vor einigen Monaten habe ich angefangen „klassische Literatur“ zu lesen.
Mit „klassischer Literatur“ sind Werke von Goethe, Schiller etc. gemeint.
Ich habe schon viele Bücher in meinem Leben gelesen, allerdings habe ich mich nicht für Romane oder Erzählungen interessiert.
Da ich aber bemerckt habe, dass ich in diesem Bereich eine Bildungslücke habe, wollte ich das ganze nachholen und habe mir zwei drei Bücher gekauft. Auch einige ausgeliehen.
Meine Frage: was genau reizt euch bei der „klassischen Literatur“ ?
Warum höre ich immer wieder, Goethe muss man gelesen haben ?
Denn als ich angefangen habe zu lesen, wollte ich sofort wieder aufhören. Mich haben diese Bücher so etwas von gelangweilt und ich konnte den Erzählungen garnicht mehr folgen.
Deshalb würde ich gerne eure persönlichen Meinungen dazu hören.
Meine Frage: was genau reizt euch bei der „klassischen
Literatur“ ?
Daß ich Leuten, die meinen, daß man klassische Literatur gelesen haben muß, auf den Zahn fühlen kann.
Viele, die das sagen, haben nämlich Bücher maximal als optischen Aufputz zuhause rumstehen.
Warum höre ich immer wieder, Goethe muss man gelesen haben ?
Weil viele Leute einfach glauben, daß es Bücher gibt, die jeder gelesen haben muß (auch wenn sie diese selber nie komplett gelesen haben, sondern nur davon gehört und bestenfalls einige geflügelte Worte daraus kennen)
Deshalb würde ich gerne eure persönlichen Meinungen dazu
hören.
Meine Meinung ist: Es gibt keine Bücher, die man gelesen haben muß. In meiner Bibliothek findet sich zwar querbet so ziemlich alles und es gibt auch Bücher, die ich uneingeschränkt gerne weiterempfehle. Aber daß man eines davon gelesen haben muß, finde ich nicht.
Klassische Literatur ist eben jene Literatur die über den Zeitraum ihrer Erstveröffentlichung hinweg bekannt war und blieb, jene Literatur die von einer Mehrheit von Menschen gelesen wird, so dass sich Überschneidungen im Lesekonsum leichter feststellen können.
Dies bildet die Basis für Konversation. Wenn wir alle unterschiedliche Bücher gelesen haben kann man sich darüber austauschen doch eine tiefgehende Diskussion wird schwierig. Wenn wir alle das selbe Buch gelesen haben, ist sie dagegen leicht möglich.
Unter der sogenannten klassischen Literatur finden sich natürlich sehr viele Meisterwerke - jene Literatur, die als besonders schön, gelungen, aussagekräftig oder politisch/historisch wichtig gilt. Der Hessische Landbote ist z.B. weniger schön und mehr politisch-historisch wichtig.
Das gilt natürlich nicht für alles und alles ist auch nicht gleich interessant. Mir war es z.B. immer ein Rätsel warum Georg Büchner so verehrt wird und warum ich mir diese literarische Schandtat von einem Fragment namens „Woyzeck“ antun musste.
Goethe hat auch schöne Gedichte geschrieben und Faust war toll, aber Werther eine der größten Qualen meines Schülerdaseins.
ABER; Die klassische Literatur ist eben Bildungsgrundlage, also nutze das, was sie mit dir gibt: Bildung.
Damit kannst du entscheiden ob du ein Buch gut findest oder nicht und ob es dir wert ist es weiterzulesen - nicht nur wegen dem Inhalt, sondern evtl. auch wegen dem Stil - oder nicht.
Es gibt genug klassische Literatur diverser Ausrichtungen, als dass jeder was finden kann. Und obwohl ich Liebesromane hasse würde ich Stolz und Vorurteil jederzeit einem Moby Dick vorziehen.
Mich hat an der klassischen Literatur früher nie etwas wirklich gereizt, es gab einfach damals in meiner Nähe fast nur diese Art von Büchern zu lesen…nenne es Schicksal oder wie Du willst. Göthe habe auch ich nur in der Schule nur ein bißchen überflogen, leider nicht auf Deutsch, aber es hat mich auch nicht sonderlich angesprochen, noch nicht vielleicht.
Die klassische Literatur kann sehr viel(es) bedeuten, es spricht universelle Themen der Menschheit an, daher ist es auch so beliebt, finde ich. Ich kann als Zuckerschlecken empfehlen „Madame Bovary“, „Bell-Amie“, „A Woman of no Importance“, „The Picture of Dorian Gray“. Oder wenn Du eher auf etwa fröhliches aus bist kann ich Molière als Autor empfehlen,er ist einfach göttlich.
