Warum mögen sie sich nicht?

Noch einmal Ramadan
Hallo Omar,

noch eine Publikation zum selben Thema:

http://www.taz.de/pt/2005/03/02/a0191.nf/text

Auf mich wirkt die Argumentation der Autorin überzeugend.

Gruß

Hallo peet,

Auf mich wirkt die Argumentation der Autorin überzeugend.

Welche Argumente meinst du denn genau? Frau Fourest stellt zum grössten Teil nur Behauptungen auf:
„Er ist ein politischer Führer, der das Werk seines Großvaters Hassan al-Banah vollenden will.“ ohne einen Beweis anzuführen. Ich werde versuchen, die Argumente zu besprechen, die ich im Interview finden kann.

  1. Verbindungen zu den Muslimbrüdern.
    Sie erklärt, dass die Verbindung nicht unbedingt eine Mitgliedschaft darstellen, sondern auch in Form der gedanklichen Übereinstimmung auftreten. Hierbei muss man bedenken, dass Muslime - allein dadurch, dass sie Muslime sind - gedankliche und weltanschauliche Übereinstimmungen aufweisen können. Auf der anderen Seite sind einige Dinge rein organisatorischer Natur:
    „Ramadan erklärt in seinen Kassetten, dass sein Großvater empfiehlt, Einflusszonen zu finden, zu suchen, um sich darin zu etablieren und seine Ziele voranzutreiben.“
    Das machen alle! Ob es ein Tierschützerverein ist, die Kirche oder eben auch islamische Organisationen (nicht wirklich erfolgreich); jeder versucht die Interessen und Vorstellungen seiner Mitglieder an die höchste Priorität zu stellen. Was sollte daran denn schlimm sein? Aber allein dadurch, dass sie seinen Grossvater nennt, wirkt das ganze sehr wie eine Verschwörung… Genauso kurz danach:
    „Aber er sagt wie sein Großvater, dass es einen Diskurs für das Innere und einen für das Äußere gibt“
    Schonmal in einem Verein gearbeitet? Oder in einer Partei? Oder in einer Firma? Alle machen genau das: intern wird anders diskutiert als extern; dafür sind dann auch Pressesprecher da!

Es geht weiter mit den komischen Vergleichen und Gleichsetzungen mit der Muslimbruderschaft; alles ohne haltlose Argumente.

„Er hasst die liberalen Muslime. Er nennt sie „Muslime ohne Islam“.“ Ehrlich gesagt, kann ich mir gut vorstellen, was er mit Muslimen ohne Islam meint; das sind die Muslime, die sagen, sie wären Muslime, aber sich nicht an die islamischen Gebote halten. Wenn das die liberalen Muslime sind (und folgerichtig fundamentalistische Muslime welche sind, die sich an die Gebote halten), dann ist es nicht so schlimm, ein Fundamentalist zu sein! Wenn aber von Muslimen verlangt wird, sich nicht an ihre religiösen Gebote zu halten, dann frage ich mich, wozu es überhaupt Religionsfreiheit gibt? Oder soll es als die Freiheit (oder der Zwang) keine Religion zu haben verstanden werden???

Genauso hier:
" Er ruft dazu auf, die Gesetze zu respektieren.

Solange ein Gesetz islamisch ist. Aber er sagt auch: Respektiere das Gesetz, wenn das Gesetz dich nicht verpflichtet, etwas gegen deine Religion zu tun."
Was ist hieran das Problem? Wenn das Gesetz mich verpflichten will, bspw Alkohol zu trinken, dann werde ich das Gesetz brechen (ich werd natürlich versuchen, dass das Gesetz nicht durchkommt, aber das ist ne andere Geschichte).

Was jegliche Attentate angeht, so kann ich aus eigener Erfahrung sagen, dass er sie selbst vor Muslimen als unislamisch bezeichnet.

" Was erwartet sein Publikum von ihm?

Es stellt präzise Fragen: Bruder Tariq, kann ich ins Kino gehen, mit einem Mädchen gehen, diese oder jene Musik hören? Er sagt: Rap ist untersagt, höre islamische Gesänge und Musik. Geh Filme angucken, aber guck dir nicht das „Unwürdige“ an, das Nichtmuslimische, das nicht „unsere Werte“ sind. Das soll heißen: Geh nicht hin, wenn es Szenen mit Sex gibt. Er tut das in einem Land wie Frankreich. Vor jungen Leuten meiner Generation. Wenn Ramadan nicht wäre, würden sie Rap hören und mit Mädchen ausgehen. "

OH, das ist wirklich schlimm, da sollte die französische Justiz unbedingt was unternehmen, so kann das nicht weitergehen!! Ist es auch ein Strafbestand, wenn man Leuten erzählt, sie dürften keinen ausserehelichen Geschlechtsverkehr haben? Also ehrlich, die Argumentation ist so schlüssig wie - wie eine wirklich unschlüssige Argumentation!

