Warum sind Verhandlungen oft öffentlich?

Dass die Gerichte sich oft schützen vor ungerechter Rechtssprechung oder Beweisführung mit öffentlichen Sitzungen bei den Verhandlungen ist einleuchtend, aber warum werde ich als Angeklagter da nicht um meine Zustimmung gebeten ?

Immerhin bin ich am Pranger und alle Welt hört zu !

Nützen würde meine Vermummung auch nicht, weil ja meine Legitimation laut kund getan werden muss.

Irgendwie ist das Verletzung der Menschenwürde und ein Zeuge oder ein so ein Pressefuzzi würde doch ausreichen !

Marleen

Hallo,

unsere Rechtsprechung ist im Grundsatz halt öffentlich, es ist ein Rechtsstaatsprinzip, Recht nicht hinter verschlossenen Türen zu sprechen.
Ich könnte mir vorstellen, dass es bei grundsätzlich nichtöffentlichen Verhandlungen genügend Stimmen geben würde, die die Öffentlichkeit fordern.
Und, wer als Straftäter vor Gericht steht, ist

  1. in den meisten Fällen selber schuld und kennt
  2. das Risiko, vor Gericht erkannt zu werden, schon vor der Tat

Gruss

Iru

Moment
Hallo,
als Angeklagter vor Gericht zu stehen, heisst nicht schuldig zu sein.
Natürlich ist das äußerst unangenehm, und wirkt sicher wie am Pranger zu stehen.
Wenn aber die Unschuld festgestellt wird, ist es aber eben auch öffentlich, und kann entlastend sein. Im Strafverfahrensfall wird ja gelegentlich schon lange vor Prozeßbeginn das an den Pranger stellen ja schon von der Presse erledigt.

Das Blöde daran ist aber erstens, dass nicht immer alles mit böser Absicht passiert, sondern viel mit der Unfähigkeit (was ich keineswegs verurteilen will) sich in der Gesellschaft zurecht zu finden zutun hat, und der Angeklagte dann auch noch öffentlich (von der Gesellschaft) „begutachtet“ und verurteilt wird.
Bzw. jemand sein ganzes Leben sich korrekt verhält und einmal vielleicht aus Unachtsamkeit, oder sonst einer dummen Konstellation heraus einen schweren Unfall verursacht.
Und zweitens, dass die Gerichte alles anderes als unfehlbar sind.

OL

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Die Öffentlichkeit des Verfahrens richtet sich gegen die geheime Kabinettsjustiz, dient also der Kontrolle und somit gerade dem Schutz des Angeklagten. Müsste der Angeklagte zustimmen oder könnte er die Öffentlichkeit auszuschließen verlangen, ließe er sich entsprechend unter Druck setzen.

Levay

Ganz klasse !

Sicher würde da auch ein Zeuge ausreichen und bitte diese Antwort dazu nicht vergerssen !

Ich bin ja auch für Bloßstellung eines Kinderschänders oder Mörders, aber so ein armer Tropf, der wohnsitzlos,einen Diebstahl begeht,um im Knast nicht zu frieren, muss doch nicht noch öffentlich spießrutenlaufen !

Ich selbst musste schon als Zeugin einen ganz peinlichen Vorfall dokumentieren und war zusätzlich Klägerin.
Ich leugnete soviel es ging, weil es mir einfach peinlich war.

Nicht der Sachverhalt ansich, sondern vielmehr, dass die Verhandlung in meinem kleinen Kaff war und meine Kids schon umziehen wollten danach.

Warum nicht nur Einer als Zeuge ?

Marleen

Außerdem finde ich diesen öffentlichen Pranger eine Verletzung der Menschenwürde, da sich der nie mehr in die gewohnte Umgebung, Gesellschaft traut !
Da wiederspricht sich das Gesetz !

Vielleicht weißt Du, warum nicht nur ein Zeuge reicht.

Marleen

Vielleicht erklärst Du mir, warum sich das Gestez da wiederspricht, wenn der öffentl.Pranger auch bei Kavaliersdelikten oder auch Zeugen gegen die Menschenwürde verstösst !

Doch das tut er!

Danach ist man bekannt, wie Nachbars Luhmpi !

Warum reicht nicht ein Zeuge aus ?

Marleen

Dass die Gerichte sich oft schützen vor ungerechter
Rechtssprechung oder Beweisführung mit öffentlichen Sitzungen
bei den Verhandlungen ist einleuchtend, aber warum werde ich
als Angeklagter da nicht um meine Zustimmung gebeten ?