Klassisch ist für mich heute an all die erwähnten Werke von oben die Eigenschaft dass sie Bücher zum verlieben sind! Und diese Art von Liebe hält wirklich ewig.
Lesen um anderen zu imponieren mit irgendwelchen Titeln oder Autorennamen käme mir nie im Sinne(ich weis Du tust es nicht deshalb). Lesen ist doch keine „Leistungstätigkeit“ worüber man ständig sprechen sollte oder mit angeben müsste, sondern Leidenschaft pur.Wünsche Dir viel Erfolg bei dieser spannenden Reise!
ich kann Deine Frage absolut verstehen. Finde es sehr erleichternd, daß Du sie gestellt hast. Mit vielem aus der klassischen Literatur geht es mir ähnlich. So, daß ich mitunter das Buch zuklappe und sich mir die Frage aufdrängt: „So what.“
Daneben gibt es unendlich vieles, was entweder von größter Schönheit oder großer Einsicht zeugt, oder auch, daß ich kaum einzeln nennen könnte, was es ist, was mich fesselt und an einem Werk hält, so sehr, daß ich es auch Jahre später nicht vergessen kann. Insbesondere scheint es mir oft der Stil zu sein. Einen sehr komplexen Sachverhalt in wenigen, aber sehr klaren, profilierenden, aber nicht großartigen Worten so auszudrücken, daß er einen vielschichtigen Zustand unaufwendig, aber eindeutig ausdrückt. Oder die Atmosphäre. Etwas Unaufdringlich-Einprägsames …
Suche weiter. Ob Du mit Goethe und Schiller die wesentlichsten beschreitenswerten Wege wandelst, scheint mir sehr unwahrscheinlich. Hast Du schon mal Fontane versucht? nur zum Beispiel. Vielleicht auch mal eine kürzere Literaturgeschichte studieren und eine Vorauswahl treffen?
Hallo Jangir,
dein Problem hatte ich vor 20 Jahren auch! Gelöst hat es sich erst ganz langsam mit der Zeit, ich bin immer wieder drangeblieben, war öfter auch frustriert, lese inzwischen aber mit großem Genuss vieles und lasse anderes liegen.
Mit „klassischer Literatur“ sind Werke von Goethe, Schiller
etc. gemeint.
Das hört sich nach einem ziemlich unklaren Klassikbegriff an. Meinst du alle Bücher, die vor 1970 geschrieben wurden und heute noch bekannt sind?
Bedenke bitte, dass diese Bücher wahnsinnig unterschiedlich sind und von sehr unterschiedlichen Autoren geschreiben wurden, die sich oft gegenseitig gar nicht grün waren!
Meine Frage: was genau reizt euch bei der „klassischen
Literatur“ ?
Warum höre ich immer wieder, Goethe muss man gelesen haben ?
Bei mir ist es so:
Viele Goethe-Gedichte (aber nicht alle) liebe ich geradezu, weil sie Gefühle, die ich gut kenne, geradezu perfekt ausdrücken.
Die Leiden des jungen Werther finde ich grandios, auch hier kann ich mich selber wiederfinden.
Die Theaterstücke bis auf „Faust 1“ finde ich langweilig.
Faust 1 finde ich hochinteressant, Faust 2 kenne ich nicht, und die Länge hat mich bisher abgeschreckt.
Die anderen Romane kenne ich nicht, sie haben mich bisher nicht interessiert.
Bei anderen Autoren ist das auch ganz verschieden: Fontane, Stifter und Mörike finde ich nur mäßig interessant, Kleist, Kafka und Tolstoi haben meine höchste Bewunderung und Begeisterung.
Such dir die Bücher, die dir etwas sagen! Allerdings: Leg nicht (jedes) Buch nach 2 Seiten wieder weg (machst du ja offenbar nicht), beiße dich auch mal da und dort durch - Ich jedenfalls habe durch Durchhaltevermögen immer wieder erhöhten Lustgewinn erhalten!
Lies auch Sekundärliteratur zu den Werken, das hilft einem oft sehr.
Manche Bücher, die mich nicht ansprachen, haben mir beim 2. Lesen 10 Jahre später plötzlich sehr gefallen! Andere auch nicht!
Meine Frage: was genau reizt euch bei der „klassischen
Literatur“ ?
bei den Klassikern und Stürmer und Dränger haben mich zuerst die Gedichte interessiert.
Erst später kamen die Stücke dazu. Die Romane hauen mich bis jetzt nicht so sehr um.
