Hallo Karin,
ich betrachte die Sache einmal vom Gesichtspunkt des Artenschutzes (den interessiert es nicht, ob etwas süß ist).
Katzen leben meist im urbanen Umfeld, wo Kulturfolger leben, die häufig sind. Katzen erbeuten also meist Arten, die durch den Menschen direkt oder indirekt gefördert werden. Selbst den genannten Gartenrotschwanz (als Vogel eines Jahres) gäbe es in einer Naturlandschaft weniger, wenn Mensch (und Katze) nicht vorhanden wären.
Deutschland wäre als Naturlandschaft fast vollständig bewaldet. Da könnte eine Katze keine Feldlerche jagen. Die gäbe es einfach meist nicht. Das trifft übrigens für viele Steppentiere zu, also nicht nur Vögel.
Die Kulturlandschaft ist hier durch den Menschen artenreicher, trotz Katze, die augenscheinlich zur Kultur vieler Menschen gehört.
Unsere Kulturlandschaft hat in den letzten 50-60 Jahren einen erheblichen Wandel durchlaufen. Selbst Sperlinge sind im Rückgang. Dies liegt aber an der Ausräumung unserer Landschaft, da sie maschinengerechter werden sollte. Die 1970er Jahre waren da besonders schlimm. Feldraine und Bachschleifen wurden beseitigt/begradigt und in den Baumärkten gibt es Thujen und Halbstammobstbäume zu kaufen. Englischer Rasen ist In und Hecken oder Totholzhaufen sind undeutsch. Mit der Isolierung unserer Häuser verschwinden Brutmöglichkeiten für viele Höhlen- und Halbhöhlenbrüter.
Ein Kohlmeisenpaar kann im Jahr 24-36 Nachkommen zeugen. Was stört da mehr? Eine Katze, die 5 Junge frisst oder der mangelnde Brutplatz?
Sicher gibt es auch Arten, wo es sehr schade wäre, wenn deren letzten Vertreter durch eine Katze erbeutet werden. Aber warum sind diese Arten so selten? Es liegt an der Zerstörung und Zerschneidung ihrer Lebensräume. Da hilft es nicht, gegen Katzen zu sein oder im Vorgarten einen Nistkasten aufzuhängen.
Manche Sachen sind etwas komplizierter. Ich nenne mal ein Beispiel, welches ich als Planer häufig diskutieren muss:
Wenn gut strukturierte Hecken am Straßenrand stehen, gibt das Lebensraum für viele Vögel. Entsprechend steigt die Anzahl der Verkehrsopfer. Was zählt, ist aber die Anzahl der Tiere, die mit der Hecke überhaupt leben können. Es müssen nicht 20 Nachkommen pro Jahr und Brutpaar überleben. Mir reicht es, wenn die Art in ausreichender Populationsstärke erhalten bleibt. Natürlich wäre es erfreulicher, die Hecke etwas weiter ab von der Straße zu pflanzen. Wer aber einmal eine Grunderwerbsdiskussion mit einem Bauern geführt hat, der sein Produktionsmittel als Lebensgrundlage benötigt, wird wissen, dass das selten möglich ist.
Nun wieder zurück von der Straßenhecke zur Katze: Es zählen beim Artenschutz die Lebenden, nicht die Toten. Wie viele Vögel die Katzen erbeuten, ist irrelevant. Relevant ist, wie viele Tiere (über)leben können. Da spielen die Katzen eine untergeordnete Rolle.
Etwas Dünger auf eine nährstoffarme Wiese und man hat mehr Arten vernichtet, als dass eine Katzenarmee je könnte.
Ich möchte nicht für übermäßige Katzenhaltung werben. Aber richtig einsortieren sollte man das Problem dennoch.
Bei mir (Hof mitten in der Pampa) gibt es einige Freigängerkatzen. Die Brutvogeldichte (Arten und Zahl) ist aber auch bemerkenswert. Es kommt darauf an, das Umfeld zu gestalten. Dann passen auch Katzen hinein.
Grüße
Ulf
PS: Wenn die Leute sich bei Planungsverfahren (es geht um die Welt, in der ihr leben wollt) nicht einmischen und stattdessen Fahrkartenkontrolleure ausbremsen (Seitenhieb aufs Plauderbrett), werden wir die wirklichen Probleme weiterhin verdrängen.