Hi Steffie,
aus welchem Land kommst du denn?
Google doch mal nach dem deutschen Schulsystem.
Wenn man nicht weit umzieht, geht man immer und immer wieder mit den selben Leuten in die selbe Klasse.
An einer Stelle habe ich aber einen Fehler gemacht, das muss ich zugeben:
Beim Wechsel auf die Realschule wurde gefragt, ob ich in eine Klasse mit fremden Kindern möchte oder ob ich meinen Klassenkameraden „noch eine Chance geben“ wollte.
Das wurde mir so gesagt. Ich sollte ihnen noch eine Chance geben. Ich bezweifle aber ehrlich ob mit den andere je ein Gespräch stattgefunden hat. Eher nicht. Da wurde ich, aus heutiger Sicht betrachtet, manipuliert und ich frage mich ernsthaft warum.
Jedenfalls habe ch mir gesagt, weil ich noch an das gute im Menschen glaubte: Ja ich gebe ihnen noch eine Chance. Es ist eine neue Schule es wird bestimmt alles besser.
Aber die nächsten drei Jahre waren die Hölle auf Erden und endeten in 3 Wochen Psychatrie. Dabei waren die Aggressoren aber nur zu kleinen Teilen die alten Leute und v.a. eine neue Mädchenclique.
Willst du mir im ernst erzählen, dass es durch pure Existenz meine Schuld sei dass nicht nur 2-3, sondern 32 einen solchen Hass gegen mich entwickelt haben, dass sie mich krankenhausreif schlugen?
Dann geh mal tief in dich und versuche dir vorzustellen, was dich dazu bringen könnte, jemanden das anzutun. Und das mal 32.
Gegenbeweise gibt es doch genug, das finde ich immer so Aberwitzig bei Leuten, die Vorwürfe wie die deinen machen: Es ist ja nicht so als ob mein Leben nur aus Schule bestanden hätte. Das Problem ist nur, dass man Schule nicht vermeiden kann. Außerhalb der Schule wurde ich nicht gemobbt. Nach deiner Argumentation hätte das aber der Fall sein müssen, wo ist da die Logik?
Wie ichschon sagte: Es wird nicht -grundlos- gemobbt, Gründe gibt es alle. Mir gefällt deine Nase nicht, also wirst du gemobbt. Ist der Gemobbte _schuld_? Nein,er kann nichts an der Nase ändern.
Als ich dann endlich die Klasse wechselte war das erste halbe Jahr sehr anstrengend, ich war ja neu. Natürlich wurde da ausprobiert, ob man mich dissen kann. Aber in anderen Verhältnissen.
Ich sage dir der größte Unterschied zwischen den zwei Klassen hat mich wirklich überrascht: Menschlichkeit.
Die neue Klasse war menschlich.
Es lief nämlich so ab, dass wohl die Lehrer gefragt haben, was ihre Klassen über die Sache denken. Es war ja an derganzen Schule bekannt, dass ich in jeder freien Minute gejagt wurde. Es fällt auf, wenn man gegen einen Heizkörper geschmissen wird und Blutflecken hinterlässt, weißt du?
Ich hätte sonst die Schule gewechselt, was infrastrukturell problematisch gewesen wär.
Aber jene Klasse hat gesagt: Was die da machen finden wir Scheiße, und wir haben Mitleid, lasst sie kommen.
Und nach diesem ersten halben Jahr war ich auch eingegliedert. Natürlich gab es auch Leute mit dummen Komentaren mit denen man nicht klar kam, aber wenn es wenige sind, kann man sich aus dem Weg gehen. Mit den meisten hatteich dann ein neutrales bis freundschaftliches Verhältnis und ich wusste auch, wer nur dumme Kommentare gibt ohne eswirklich böse zu meinen und wer mir gefährlich werden konnte. Aber keiner von ihnen war so schlimm wie die Leute davor. Sie haben mir Wunden zugefügt, die man nicht sehen kann, aber die bis heute nicht ganz verheilt sind. Das ist etwas, das man nicht entschuldigen kann und es ist etwas, das niemand, kein Mensch auf dieser Welt, verdient hat. Egal wie dick oder dünn, egal wie lang oder breit die Nase, egal ob Brille oder Sommersprossen, egal ob deutsch oder migrant oder was auch immer. Keiner.
Die alte Klasse, im übrigen, hat es in jener Zeit geschafft zwei Lehrerinnern vollkommen zu vergraulen. Eine soll sogar in psychatrische Behandlung gekommen sein, aber das kann ich nicht genau sagen, vielleicht war es ein Gerücht aber… ich hatte auch Unterricht bei ihrund kann es mir vorstellen.
In jener Klasse flogen nicht nur Tafellappen, sondern sogar Winkel (diese Metalldinger in Regalen) und ganze _Tische_.
Dazwischen sei zu sagen, dass ich in der 7. noch in einer sechswöchige „Ernährungskur“ war. Mädchen von 10-14, alle übergewichtig. Die erste Woche lief super, alles war okay. Dann kamen vier ältere (14+) Nachzügler, eine davon hatte nur 2 kg Übergewicht. Und das Gemobbe ging los, mit noch 2-3 weiteren von der alten Gruppe.
