Interkulturelle Erziehung
Hallo,
eines der vielen tollen Dinge an dem früheren Kindergarten meines Sohnes ist auch, dass die Kinder selbstverständlich auch andere Feste als nur die christlichen kennenlernen und feiern - besonders groß das Zuckerfest.
Ich denke, genau das ist der Punkt, in dem sich die Betrachtungsweise von religiös und nicht religiös geprägten Menschen unterscheidet. Ich als Christin hätte ein Problem damit, bestimme Feste einer anderen Religion mitzufeiern.
Und hier meine ich „Feiern“ in dem Sinn, dass ich in meinem Verständnis des Begehens eines religiösen Festes aus dem selben Anlass feiern müsste, aus dem auch die Mitglieder der anderen Religion dieses Fest feiern. Genau das könnte ich aber nicht in jedem Fall, denn es würde meiner eigenen religiösen Überzeugung entgegen stehen, einen anderen Gott als den meinen zu feiern.
Natürlich könnte ich mir ganz bequem auch hier meine eigene Betrachtungsweise zurechtbiegen und beispielsweise konstatieren, dass ich eben aus Achtung und Respekt für die andere Religion dieses Fest mitfeiere. In den Augen der Mitglieder der anderen Religion zählt diese Interpretation übrigens in aller Regel nicht wirklich.
Letzten Endes ist es doch nur ein Umdeuten ursprünglicher Inhalte, die lediglich dem Zweck dienen, sein eigenes Weltbild nicht zu gefährden. Das Deckmäntelchen des interkulturellen Verständnisses passt hier auch ganz bequem. Dennoch macht es für mich als Christin einen Unterschied, ob ich eine andere Religion respektiere oder ob ich ihr anhängen möchte - und nichts anderes täte ich beim Begehen bestimmter Feierlichkeiten.
Ich stelle auch in Frage, dass es sinnvoll sein soll, wenn eine christliche Erzieherin ein (beispielsweise) muslimisches Fest in ihrer Gruppe feiert. Ich würde es für sehr viel sinnvoller halten, für die Begleitung eines solchen Festes eine Muslimin zu wählen - sei es nun eine Kollegin oder die Mutter eines Kindes aus der Gruppe. Nur die versteht nämlich, was hier eigentlich gefeiert wird, ohne das Ganze zu einem reinen Feierspektakel zu degradieren. Und dann wäre es die Aufgabe aller beteiligten Erwachsenen, die Hintergründe auch den Kindern in dieser Gruppe zu eröffnen.
Um das von dir angeführte Beispiel des Zuckerfestes zu nennen: Natürlich feiern Kinder,ganz unabhängig von jeder religiösen oder nicht religiösen Herkunft, begeistert ein Essgelage. Aber auch wenn muslimische Kinder im Kindergartenalter noch nicht fasten müssen, wissen sie doch um die eigentliche Bedeutung des Festes. Viele der Kinder erleben das Begehen des Ramadan zuhause mit und haben ein Verständnis für die Bedeutung des Festes, das nicht muslimischen Kindern fehlt.
Das einfache wechselseitige Überstülpen religiöser Brauchtümer halte ich für ein komplettes Missverständnis in Sachen interkultureller Erziehung. Ein echtes Verständnis für die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der anderen Religion wird dabei sicherlich nicht gewonnen. Das gilt im Übrigen in jede Richtung und beinhaltet damit auch das Feiern des Weihnachtsfestes für muslimische Kinder.
Auch wenn gemeinsam gekocht oder gegrillt wird, gibt es selbstverständlich kein Schweinefleisch bzw. Schweinewürste, damit niemand ausgeschlossen wird.
Das halte ich z.B. für völlig überflüssig. Entscheidend finde ich, dass die muslimischen Kinder ausreichend Möglichkeiten haben, auf anderes Fleisch zurückzugreifen. Allein durch das Vorhandensein von Schweinefleisch entsteht in meinen Augen keine Ausgrenzung. Da läuft man schon wieder eher Gefahr, das Kind mit dem Bade auszuschütten.
Schöne Grüße
Jule