Was ist Wahrheit?

Wahrheit … - welche könnte das sein, wenn nicht

die relative, propositionale, die ich in Anlehnung an
Nagarjuna der absoluten an die Seite stelle.

Hallo, Horst,

Dein Lob hat mich beflügelt …
Das heutige Denken ist vom Kausalitätsprinzip geprägt (Ursache - Wirkung). Wenn jemand nach der Wahrheit fragt, muß es sie ja geben, denn nauch Gedachtes hat einen Urgrund … oder? :o)

Was die modernen Philosophen m.E. fast immer übersehen, ist die Finalität, d. h., es muß einen Raum geben, in dem das Gedachte existiert. Die alten Philosophen machten noch Ortsangaben (Nirwana, Himmerl, Tao usw.). In Europa habren die altern Griechen diesen Wohnort der absoluten Wahrheit MOIRA (Erinnerung) genannt (meines Wissens nach …). Moira war die Mutter aller Musen (Tanz, Dichtkunst und Philosophie). Die älteste von Moiras Töchtern war die Tragödie und war den Griechen der höchste Ausdruck philosophischer Kunst - denn es gabe eine Bühne und eine Handlung sowie Menschen, die alles mit Leben erfüllten.

In diesem Sinne,
Michael

Uiiii, uiiiii, uiiii

… habe den PC meiner Frau benutzt (war zu faul, meinen eigenen hochzufahren!) und was ist das Resultat?: jetzt habe ich als Absender des Artikels meine Frau im Brett! … (… sie bringt mich um! :o) )
Muß jetzt wohl Blumen kaufen geh’n und ihr beichten …

Gruß, M.

Hallo,

Du vertrittst hier den philosophischen Relativismus in
Reinkultur. Es gibt eine klassisches Argument dagegen: wer
Wahrheit als relativ bezeichnet, macht damit eine Aussage, für
die er (der Sprechende) absolute Geltung beansprucht. Würde er
seine Aussage relativieren, gäbe er wiederum zu, daß es auch,
unter gewissen Umständen, absolute Wahrheit gibt - eine
gravierende Verstrickung in Selbstwidersprüche ohne Ende.

Nein, eigentlich nicht.

Ich will darauf hinaus, dass der Wunsch & Drang
nach solchen „allgemeinen Konzeptionen“ wie
„Wahrheit“ oder „Kreis“ oder „Futter“ nichts
als ein „Tier-erbe“ ist.

Wenn nun einer hingeht und auf die Frage
„Was ist Futter“ eine hochtrabende Geschichte
unter Einbeziehung indischer Philosophie
machen möchte, dann o.k. Für mich ist das
aber eher zum Schmunzeln.

Ich hatte zwei Konzepte der Wahrheit unterschieden: das eine
beschreibt Wahrheit als das Sichbewähren von Aussagen in der
Lebenspraxis (pragmatische, relative Wahrheit), das andere
beschreibt Wahrheit als ein Sein, das die Ebene der Aussagen -
also die Subjekt-Objekt-Spaltung - transzendiert. Daß diese
zweite Form der Wahrheit nicht nur Illusion ist, dafür liegen
sehr viele Indizien vor (die einander weitgehend bestätigenden
Aussagen einer sehr großen Zahl von Menschen quer durch Raum
und Zeit).

Ich versuche das mal zu übersetzen:

Ich hatte zwei Konzepte des Futters unterschieden: das eine
beschreibt Futter als das „Nahrhaft-Sein“ (pragmatisches,
relatives Futter), das andere beschreibt Futter als
ein Seiendes, das die Ebene des Kauens - also die
Geschmack-Nahrung-Spaltung - transzendiert.
Daß diese zweite Form des Futters nicht nur Illusion ist,
dafür liegen sehr viele Indizien vor (die einander
weitgehend bestätigenden Aussagen einer sehr großen
Zahl von Kühen quer durch Raum und Zeit).

:wink:

Grüße

CMБ

Nagarjuna missverstehen
Hallo Marion, hallo Horst.
Die Diskussion über Nagarjuna scheint ja nun gründlich gescheitert - trotzdem möchte ich den Versuch machen, noch etwas möglicherweise Hilfreiches zu dem Thema beizusteuern. Vorweg - auch mir scheint Nagarjunas Konzept der ‚zwei Wahrheiten‘ von Horst gründlichst missverstanden. Über mögliche oder unmögliche Querbezüge zu Lacan, Habermas, Wilber und Konsorten schweige ich mich lieber aus - das interessiert mich auch herzlich wenig.

Um Nagarjuna zu verstehen, bedarf es dreier Voraussetzungen. Zunächst wäre da eine gründliche Kenntnis buddhistischer Doktrin - also der ‚konventionellen Wahrheit‘. Dies betrifft u.a. die vier edlen Wahrheiten (aryasatya), das skandha-Modell, die Seinsmerkmale (trilakshana, damit verbunden wenigstens Grundzüge der dharma-Theorie) und insbesondere das bedingte Entstehen (pratityasamutpada). Genau darum geht es nämlich bei Nagarjuna, um eine korrekte Ausdeutung und ein korrektes Verständnis dieser Lehrsätze - nichts anderes.

Zum anderen wäre Voraussetzung eine solide buddhistische Praxis, also Schulung in vipashyana/prajnaparamita (‚Einsicht‘) - das intellektuelle Nachvollziehen der Argumente Nagarjunas ist bestenfalls die halbe Miete. Drittens - eigentlich selbstverständlich - sollte man Nagarjuna selbst lesen, nicht Bücher ÜBER ihn.

Da bietet sich vor allem Nagarjunas zentrales Werk, die Mulamadhyamakakarika (im weiteren MMK genannt) an, für das verschiedene Übersetzungen voliegen. Ins Englische von Streng (1967), Inada (1970), Sprung (1979) und Kalupahana (1986). In Deutsch liegt die sehr brauchbare Übersetzung von Weber-Brosamer/Back (1997) vor. Hinzu kommt Garfields (englische) Übersetzung des dBu-ma rtsa-ba shes-rab, der tibetischen Übersetzung der MMK. Weber-Brosamer/Back und Garfield stellen dabei gewissermaßen Extrempositionen dar; während erstere der Versuch einer ‚voraussetzungslosen‘ Übersetzung ist, also die Rezeptionsgeschichte der MMK ignoriert, ist Garfields Übersetzung (und Kommentierung) erklärtermaßen eine Darstellung der MMK aus Sicht der tibetischen Tradition der Prasangika-Madhyamika (daher auch folgerichtig die Wahl des tibetischen Textes als Vorlage). Die Prasangika-Madhyamika-Tradition beruht auf den klassischen Kommentaren Buddhapalitas und vor allem Candrakirtis (das Prasannapada, durch den auch das Sanskrit-Original der MMK in Form von Zitaten auf uns gekommen ist) und stellt eine Gegenposition zur Interpretation des Svatantrika-Madhyamaka dar, die auf Bhavavivekas Interpretation der MMK fußt. Es existieren bzw. existierten noch andere (weniger bedeutende) Strömungen des Madhyamaka; die Prasangika-Schule kann mE als ‚mainstream‘ gelten.

Der Sanskrittext der MMK (zusammen mit Candrakirtis Prasannapada) wurde 1903-1913 von de la Vallée-Poussin herausgegeben (Reprints Osnabrück 1970, Delhi 1992), eine von de la Vallée-Poussin nicht berücksichtigte nepalesische Handschrift 1977 durch de Jong sowie zwei tibetische und drei chinesische Versionen zusammen mit dem Sanskrittext (und japanischen Übersetzungen) durch Saigusa 1985 - dies nur der Vollständigkeit halber.

Wenn man von späteren Traditionen der Interpretion von Nagarjunas Denken absehen möchte (wofür es sicher gute Gründe gibt), so doch ist auf jeden Fall noch Nagarjunas Autokommentar zu den MMK beachtenswert, die Akutobhaya (auch Madhyamika-shastra genannt, im weiteren als MS bezeichnet). Der Text ist nur in einer tibetischen und einer chinesischen Übersetzung (durch Kumarajiva) überliefert, die z.T. deutlich differieren, was angesichts der Probleme einer Übertragung vom Sanskrit speziell ins Chinesische nicht überrascht. Beide Texte wurden durch Walleser ins Deutsche übersetzt (der tibetische 1911, der chinesische 1912). ME ist auf Grund größerer Klarheit dem tibetischen Text der Vorzug zu geben; darüber hinaus waren tibetische Übersetzer (im Unterschied zu den Chinesen) generell bei der Übertragung von Fachtermini bemerkenswert konstant, so dass die tibetische Übersetzung zumindest in Bezug auf die verwendeten termini technici eine Teilrekonstruktion des verlorenen Sanskrit-Originals erlaubt. Walleser gibt diese Sanskrit-Termini in seiner Übersetzung dankenswerterweise mit an.

Ich werde im folgenden die MMK nach Weber-Brosamer/Back zitieren, das MS nach Wallesers Übersetzung der tibetischen Version.

Das Konzept der ‚zwei Wahrheiten‘ wird in den MMK erst relativ spät behandelt, nämlich in Kapitel 24 (von insgesamt 27, wobei die Echtheit der letzten beiden Kapitel strittig ist). Beachtenswert ist hier der Kontext des Kapitels - es trägt den Titel ‚Satya‘, Wahrheiten, doch sind damit eben NICHT die ‚zwei Wahrheiten‘ gemeint, sondern die buddhistische Kerndoktrin der ‚vier edlen Wahrheiten‘. Das Kapitel eröffnet mit dem Einwand, Nagarjunas negative Dialektik und seine Rückführung aller dharmas (Seinsmomente) auf die Leerheit (sunyata) sei nihilistisch und entwerte zwangsläufig auch die buddhistische Doktrin (deren einfachste Formel die ‚vier edlen Wahrheiten‘, aryasatya, sind). Nagarjunas Entkräftung dieses Einwand ist zweifach - nach ihm beruht dieser auf einem doppelten Missverständnis, nämlich einem in Bezug auf die Funktion von ‚Leerheit‘ und einem in Bezug auf die Bedeutung dieses Begriffs.

