernaspekte des Sexuellen, wie die
Bedeutung sogenannter sadistischer und masochistischer Impulse
in der menschlichen Sexualität werden dann mit der Zeit wohl
eher einordnbar.
Und erkennbar werden, ob das überhaupt etwas mit genetischer Determination zu tun hat. Und in wie fern das überhaupt Effekte rund um die Evolution sind.
Gruß,
Kyan
ich denke masochismus ist eine konditionierung auf negative aufmerksamkeit in der kindheit. kinder wollen und müssen sich erleben und spüren. kinder brauchen aufmerksamkeit von ihren eltern von denen sie ja materiell und emotional abhängig sind. zuviele eltern können dies nur in form von schlägen und erniedrigungen und für diese kinder ist es dann, so schlimm es sich anhört, tröstlich in irgend einer form relevant zu sein. diese erfahrungen gehen dann je nach ‚biochemie‘ nach innen (maso) oder nach aussen (sado). frauen neigen eher zu selbstzerstörung (z.b. magersucht) - männer ziehen in den krieg (z.b. jugendkriminalität die fast nur von jungs ausgeht)… meine frage: gibt es mehr masochistinnen oder masochisten?