Du hast als Angeklagter durchaus das Recht, u. a. zum Schutz deiner Persönlichkeitsrechte Ausschluß der Öffentlichkeit zu verlangen. Ob diesem Verlangen nachgegeben wird, entscheidet das Gericht. Deine weitergehende Forderung, Entscheidungen des Gerichtes von der Zustimmung des Angeklagten abhängig zu machen, ist jedoch aus offensichtlichen Gründen unsinnig.

Gruß

Hallo Marleen,

Warum reicht nicht ein Zeuge aus ?

u. a. weil Zeugen vor Gericht, wie du halt auch, nicht immer die ganze Wahrheit sagen.

Gruß

Johnny

Hallo

Sicher würde da auch ein Zeuge ausreichen und bitte diese
Antwort dazu nicht vergerssen !

nur ein Zeuge von Seiten des Angeklagten oder von Seiten des Staatsanwaltes? Ein Richter soll, nein er muss sich ein Urteil über den Fall bilden und danach möglichst gerecht entscheiden. Und wenn zu so einer Urteilsfindung mehrere Zeugen notwendig wären, dann werden sie eben geladen und müssen aussagen. Und wenn es 100 Zeugen sind. Wie würdest du darüber denken, wenn nur ein Belastungszeuge aussagen darf, der Entlastungszeuge - da dann schon mehr als einer - einfach nicht geladen werden darf.

Ich bin ja auch für Bloßstellung eines Kinderschänders oder
Mörders, aber so ein armer Tropf, der wohnsitzlos,einen
Diebstahl begeht,um im Knast nicht zu frieren, muss doch nicht
noch öffentlich spießrutenlaufen !

Frage doch mal den Geschädigten des Diebstahls, was der über den „armen Tropf“ denkt, ob er eine öffenlichte Verhandlung will.
Eine Gerichtsverhandlung ist keine Blosstellung, auch wenn es so empfunden wird. Ich betone nochmals, dass das ein Rechtsstaatsprinzip ist. Recht wird nicht hinter verschlossenen Türen gesprochen!

Ich selbst musste schon als Zeugin einen ganz peinlichen
Vorfall dokumentieren und war zusätzlich Klägerin.
Ich leugnete soviel es ging, weil es mir einfach peinlich war.

du bist doch der lebende Beweis dafür, dass ein Zeuge eben nicht ausreicht. Nebenher: wer als Zeuge den Richter anlügt, macht sich selbst strafbar.

Nicht der Sachverhalt ansich, sondern vielmehr, dass die
Verhandlung in meinem kleinen Kaff war und meine Kids schon
umziehen wollten danach.

Und deshalb sollte man ein Rechtsstaatsprinzip auf den Kopf stellen?

Warum nicht nur Einer als Zeuge ?

Siehe oben.

Iru

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Weil ‚Im Namen des Volkes‘ geurteilt wird
…und da wäre es doch schlecht, wenn das Volk überhaupt nicht wüsste, was im Gerichtssaal vor sich geht.

Im übrigen hast du mit dem Pranger prinzipiell nicht ganz unrecht, mit der Einschränkung allerdings, dass man - im Mittelalter tatsächlich wie heute nur im übertragenen Sinn - erst nach rechtskräftiger Verurteilung am Pranger steht oder auf dem Schafott. Dann aber durchaus öffentlich. Denn Strafe soll ja auch eine präventiv-abschreckende Wirkung auf andere haben. Wenn niemand glauben müsste, dass für entsprechende Straftaten auch wirklich jeder jederzeit eingesperrt werden kann, hätte das Gefängnis keinerlei abschreckende Wirkung und man könnte es sich gleich schenken, Freiheitsstrafen zu verhängen. (Denn natürlich ist eine Freiheitsstrafe für Straftaten jeder Art prinzipiell ebensowenig zur Wiedergutmachung der Tatfolgen geeignet wie die Todesstrafe für Mord und im übrigen widerspricht Freiheitsentzug ebenso den Menschenrechten wie Töten von Amts wegen.)

Gruß
smalbop

Hallo,

Sicher würde da auch ein Zeuge ausreichen

Und wer sucht den aus?

Ich bin ja auch für Bloßstellung eines Kinderschänders oder
Mörders,

…und entsprechend verdächtiger, oder was? Nachträglich die
Verhandlung nochmal für die Öffentlichkeit wiederholen? Vorher
festlegen, wer schuldig ist? Oder wie stellst Du Dir das vor?

aber so ein armer Tropf, der wohnsitzlos,einen
Diebstahl begeht,um im Knast nicht zu frieren, muss doch nicht
noch öffentlich spießrutenlaufen !