[MMK 24.7] … Weder weißt du, warum über Leerheit gesprochen wird (sunyatayam … prayojanam), noch kennst du die Leerheit selbst, noch verstehst du ihre Bedeutung. …

Das Konzept der ‚zwei Wahrheiten‘ wird nun entwickelt, um die Funktion der sunyata-Lehre zu verdeutlichen:

[MMK 24.8] Bei der Verkündigung des Dharma haben sich die Buddhas auf die zwei Wahrheiten gestützt: Die eine ist die weltliche, ‚verhüllte Wahrheit‘ (samvrtisatya), die andere ist die ‚Wahrheit im höchsten Sinne‘ (paramarthasatya).
[MMK 24.9] Diejenigen, die den Unterschied der beiden Wahrheiten nicht erkennen, die erkennen auch nicht die tiefe Wahrheit (tattva) in der Lehre Buddhas. [Walleser übersetzt ‚tattva‘, eigentlich ‚Dasheit‘, mit ‚Beschaffenheit‘]
[MS] Der erhabenen Buddhas Dharmalehre entsteht abhängig (asritya) von diesen zwei Wahrheiten. Die ‚weltliche verhüllte Wahrheit‘: ohne bei den an sich (svabhavatah) leeren dharmas (Objekten) weltliche Verkehrtheit anzunehmen (laukika-viparyasa-anadighamat) alle dharmas als entstanden zu betrachten, das ist, weil es eben bei diesen verhüllte Wahrheit ist, verhüllte Wahrheit (samvrti-satya). ‚Wahrheit des höchsten Sinnes‘: die Edlen (arya), welche durch untrügliches Erkennen (aviparita-avabodha) alle dharmas (Objekte) als unentstanden erschauen, weil bei denen dieses Wahrheit des höchsten Sinnes ist, ist es Wahrheit des höchsten Sinnes. Diejenigen, welche den Unterschied, der verhüllten und der des höchsten Sinnes, nicht verstehen, verstehen nicht die tiefe Beschaffenheit (tattva) der Buddhalehre.

Hier erscheint es mir sinnvoll, zunächst auf den Begriff der samvrtisatya - weltliche, ‚verhüllte Wahrheit‘- etwas einzugehen. Hier gilt - wie grundsätzlich für jede Übersetzung - dass durch die Übertragung in eine andere Sprache Reibungsverluste auftreten. ‚samvrtisatya‘ wird gelegentlich mit ‚konventionelle Wahrheit‘ wiedergegeben, was zwei Aspekte des Begriffs samvrtisatya hinreichend abdeckt - den einer gewöhnlichen, alltäglichen Wahrheit (Wahrheit im gewöhnlichen/üblichen Verständnis) sowie den auf Übereinkunft (sprachlicher Konvention) beruhenden. Hinzu kommt im Sanskrit als dritter Aspekt der des ‚Verhüllens‘, hier eigentlich eher im Sinne des ‚Umhüllens‘. Candrakirti verwendet in seinem Kommentar etwas Mühe auf drei unterschiedliche Etymologien und damit Verstehensweisen des Begriffs. ‚Samvrti‘ kann ‚verbergen‘ bedeuten, es kann gegenseitige Abhängigkeit bezeichnen und es kann Abhängigkeit von sprachlicher Übereinkunft bedeuten. Letzteres entspricht ‚vyavahara‘ - auf dieses ‚vyavahara‘ werden wir im nächsten Vers der MMK stoßen. Im Moment geht es mir hier eher um den Aspekt des Ver-/Umhüllens. Das, was hier verhüllt wird, ist natürlich nichts anderes als die Leerheit der abhängigen Begriffe - durch die ‚Hülle‘ gewinnt die Leerheit eine kommunizierbare Gestalt. Zwangsläufig kommt einem hier die berühmte Passage des Prajnaparamita-Hrdya-Sutra (dort freilich auf die skandhas bezogen) in den Sinn: rupam shunyata shunyataiva rupam, rupan na prthak sunyata sunyataya na prthag rupam - Form ist Leere, Leere ist Form usw. usf.

Ganz wesentlich gilt es hier zu verstehen, dass von zwei WAHRHEITEN die Rede ist, nicht von einer ‚minderen‘ und einer ‚höheren‘ Wahrheit. Samvrtisatya ist nicht weniger wahr als paramartha-satya - insofern ist auch das Reden von zwei Ebenen nur irreführend - es gibt keine niedere und keine höhere Ebene - und schon gar keine „absolute“ (dazu Näheres später); beide Wahrheiten sind Komplemente. Zur Erinnerung: im Kommentar heisst es, dass die Lehre Buddhas sich aus BEIDEN Wahrheiten speist.

Vor allem jedoch ist samvrtisatya ein soterologisch notwendiges Komplement von paramartha-satya - und hier zeigt sich, dass Nagarjuna ein religiöser Denker ist, kein Philosoph. Es geht ihm um die didaktische Funktion der samvrtisatya, um ihre befreiende Wirkung im Sinne des buddhistischen Heilszieles:

[MS] Wenn da (jemand) meint: „Wenn der Sinn, der mitzuteilen gewünscht wird (vaksyamano rthah), (nämlich) daß alle dharmas ohne Entstehen sind, Wahrheit des höchsten Sinnes ist, welchen Zweck hat diese zweite, gewöhnliche Wahrheit (vyavahara-satya)?“, so ist hier zu antworten (vaktavya):
[MMK 24.10] Ohne sich auf die Anwendung [der Worte] (vyavahara)
[sic!] zu stützen, kann die Wahrheit im höchsten Sinne nicht gezeigt werden; und ohne zur Wahrheit im höchsten Sinne vorgestoßen zu sein, wird Nirvana nicht erlangt.
[MS] Weil unabhängig von der gewöhnlichen (Wahrheit) der höchste Sinn nicht gelehrt werden kann, und weil unabhängig vom höchsten Sinn das nirvana nicht erreicht wird, deshalb hat die Kenntnis der zwei Wahrheiten einen Zweck.
[MMK 24.11] Die falsch aufgefasste Leerheit richtet den, der von schwacher Einsicht ist, zugrunde - wie eine schlecht ergriffene Schlange oder falsch angewandte Magie.

Freilich sollte man sich hier vor dem Missverständnis hüten, Erfassen der samvrtisatya sei hinreichende Bedingung zur Erkenntnis von paramartha-satya und somit zur Erlangung von Nirvana. So wie die zwei Wahrheiten Komplemente sind, sind (korrekte) intellektuelle Erkenntnis und Erleuchtung Komplemente, so wie paramartha-satya eine kommunizierbare Gestalt durch samvrtisatya erhält, so erhält samvrtisatya Be-Deutung (Deuten auf paramartha-satya) erst durch die konkrete, unmittelbare und nicht kommunizierbare Erfahrung der paramartha-satya. Sie stellt den bedingenden Zusammenhang her.

Diese Erfahrung jedoch wird letzlich durch religiöse Praxis erlangt; intellektuelle Erkenntnis ist lediglich ein Hilfsmittel dabei, als Bedingung (pratyaya) verstanden ist sie arambana (Stütze, Grundlage), nicht hetu (wirkende Ursache). Das im Kommentar angesprochene ‚untrügliche Erkennen‘ (aviparita-avabodha) ist keine ‚untrügliche Erkenntnis‘ - man beachte den Unterschied. Dass das Moment religiöser Praxis in Nagarjunas Texten kaum eine Rolle zu spielen scheint, hat einen einfachen Grund - diese Praxis war eine Selbstverständlichkeit im monastischen Milieu der Klosteruniversitäten wie Nalanda, in dem und für das diese Texte entstanden, kommentiert und gelehrt wurden.

Kommen wir nun von der didaktischen Funktion der sunyata und der ‚zweifachen Wahrheit‘ zur Bedeutung des Begriffs Leerheit (sunyata). Die entsprechende Schlüsselstelle findet sich einige Verse später:

[MMK 24.18] Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit (pratityasamutpada), dies ist es, was wir ‚Leerheit‘ nennen. Das ist [aber nur] ein abhängiger Begriff (prajnapti); gerade sie (die Leerheit) bildet den mittleren Weg.
[MMK 24.18] Eine Gegebenheit (dharma), die ohne Bedingungen entstanden ist, lässt sich nicht finden. Daher lässt sich ja auch keine Gegebenheit finden, die nicht leer ist.
[MS] Wir bezeichnen (eigentlich erklären, tib. hchad de) das durch Abhängigkeit Entstandene (pratitya-samutpanna) als leer. Das ist abhängige Erklärung (upadaya-prajnapti), das ist der mittlere Weg.
[Anmerkung: madhyamaka, das ‚Mittlere‘, sowohl die Position des Realismus als auch die des Nihilismus Vermeidende] Wenn da irgendein Ding (bhava) existiert, so ist dieses abhängig entstanden und abhängig erkannt; weil daher irgendwelcher nicht durch Abhängigkeit entstandene dharma (Objekt) nicht existiert, deshalb existiert nicht irgendwelcher nicht leere dharma.

Die Stelle ist von großer Wichtigkeit für das gesamte Denken Nagarjunas - sie beugt dem Missverständnis vor, sunyata werde bei Nagarjuna als etwas Substanzhaftes aufgefasst, ein Substrat oder ‚Ding an sich‘, dessen unmittelbare (nicht-duale) Erfahrung Gegenstand höchster Wahrheit sei und das in samsarischer Erscheinung Gestalt annehme und mit dem Werkzeug konventioneller Wahrheit beschrieben werde. Das wäre eurozentrisches Anwenden abendländisch-idealistischer Konzepte auf ein Denken, das eine Trennung von ‚Ding an sich‘ und Erscheinung, von Substanz und Akzidens strikt vermeiden will. Vielmehr ist Leerheit selbst nur ein leerer/abhängiger Begriff. Insofern ist es auch völliger Unfug, in Bezug auf Nagarjunas Denken von einer ‚absoluten Ebene‘ zu sprechen - misser kann man Nagarjuna gar nicht verstehen.

Speziell für unser Thema von Interesse ist hier die Verbindung, die zwischen sunyata, pratityasamutpada und prajnapti hergestellt wird. Das Thema pratityasamutpada und seine Identität mit sunyata hier zu behandeln, würde zu weit führen - wie bereits eingangs erwähnt ist dazu auch ein tieferes Verständnis des Konzeptes pratityasamutpada unabdingbar. Entscheidend für unsere Untersuchung des Wahrheitsbegriffes bei Nagarjuna ist hier der Verweis auf die von sunyata/pratityasamutpada abhängige Begrifflichkeit. Diese Begrifflichkeit, die der Kommunikation von ‚konventioneller Wahrheit‘ dient, steht also nicht beziehungslos ‚für sich‘ und auch nicht ausschließlich auf die konventionelle Realität bezogen (deren Existenz Nagarjuna nicht bestreitet); samvrtisatya steht gleichermaßen in einem Abhängigkeitsverhältnis und somit in einer definierten Beziehung zu sunyata. Eben deswegen ‚funktioniert‘ sie auch als didaktisches/soterologisches Mittel.