Warum höre ich immer wieder, Goethe muss man gelesen haben ?
Das ist ein klassisches (sic!) Argument gewisser Bildungsbürger, die mit so was protzen, obwohl sie selber meist weniges gelesen bzw. verstanden haben.
Gelesen haben müssen muss man gar nichts.
Wenn Dir ein Buch nicht gefällt, dann ist das völlig OK
Denn als ich angefangen habe zu lesen, wollte ich sofort
wieder aufhören. Mich haben diese Bücher so etwas von
gelangweilt und ich konnte den Erzählungen garnicht mehr
folgen.
Wenn Dich ein Buch langweilt musst Du es nicht weiterlesen.
Deshalb würde ich gerne eure persönlichen Meinungen dazu
hören.
Lies das was Dir Spaß macht.
Oft kommt mit der Übung auch das Verlangen anderes zu lesen als bisher.
Goethe und Schiller haben großartige Werke geschrieben die es wert sind gelesen zu werden, nur wenn sie Dir nicht zusagen brauchst Du das nicht.
Werke von moderneren Schreibern sind auch großartig, nur von vielen der oben angesprochenen Bildungsbürger nicht als solche gepriesen. Die zu lesen wäre genauso wertvoll.
Momentan lese ich viel von Pratchat, das würden wohl viele ‚Gebildete‘ die Nase rümpfen lassen, aber mir macht das Spaß und darauf kommt es an.
Momentan lese ich viel von Pratchat, das würden wohl viele
‚Gebildete‘ die Nase rümpfen lassen, aber mir macht das Spaß
und darauf kommt es an.
Du meinst Terry Pratchett?
Nun, Gebildete mögen sonstwas rümpfen, Tatsache ist, dass man ohne Bildung nur die Hälfte seiner Witze, Anspielungen, Parodien etc.pp. erkennt.
Nun, Gebildete mögen sonstwas rümpfen, Tatsache ist, dass man
ohne Bildung nur die Hälfte seiner Witze, Anspielungen,
Parodien etc.pp. erkennt.
jepp
Eben hab ich Mac Best gelesen, da ist es sehr offensichtlich, genauso in Faust Eric. Mein Favorit ist Small Gods (Einfach göttlich), da wimmelt es nur so vor Anspielungen.
Ach alle Bücher von ihm sind super.
ALLE Bücher von Pratchett sind gerammelt voll mit Anspielungen, nicht nur Literatur, sondern Kultur im weitesten Sinne.
Im Deutschen sind nicht alle widergegeben aus Übersetzungsgründen, und im Englischen versteht man sie oft nur, wenn man Einblick in anglosächsische Kultur hat. Und auch dann braucht man Assoziationvermögen. Was glaubst du, wieviele Leute die Assoziation von Brutha = brother nicht machen, wenn sie Small Gods lesen?
Wenn man übrigens mal Annotationen zu Pratchett liest, wird man feststellen, dass vieles, was man für die Ausgebburt dieses genialen Schriftstellers hält, Zitate sind.
Zum Bsp. in Good Omen (mit Neil Gaiman) die komischen Bibelausgaben sind, wenn ich mich recht erinnere, alle bis auf eine, echt.
dann möchte ich Dir Christoph Martin Wielands ‚Geschichte der Abderiten‘ ans Herz legen. Wieland ist in gewisser Hinsicht der Terry Pratchett des 18. Jahrhunderts - wenn auch natürlich thematisch und in Bezug auf die ihm zur Verfügung stehenden Mittel bei weitem nicht so schmalspurig. Und wo Pratchett mit der Axt zuschlägt, bedient sich Wieland eher des Floretts - und zeigt sich so bewaffnet durchaus nicht im Nachteil, weil er diese Waffe exzellent beherrscht …
auch wenn mich jetzt mancher steinigen wollen mag: Ich persönlich finde die gar hochberühmten deutschen Dichter nahezu gehirnerweichend langweilig.
Sehr viel vergnüglicher - sowohl was den Inhalt als auch was die Sprache angeht - zu lesen sind meiner Meinung nach englischsprachige Klassiker, angefangen bei Shakespeare und bei Oscar Wilde noch lange nicht zu Ende.
auch wenn mich jetzt mancher steinigen wollen mag: Ich
persönlich finde die gar hochberühmten deutschen Dichter
nahezu gehirnerweichend langweilig.
Ich steinige dich nicht, aber so ein pauschales Urteil über so viele unterschiedliche Autoren (von Lessing bis Brecht oder wie oder was?) hört sich eher nach geringer Kenntnis an!
