Was heisst 'links sein'?

Hallo,

für ein Studien-Referat über das Image der Zeitung ‚taz‘ muss ich klären, was der Begriff ‚links sein‘ bedeutet und auch, wie sich das in der taz ausdrückt. Also wenn ihr irgendwelche Sites kennt, die das definieren (links sein, marxismus, Sozialismus etc) oder die eine Herleitung der Begriffsfüllung erlauben, bitte schreiben!!

Vielen Dank!

Elisa

Hi Elisa,

der Begriff links stammt aus den Zeiten der französischen Revolution. Dort saßen in der Volversammlung die radikalen Anhänger Robespieres auf der linken Seite (vom Redner aus gesehen). Seitdem werden progressive Kräfte, die notfalls auch mit Gewalt einen gesellschaftlichen Fortschritt erzielen wollen
links genannt.
Aber wie bei vielen ideologisch verbrämte Begriffen ist auch hier alles schwammig und wenig bis gar nicht bestimmt.
Warum werden die National sozialisten rechts und nicht links eingestuft, warum Pol Pott mit seinem menschenverachtenden System links und nicht rechts???

Gandalf

In Kurzform meine höchstpersönliche Definition:

Rechts = Förderung der „Starken“, Unterdrückung der „Schwachen“
Links = der Versuch, die Unterschiede zwischen „stark“ und „schwach“ zu nivellieren

Ich würde sagen links sein heißt, sich dem vermeintlichen
Fortschritt andienern! Ihm auf eigener Schleimspur folgen
wollen, obwohl der Fortschritt immer etwas schneller ist.
Wie bei der Geschicht vom Haas und Swinigel…

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Da gibt’s noch den Spruch, der Churchill zugeschrieben wird:

Wer mit 20 kein Sozialist ist, hat kein Herz;
Wer mit 40 noch Sozialist ist, hat keinen Verstand.

Das mit der Schleimspur ist aber auch sehr schön.

Hallo Elisa,

meines bescheidenen Wissens nach geht die Einteilung in ‚links‘ und ‚rechts‘ im politischen Spektrum auf das erste deutsche Parlament (Paulskirche, 1848/49 glaube ich) zurück. In Anlehnung an die Sitzordnung des französischen Parlaments, wo die Revolutionären links und die Monarchisten rechts saßen, saßen in der Frankfurter Paulskirche die Nationalisten (und ähnliche) rechts und die Sozialisten (und ähnliche: Kommunisten, Marxisten, Liberale!) links.
Diese Aufteilung ist nicht ganz unproblematisch (wo sitzen die National-Sozialisten ?), war aber als grobe Richtschnur für die Ziele der Parteien recht praktisch.
Heutzutage gibt es andere Probleme, weswegen das Spektrum links-rechts heute an etwas anderen Merkmalen festgemacht wird, die nur noch grob an die damalige Einteilung erinnern.

‚Links sein‘ heisst aber wohl heutzutage nicht mehr unbedingt, einer politischen Strömung zugetan zu sein, sondern hat mit sozialen Denkansätzen zu tun.
Ähnlich, wie Gunda es grob auf den Punkt gebracht hat, würde ich sagen, dass ‚links sein‘ ein Eintreten für Minderheitenrechte einschliesst, was in so unterschiedlichen Strömungen wie Tierschutz, kulturellem Austausch, political correctness usw. Ausdruck findet.

‚Links sein‘ beinhaltet aber auch eine Zuteilung von Verantwortung (und der damit verbundenen Freiheit) zwischen Staat/Gesellschaft/Gemeinschaft einerseits und Individuum andererseits. Der oder die ‚Linke‘ tritt dafür ein, dass die Gemeinschaft gewisse Verantwortung für das Individuum übernehmen soll (soziale, wirtschaftliche Verantwortung, Bildung) und eine normative Funktion übernimmt (Einschränkung der Freiheiten, z.B. jemanden zu entlassen, jemanden nicht einzustellen, jemanden nicht zu bedienen).

Die Einteilung in links-rechts im politisch-sozialen Spektrum ist aber meiner Meinung nach zu simpel.
Man muss unterscheiden in Rechte und Verantwortungen im privaten Bereich einerseits und im wirtschaftlichen Bereich andererseits.

Der oder die ‚klassische‘ Linke möchte Freiheiten im privaten Bereich vergrößern (z.B. homosexuelle Lebensgemeinschaften), im wirtschaftlichen Bereich verkleinern (dort soll der Staat regulierend eingreifen, Verantwortung wird an die Gemeinschaft delegiert).

Im Bereich der ‚Rechten‘ ergeben sich Kombinationen aus den gegenläufigen Strömungen.
‚Konservative‘ wollen die Rechte im privaten Bereich verkleinern (oder zumindest nicht vergrössern),
‚Liberale‘ die Rechte im wirtschaftlichen Bereich vergrössern (und die Verantwortung des Staates somit verkleinern).

Eine weitere Strömung ist nicht so bekannt, da nicht von einer Partei vertreten.
‚Anarchisten‘ (im politischen Sinne!) möchten in beiden Bereichen den Einfluss (und die Verantwortung) des Staates minimieren.

Peace,
Kevin.