Die ‚konventionelle Wahrheit‘ ist also nicht (jedenfalls nicht ausschließlich) auf samsara/konventionelle Realität bezogen (und paramartha-satya auf nirvana bzw. die Leere), wie hier geäußert. Vielmehr ist eine Unterscheidung zwischen einer ‚absoluten‘ und einer ‚relativen‘ Ebene völlig unsinnig - hat jedenfalls mit Nagarjuna absolut nichts zu tun. Nagarjuna ist Monist, sein Leerheitsbegriff dient der Vermeidung der (unheilsamen) Sicht einer Substanz oder eines Absolutums und sein Beschreibungsmodell ist das einer durchgängigen, ausnahmslosen wechselseitigen Bedingtheit (pratityasamutpada = sunyata). Zu Recht wurde in diesem Zusammenhang bereits auf das 25. Kapitel der MMK hingewiesen. Nach einer geradezu modellhaften Durchführung des catuskoti (‚Vierkant‘, eine Methode doppelter Dialektik, die den Satz vom ausgeschlossenen Dritten nicht gelten lässt), gelangt Nagarjuna zu folgender Schlussfolgerung:

[MMK 25.19] Es gibt nichts, was den Samsara von Nirvana, und das Nirvana vom Samsara unterscheidet.
[MS] Indem von dem Zusammenhang (santana) der Gruppen (skandha) abhängig der Kreislauf (samsara) erkannt wird (prajnapyate), so ist, wie wegen der Wesensleerheit (svabhava-sunyata) dieser skandhas diese durchaus (atyanta) ohne Entstehens- oder Vergehenseigenschaft sind, von uns von Anfang an (aditah) eben (eva) gelehrt; deshalb ist, weil alle dharmas (Objekte) in gleicher Weise nicht entstehen und nicht vergehen (anutpada-anirodha-samatya) auch nicht der geringste Unterschied des samsara vom nirvana. Wie auch nicht der geringste Unterschied des samsara vom nirvana ist, so ist auch nicht der geringste Unterschied des nirvana vom samsara.
[MMK 25.20] Die Grenze des Nirvana ist zugleich die Grenze des Samsara. Zwischen diesen beiden wird auch nicht der feinste Unterschied gefunden.
[MS] Da des nirvana und des samsara Wirklichkeitsgrenze (bhuta-koti), Nichtentstehensgrenze (anutpada-koti), Wirklichkeitsgrenzeerreichen (bhutakoti-pratisthana) in gleicher Weise nicht erfasst werden (anupalabdhi-samatvena), existiert auch nicht irgendwelcher geringste Unterschied.

Zusammenfassend: Es gibt nur unterschiedliche Sichtweisen - befreiende, also ‚Rechte Sicht‘ (samyag-drsti, erstes Glied des achtfachen Pfades) und leiderzeugende. Letztere ist nicht notwendig ‚falsch‘ - ‚falsch‘ und ‚wahr‘ machen als abhängige Begriffe lediglich Sinn, wenn sie auf einen bestimmten Zweck bezogen werden. Dieser Zweck ist in Buddhas Lehre bekanntlich moksha, also Befreiung / Leidüberwindung.

Die ‚zwei Wahrheiten‘ sind beides(!) abhängige Aspekte von ‚Rechter Sicht‘; samvrtisatya ist ihr kommunizierbarer Aspekt und paramartha-satya ihr Erfahrungsaspekt. Dass es beides - wie Nagarjuna in MMK 24.9 warnt - sorgfältig voneinander zu unterscheiden gilt hat den Zweck, nicht pars pro toto zu nehmen. Nicht intellektuelle Kniebeugen und spitzfindiges Philosophieren an Stelle lebendigen Erwachens.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Der Geist ist ein Magen (Nietzsche)
Hi.

Danke für die gelungene Satire.

Daß du bereits der dritte bist, der die Nahrungsmetapher in kritischer Absicht ins Feld führt, liegt vielleicht an der „Prise Lacan“, mit der ich mein Konzept versetzt habe.

Hättest du recht, dann wären schon viele seltsam fremdwortüberladene Kochbücher, teils von 5-Sterne-Philosophen verfaßt, auf dem Buchmarkt… Deutschlands bekanntester lebender Philosoph, Jürgen Habermas, hätte dann ganze Kapitel auf kulinarische Themen verschwendet. Ganze Schulen von modernen analytischen Philosophen von Wittgenstein bis Rorty hätten sich nur Küchenfragen gewidmet. Buddha oder Nagarjuna hätten ihre Lebenszeit geopfert, um Menschen Appetit auf eine Illusion zu machen.

Ich bitte dich, deine Behauptung vom Tiererbe mal etwas genauer zu belegen. Wo gibt es im Tierreich Vorstufen von Philosophie oder Mathematik?

Ich will darauf hinaus, dass der Wunsch & Drang
nach solchen „allgemeinen Konzeptionen“ wie
„Wahrheit“ oder „Kreis“ oder „Futter“ nichts
als ein „Tier-erbe“ ist.

Das ist eine Proposition (eine Aussage mit Wahrheitsanspruch): S-P = Wunsch nach Wahrheitskonzept ist ein Tiererbe. Ob diese Aussage zutrifft, darüber kann im Diskurs durch Argumentation debattiert werden. Indem du diese Aussage machst, AKZEPTIERST du - bewußt oder unbewußt - die propositionale Wahrheit als Wahrheitskonzept. Denn du erwartest von Anderen Zustimmung oder Ablehnung. Zustimmen aber kann nur jemand, wenn er sagt oder denkt: „Diese Aussage (über die Herkunft des Wunsches nach Wahrheitskonzepten) ist WAHR.“

Wie kommst du aus diesem Zirkel heraus?

Und was die Einbeziehung indischer Philosophie betrifft: diese meine Unart ist in diesem Brett nicht sonderlich populär. Ein Grund mehr, darauf zu insistieren. Denn auf die Zutaten der indischen Philosophie sollte, meine ich, kein gutes Kochbuch verzichten.

Gruß

Klar gibt´s Zwischenstufen
Hi.

(von Kleinigkeiten abgesehen, wie der, dass ich das Lacansche „Moi“
nicht mit Kants „empirischem Ich“ gleichsetzen würde, etc.)

Mein Konzept war skizzenhaft vorgetragen, damit das Ganze sich nicht zu 20 Seiten auswächst. Da bleiben natürlich Unschärfen. Ich hatte von „Entsprechung“ gesprochen - das heißt nicht unbedingt Identität. Lacan war Kantianer - seine Subjekttheorie kann man, etwas pauschal formuliert, als eine Synthese Freuds, Kants und der Strukturalisten ansehen (auch Levi-Strauss war Kantianer). Für Kant war das transzendentale Subjekt das BESTIMMENDE Ich, das empirische Ich (ein Objekt der inneren Anschauung) aber das BESTIMMTE. Die Nähe zu Lacan ist offensichtlich - das bewußte Ich wird von Strukturen determiniert, die unbewußt und - für das bewußte Ich - unhintergehbar sind. Ich empfehle dazu einen Blick in Alain Juranvilles kompetenten Schinken „Lacan und die Philosophie“.

Für Dich bzw. Nagarjuna scheint es keine Zwischenstufen
zwischen „Absolutismus“ und „Relativismus“ zu geben (weshalb Du auch
oben Semjons :Nietzsche mirnixdirnix zum Relativisten machst);

Gut, daß du die Sprache auf die Zwischenstufen bringst. Ich hätte das im Posting berücksichtigen sollen. Allerdings: ich denke, sie sind vom Thema her nur als etwas Sekundäres zu sehen. Im Zen gelten alle Objekte des Bewußtseins auch auf den höheren Bewußtseinsstufen als „Makyo“, als Trugbild. Da mögen die Visionen noch so ekstatisch und erleuchtend sein - sie bleiben Symbole (auf extrem hoher Stufe) des Absoluten. Beispiele für solche höheren Stufen sind das Astralbewußtsein und das Mentalbewußtsein (beides aus der Esoterik) sowie der Samboghakaya aus dem Buddhismus. Ken Wilber lehrt ein 9-Stufen-System des Bewußtseins.

Im Buddhismus gelten übrigens die irdische Ebene und die Ebene des Nirvana als die relevantesten Stufen des Daseins. Im irdischen Leben sind die Bedingungen am günstigsten, um sich von den Verblendungen lösen und zum Nirvana erheben, sagte Buddha. Das Prinzip der zwei Stufen gilt also grundsätzlich auch hier.

Da es mir um Wahrheitstheorien ging, mußte das Thema der Zwischenstufen auf der Strecke bleiben - mir sind mehrere Theorien über diese höheren Bewußtseinsstufen bekannt, aber keine auf eine Wahrheitstheorie ausgerichtete.

alles „Relative“ wird so als „nicht-absolut“ entwertet, und
das „Absolute“ onto-theologisch als „Gott“ gesetzt („jenseits aller
Dualitäten“, ergo: :All-Einheit);

Als Entwertung war das nicht gemeint - siehe obige Betonung der irdischen Ebene als bestes Sprungbrett ins Absolute. Im Gegenteil - die relative Ebene ist ABSOLUT wichtig :smile:

Gruß

L´auteur n´existe pas, sagen die Strukturalisten
Hi.

Das heutige Denken ist vom Kausalitätsprinzip geprägt (Ursache

  • Wirkung). Wenn jemand nach der Wahrheit fragt, muß es sie ja
    geben, denn auch Gedachtes hat einen Urgrund … oder? :o)

Das Fragen und Aussagen impliziert einen Wahrheitsbegriff. Habermas hat das in seiner Kommunikationsttheorie gut ausgeführt. Der Geltungsanspruch auf Wahrheit (einer Aussage) ist konstitutiv in die Sprache und das Denken eingebaut. Das ignorieren die Wahrheits-Kritiker. Relativ wahr ist, was sich in der Lebenspraxis be-währ-t. Relative Wahrheit ist eine pragmatische.

Was die modernen Philosophen m.E. fast immer übersehen, ist
die Finalität, d. h., es muß einen Raum geben, in dem das
Gedachte existiert. Die alten Philosophen machten noch
Ortsangaben (Nirwana, Himmel, Tao usw.).

