Hallo!
Stimmt! Du bist abgedrifted. Aber nochmal. Ich sage nicht,
dass Kapitalismus das Allheilmittel ist, aber das System
laesst sich nicht aendern. Zufriedenstellende andere Formen
gibt es nicht. Aber da Du ja nur aus Ueberzeugung handelst,
waerst Du wahrscheinlich auch schon ausgewandert, wenn’s Dir
woanders besser gefallen wuerde.
Moment mal, da muss ich antworten: Ich hab nicht gesagt, dass der Ostblockkommunismus besser ist oder war! Wir haben aber bisher auch kein rein kapitalistisches System gehabt, diese Feststellung ist wohl essentiell. Ändern kann man alles was der Mensch gemacht hat, der reine Kapitalismus ist kein Naturgesetz.
Wenn man zu jedem System unkritisch ja sagt und mitmacht mit
dem Argument, man wird ja gezwungen und man muss sich anpassen
und sonstigen blablabla, dann führt der Weg direkt in den
Faschismus.
Gezwungen werde ich nicht. Anpassen sollte man sich. Du rennst
ja wahrscheinlich auch nicht nackig durch die Gegend nur weil
Du Bock drauf hast, also verschon mich mit Deinem
Plakativ-Geschwaetz von wegen Faschismus und so.
Erstens hab ich keinen Bock drauf und zweitens gibt’s da Gesetze, die im Rahmen eines politischen Systems erlassen wurden, das ich für zumindest grundsätzlich richtig halte, deshalb beachte ich diese natürlich. Das hat mit Anpassen nichts zu tun. Unter unkritischem Anpassen versteht ich den billigen Opportunismus, man dreht sich mit dem Wind und macht’s so dass man nur ja nicht aneckt - das ist schlichtwegs dumm.
Justizirrtümer gibt’s ja in der
Praxis, weil, wie du selbst festgestellt hast, die Realität
nicht dem Ideal entspricht.
Stimmt! Aber Todesurteile sollte man doch eigentlich nur
verhaengen, wenn es KEINEN Zweifel an der Schuld gibt, oder?
Ja natürlich, aber die Erfahrung zeigt, wie in den USA, dass es trotzdem genügend Fehlurteile gibt, weil etwas zweifellos so ausschaut wie es dann tatsächlich nicht ist. Das kann man ja nicht unbedingt leugnen.
Warum ist dann bei uns eigentlich die Kriminalitätsrate
weitaus niedriger als in den USA?
Weil’s uns hier immer noch um einiges besser geht als den
Jungs da drueben. Weil wir nicht die „Schwarzen-Problematik“
besitzen. Weil wir ueber ein anderes Waffenrecht verfuegen.
Weil die soziale Integration von auslaendischen Mitbuergern
hier besser funktioniert. Weil es praktisch keine Ghettos
gibt. Und… und… und… und…
Warum versuchst Du sowas einzig und allein am Rechtssystem
festzumachen???
Das Rechtssystem ist natürlich nicht alles, es hängt aber mehr dran, als man glaubt. Z.B. ohne unser (römisches) Zivilrecht und zivilgerichtliches Verfahren gäbe es keine Marktwirtschaft. Der wirtschaftliche Begriff der „Marktwirtschaft“ und juristische Begriff des „Eigentums“ und freie Verfügbarkeit über dieses („Vertragsautonomie“)sind ja praktisch ident. Jede Beschränkung der Marktwirtschaft ist ja auch eine Beschränkung des Grundrechts auf Freiheit des Eigentums. Ohne Sozialgesetzgebung gibt’s keinen Sozialstaat, also keine Krankenversicherung, keine Pensionsversicherung etc. Deshalb ist das Rechtssystem natürlich nicht das einzige Mittel, aber ein überaus wichtiges. Im Übrigen stimme ich dir zu.
OK! Akzeptiert. Aber mir geht’s immer noch nicht um den Punkt,
ob es die Kriminalitaetsrate senkt oder steigert, sondern NUR
um die „gerechte“ Strafe.
Verstanden, aber ich versteh den Vorteil einer „gerechten“ Strafe nicht, wenn es die Kriminalität steigert. Warum sollte ich das nur in Kauf nehmen?
Du verwechselst hier zwei wichtige Dinge: die Meinung des
anderen zu akzeptieren, heißt nicht, sie für richtig zu
halten. Ich akzeptiere deine Meinung und ich bin absolut
dafür, dass du sie sagen darfst, es ist aber nicht meine
Meinung.
Danke sehr, dann sind wir uns ja doch irgendwo einig.
Da Du es ja immer so konkret wissen moechtest, hier hab’ ich
ein paar Vorschlaege fuer Dich:
- Verschaerfung des Strafrechts bzw. der Strafmaße
- Schulungen der Richter in Bezug auf Strafverfahren, damit
die Leute ueberhaupt wissen worueber sie gerade urteilen.
Willst du sagen, dass die Richter das Strafverfahren nicht
kennen, also das ist lächerlich.
Das war damit gemeint. Eine Frau, die im inbegriff ist
vergewaltigt zu werden und ihren Peiniger ersticht, darf in
meinen Augen nicht wegen Totschlags verurteilt werden. Das ist
absolut laecherlich.