Und dann: Warum ist Ramadan gefährlich? Na, weil Kinder nach Hause rennen könnten und ihrer Mutter sagen würden, sie müsste ein Kopftuch anziehen! Wow, dieses Argument hat mich umgehauen!

Dann wird klar, was die Frau Fourest eigentlich erreichen will (und das führt mich auf meinen anderen Text in Bezug auf die Medienarbeit zurück): „Wenn die Journalisten aufhören, ihn als liberal und aufgeklärt vorzustellen, reicht das.“ Jetzt geschieht hier etwas sehr interessantes: Jetzt soll dieser Mensch kein Gesprächspartner sein. Man fragt sich nun, welcher Muslim denn Ansprechpartner sein kann? Naja, es sollte ein liberaler Muslim sein (an sich schon komisch, denn von anderen Religionen gibt es Ansprechpartner, die sich selbst durchaus als orthodox ansehen (Juden, Christen)). Aber wie Frau Fourest kurz darauf sagt, leben liberale Muslime ihren Glauben im Privaten („Ihre Religion ist eine private Praxis.“) Das heisst, diese scheiden für einen Dialog und eine politische Auseinandersetzung auch aus; - und schon kann man sich das Gespräch ersparen!!

Insgesamt bleibt meine Aussage vom vorigen Beitrag stehen: Ramadan (ersetze hier mit irgendeinem anderen Muslim) gefällt der Frau Fourest (und einigen anderen) nicht (vor allem scheinbar weil er populär ist), deshalb muss er ein Fundamentalist sein. Als Beweis dafür, dass er einer ist, wird angeführt, dass er Muslim ist, der sich an die islamischen Gebote halten möchte. In anderen Religionen nennt man das „gläubig“, aber nicht im Islam!

Meine Empfehlung an dich persönlich: Eine gute Ausarbeitung über fundamentalistische Organisationen liefert meines Erachtens das Buch - mit dem schlechtgewählten Titel - „Terror in Allahs Namen“ von Peter Heine. Das hilft, solche Aussagen, wie sie Frau Fourest von sich gibt, ein wenig differenzierter zu sehen. Vor allem geht es um die Muslimbrüder. Peter Heine versucht im Buch zu differenzieren. Das ist auch das einzige Buch, was ich kenne, in dem nicht nur einfach Worte zusammengewürfelt werden, um islamische Organisationen und Denkrichtungen zu beschreiben, sondern einigermassen fundiert die Hauptgedanken Letzterer beschrieben und teilweise analysiert und aufeinander zurückgeführt werden.

Gruss, Omar Abo-Namous

Hallo Omar,

deine Empfehlung (Peter Heine) finde auch ich gut angebracht.

Online kann man ihn sogar im Fernsehen empfangen:

http://www.3sat.de/3sat.php?http://www.3sat.de/kultu… (der weitere Link führt zum realvideostream)

Er unterstützt die aufgeklärte Tendenz im Islam gegen die fundamentalistische, und darin sind wir uns anscheinend auch einig.

Nur nicht in der Einschätzung der Rolle des Tariq Ramadan. Wir kennen beide das besagte Buch nicht. Dein Mißtrauen hast du ausführlich dargelegt. Deine Argumentation ist für mich aufschlussreich und bringt mich persönlich dazu, der Autorin noch einmal mehr Recht zu geben.

Einige Beispiele.

  1. Verbindungen zu den Muslimbrüdern.

„Aber er sagt wie sein Großvater, dass es einen Diskurs für
das Innere und einen für das Äußere gibt“
Schonmal in einem Verein gearbeitet? Oder in einer Partei?
Oder in einer Firma? Alle machen genau das: intern wird anders
diskutiert als extern; dafür sind dann auch Pressesprecher da!

Deiner Meinung nach machen das alle, du also inclusive. Bei mir verhält es sich anders. Auch wenn ich zu einem „Verein“ gehöre, handle ich nach meinem Gewissen, nicht nach Gesetzen einer Religion, einer Partei. Ich hasse die Doppelzüngigkeit und bekämpfe sie sowohl schriftlich als auch öffentlich. Ich sehe mich darin keinesfalls als eine Ausnahme, diese Position ist eine Folge der Aufklärung. Die Aufklärung mag in einigen zum Teil auch wichtigen Aspekten mißlungen zu sein, die Macht der Religion hat sie geschwächt. Die Doppelzüngigkeit ist der Feind der Aufklärung.