Mit diesem transzendenten und zugleich absolut immanentem Raum haben viele ihre Probleme. Ich denke mal, das Christentum hat viel dazu beigetragen, daß das Transzendente heutzutage in einem schlechten Ruf steht. Bedauerlich, aber zu ändern :smile:

In Europa haben die
altern Griechen diesen Wohnort der absoluten Wahrheit MOIRA
(Erinnerung) genannt (meines Wissens nach …). Moira war die
Mutter aller Musen (Tanz, Dichtkunst und Philosophie).

Meine Quellen verraten mir auf die Schnelle, daß DIKE, die Göttin des Gesetzes und des Rechts, auch für das Ressort Wahrheit zuständig war. Moira war Ministerin für Schicksal. Dikes Funktion war hingegen die Unterscheidung von Wahrheit und Unwahrheit (Aussagenwahrheit), des weiteren die Offenbarung der Wahrheit, die Bestimmung der Wahrheit und die Verkündung der Wahrheit. Schön, daß du mich in diese Richtung angeregt hast. Denn Dikes Funktionen entsprechen durchaus verschiedenen Aspekten der Wahrheitsfindung auf der relativen Ebene: Forschung, Diskurs, Argumentation, Konsens.

Gruß

Thi Thanh Thuy Tran

PS. Ich stehe, nebenbei gesagt, immer noch etwas auf dem Schlauch, was mein Verständnis des von dir intendierten Zusammenhangs von Psychologie und Archiven der Astrologie betrifft. Muß ich über die Astrologie mal etwas schlauer machen, hab Geduld.

Nagarjuna-Revival mit Hindernissen
Hi.

Vielen Dank für deinen Beitrag. Tatsache ist, daß mir seit Jahren kein profundes Material über Nagarjuna zur Verfügung steht, da beide amerikanischen Bücher zu diesem Thema mir abhanden kamen. Ob die Quellenlage mit meinem Shortcut von N.s Theorie wirklich so gar nicht übereinstimmt, will ich noch überdenken und melde mich dann.

Am wichtigsten ist jedenfalls, daß durch diese Debatte ein Philosoph ins Bewußtsein einer etwas breiteren Lesergruppe gerückt wird, dessen Namen diesen Lesern noch überhaupt nicht bekannt war.

Gruß

Hallo, Horst,

freut mich, daß ich Dir Anregungen geben konnte, wenn ich auch mit mMoira falsch lag!

Nun aber kurz noch etwas zu den Finalitäten, den Bedingungen des Raumes … Weder möchte ich im Nirwana noch im Tao in der Entselbstung enden! Auch der christliche Himmel scheint mir mit Helleluja-Singen und Frohlocken wenig geeignet, als Überraum erstrebenswert zu sein. Ich halte es da lieber mit meinen Germanischen Vorfahren - die hatten Wallhal. Dort saßen die Helden bei Saufgelage und brechend vollen Tischen und konnten die hier als Jungfrau verstorbenen Frauen belästigen und drangsalieren … :0). Sie mußten dort bedienen und arbeiten. Morgen zogen dann wieder alle los, um sich auf dem Ida-Feld herumzubalgen um dann abends wieder an den Tisch zurückzukehren. Frauen hatten einen ganz anderen Himmel. Die Kelten nannten ihn Schlaraffia. Dort mußten sie keine Hausarbeit verrichten. Dort waren die Tische immer gedeckt und die gebratenen Tauben flogen durch die Luft und die schönen jungen Helden, Freyas erste Wahl, standen für die Lustbarkeiten zur Verfügung. Sie mußten auch keine Kinder gebären, denn die schwammen im Milchsee, von wo aus sie Adebar zu den Menschen brachte.

Das nenne ich eine konkrete und wahrlich erstrebenswerte Jenseitsvorstellung! Der Weg dorthin ist übrigens der „milky-way“ (Milchstraße). „Wa(h)r“ ist die Vergangenheitsform von Sein (lat.esse = Essenz). Die Endung „-heit“ ist die Verdichtung und Verstofflichung von Zeit; die Endung „-ung“ die Transzendierung von Raum.

Klingt geschwollen, ist aber ganz einfach: „Raum gebiert die Zeit“

(Ich bin blond und blauäugig, und mag es daher einfach!)

Gruß, Michael

P.S.: Höflichkeitshalber frage ich: Was sagen Deine amerikanischen Philosophen? Kenne sie leider nicht und habe keine Vorstellung worüber sie philosophieren.

Moin,

Am wichtigsten ist jedenfalls, daß durch diese Debatte ein
Philosoph ins Bewußtsein einer etwas breiteren Lesergruppe
gerückt wird, dessen Namen diesen Lesern noch überhaupt nicht
bekannt war.

Zu welchem Zweck? Ich zitiere nochmal Ralf:

_Um Nagarjuna zu verstehen, bedarf es dreier Voraussetzungen. Zunächst wäre da eine gründliche Kenntnis buddhistischer Doktrin - also der ‚konventionellen Wahrheit‘. Dies betrifft u.a. die vier edlen Wahrheiten (aryasatya), das skandha-Modell, die Seinsmerkmale (trilakshana, damit verbunden wenigstens Grundzüge der dharma-Theorie) und insbesondere das bedingte Entstehen (pratityasamutpada). Genau darum geht es nämlich bei Nagarjuna, um eine korrekte Ausdeutung und ein korrektes Verständnis dieser Lehrsätze - nichts anderes.

Zum anderen wäre Voraussetzung eine solide buddhistische Praxis, also Schulung in vipashyana/prajnaparamita (‚Einsicht‘) - das intellektuelle Nachvollziehen der Argumente Nagarjunas ist bestenfalls die halbe Miete. Drittens - eigentlich selbstverständlich - sollte man Nagarjuna selbst lesen, nicht Bücher ÜBER ihn._

Welche „breitere Lesergruppe“ erfüllt denn deiner Meinung nach diese drei Kriterien? Die einzigen, die mir einfallen, sind Mahayana-Buddhisten und die dürften zum einen hier in diesem Forum eher selten sein und zum anderen ist diesen Nagarjuna mit Sicherheit bereits bekannt.

*kopfschüttel und auf neue Beleidigungen wartend*
Marion

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Zen und Bewusstseinsstufen
Moin,

Im Zen gelten alle Objekte des Bewußtseins auch auf den
höheren Bewußtseinsstufen als „Makyo“, als Trugbild.

Was verstehst du denn als „Objekte des Bewußtseins“ und „Bewußtseinsstufen“ im Zen?

Da mögen
die Visionen noch so ekstatisch und erleuchtend sein - sie
bleiben Symbole (auf extrem hoher Stufe) des Absoluten.
Beispiele für solche höheren Stufen sind das Astralbewußtsein
und das Mentalbewußtsein (beides aus der Esoterik) sowie der
Samboghakaya aus dem Buddhismus.

Wie passt denn der Samboghakaya hier rein? Der Samboghakaya ist einer der drei Körper eines Buddha, der erkannt werden kann.

Im Buddhismus gelten übrigens die irdische Ebene und die Ebene
des Nirvana als die relevantesten Stufen des Daseins.

Nirvana ist ein Zustand , kein Ort. Somit ist der Begriff „Ebene“ aus irreführend, wie Ralf in seinem Posting weiter unten ja schon ausführlich darlegte.

Im
irdischen Leben sind die Bedingungen am günstigsten, um sich
von den Verblendungen lösen und zum Nirvana erheben, sagte
Buddha.

Buddha sagte der Mensch hat die günstigsten Bedingungen, um Erleuchtung zu erlangen, im Gegensatz zum Beispiel zum Insekt. Das hat nichts mit „irdisch“ zutun, sondern mit den besonderen Fähigkeiten (und Problemen) die ein Mensch im Gegensatz zu den anderen Existenzformen hat. (Wobei du man sich mit Ralf sicher gut darüber unterhalten kann, ob ein Hund Buddhanatur hat :smile:)

Das Prinzip der zwei Stufen gilt also grundsätzlich
auch hier.

Hier gibt es keine „zwei Stufen“, sondern außer der Existenz als Mensch gibt es noch die „hungrigen Geister“, die „Tiere“, die „Götter“, die „eifersüchtigen Götter“ und die „Höllenwesen“, das wären dann sechs Bereiche.

Unter „Bewußtsein“ (vinnana) im buddhistischen Sinne versteht man übrigens eines der 5 „khandhas“ oder Daseinsformen.

http://www.palikanon.com/wtb/khandha.html#khandha

Es ist genau wie die anderen 4 skandhas dem ständigen Einfluss von Ursache, Wirkung und Anhaftung unterworfen und somit nicht wirklich etwas besonderes. Was mit vinnana wahrgenommen wird, unterliegt wiederum Ursache und Wirkung. Somit kann im buddhistischen Sinn mit diesem Bewußtsein auch nichts „absolutes“ wahrgenommen werdne, mal davon abgesehen, dass dieses „Absolute“ in der Vorstellung des Mahayana-Buddhismus eh nicht vorkommt.

Gruß
Marion

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Moin Ralf,

Das Kapitel eröffnet
mit dem Einwand, Nagarjunas negative Dialektik und seine
Rückführung aller dharmas (Seinsmomente) auf die Leerheit
(sunyata) sei nihilistisch und entwerte zwangsläufig auch die
buddhistische Doktrin (deren einfachste Formel die ‚vier edlen
Wahrheiten‘, aryasatya, sind).

Dazu sag ich nur: Was wird denn erleuchtet, wenn das Wesen von allem leer ist? :smile: Also wozu strengen wir uns überhaupt an? :smile:

Nach meinem Verständnis gibt es auch keine Rückführung auf die Leerheit, sondern nach Nagarjuna müssen alle bedingten Daseinsfaktoren zwangsläufig im Wesen „leer“ sein. Würden Phänomene „aus sich selbst heraus“ existierend, wären sie nicht der Veränderung unterworfen, würden Phänomene hingegen gar nicht existieren, könnten sie auch nichts bewirken. Somit gehören „Leerheit“ und die Bedingtheit von Ursache und Wirkung untrennbar zusammen.

Ver-/Umhüllens. Das, was hier verhüllt wird, ist natürlich
nichts anderes als die Leerheit der abhängigen Begriffe -
durch die ‚Hülle‘ gewinnt die Leerheit eine kommunizierbare
Gestalt. Zwangsläufig kommt einem hier die berühmte Passage
des Prajnaparamita-Hrdya-Sutra (dort freilich auf die skandhas
bezogen) in den Sinn: rupam shunyata shunyataiva rupam, rupan
na prthak sunyata sunyataya na prthag rupam - Form ist Leere,
Leere ist Form usw. usf.

Tja, und die gab es schon vor Nagarjuna, oder nicht?

