Die Fakten
Die Fakten:
In der DDR galt ab 1968 ein eigenes Strafgesetzbuch. Gemäß §151 StGB-DDR drohte einem Erwachsenen, der mit einem Jugendlichen (= unter 18 Jahren) gleichen Geschlechts sexuelle Handlungen vornimmt, Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Verurteilung auf Bewährung. Die Formulierung war geschlechtsneutral, betraf also Männer wie Frauen. Anders als in der BRD, wo nur männliche Homosexualität mit Strafe bedroht war - noch bis 1973 sogar generell, also auch unter Erwachsenen. Die DDR-Regelung war in Bezug auf männliche Homosexuelle (allerdings auch nur in Bezug auf die, s.u.) zwar deutlich liberaler als in der BRD, bedeutete aber immer noch eine Ungleichbehandlung von Homo- und Heterosexuellen. Aus diesem Grund wurde am 11. August 1987 ein Urteil wegen §151 durch Entscheidung in oberster Instanz aufgehoben und Verstöße gegen §151 nicht mehr verfolgt. Im 5. Strafrechtsänderungsgesetz (in Kraft getreten am 30. Mai 1989) wurde folgerichtig der §151 StGB-DDR ersatzlos gestrichen.
In der BRD trat am 23.11.1973 das reformierte Sexualstrafrecht in Kraft. Strafbar blieben sexuelle Handlungen zwischen erwachsenen Männern und Jugendlichen, wobei das sog. Schutzalter von 21 auf 18 Jahre herabgesetzt wurde. Der neugefasste §175 galt nur für Männer, nicht für Frauen. Heterosexuelle beiderlei Geschlechts und homosexuelle Frauen einerseits und homosexuelle Männer andererseits wurden vor dem Gesetz ungleich behandelt - bei Mädchen lag das sog. absolute Schutzalter nicht bei 18, sondern bei 14 Jahren. Gemäß §182 wurden sexuelle Handlungen zwischen Erwachsenen (egal ob Frauen oder Männer) und Mädchen zwischen 14 und 16 Jahren nur auf Antrag eines Erziehungsberechtigten verfolgt (waren also kein Offizialdelikt).
Deswegen - wegen dieser Ungleichbehandlung vor dem Gesetz - brachte der Abgeordnete der Grünen Herbert Rusche, Deutschlands erster Bundestagsabgeordneter, der den Mut hatte, sich offiziell zu seiner Homosexualität zu bekennen, 1986 einen Gesetzesentwurf ein, der die Streichung der §§175 und 182 vorsah. Nicht, um Päderastie zu legalisieren, sondern um die gesetzliche Diskriminierung homosexueller Männer durch diese beiden Paragraphen zu beseitigen. Das Schutzalter wäre damit einheitlich (für beide Geschlechter) auf 14 Jahre festgelegt worden. CDU, FDP (die Regierungsparteien) und die SPD lehnten diesen Gesetzentwurf ab. Wenn ein erwachsener Mann ein 16-jähriges Mädchen mit dessen Einverständnis poppte, war das weiterhin legal. Wenn die Eltern des Mädchens nichts dagegen hatten, durfte es auch gerne erst 14 Jahre alt sein. Das war nach Auffassung von CDU, FDP und SPD o.k. so und sollte auch so bleiben. Machte er dasselbe allerdings mit einem 17-jährigen Jungen, riskierte er in den Knast zu kommen - da spielte ein Einverständnis keine Rolle. Frauen durften eh straffrei alles flachlegen, was über 14 war und freiwillig mitspielte.
Nach dem Beitritt der DDR musste der Bundestag entscheiden, ob der §175 als geltendes Strafrecht gestrichen oder aber in seiner Geltung auf das Beitrittsgebiet ausgedehnt werden sollte. Man ließ sich fast bis zum Ablauf der im Einigungsvertrag festgelegten Frist für die Rechtsangleichung Zeit, das ‚Problem‘ zu regeln. 1994 wurde der §175 ersatzlos gestrichen und ein einheitliches absolutes Schutzalter von unter 14 Jahren (§176) festgelegt - genau so, wie es die Grünen seinerzeit gefordert hatten. Das sog. relative Schutzalter von 14 - 16 Jahren für Mädchen (§182) wurde nicht gestrichen, gilt jedoch seither auch für Jungen.
Freundliche Grüße,
Ralf