Hallo,
die aktuelle Diskussion um die Rede von diesem CDU-Typen hat bei mir mal wieder die Frage aufgeworfen, was nun „die Juden“ eigentlich sind. Vielleicht mag mir jemand dabei helfen, da Klarheit zu erlangen.
Zunächst mal sind „die Juden“ eine Gruppe von Menschen.
Da „das Judentum“ als Religion wohl weithin anerkannt ist, sind „die Juden“ also die Anhänger einer Religion bzw. eine Glaubensgemeinschaft.
Das bestätigt soweit auch der Artikel von Iris, den ich im Archiv gefinden habe:
„Nach der jüdischen Tradition ist Jude, wer eine jüdische Mutter hat oder zum Judentum konvertiert ist.“
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Allerdings geht dieser Satz sogar noch weiter, da per def. hier sogar Jude ist, also Angehöriger einer Glaubensgemeinschaft, wer „nur“ eine jüdische Mutter hat. Das wiederum passt eher nicht zum Charakter einer Glaubensgemeinschaft/Religion, aber zumindest der Religionsanteil an „die Juden“ scheint damit erklärt - Details interessieren mich hier nicht, also wie konkret man zum Judentum konvertiert.
Gut, also weiter: Dann gab es viele und gibt wohl auch noch einige, die „die Juden“ als Rasse verstehen.
Der anthropologische Begriff „Rasse“ scheint aber nach wikipedia http://de.wikipedia.org/wiki/Rasse auf den Menschen ohnehin nicht (mehr) sinnvoll anwendbar, auch wenn er in der englischsprachigen Literatur wohl noch verwendet wird. Dort wird alternativ „Ethnie“ als kleinräumigere Abgrenzung vorgeschlagen.
Dort http://de.wikipedia.org/wiki/Ethnie ist zu lesen
„Unter Ethnie verstehen Ethnologen eine Gruppe von Personen, die derselben Kultur angehören und sich dessen auch bewusst sind.“
Der Begriff führt dann auch gleich näher an meine Frage, nämlich dem soziologischen Begriff des Volkes, der zu „Ethnie“ synonym verwandt wird:
http://de.wikipedia.org/wiki/Volk_(Soziologie)
"Ein Volk ist soziologisch betrachtet eine Gruppe von Menschen, die eine Einheit bilden auf Grund von:
* einer gemeinsamen Herkunft und Geschichte
* gemeinsamen Traditionen und Bräuchen
* relative Homogenität durch Heirat untereinander
* Sie sprechen meistens, bis auf einige wenige Ausnahmen, eine gemeinsame (nicht zwangsläufig „eigene“) Sprache: Liste von Sprachen, Sprachfamilien
* Sie bewohnen häufig (aber nicht immer) ein klar abgegrenztes Gebiet oder stammen von einem solchen
* die Mitglieder identifizieren sich als Angehörige dieses Volkes"
Dann allerdings gibt es sowas wie ein jüdisches Volk nicht, weil die Kriterien, die Iris anführt, mit dem, was hier ein Volk definiert, nicht viel zu tun haben.
Nun schreibt datafox aber in Inlandspolitik http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
„es gibt ein jüdisches volk. (…) juden sind ein volk (am israel - volk israel) (…) das judentum (jahadut) ist die religion des jüdischen volkes. sie hat viele strömungen und ausrichtungen. (…) das israelische staatsvolk besteht überwiegend aus juden und aus einem fünftel aus christlichen und moslemischen arabern. (…) staatsangehörigkeit hat mit der jüdischen definition von volk nichts zu tun.“
Ja, wie jetzt? Also es gibt eine israelische Nation (Nation != Volk). Das scheint einfach. Den Begriff „Volk“ nehme ich nun mal als soziologisch definiert an, so daß „die jüdische Definition von Volk“ mir egal ist - aus dem einfachen Grund, daß Kommunikation keine Sinn mehr macht, wenn sich jeder die Begriffe so definiert, wie er lustig ist (Wenn ich sage "Meine Definition von ‚rosa Gummibärchen‘ ist ‚Vanillepudding, der zwei Tage im Kühlschrank gestanden hat‘, dann kann ich das natürlich tun, aber ein Austausch darüber mit anderen hat keinen Sinn mehr.).
Unter http://de.wikipedia.org/wiki/Judentum ist nun zu lesen, daß
sich „Strömungen innerhalb des Zionismus sich auf einen jüdischen Volksbegriff [stützen], um daraus Gebietsansprüche auf das alttestamentarische Israel abzuleiten; diese Auffassung wird nicht von allen Juden geteilt.“
Was heisst hier konkret „diese Auffassung wird nicht von allen Juden geteilt.“? Nicht von allen, aber von fast allen? Von den meisten? Von einer Minderheit? Wie stehen Anthropologen/Soziologen zu „den Juden als Volk“?
Also: Was sind „die Juden“? Zum einen eine Religion mit einer Masse X von Anhängern. Dann sind(?) die Juden ein Volk mit der Masse Y von Angehörigen. Aber mir scheint, nicht jeder, der jüdischen Glaubens ist, ist auch Angehöriger des jüdischen Volkes - und umgekehrt, also X != Y. Damit gäbe es zweimal (mindestens) „die Juden“.
Das verwirrt mich. Wer mag mir helfen? Nochmal: Es geht mir um Begriffsklärung, keinesfalls um Wertung. Ich möchte gerne wissen, was jemand meint, wenn er sagt „Ich bin Jude“. Bisher habe ich damit lediglich den Glauben und nur den Glauben verbunden, und in Abgrenzung dazu das israeli(ti)sche Volk betrachtet. Aber das scheint ja eine falsche Einteilung zu sein, insofern bitte ich um Erleuchtung 
Gruß,
Malte.
und sogar da gehen die meinungen auseinander. das liberale judentum weicht hier in einigen punkten vom orthodoxen in israel üblichen ab.