Nirvana. So wie die zwei Wahrheiten Komplemente sind, sind
(korrekte) intellektuelle Erkenntnis und Erleuchtung
Komplemente, so wie paramartha-satya eine kommunizierbare
Gestalt durch samvrtisatya erhält, so erhält samvrtisatya
Be-Deutung (Deuten auf paramartha-satya) erst durch die
konkrete, unmittelbare und nicht kommunizierbare Erfahrung der
paramartha-satya. Sie stellt den bedingenden Zusammenhang her.

Wobei der tibetische Buddhismus von drei Aspekten ausgeht, nämlich Disziplin in Ethik, konzentrierte Meditation und Übung in Weisheit, von denen Ethik die Grundlage legt, um ein ruhiges Verweilen des Geistes überhaupt erst zu ermöglichen.

Diese Erfahrung jedoch wird letzlich durch religiöse Praxis
erlangt; intellektuelle Erkenntnis ist lediglich ein
Hilfsmittel dabei, als Bedingung (pratyaya) verstanden ist sie
arambana (Stütze, Grundlage), nicht hetu (wirkende Ursache).
Das im Kommentar angesprochene ‚untrügliche Erkennen‘
(aviparita-avabodha) ist keine ‚untrügliche Erkenntnis‘ - man
beachte den Unterschied.

Was aus buddhistischer Sicht klar ist. Im buddhistischen Sinne bergen philosophische Konzepte wie auch das der „Lehrheit“ ja wiederum die Gefahr der Anhaftung. Dadurch wäre nichts gewonnen.

[MMK 24.18] Eine Gegebenheit (dharma), die ohne Bedingungen
entstanden ist, lässt sich nicht finden. Daher lässt sich ja
auch keine Gegebenheit finden, die nicht leer ist.

Genau, eins geht nicht ohne das andere. Siehe oben.

[MS] Wir bezeichnen (eigentlich erklären, tib. hchad de) das
durch Abhängigkeit Entstandene (pratitya-samutpanna) als leer.
Das ist abhängige Erklärung (upadaya-prajnapti), das ist der
mittlere Weg.[Anmerkung: madhyamaka, das ‚Mittlere‘,
sowohl die Position des Realismus als auch die des Nihilismus
Vermeidende] Wenn da irgendein Ding (bhava) existiert, so
ist dieses abhängig entstanden und abhängig erkannt; weil
daher irgendwelcher nicht durch Abhängigkeit entstandene
dharma (Objekt) nicht existiert, deshalb existiert nicht
irgendwelcher nicht leere dharma.

Die Stelle ist von großer Wichtigkeit für das gesamte Denken
Nagarjunas -

und eine der Grundlagen des tibetischen Buddhismus.

sie beugt dem Missverständnis vor, sunyata werde

bei Nagarjuna als etwas Substanzhaftes aufgefasst, ein
Substrat oder ‚Ding an sich‘, dessen unmittelbare
(nicht-duale) Erfahrung Gegenstand höchster Wahrheit sei und
das in samsarischer Erscheinung Gestalt annehme und mit dem
Werkzeug konventioneller Wahrheit beschrieben werde. Das wäre
eurozentrisches Anwenden abendländisch-idealistischer Konzepte
auf ein Denken, das eine Trennung von ‚Ding an sich‘ und
Erscheinung, von Substanz und Akzidens strikt vermeiden will.

:smile:

Vielmehr ist Leerheit selbst nur ein leerer/abhängiger
Begriff. Insofern ist es auch völliger Unfug, in Bezug auf
Nagarjunas Denken von einer ‚absoluten Ebene‘ zu sprechen -
misser kann man Nagarjuna gar nicht verstehen.

:smile:

Vielmehr ist eine Unterscheidung zwischen einer
‚absoluten‘ und einer ‚relativen‘ Ebene völlig unsinnig - hat
jedenfalls mit Nagarjuna absolut nichts zu tun.

:smile:

Die ‚zwei Wahrheiten‘ sind beides(!) abhängige Aspekte von
‚Rechter Sicht‘; samvrtisatya ist ihr kommunizierbarer Aspekt
und paramartha-satya ihr Erfahrungsaspekt. Dass es beides -
wie Nagarjuna in MMK 24.9 warnt - sorgfältig voneinander zu
unterscheiden gilt hat den Zweck, nicht pars pro toto zu
nehmen. Nicht intellektuelle Kniebeugen und spitzfindiges
Philosophieren an Stelle lebendigen Erwachens.

Wenn man sich anschaut, in welchem Unfeld Nagarjunas Werk entstanden ist, dann denke ich, kann man durchaus schließen, dass Nagarjuna eben dieser möglichen Ausuferung von philosophischer Spitzfindigkeit einen Riegel vorschieben wollte, und die Menschen wieder zurück zum eigentlichen Inhalt der buddhistischen Lehre bringen wollte.

Lieben Gruß
Marion

Guten Morgen, liebe Philosophen,

es gibt im buddhistischen ein schönes Sprichwort: „Wenn Du sehen willst, was ich meine, dann sieh zu, wie jemand, der eine Erleuchtung hatte, sie jemand erklären will, der nichts darüber weiß. Das ist die höchst Form von Unwissenheit von beiden.“
Die Buddhisten haben hervorragende Denker hervorgebracht, wohl weil der Buddhismus Indoktrinationen durch Priester oder Machtreligionen vermieden haben. Aber sie liegen nicht in allem richtig. Das größte Manko, das ich persönlich ihnen vorwerfen muß, ist die Behauptung, daß „Frau“ zu sein ein schlechtes Karma und eine niedere Stufe der Wiedergeburt darstellt. Das widerspricht meinem nordisch-europäischen Denken.

Und um die Diskussion richtig am Laufen zu halten, möchte ich auf die Lehren von Zarathustra hinweisen, denn dort war die philosophische Praxis recht einfach: WEnn jemand behauptete, einen bestimmten Bewußtseinszustand erreicht zu haben, mußte er das auch beweisen. Er mußte diesen Zustand bei sich herbeiführen und die Kontrolle, ob diese Stufe erreicht wurde, übernahm ein dafür speziell abgerichteter Hund. Deswegen schrieb Zarathustra, daß letztendlich die Welt vom Gehirn eines Hundes zusammengehalten wird.

Anmerkung: In England bildet man zur Zeit Hunde aus, die Epilepsie und ähnliches im voraus erkennen können, um deren Besitzer rechtzeitig zu warnen, um entsprechend schnell Maßnahmen einleiten können.

Gruß,
Michael

Die Shunyata ist kein monistischer Kitt
Hi.

Vorweg - auch mir scheint Nagarjunas Konzept der ‚zwei Wahrheiten‘ von Horst gründlichst missverstanden.

Nur etwas umgedacht - -

[MMK 24.8] Bei der Verkündigung des Dharma haben sich die Buddhas
auf die zwei Wahrheiten gestützt: Die eine ist die
weltliche, ‚verhüllte Wahrheit‘ (samvrtisatya), die andere ist
die ‚Wahrheit im höchsten Sinne‘ (paramarthasatya).
[MMK 24.9] Diejenigen, die den Unterschied der beiden Wahrheiten
nicht erkennen, die erkennen auch nicht die tiefe Wahrheit (tattva)
in der Lehre Buddhas.

Diese Formulierungen widersprechen mit keiner Silbe dem, was ich in etwas spielerischer Weise und improvisierend als disziplinübergreifendes Konzept einer 2-Wahrheiten-Theorie entworfen hatte. Es GIBT zwei Wahrheiten, denn es gibt einen Unterschied zwischen ihnen, den die erkennen, die auch die tiefe Wahrheit der Lehre Buddhas erkennen. Dieser Unterschied ist nicht nur eine Illusion. Er läßt sich auch nicht wegdiskutieren. Die Frage ist nur, wie beide Wahrheiten näher zu bestimmen sind.

Freilich sollte man sich hier vor dem Missverständnis hüten,
Erfassen der samvrtisatya sei hinreichende Bedingung zur Erkenntnis
von :stuck_out_tongue:aramartha-satya und somit zur Erlangung von Nirvana.

die’zwei Wahrheiten’ sind beides(!) abhängige Aspekte von ‚Rechter
Sicht‘; samvrtisatya ist ihr kommunizierbarer Aspekt und
paramartha-satya ihr Erfahrungsaspekt

Hier ist der einzige Punkt, den ich wirklich für angreifbar halte in meiner Interpretation von Nagarjuna: ich habe den Begriff der höchsten Wahrheit unmittelbar mit dem der Shunyata ineins gesetzt. Das ist vermutlich an keiner Stelle von Nagarjuna abgesegnet. Ich denke aber, dieses Vorgehen ist nicht gänzlich verfehlt. Zum einen ist der Erfahrungsaspekt, die paramartha-satya, kaum etwas anderes als die Erfahrung des Nirvana (oder liege ich da falsch?). Das Nirvana interpretiere ich aber (wie unten ausgeführt) als eine Bewußtseinserfahrung - erfahren wird die Shunyata. Eine kleine Verschiebung des höchsten Wahrheits-Begriffs in Richtung Shunyata, von Nagarjuna vielleicht nicht intendiert, ist die Folge: Die höchste Wahrheit IST die Shunyata. Diese eigenmächtige Modifikation könnte ich in einer Neufassung des Konzepts leicht zur Sprache bringen. Man wird aber vielleicht zugeben, daß die Modifikation gar nicht so sinnlos ist - und sehr weit entfernt von Nagarjuna. Denn welchen Sinn soll paramartha-satya im Sinne einer höchsten Aussagenwahrheit haben? Sie ist vielmehr eine Seinswahrheit - ich sehe da keine möglichen Zwischenstufen.

Wenn du diesen Schritt mitvollziehen kannst (zumindest als Hypothese), möchte ich dir noch folgende Überlegungen anmuten:

Die Shunyata ist kein Monismus (wie im übernächsten Absatz ausgeführt). Nagarjuna war kein Monist, weil die Shunyata kein monistisches Konzept ist. Auch Buddha war kein Monist: er war Dualist. Er unterschied klar zwischen Samsara und Nirvana. Die erste der Edlen Wahrheiten besagt: das Leben im Samsara ist leidvoll. Was wäre das für eine Wahrheit, die sich auf eine Scheinentität bezöge? Also ist Samsara nicht das gleiche wie das Nirvana. Ein buddhistischer Monismus macht nicht wirklich Sinn. Ich sehe hier den Shunyata-Begriff von dir fehlinterpretiert.