Da wurde mir auch eingeredet ich hätte eine „Schlag mich Aura“.
Jetzt frag ich dich: Wenn ich die hatte, warum lief in der ersten Woche alles gut? Warum war es diesmal nur eine kleine Gruppe und nicht epidemieartig alle, wie in meiner alten Klasse?
Als ich dann aufs Gym wechselte, ging das Mobben auf „hohem Niveau“ los. Der Grund ist doch ganz einfach: Ich war die neue. Keiner aus einer alten Klasse ist mir mit gewechselt. Wohl ein paar andere aus der alten Klasse, aber die hatten ihre eigene Gruppe, zu der ich nicht gehörte. Und somit stand ich ganz unten in der Hackordnung. Mit ein paar anderen Personen von früher kam ich klar, aber es war nicht genügend… kA, Sympathie, Ähnlichkeit für eine Clique da.
Es war einfach das allgemeine Gemieden werden. Es war gsd kaum Gewalt da. Aber neben dem „die ist neu“ kamen auch Standesdünkel. Ich wurde oft „Realschulabschaum“ genannt oder mir wurde gesagt „geh doch nach Afrika“ seit ich einmal ein Referat über das Thema gehalten hatte. Ichhatte also mit der Mehrheit ein neutral-abgeneigtes Verhältnis, mit einigen ein neutral-positives Verhältnis und mit einer recht kleinen Gruppe ein negatives Verhältnis. Da diese in der Hackordnung oben stand konnte sieaber gut Druck machen. Ich habe sehr gut beobachten können, wie unterschiedlich sich Leúte verhalten, wenn das Alphatier da ist oder nicht. Sehr fiese Menschen wenn vorhanden, nett und sogar unterstützend wenn nicht. Solang ich es niemanden verriet. Irgendwann freundete ich mich mit ein paar anderen Außenseitern an, keine intensive Freundschaft, aber man stand in den Pausen nicht alleine.
Ein Eklat war in der 11 noch geklärt worden, dann ging es.
Viel verändert hat sich dann nicht mehr, ich hatte mich entschieden, dass ich mich nicht länger verbiegen lassen wollte. Ich habe z.B. ohmeingott HÜTE getragen. Ein grauenvolles, abscheuliches Vergehen, nicht wahr? Ich hatte gute Englischnoten, Pfui, und ich habe mich für Geschichte interessiert, Dopppelpfui und ich habe nicht viel Make Up getragen - der Supergau!
Aber das war mir an jenem Punkt schon egal geworden. Ich hatte mich von diesen Leuten entfremdet und sah ihre Kultur des „sich über nicht vorhandenes Make Up Aufregens“ an wie die Verhaltensweisen von Aliens, und so kamen sie mir vor. Ich wandelte und interagierten unter mir unverständlichen Wesen.
Die 13 Klasse ging recht neutral auseinander, der Graph kam also langsam herunter. Auf den Abschlussball ging ich mit meiner damaligen Freundin und hörte nur einen einzigen dummen Kommentar, von jemanden von dem ich wusste, dass er kommen würde (polnischer Katholik).
Was sonst noch lief, weiß ich nicht, da die Kommentare der Abizeitung zensiert wurden. Die Grenzfäll habe ich aber stehen lassen, damit sie mich immer daran erinnern, dassich froh bin, diese Zeit hinter mir gelassen zu haben.
So.
Und dann ging ich auf die Uni und es war als hätte jemand den Schalter umgelegt. Ich verstand mich mit jedem, machte viele Kontakte, viele neue Bekanntschaften, bin Gründungsmitglied unseres FSR und habe neue Generationen FSR Mitglieder mit"aufgezogen". Ich bin relativ beliebt, mehr aber gefragt, und über Fakultätsgrenzen bekannt. Mittlerweile bin ich Lehrtutorin und _mein_ Tutorium ist immer voll. Ich habe feste Freunde mit denen ich oft etwas unternehme, die auf mich zählen, und auf die ich auch zählen kann, denen ich wirklich vertrauen kann obwohl es sehr lange gedauert hat, bisich wieder irgendjemanden vertrauen konnte. Gut, ich definiere mich über Arbeit, aber sehr viel anderes habe ich im Moment nicht. Abermit meiner sozialen Situation an der Uni bin ich äußerst zufrieden.
Die Situatio ist 180° anders. Dabei habe ich mich nur in kleinen Schritten verändert. Natürlich wurde ich reifer, gottseidank das erwartet man ab der Grundschule irgendwie
aber das Selbsbewusstsein baute sich schon in der Realschule auf, warum also das Mobbing am Gym wenn es daran lag? Der nächste Schub Selbstbewusstsein kam erst, als ch schon ein Jahr an der Uni war, und neue, gute Kontakte gemacht _hatte_.
Ich wurde nicht grundlos gemobbt. Ich wurde gemobbt, weil ich dick war. Später, weil ich nicht dem Ideal eine Mädchens (= schlank, modisch, make-up) an der Schule entsprach, zuletzt, weil ich anders war und z.B. ein Mythologie crack. Das spaltete aber schon die Gemüter.
Aber war ich schuld, dass ich gemobbt wurde?
Als 4 Jährige?
lg
Kate