Sehr viel vergnüglicher - sowohl was den Inhalt als auch was
die Sprache angeht - zu lesen sind meiner Meinung nach
englischsprachige Klassiker, angefangen bei Shakespeare und
bei Oscar Wilde noch lange nicht zu Ende.
Ich finde, sich über Polonius amüsieren schließt schallendes Gelächter über den Dorfrichter Adam nicht aus!
Karl
tja, Deine Antwort hört sich nach galoppierender Arroganz an.
Ob Du es glaubst oder nicht - ich bin bekennende Bibliomanin und dürfte mit Sicherheit ein Vielfaches von dem, was einem durchschnittlichen Grundschullehrer so untergekommen ist, gelesen haben.
Aber bei einem hast Du recht - Brecht kann ganz nett sein. Vorausgesetzt, man mag es, wenn einem die Botschaft wie mit einer Keule eingeprügelt wird.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass in der deutschen Literatur nur das als wertvoll gilt, das beim Lesen möglichst wenig Freude bereitet.
obwohl zugegebenermaßen eine ausgesprochene Leseratte, so denn die Zeit zur Verfügung steht oder sich einfach genommen werden kann,lese ich auch nicht häufig Werke der „klassischen“ Literatur. Jedoch pflege ich Bücher, so sie nicht Sach- bzw. Fachbücher sind, nicht zu lesen, weil irgendjemand das von mir erwartet oder um den Ansprüchen anderer gerecht zu werden. Ich lese um mich zu informieren oder mich zu unterhalten.
Diese These, „man müsse bestimmte Werke gelesen haben“ stammt vermutlich noch aus der Zeit des Bildungsbürgertums. Auch in der humanistischen Bildung haben diese Werke sicherlich noch ihren Stellenwert und einige sind mit ihren Aussagen, oder dem, was man - die Literaturwissenschaftler mögen mir das nachsehen - „einfach hineininterpretiert“ auch heute noch „modern“.
Wirklichen Zugang zu diesen Texte kann man sicherlich nur erhalten, wenn man sowohl Text als auch Verfasser in ihrem zeitgeschichtlichen Kontext betrachtet. So es sich dann auch noch um ein Thema handelt, dem der Leser zugeneigt ist, könnte die Lektüre dieser mitunter schweren Kost durchaus lohnenswert sein.
Vielleicht könnte es Dir ja helfen, zunächst einmal einige schöngeistige Druckwerke aus der nicht allzufernen Vergangenheit zu lesen, um sich dann langsam den betagteren Schriften zu nähern.
Dir vertrauend werde ich mir diese Buch besorgen und lesen.
wie ich Dich kenne, brauche ich Dir dazu nicht viel Vergnügen zu wünschen - das wirst Du ohnehin haben.
Übrigens - auch, wenn es um um etwas so dröge und verschnarcht klingendes geht wie den klassischen ‚Bildungsroman‘, dann kann einem Wielands ‚Geschichte des Agathon‘ (btw. der erste deutsche Bildungsroman überhaupt) zeigen, dass so etwas durchaus noch heute vergnüglich zu lesen sein kann. Auch wenn die Handlung in der Antike stattfindet, hat das mE doch sehr viel mehr Bezug zur heutigen Lebenswirklichkeit als Goethes doch etwas ermüdender ‚Wilhelm Meister‘, den Novalis völlig zu recht als Beschreibung einer „Wallfahrt nach dem Adelsdiplom“ verspottet hat.
Ob Du es glaubst oder nicht - ich bin bekennende Bibliomanin
und dürfte mit Sicherheit ein Vielfaches von dem, was einem
durchschnittlichen Grundschullehrer so untergekommen ist,
gelesen haben.
Hallo KamikazeKatze!
Wenn du unbedingt belesener sein willst als ein dummer Grundschullehrer, den du gar nicht kennst - bitte sehr, ich lasse dir gerne den Vortritt!
Ich frage mich nur, warum du dich so getroffen fühlst.
Kommt mir ein bisschen wie im Kindergarten vor…
Ich verbat mir oben ein pauschales, undifferenziertes Urteil gegen alle „Klassiker“, die ja obendrein nicht definiert wurden. Kannst du etwas Sachliches dazu sagen?
Manchmal habe ich den Eindruck, dass in der deutschen
Literatur nur das als wertvoll gilt, das beim Lesen möglichst
wenig Freude bereitet.
Das kannst du ja gerne so finden, es hat nur mit meinen Postings, die ja ausgesprochen von Lustgewinn sprachen, so gar nichts zu tun…Hats du die eigentlich gelesen, bevor du selber was geschrieben hast?