Die Wahrheiten sind nicht einfach nur komplementär. Sie sind hierarchisch geordnet, sie sind - bildlich gesprochen - Ebenen. Was anderes soll die Rede von der ´Wahrheit im höchsten Sinne` denn besagen? Die höhere Ebene ist das Nirvana - oder die Shunyata. Ich sehe wenig Sinn darin, die beiden Begriffe unterschiedlich zu definieren - außer vielleicht, das Nirvana als Bewußtseinszustand zu bezeichnen und die Shunyata als das reine Sein. Ein Mensch in der Erfahrung des Nirvana hat Teil an der Shunyata, aber ist sie nicht. Nirvana heißt eben auch: Verlöschen der Begierden. In der Shunyata aber gibt es kein Verlöschen. Nur im Bewußtsein. Warum ist das Nirvana höher als das Samsara und nicht nur komplementär? Weil der Trend in Richtung Nirvana geht: Buddha lehrt den Weg zur Erkenntnis des Nirvana und zur Erlösung in ihm. Von einer Rückfahrkarte ist keine Rede (erst das Mahayana führt das Ideal des Bodhisattva ein).

Es gibt somit zwei Ebenen von Wahrheit, und es besteht kein Grund, anzunehmen, daß eine dieser Ebenen jemals nicht mehr sein wird. Damit ist schon widerlegt, daß Nagarjuna ein Monist sein soll. Er könnte es nicht sein, ohne sich zu widersprechen. Der Abgrund, der das Samsara vom Nirvana trennt, ist zu groß, um ihn monistisch zuzukitten. Der Monismusbegriff hat einen didaktischen Wert: er lehrt das Denken einer umfassenden Einheit in der Vielfalt. Hohes Niveau - aber nur eine Vorstufe zur Shunayata. Zudem hat meines Wissens der Begriff Shunyata die Bedeutung „formenträchtige Leere“. Diese paradoxe Formulierung deutet die Zwiespältigkeit dieser Leere an. Form ist Leere, Leere ist Form, wie es im Mahayana heißt - das sagt klipp und klar, daß Leere eben nicht NUR leer ist. Sie bringt Formen hervor. Der Begriff der Leere soll doch nur besagen, daß alsGegenstand dieses Begriffs keine irgendwie substanzialisierende Vorstellung aufkommen soll. Monismus ist bereits ein substanzialisierender Begriff: er definiert Einheit als die Ursubstanz. Die Leere ist aber weder dies, noch das. Sie ist nicht Einheit und nicht Vielfalt. Der Formel vom Nicht-Eins, Nicht-Zwei (ist sie nicht von Shankara?) hätte Nagarjuna sicher zugestimmt.

[MMK 25.19] Es gibt nichts, was den Samsara von Nirvana, und das
Nirvana vom Samsara unterscheidet.

Nimmt man das wörtlich, so wird man Probleme haben zu begründen, warum die Begriffe Nirvana und Samsara überhaupt gebraucht werden. Sie beschreiben definitiv sehr verschiedene Dinge: Samsara ist die Welt der Verblendung, eine trügerische, symbolisch strukturierte Objektwelt, der ein sich in narzißtische Illusionen hüllendes Ich gegenübersteht, das an der Objektwelt und an der eigenen Vergänglichkeit leidet. Das ist ein FAKTUM - kein dialektischer Trick kann mir beweisen, daß die Welt der konventionellen Wahrheit innerhalb eines monistischen Seins nicht wirklich existiert. Die Schmerzen eines Gefolterten sind kein Trug, kein Konzept, sie sind real - aber sie sind nicht das Nirvana oder in ihm. Sie sind woanders - im Samsara. Wenn jemand zwischen Samsara und Nirvana zu unterscheiden weiß, dann ein Gefolterter.

Wie auch nicht der geringste Unterschied des samsara vom nirvana
ist, so ist auch nicht der geringste Unterschied des nirvana vom
samsara.
[MMK 25.20] Die Grenze des Nirvana ist zugleich die Grenze des
Samsara. Zwischen diesen beiden wird auch nicht der feinste
Unterschied gefunden.

Hier muß man Nagarjuna widersprechen. Die Gründe habe ich zuvor angegeben. Es gibt einen Unterschied der Bewußtseinsebenen und der Bindung an die Stufen des Materiellen (vom Grobstofflichen über die verschiedenen feinstofflichen Ebenen hinauf). Diese Unterschiede reprasentieren verschiedene Grade des Bewußtseins. Ein Verblendeter ist nicht erleuchtet, er ist verblendet - welchen Sinn hätte die Rede von der Erleuchtung, wenn nicht, Licht in Dunkelheit zu bringen? Welchen Sinn hätte es, von Dunkelheit zu sprechen, wenn es sie nicht gibt? Hätte Buddha der Nagarjuna´schen Ineinssetzung von Nirvana und Samsara zugestimmt?

‚samvrtisatya‘ wird gelegentlich mit ‚konventionelle Wahrheit‘
wiedergegeben, was zwei Aspekte des Begriffs samvrtisatya
hinreichend abdeckt - :den einer gewöhnlichen, alltäglichen Wahrheit
(Wahrheit im gewöhnlichen/üblichen Verständnis) sowie den auf
Übereinkunft (sprachlicher Konvention) beruhenden.

Nicht viel anderes hatte ich im Sinn, als ich von relativer Wahrheit schrieb. Die von dir angeführten Bedeutungen entsprechen in wesentlichen Punkten der von mir skizzierten Ebene der Aussagenwahrheit im Rahmen der Konsenstheorie der Wahrheit von Habermas. Hier also kein Widerspruch zu meinen Ausführungen. Ich habe die Wahrheitskategorie samvrti nur mit modernen Konzepten ausgeschmückt - nach der neuesten Mode (ob Haute Couture, darüber läßt sich debattieren, aber dich interessieren Lacan und Habermas nicht ).

‚Samvrti‘ kann ‚verbergen‘ bedeuten, es kann gegenseitige
Abhängigkeit bezeichnen und es kann Abhängigkeit von sprachlicher
Übereinkunft ausdrücken.

Ich nahm mir die Freiheit (bei meiner einige Jahre zurückliegenden Rezeption von Nagarjuna), die Aspekte der sprachlichen Konvention und der alltäglichen Wahrheit, die beide zum Bedeutungsspektrum der samvrti gehören, als Hauptfeatures einer Welt der relativen Wahrheit anzusehen und brachte es so in mein Posting ein. Ich sehe hier keinen Mißbrauch von Nagarjuna.

MMK 24.10] Ohne sich auf die Anwendung [der Worte] (vyavahara)[sic!]
zu stützen, kann die Wahrheit im höchsten Sinne nicht gezeigt
werden; und ohne zur Wahrheit im höchsten Sinne vorgestoßen zu sein,
wird Nirvana nicht erlangt.

Wieder der Punkt, an dem ich mir Freiheit nahm: zwischen paramartha und Nirvana bzw. Shunyata unterscheidet Nagarjuna, ich nicht. Die Gründe nannte ich schon.

[MMK 24.18] Das Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit.
(pratityasamutpada), dies ist es, was wir ‚Leerheit‘ nennen. Das ist
[aber nur] ein abhängiger Begriff (prajnapti); gerade sie (die
Leerheit) bildet den mittleren Weg.

Die Stelle ist von großer Wichtigkeit für das gesamte Denken
Nagarjunas - sie beugt dem Missverständnis vor, sunyata werde bei
Nagarjuna als etwas Substanzhaftes aufgefasst, ein Substrat
oder ‚Ding an sich‘, dessen unmittelbare (nicht-duale) Erfahrung
Gegenstand höchster Wahrheit sei und das in samsarischer Erscheinung
Gestalt annehme und mit dem Werkzeug konventioneller Wahrheit
beschrieben werde. … Insofern ist es auch völliger Unfug, in Bezug
auf Nagarjunas Denken von einer ‚absoluten Ebene‘ zu sprechen -
misser kann man Nagarjuna gar nicht verstehen.

Dazu kann ich jetzt nur sagen: die Definition von Leerheit als „Entstehen in gegenseitiger Abhängigkeit“ gibt nicht viel her. Sie ist ein systemtheoretisches Konzept auf der Ebene der samvrti. Ich glaube, Nagarjuna hat Leerheit noch mit einer anderen, sinnvolleren Definition umschrieben, die die Einseitigkeit der zuvor genannten überwindet. Ist dir da nichts bekannt?

Das Absolute ist definiert als das, was das aus ihm Entstehende bedingt. Shunyata als formenträchtige Leere wäre ein Kandidat für dieses Amt.

Nagarjuna ist Monist, sein Leerheitsbegriff dient der Vermeidung der
(unheilsamen) Sicht einer Substanz oder eines Absolutums und sein
Beschreibungsmodell ist das einer durchgängigen, ausnahmslosen
wechselseitigen Bedingtheit (pratityasamutpada = sunyata).

Die letztere Variante habe ich schon als systemtheoretische samvriti-Wahrheit bezeichnet, die von Nagarjuna konzeptuell vermutlich überwunden wurde. Und zu sagen, die Shunyata sei keine Substanz, entspricht nicht ganz dem, wie Nagarjuna es angehen würde: er würde sagen, die Shunyata ist weder Substanz noch Nicht-Substanz… Die Shunyata ist weder monistisch noch nicht-monistisch.

Aber eines ist sie: absolut wahr. Was sonst?

Gruß

PS.

aus: die Logik de Lehre von derLeere: die Shunyata des N. (The Internet Encyclopedia of Philosophy, http://www.iep.utm.edu/n/nagarjun.htm
6. Die Logik der Befreiung

"Der Mensch schafft sich mit seiner Sprache ein Schatten-Universum, das dadurch umso realer erscheint, als wir ja immer in Gesellschaft leben, also eine Konsensus-Realität mit unseren Mitmenschen errichten. Diese Konsensus-Realität hat aber sehr oft sehr wenig mit der Situation im Universum zu tun.

Die Absicht Nagarjunas ist es, innerhalb der Kategorien der indogermanischen Sprache eine ähnliche Art von Paradoxien aufzustellen, wie Zeno es getan hat. Er führt damit den in der Semantik implizit enthaltenen Realitätsanspruch von Sprach- und Denkkonstrukten ad absurdum und verweist auf das, was mit Sprache nicht zu fassen ist: Die Shunyata. Das Sprach/Denksystem ist ein autonomer Prozess, der in unseren Gehirnen abläuft, von dem wir uns hypnotisieren lassen. Wir können aber diesen Prozess in seiner Automatik einfach weiterlaufen lassen, und unsere Aufmerksamkeit von dem Automatismus abwenden. Gelingt uns das, so sind wir in Nirvana eingetreten."

