in Gottes Namen
Hi Eckard,
In Matth. 6,9 heißte es bekanntlich: „Unser Vater im Himmel!
Dein Name werde geheiligt.“ oder in der griechischen Fassung
„πατερ ημων ο εν τοις ουρανοις αγιασθητω το ονομα σου“.
Nun frage ich mich, welcher Name denn hier geheiligt werden soll?
Gar keiner. Der Ausdruck „Name Gottes“ ist ein allgemeiner religionssprachlicher Topos, der keineswegs eine Eigenart des Tanach und des NT ist, sondern als allgemein gebräuchlich in allen orientalischen Religionen zu finden ist. Auch der Awesta kennt diese Form. Die Griechen sowieso. Darüber hinaus ist es sowohl in diplomatischen Sprachen als auch in nicht-rituellen Sprachen geläufig geworden, etwas „im Namen“ eines anderen zu tun oder zu sagen.
Man muß zwischen zwei verschiedenen Verwendungen des Wortes „Namen“ unterscheiden.
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haben auch Götter meist Eigennamen (Zeus, Wotan, Aphrodite, Freya …) mit einer einzigen Ausnahme: Bei den Christen hat der Gott keinen Eigennamen. Es gibt nur wenige Religionen, in denen ein Gott - neben anderen Anrufungsformen wie „Herr“ usw. - nicht noch je einen Eigennamen hat. Auf Anhieb fällt mir nur der altsyrische bzw. kanaanäische ba’al („der Herr der Fürst“), der kanaanäische Adonis adon (semitisch „Herr“), der Ahura Mazda des Sarathushtra („Herr des Wissens“) und vermutlich der vedische Brahma.
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ist der Ausdruck „im Namen von xyz“ in magischen Sprüchen und Segenssprüchen hitorisch belegt, ebenso in Vertragsformulierungen, wie man sie aus altorientalischen Dokumenten kennt. Es bedeutet, den unter „xyz“ Genannten
a. als Zeugen aufzurufen, oder
b. als Helfer anzurufen, oder
c. in dessen Vollmacht zu handeln. So, wie etwa der Botschafter „im Namen“ seiner Regierung spricht und handelt.
Im Johannes-Evangelium (in dem die dem Menschen vom Gott gegebene Vollmacht, εξουσία, eine ganz entscheidende Rolle spielt) haben wir das Beispiel Joh. 5.4 „ich bin gekommen im Namen meines Vaters … wenn aber jemand kommt in seinem eigenen Namen …“ Klar, daß hier nicht der Eigenname gemeint ist.
Anderes Beispiel: „wenn ihr um etwas bitten werdet in meinem Namen, ich werde es tun“ (Joh. 14.14) Hier ist der Unterschied zwischen „bitten“ und „im Namen von jemand bitten“ gut erkennbar: Es geht um das Wesen, den Begriff, die transzendente Rolle der angesprochenen (hier göttlichen) Person. Ähnlich ist es im rituellen Segensspruch der Christen „Im Namen des Vaters, des Sohnes und des heiligen Geistes“ - spätestens hier ist klar, daß mit „Name“ nicht der Eigenname gemeint ist, denn der hl. Geist hat ja keinen!
Hier ist „im Namen“ die Form der Vergegenwärtigung einer göttlichen Macht. Diese Vergegenwärtigung geschieht übrigens durch das Aussprechen der Worte „im Namen“ und nicht durch die zusätzliche Nennung eines Eigennamens.
Damit ist das folgende deutlich:
Stellt sich mir also die Frage, welchen Namen hat Gott?
Bei den Christen keinen. Bei den Juden ist elohim auch kein Eigenname, denn el ist der allgemeinsemitische Ausdruck für einen Gott. An einigen Stellen in der Torah und den Psalmen wird das Wort auch noch genau so verwendet. Das jüdische Tetragramm jedoch ist ein Eigenname. Das Ausprechen dieses Namens ist allerdings zusätzlich tabuisiert, eine Eigenart, die der israelitische Gott mit dem ägyptischen Amun gemeinsam hat - neben zahlreichen anderen Attributen:
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Wenn es sich dabei nicht um Eigennamen handeln würde, wäre die Tabuisierung ja auch sinnlos.
Im Unterschied zu populärislamischer Auslegung ist übrigens Allah ebenfalls ein Eigenname (zumindest religionshistorisch betrachtet):
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Gruß
Metapher