Wird sie ja nicht, der von dir beschriebene Fall, wenn er sich genauso zugetragen hat, ist jedenfalls eine Notwehrsituation. Wenn nur das Messer daliegt, dann darf sie ihn erstechen.
- Abschaffung des Taeterschutzes
welchen Täterschutz genau?
Den, der es erlaubt mich dafuer anzuzeigen, dass ich ihm
nachts einen uebergebraten habe, dafuer dass er sich bewaffnet
und unbefugt in meinem Haus aufgehalten hat.
Wenn er das getan hat, macht er sich ja ohnehin straffällig. Erwischt du ihn während des Einbruchs ist’s eine Notwehrsituation. Hat aber mit Täterschutz nichts zu tun.
- Erweiterung des Notwehr- / Nothilfe Paragraphen
nicht erst Zivilcourage proklamieren und
dann Helfer verknacken und dann wundern, WARUM keiner mehr
einschreitet
Der ist in D tatsächlich ein bisschen enger als in Österreich,
aber ich nehm mal an, du weißt eh nicht wie weit das
Notwehrrecht geht oder (tut mir leid, wenn ich mich irre). Man
hat die Selbsthilfe übrigens deswegen eingeschränkt, weil sie
zu bürgerkriegsähnlichen Zuständen im mittelalterlichen
Deutschland geführt hat. Auch das war alles schon mal da.
Mag sein, aber ich kenne genug Leute, die verurteilt worden
sind, die wirklich nur das beste wollten. Zurueck zum
Taeterschutz. Ich hab’ lediglich Glueck gehabt, weil ich
wusste, wann ich mich verdruecken muss.
Das kann natürlich sein, ich kenne die Fälle ja nicht, aber Fehler im System alleine sind noch keine Begründung das ganze System abzuschaffen.
- Einfuehrung der Todesstrafe
wie gesagt: hat noch nirgendwo die Kriminalität gesenkt,
außerdem stellen sich Probleme bei der Rehabilitation oder
würdest du es für richtig halten, wenn man dich aus Versehen
hinrichtet.
Das ist eine Fehlerquelle, die man ausmerzen muss, auch wenn
der Mensch nicht unfehlbar ist. Aber einen Mann, der per
Ueberwachungskamera aufgenommen wurde, wie er Amok laeuft, der
kann ja wohl noch 100%ig gerichtet werden, oder?
Die Erfahrung zeigt halt eben, dass der Mensch doch fehlbar ist und eine Überwachungskamera zeigt ja auch nur die objektive Tatseite. In so einer Situation halte ich aber die Wahrscheinlichkeit eines Fehlurteils natürlich auch für sehr gering.
- Ueberpruefung aller Verhaeltnismaessigkeiten des Strafmasses
in Relation zur Tat
Das haben wir im geltenden Strafrecht. Strafrahmen stehen im
StGB genauso wie Regelungen über die Ausnützung des
Strafrahmens.
Und das StGB ist demokratisch beschlossen, das solltest du
nicht vergessen.
Ja, aber es ist voellig weltfremd, bzw. weil das System nach
und nach geschaffen wird/wurde stimmen die Relationen in
meinen Augen nicht.
Es gibt wirklich Fälle, in denen die Relation nicht stimmt, da stimme ich dir zu.
dann kommt man allerdings in Begründungsnotstand, wenn man
jemanden für eine Tat straft, die er selbst nicht erkennen
konnte. Außerdem heißt Freispruch wegen Unzurechnungsfähigkeit
nicht (!!!) das der Täter nicht eingesperrt wird wegen
Gefährlichkeit. Wird man nicht gestraft wegen
Unzurechnungsfähgigkeit aber dafür eingewiesen in eine Anstalt
für geistig abnorme Rechtsbrecher ist die Wahrscheinlichkeit
bis ans Lebensende eingesperrt zu bleiben höher, als wenn man
lebenslang verurteilt, also bestraft, wird. Nur so zur
Anmerkung, das ist Fakt. In der Zeitung steht natürlich nur:
„wurde wegen Unzurechnungsfähigkeit nicht bestraft.“
Das Fehler passieren ist natürlich richtig, es würde aber auch
niemand das Autofahren verbieten, weil Unfälle passieren.
Korrekt, auch das streite ich nicht ab. Ist sowas
gesellschaftlich tragbar?
Meinst du die Fehler? Die sollten natürlich soweit wie möglich ausgemerzt werden, aber kein System ist fehlerfrei. Es ist im Recht meistens so, dass man nach dem geringsten Übel sucht und nicht nach der fehlerfreien Idealösung.
- keine strafmildernden Umstaende bei Alkohol-/Drogeneinfluss
Alkohol- und Drogeneinfluss allein sind keine strafmildernden
Umstände, wo hast du denn das wieder her?
Verminderte Zurechnungsfaehigkeit.
Hier muss ich sagen: kommt drauf an. Betrinkt er sich, und nimmt während des Betrinkens bewusst in Kauf eine Straftat zu begehen ist es keinesfalls strafmildernd, genauso wenn jemand trinkt und davon ausgehen musste, dass er nachher noch Auto fahren muss. In diesen Fällen kann man sogar unzurechnungsfähig zum Tatzeitpunkt sein und es ist wurscht. Also dass Alkoholkonsum per se strafmildernd ist wegen verminderter zurechnungsfähigkeit ist nicht richtig.
Gruß
Tom