Moin,

Die Buddhisten haben hervorragende Denker hervorgebracht, wohl
weil der Buddhismus Indoktrinationen durch Priester oder
Machtreligionen vermieden haben. Aber sie liegen nicht in
allem richtig.

Die buddhistische Lehre wurde ja auch nicht in die Welt gesetzt, um in allem Recht zu haben. Buddha hat ja ganz genau umrissen, was der Sinn seiner Lehre ist und wozu sie gut sein soll. Die buddhistische Lehre kennzeichnet einen bestimmten Weg, den man gehen kann, oder auch nicht.

Das größte Manko, das ich persönlich ihnen
vorwerfen muß, ist die Behauptung, daß „Frau“ zu sein ein
schlechtes Karma und eine niedere Stufe der Wiedergeburt
darstellt. Das widerspricht meinem nordisch-europäischen
Denken.

Im Buddhismus ist es nicht so, dass „Frau“ eine niedere Stufe der Wiedergeburt darstellt, sondern ,dass es Menschen gab, die hofften, im nächsten Leben als Mann wiedergeboren zu werden, weil ein Leben als Mann (unter den zur Zeit des Buddha herrschenden Bedingungen) bessere Möglichkeiten bot, die buddhistischen Lehren zu studieren und zu parktizieren, als ein Leben als Frau.

Die Einstellung des Buddha selbst erfahren wir aus folgendem Dialog mit Ananda:

Und er (Ananda) sprach…wie folgt:
„Ist wohl, O Herr, ein Weib, wenn es unter der vom Vollendeten verkündeten Lehre und Zucht vom Haus in die Hauslosigkeit zieht, imstande, das Ziel des Stromeintritts, der Einmalwiederkehr, der Nichtwiederkehr und der Heiligkeit zu verwirklichen?“
„Ja, Ananda, dazu ist das Weib imstande“.

Dennoch hat Gotama zunächst gezögert, Frauen in den Orden aufzunehmen. Frauen, die ihre Familien, Eltern, Ehemänner etc. verließen hatten in der indischen Gesellschaft einen sehr schweren und niedrigen Stand. Sie galten als schutzlos, hatten keinen Zugang zu Bildung etc. Eine Frau, die in die „Hauslosigkeit“ zog, hatte nicht viel gutes zu erwarten und musste um ihr Leben fürchten. Trotzdem entschied sich Gotama letztendlich einen Frauenorden einzurichten (es gab offenbar auch damals schon einige recht resolute Frauen, die nicht locker ließen :smile:). Allerdings hat es der Frauenorden immer ungleich schwerer gehabt und ist in vielen Ländern wieder von der Bildfläche verschwunden oder hat auf einem sehr niedrigen Niveau vor sich hingekümmert. Dies liegt aber nicht am Buddhismus, sondern an den grundsätzlichen Lebensbedingungen von Frauen in vielen Ländern und die Bedingungen des Nonnenordens sind immer noch vielerorts sehr schlecht. Aber gerade in diesem Bereich ist in den letzten Jahren sehr viel passiert.

Der Buddhismus selbst kennt hingegen eine ganze Anzahl weiblicher Buddhas, die z.B. in Tibet durch die Figur der Tara große Verehrung genießen.

Also zusammenfassend würde ich sagen: Nicht die Lehre bes Buddhismus benachteiligt Frauen, sondern die entsprechenden Lebensbedingungen von Frauen. Sind diese gut (wie hier in vielen westlichen Ländern zum Beispiel), dann ist auch die Stellung der Frauen innerhalb der Sangha stark.

Und um die Diskussion richtig am Laufen zu halten, möchte ich
auf die Lehren von Zarathustra hinweisen, denn dort war die
philosophische Praxis recht einfach: WEnn jemand behauptete,
einen bestimmten Bewußtseinszustand erreicht zu haben, mußte
er das auch beweisen.

Tja, mir ist in der ganzen buddhistischen Welt noch nie ein Mensch begegnet, der von sich selbst behauptet hat, irgend einen bestimmten Bewußtseinszustand erreicht zu haben :smile: Wie weit jemand in seiner Praxis fortgeschritten ist, kann wiederum wohl nur der betreffende Lehrer „erschnüffeln“ :smile:

Gruß
Marion

Stufen zum Absoluten - nichts für Hunde
Hi.

Danke für deinen Wiedereintritt ins Geschehen.

Im Zen gelten alle Objekte des Bewußtseins auch auf den
höheren Bewußtseinsstufen als „Makyo“, als Trugbild.

Was verstehst du denn als „Objekte des Bewußtseins“ und
„Bewußtseinsstufen“ im Zen?

Objekte des Bewußtseins sind im Zen z.B. die besagten Trugbilder (makyo) auf höheren Bewußtseinsstufen:

„With Zen devaluing makyo or the mind’s illusions, the sambhogakaya has been eliminated as a legitimate area of spiritual activity. It is rare that people can leap right over the spiritual realms to enter the Infinite, yet this is what they are commanded to do in Zen. There is no ladder that they may ascend, no paths that they may follow, and no inner guides to warn them of dangers or able to help them overcome problems.“

The Vajra Dakini
On the Problem with Zen
http://www.buddhanature.com/buddha/dakinicommentary…

Wie passt denn der Samboghakaya hier rein? Der Samboghakaya
ist einer der drei Körper eines Buddha, der erkannt
werden kann.

Siehe vorangehendes Zitat.

Im Buddhismus gelten übrigens die irdische Ebene und die Ebene
des Nirvana als die relevantesten Stufen des Daseins.

Nirvana ist ein Zustand , kein Ort. Somit ist der
Begriff „Ebene“ aus irreführend, wie Ralf in seinem Posting
weiter unten ja schon ausführlich darlegte.

Nun, Ebene ist ein topologischer Begriff, aber hier ein metaphorischer und nicht zwingend auf Orte anzuwenden. Es gibt ja Ebenen des Bewußtseins, aber das sind keine Orte, sondern - - Seinsmodi, um’s fremdsprachlich auszudrücken. Nirvana ist ein Bewußtseinszustand, wie ich auch in meiner langen Antwort an Ralf ausdrücklich feststelle - sehr zu unterscheiden von der Shunyata, das das reine Sein, das So-sein, ist. Ich spreche von einer höheren und einer niederen Ebene, weil diese Bewertungen im Buddhismus klar vorgezeichnet sind: das Nirvana ist anzustrebendes Ziel, also höher (wertvoller) als Samsara.

Im
irdischen Leben sind die Bedingungen am günstigsten, um sich
von den Verblendungen lösen und zum Nirvana erheben, sagte
Buddha.

Buddha sagte der Mensch hat die günstigsten
Bedingungen, um Erleuchtung zu erlangen, im Gegensatz zum
Beispiel zum Insekt. Das hat nichts mit „irdisch“ zu tun,
sondern mit den besonderen Fähigkeiten (und Problemen) die ein
Mensch im Gegensatz zu den anderen Existenzformen hat.

Befreiungs-technisch ist der Mensch laut Buddhismus nicht nur den Insekten überlegen, sondern auch den Devas. Und die stehen bekanntlich WEIT über den Insekten.

(Wobei
man sich mit Ralf sicher gut darüber unterhalten kann, ob
ein Hund Buddhanatur hat :smile:)

Ich „kenne“ Ralf schon vom Januar - ein großartiger Spezialist, aber echt. Und wie er schreibt! Die Hunde-Frage würde ich nagarjunisch beantworten: Waldi hat weder Buddha-Natur, noch hat er sie nicht. Ich tendiere allerdings dazu, sie ihm abzusprechen :smile: Was hätte Buddha selbst dazu gesagt? Er hätte doch sicher gelächelt.

Das Prinzip der zwei Stufen gilt also grundsätzlich
auch hier.

Hier gibt es keine „zwei Stufen“, sondern außer der Existenz
als Mensch gibt es noch die „hungrigen Geister“, die „Tiere“,
die „Götter“, die „eifersüchtigen Götter“ und die
„Höllenwesen“, das wären dann sechs Bereiche.

Bereiche, ja, aber auch Stufen. Gerade hier führst du einen Beleg für Stufen- bzw. Ebenendenken im Buddhismus an, der mein hierarchisches Konzept bestätigt. Das Ausklammern dieser Stufen ist nur sinnvoll, wenn´s um eine Wahrheitstheorie geht - ich hatte das klargestellt.

Somit kann im buddhistischen Sinn mit diesem Bewußtsein auch
nichts „absolutes“ wahrgenommen werdne, mal davon abgesehen,
dass dieses „Absolute“ in der Vorstellung des
Mahayana-Buddhismus eh nicht vorkommt.

Nun, manche versteigen sich doch dazu, diesen verpönten Begriff zu verwenden. Ich zitiere:

"Die Entwicklung des Mahayana-Buddhismus

Wenn alle Wesen, so argumentieren die Bücher der Transzendenten Weisheit (Prajnaparamita), durch das Fehlen einer dauerhaften Seele „leer“ sind, dann ist die „Leerheit“ ihr Wesenskern. Jede Suche nach dem, was an einem Wesen von Dauer ist, führt letzlich zu dieser Leerheit. Nicht entstanden und daher ewig, kein faßbares Etwas und doch real, besitzt die Leerheit alle Eigenschaften oder Nicht-Eigenschaften, die wir von einem Absoluten erwarten. Die Leerheit ist somit als das A B S OL U T E (tattva), als die Soheit (tathata) anzusehen."

http://www.tibet-galerie.de/mahayana.html

Gruß

Über Amis und himmliches Vergnügen
Hi.

Zunächst zu meinen Amis (na ja, Huxley war ursprünglich Engländer, fand aber in den USA zur Erleuchtung und zu seiner Lebensaufgabe):

  1. Zu Ken Wilber:

Aus Wikipedia (ich zitiere hier unbefangen, da´s nur um den Hinweis auf eine Person geht):

"Ken Wilber befasst sich mit der Zusammenführung von Philosophie, Wissenschaft und Religion, den Erfahrungen der Mystiker und der Meditation mit denen der modernen Forschung. Er gilt als einer der Hauptvertreter einer so genannten „Transpersonalen Psychologie“, obwohl er sich von dieser seit längerem distanziert hat, weil Teile seiner Überlegungen nicht mehr mit dieser Richtung übereinstimmen. Wegen der Betonung der Wichtigkeit von spirituellen Ebenen wird Wilber fälschlicherweise oft auch der Esoterik und dem New Age zugeordnet.