Genauso hier:
" Er ruft dazu auf, die Gesetze zu respektieren.

Solange ein Gesetz islamisch ist. Aber er sagt auch:
Respektiere das Gesetz, wenn das Gesetz dich nicht
verpflichtet, etwas gegen deine Religion zu tun."
Was ist hieran das Problem? Wenn das Gesetz mich verpflichten
will, bspw Alkohol zu trinken, dann werde ich das Gesetz
brechen (ich werd natürlich versuchen, dass das Gesetz nicht
durchkommt, aber das ist ne andere Geschichte).

Was jegliche Attentate angeht, so kann ich aus eigener
Erfahrung sagen, dass er sie selbst vor Muslimen als
unislamisch bezeichnet.

Ausser Alkohol und Attentaten gibt es keine weiteren Beispiele? Nur diese Art von Polemik oder kannst du den zitierten Satz auch ernsthaft diskutieren? Schon etwas von Säkularisierung gehört? :smile: Von dem Verhältnis zwischen dem Staat und der Religion?..

" Was erwartet sein Publikum von ihm?

Es stellt präzise Fragen: Bruder Tariq, kann ich ins Kino
gehen, mit einem Mädchen gehen, diese oder jene Musik hören?
Er sagt: Rap ist untersagt, höre islamische Gesänge und Musik.
Geh Filme angucken, aber guck dir nicht das „Unwürdige“ an,
das Nichtmuslimische, das nicht „unsere Werte“ sind. Das soll
heißen: Geh nicht hin, wenn es Szenen mit Sex gibt. Er tut das
in einem Land wie Frankreich. Vor jungen Leuten meiner
Generation. Wenn Ramadan nicht wäre, würden sie Rap hören und
mit Mädchen ausgehen. "

OH, das ist wirklich schlimm, da sollte die französische
Justiz unbedingt was unternehmen, so kann das nicht
weitergehen!! Ist es auch ein Strafbestand, wenn man Leuten
erzählt, sie dürften keinen ausserehelichen Geschlechtsverkehr
haben? Also ehrlich, die Argumentation ist so schlüssig wie -
wie eine wirklich unschlüssige Argumentation!

Und dann: Warum ist Ramadan gefährlich? Na, weil Kinder nach
Hause rennen könnten und ihrer Mutter sagen würden, sie müsste
ein Kopftuch anziehen! Wow, dieses Argument hat mich
umgehauen!

Hier spätestens wird es für dich sehr amüsant. Ich bedauere es dir sagen zu müssen: Dein Lachen klingt unangenehm. Du klammerst sehr viel aus - die ungleiche Rolle der Männer und Frauen in der moslemischen Tradition, die u.a. in letzter Zeit zu immer häufigeren Verbrechen führt; die ungeheuere Auswirkung des gesamten Kopftuchstreites auf beide Seiten der Auseinandersetzung.

Dann wird klar, was die Frau Fourest eigentlich erreichen will
(und das führt mich auf meinen anderen Text in Bezug auf die
Medienarbeit zurück): „Wenn die Journalisten aufhören, ihn als
liberal und aufgeklärt vorzustellen, reicht das.“ Jetzt
geschieht hier etwas sehr interessantes: Jetzt soll dieser
Mensch kein Gesprächspartner sein.

Wo hat sie das gesagt? Hat sie das überhaupt gesagt?

Man fragt sich nun, welcher
Muslim denn Ansprechpartner sein kann? Naja, es sollte ein
liberaler Muslim sein (an sich schon komisch, denn von anderen
Religionen gibt es Ansprechpartner, die sich selbst durchaus
als orthodox ansehen (Juden, Christen)). Aber wie Frau Fourest
kurz darauf sagt, leben liberale Muslime ihren Glauben im
Privaten („Ihre Religion ist eine private Praxis.“) Das
heisst, diese scheiden für einen Dialog und eine politische
Auseinandersetzung auch aus; - und schon kann man sich das
Gespräch ersparen!!

Es geht ihr nicht um deine Frage (mit wem man redet), sie hat eine ganz andere gestellt - nach wahren Bezeichnungen (wissen, mit wem man redet). Wenn Ramadan eher ein Vermittler zwischen den Fundamentalisten und Normalos ist, dann wird er anders verstanden als wäre er nur „ein“ Muslim. Nur darum geht es. Lesen und die Doppelzüngigkeit aufdecken. Beim Namen nennen.

Gruß