Man klaut, um im Knast nicht zu frieren??? Die Zellen sind
geheizt.

Ich selbst musste schon als Zeugin einen ganz peinlichen
Vorfall dokumentieren und war zusätzlich Klägerin.
Ich leugnete soviel es ging, weil es mir einfach peinlich war.

Hä? Warum hast Du dann überhaupt geklagt?

Warum nicht nur Einer als Zeuge ?

Weil es schlicht schwachsinnig ist.

Btw., Du hast als Zeuge gelogen. Wer verhindert das denn wohl, wenn immer nur ein einziger Zeuge zugelassen wird?

Gruß
loderunner

faires Verfahren
Ein Schulfreund von mir wurde vor 23 Jahren in der DDR wegen staatsfeindlicher Hetze etc. angeklagt. Die Verhandlung war nicht öffentlich. Die Familie und wir Freunde wußten erst Wochen später von seiner Verurteilung.

Das Urteil wurde ohne Öffentlichkeit gefällt und keiner wusste warum und weshalb. Das Gericht hat sozusagen nach der Nase das Urteil gefällt bzw. von politisch-administrativer Seite wurde eine Vorgabe zum Urteil gestellt.

Es war totales Unrecht und keiner konnte sich wehren bzw. wenigsten wahrnehmen warum? Die Frage nach dem Warum konnten mein Freund erst nach 1991 klären und sich dann rehabilitieren lassen.

Diktaturen schliessen die Öffentlichkeit aus um sich zu schützen.

Ich möchte nie wieder erleben müssen, daß Menschen kein faires Verfahren bekommen, und dazu gehört eben auch eine Öffentlichkeit, die durch ihre pure stille Präsenz das Gericht „kontrolliert“.

Christian

Vielleicht erklärst Du mir, warum sich das Gestez da
wiederspricht, wenn der öffentl.Pranger auch bei
Kavaliersdelikten oder auch Zeugen gegen die Menschenwürde
verstösst !

Nein, da liegt kein Verstoß gegen die Menschenwürde vor. Man kann nicht einfach bei allem, was irgendwie unangenehm ist, von einem Verstoß gegen die Menschenwürde sprechen.

Doch das tut er!

Ich versichere dir: nein!

Danach ist man bekannt, wie Nachbars Luhmpi !

So ist das leider mit vielen rechtlichen Entscheidungen. Man muss verschiedene Interessen unter einen Hut bringen. Natürlich kann es für einen Angeklagten auch nachteilig sein, wenn der Prozess öffentlich stattfindet. Das ändert nichts daran, dass es in erster Linie vorteilhaft ist.

Warum reicht nicht ein Zeuge aus ?

Die Frage mutet merkwürdig an, wenn man bedenkt, dass du hier heute zugegeben hast, vor Gericht schon eine Falschaussage gemacht zu haben. Übrigens: ziemlich mutig, das hier zuzugeben. Das ist nämlich strafbar.

Levay

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als Angeklagter vor Gericht zu stehen, heisst nicht schuldig
zu sein.

Schöner Satz. Und nun raten wir alle, ob da ein Komma fehlt oder nicht.

Grinsend

Christian

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Hallo,

Ein Schulfreund von mir wurde vor 23 Jahren in der DDR wegen
staatsfeindlicher Hetze etc. angeklagt. Die Verhandlung war
nicht öffentlich. Die Familie und wir Freunde wußten erst
Wochen später von seiner Verurteilung.

Ich nehme an, selbst in der DDR hatten Angeklagte einen Verteidiger.
Warum wurden die Bekannten nicht durch diesen informiert?
Gruß
Pontius

Anwaltliche Schweigepflicht?

Anwaltliche Schweigepflicht?

Klar, ich habe bildlich vor Augen, wie der Angeklagte zum Anwalt sagt: „…und ich möchte ausdrücklich festhalten, dass ich Sie gegenüber meinen Verwandten nicht von Ihrer Schweigepflicht entbinde. Kommen Sie ja nicht auf die Idee, denen mitzuteilen, wohin ich verschleppt wurde!“

Mit stirnrunzelndem Gruß
smalbop

Hallo,

Der Anwalt hat die Familie informiert, aber eben erst einige Wochen (es waren nach meiner Erinnerung ewta 2 Wochen) später. Warum kann ich nicht erklären - ich weiß es nicht.

Christian

Ich sehe das genau andersherum, wenn der Angeklagte nicht ausdrücklich sagt, daß der Anwalt seine Familie informieren solle, wird er es von sich aus auch nicht tun.

Aber in der ehemaligen DDR gingen die Uhren wohl eh anders.

Gruß
Tina