Wilbers Denken fußt auf den Ideen von Plotin, Meister Eckhart, Sri Aurobindo, des deutschen Idealismus, des Adavaita Vedanta Hinduismus, des tibetischen Buddhismus, Jean Gebser, Jürgen Habermas, Jean Piaget, Lawrence Kohlberg, Teilhard de Chardin, Clare W. Graves sowie der Theosophie und vieler anderer. Er will die Stärken und Schwächen verschiedener weltanschaulicher und philosophischer Richtungen aufzeigen und einen theoretischen Rahmen entwickeln, in dem verschiedene Traditionen Platz haben. Deshalb trägt diese Denkrichtung die Bezeichnung Integrale Theorie.

Wilbers ca. 20 Bücher wurden bisher in 30 Sprachen veröffentlicht. Er gilt als einer der am meisten gelesenen und übersetzten akademischen Autoren in den USA."

  1. Aldous Huxley:

Aus Wikipedia:

"Huxley wurde als Sohn des Schriftstellers Leonard Huxley und dessen erster Frau Julia Arnold in Großbritannien geboren. …
Aldous Huxley erstes Buch „The Burning Wheel“ wurde 1916 veröffentlicht, als er 22 Jahre alt war. Er studierte Literatur am Balliol College, Oxford. …

Nach dem Krieg war er als Journalist und Kunstkritiker beschäftigt. Durch den Einfluss der buddhistischen Lehre und von politischen Ereignisse in Europa wurde er (in den dreißiger Jahren) vom beobachtenden Satiriker zu einem leidenschaftlichen Reformator, der versuchte die Welt durch eine universale mystische Religion zu heilen.

1937 zog Huxley nach Kalifornien. Hier setzt seine zweite Schaffensphase ein, die geprägt war von einer neuen Hinwendung zum Menschen. Der dezidierte Kritiker und scharfzüngige Realist lernte 1938 Jiddu Krishnamurti kennen. Er wandte sich den großen Weisheitslehren der Welt zu und entdeckte in ihnen ein Band, welches sich am ehesten mit dem Begriff Mystik definieren lässt. Beredtes Zeugnis dieser Erkenntnis liefert „The Perennial Philosophy“. Der Roman „After Many a Summer“ ist bereits Ausdruck dieser neuen Zuwendung, die am deutlichsten in „Time must have a stop“ zu Tage tritt. 1953 ließ er sich auf ein von Humphry Osmond betreutes Experiment ein, welches die Wirkung von Meskalin auf die menschliche Psyche zum Inhalt hatte. In der folgenden Korrespondenz mit dem Autor prägten beide das Wort „psychedelic“ für die Wirkung dieser Substanz. Die Essays „The Doors of Perception“ und „Heaven and Hell“ beschreiben diese Wirkung und das Experiment, welchem er sich bis zu seinem Tod noch etwa zehn mal unterzog. Zeichen dieser, nicht nur sein Schreiben betreffenden, Veränderung ist auch sein letzter Roman „Island“ in welchem er eine positive Utopie seiner Dystopie „Brave New World“ entgegensetzte.

Am 22. November 1963 stirbt Aldous Huxley an Kehlkopfkrebs. Vor dem Tod lässt er sich von seiner zweiten Ehefrau Laura intramuskulär 100 Mikrogamm LSD verabreichen."

Nun aber kurz noch etwas zu den Finalitäten, den Bedingungen
des Raumes … Weder möchte ich im Nirwana noch im Tao in der
Entselbstung enden!

Ich auch nicht :smile: - aber was da endet, IST ja auch kein Ich (der Buddhismus spricht vom Nicht-Ich, das Ich ist nur Illusion).

Auch der christliche Himmel scheint mir
mit Helleluja-Singen und Frohlocken wenig geeignet, als
Überraum erstrebenswert zu sein.

Helleluja ist gut :smile:

Bei Techno und ´nem guten DJ könnt´ ich´s da ´n Weilchen aushalten :smile:

Ich halte es da lieber mit
meinen Germanischen Vorfahren - die hatten Wallhal. Dort saßen
die Helden bei Saufgelage und brechend vollen Tischen und
konnten die hier als Jungfrau verstorbenen Frauen belästigen
und drangsalieren … :0).

Analoges gibt´s in den buddhistischen Unter-Himmeln. Da haben die Devas Augensex miteinander, nur in die Augen sehen, und schon geht´s ab. Na, hab ich mal gelesen. Klingt nachvollziehbar.

Sie mußten dort bedienen und
arbeiten.

Danke, ich verzichte :frowning:

„Wa(h)r“ ist die Vergangenheitsform
von Sein (lat.esse = Essenz). Die Endung „-heit“ ist die
Verdichtung und Verstofflichung von Zeit; die Endung „-ung“
die Transzendierung von Raum.

Hmm, klingt interessant, woher hast du diese Etymologie?

Gruß

Erst Hollywood, dann Nirvana
Hi.

Am wichtigsten ist jedenfalls, daß durch diese Debatte ein
Philosoph ins Bewußtsein einer etwas breiteren Lesergruppe
gerückt wird, dessen Namen diesen Lesern noch überhaupt nicht
bekannt war.

Zu welchem Zweck?

Jede Reise beginnt mit dem ersten Schritt. Wer von N. nie hört, wird ihn auch nie studieren und damit auch nie die von Ralf genannten Bedingungen erfüllen. Mein Stil klingt vielleicht zuweilen elitär, das ist aber nicht meine Grundeinstellung. Ich will JEDEN ansprechen. Was die draus machen, ist ihre Sache. Ich bin Künstler und sehe mich als Medium. Ralfs implizit auf mich gezielte Ermahnungen, die Praxis vor die Theorie zu stellen, verstehe ich vollkommen, aber meine Uhr tickt anders: erst Hollywood, dann Nirvana. Und das meine ich ernst.

*kopfschüttel und auf neue Beleidigungen wartend*

Den Gefallen tu ich dir nicht :smile:

Gruß

Zitate zur Absolutheit der Shunyata
Hi.

Hier noch Nachträge (Zitate aus dem Net), die belegen, daß der Term des Absoluten mit der Shunyata für manche, die buddhistisch denken, durchaus kompatibel ist.

"Bereits im 1. Jahrhundert war von der mahayanistischen Leerheitsphilosophie die Herausbildung
einer neuen Sichtweise vollzogen, welche den Begriff Shunyata [(Ssk.) bzw. Sunnata
(Pali) wörtl.: „Leere, Leerheit“] auf alle Phänomene – auf Subjekt- wie Objektseite, auf die
samsarischen wie nirvanischen Dharmas – bezieht. Diese neue Perspektive wird u.a. sprachlich
greifbar in der Substantivierung des Begriffes „leer“: „Philosophiegeschichtlich war der Sprung
von „leer“ zu „Leerheit“ jedenfalls außerordentlich folgenreich: Die Leerheit ist das Identitätsband
zwischen der empirischen Person, den Dingen und der Welt und dem Nirvana, ohne dass
der mahayanistische Monismus nicht denkbar wäre.“23 Dem Begriff der Leerheit kommt jetzt eine
Doppelwertigkeit zu. Wenn von einer Sache behauptet wird, sie sei Leerheit, dann ist damit
einerseits – abwertend – ihre Vergänglichkeit festgestellt, wie andererseits – aufwertend –
impliziert ist, „… dass in ihr die (Non-)Entität «Leerheit» vorhanden ist.“24 Leerheit im letzteren
Sinne, als die allen Dharmas innewohnende – nicht ontologisch zu verstehende – „Natur“
wird dabei gleichgesetzt mit dem Absolutem, welches nach Mahayana-Auffassung allen Wesen,
allen Dharmas als „Buddhanatur“ innewohnt. Die Begriffe „Leerheit“ (Ssk.: sunyata), „ABSOLUTES“
(Ssk.: tattva), „Buddhaheit“ bzw. „Buddhanatur“ (Ssk.: buddhata) und „Verlöschen“
(Ssk. nirvana) sind austauschbar25, in je unterschiedlicher Perspektive wird in ihnen der gleiche
„Sachverhalt“ thematisiert.

www.lisum.de/Inhalte/Data/unterrichtsentwicklung/phi… -

"Die Entwicklung des Mahayana-Buddhismus

Wenn alle Wesen, so argumentieren die Bücher der Transzendenten Weisheit (Prajnaparamita), durch das Fehlen einer dauerhaften Seele „leer“ sind, dann ist die „Leerheit“ ihr Wesenskern. Jede Suche nach dem, was an einem Wesen von Dauer ist, führt letzlich zu dieser Leerheit. Nicht entstanden und daher ewig, kein faßbares Etwas und doch real, besitzt die Leerheit alle Eigenschaften oder Nicht-Eigenschaften, die wir von einem Absoluten erwarten. Die Leerheit ist somit als das A B S OL U T E (tattva), als die Soheit (tathata) anzusehen."

http://www.tibet-galerie.de/mahayana

Gruß

Lieber Horst,

Ich bin dir dankbar für die Auflistung deiner Amis, jedoch muß ich eingestehen: ich kenne keinen von ihnen, außer die Experimente mit dem Zeugs da, die sind gut! Dazu kann ich dir nur da Buch „Enzyklopädie der psychoaktiven Pflanzen“ von Rätsch. (Leider etwas teuer…)
Ansonsten bevorzuge ich das Ansteuern von transzendenten Zuständen mittels homöopathischer Höchstpotenzen, wenn ich nochmal etwas in der Akasha-Chronik nachlesen will. Bei uns heißt das glaube ich „Das Buch des Lebens“… Nein, mal im ernst, ich mußte sogar mal schnell googlen, was Philosophie eigentlich heiß. Ich wurde fündig: Philos = Freund, Sophia = Weisheit… Und Weisheit ist Erkenntnis plus Herzensgüte oder Liebe.
Wieso philosophie also Liebe zu Weisheit bedeutet, verstehe ich nicht. (Vielleicht weil es „wahre“ Liebe nur unter Männern gibt? Aslo, Freund der Weisheit: Das Wichtigste scheint also die Erkenntnis zu sein! Im kabbalistischen Baum des Lebens entspricht dies der verborgenen elften Sephira Daath.
und Philosophie ist eine Muse , nach dem griechischen Baum der Musen.
Ansonsten freue ich mich auf weitere Exkursionen in das Reich der Philosophie, in der Hoffnung, daß meine Äußerungen nicht zu trivial erscheinen.

Gruß, Michael