Wie wurdet ihr früher bestraft

Hallo,

kannst du hinter die Fassade gucken, ich denke nicht.

Natürlich nicht. Aber ich vermag mir eine eigene Meinung zu bilden. Das die nicht von jedermann geteilt wird, ist selbstverständlich.

Oft macht sich das in bestimmten Beziehungsmustern etc.
bemerkbar.

Ja, da hast Du natürlich recht, aber die ganze Kindheit/Jugend macht sich doch da bemerkbar und formt einen Menschen. Gutes wie schlechtes.

Nicht jeder geschlagene Mensch wird später auffällig. Das
heißt aber nicht, dass er deswegen besser mit der Situation
umgeht oder es verarbeitet hat.

Ich muss mich doch sehr mißverständlich ausdrücken, aber auch DAS habe ich nie behauptet.

Ich schreibe hier ausdrücklich auch nicht von Menschen, die wirklich mißhandelt worden sind.

Und deshalb nochmal, meine Meinung lautet: Heute gibt es mehr verhaltensauffällige Kinder/Jugendliche als früher und ich denke, dass zu einem großen Teil die Erziehung daran Schuld hat. Früher gab es das nicht so häufig. Daher denke ich, das die Erziehung früher nicht nur schlecht gewesen sein kann. Nicht mehr und nicht weniger. Und wenn da mal eine Ohrfeige dabei war, dann war es so. Deswegen wird man keine psychischen Störungen bekommen. Und wenn doch, dann lag vieles andere schon im argen.

Und es gab noch etwas mehr Respekt. Früher hab ich im Bus nicht gehört, wie einer zum anderen sagt: „Ey boh ey, meine Mutter die alte Fotze stresst mich total“…, Freundinnen hießen noch nicht Spermamülleimer und und und.

Alles andere war von mir missverständlich ausgedrückt oder wurde falsch interpretiert.

Was bedeutet eigentlich, etwas verarbeitet zu haben? Das man nicht mehr dran denkt? Das einem nicht mehr übel wird, wenn man dran denkt? Das es einen noch beschäftigt?

Mal als Beispiel:
Ich bin Linkshänder. Als ich in die Schule kam, gab es noch die Diskussionen, ob man diese „umerziehen“ soll. Meine Schule hat davon abgesehen.

Mitten in der 2. Klasse hatte ich einen Schulwechsel, die Lehrerin dort war noch vom alten Schlag und wollte mir zeigen, das es ganz einfach ist, mit der rechten Hand zu schreiben und hat mir die linke auf den Rücken gebunden. Das war völlig falsch. Aber wirklich schlimm?
Heutzutage sicherlich, ohne Strafanzeige, Schadensersatzansprüchen und Betreuung durch den Schulpsychologen würde da nichts laufen.

Mein Vater hat mir auch bei Essen mit Klebeband die Hand auf den Tisch geklebt, weil die immer irgendwo war, nur nicht am Tellerrand „wie es sich gehört“. Ein Unding. Aber das hab ich dann recht schnell von alleine gemacht.

Solche Aktionen haben mich auch geprägt, aber war das jetzt so schlimm? Ich habe das nicht so empfunden. Ich war damals nur zornig, weil ich nicht verstand, für was das gut sein sollte.

Gruß
Didi

P.S. Lass Deine Haare in Ruhe, die können nichts für meine (in Deinen Augen falsche)Rückschlüsse. :wink:

Worin liegt die Demütigung, zur Erklärung
Hallo Didi!

Ich finde, Du vertrittst Deine Meinung auf eine akzeptable Weise, deshalb mache ich mir mal die Mühe, mich näher zu erklären.

Das wird sich zeigen. Wie gesagt, habe ich meine Tochter noch
nie geschlagen und habe es auch nicht vor.

Das freut mich, zu hören. Vielleicht kann ich dazu beitragen, dass es so bleibt.
Wir haben das Thema hier ja schon häufig diskutiert, ich habe mich auch schon öfter ausgiebig dazu geäußert und möchte nicht alle Argumente wiederholen.

Aber wenn die immer
und immer wieder am Herd rumspielt, dann droh ich ihr
irgendwann schon damit, dass ich ihr auf die Finger haue, wenn
sie das nicht läßt.

Anhand dieser Aussage kann man das schön erklären. Warum soll Deine Tochter auf Dich hören? Aus Einsicht, oder weil Sie Angst vor Schlägen hat? Wer Angst hat, hört auf zu denken, das ist der Einsicht ganz sicher nicht förderlich.

Ich würde in einer Situation, in der ich diese Gefahr sehe (sie auch evtl. provokativ durch das Kind hervorgerufen wird), dem Kind erklären, was passieren kann. Zur Verdeutlichung die Hand in die Nähe der Hitzequelle führen (ihr auf keinen Fall weh tun). Wenn sie mich weiter provoziert, würde ich als Konsequenz sagen: Wenn Du nicht damit aufhörst, gefährliche Dinge zu tun, kannst Du nicht weiter in der Küche bleiben, sondern musst woanders hin gehen. Wenn Du Dich hier ungefährlich verhältst, freue ich mich, wenn Du bleibst. Das Kind hat so eine echte Wahl, wie es sich verhält und wird nicht bedroht und bedrängt, es kann „veranwortungsvoll“ handeln, die Konsequenzen also selbst bestimmen (oder auch ausprobieren, wie ernst es Dir mit der ankündigung ist :smile: )

Weil ich das besser finde, als wenn sie
sich ihre Finger verbrennt oder einen Top kochendes Wasser vom
Herd zieht. Was daran demütigend sein soll, wie es jemand
anders hier schrieb, versteh ich nicht.

Jemanden mit Gewalt zu bedrohen ist demütigend. Überleg doch mal, wie das wäre, wenn das mit Dir jemand macht. Anstatt Dich zu etwas aufzufordern, Dir zu sagen: Wenn Du falsch parkst, verprügel ich Dich.

Wenn Dein Chef Dir für einen Fehler Schläge androhen würde, fändest Du das sicher auch nicht in Ordnung. Warum also soll dies nicht auch für Kinder gelten, die ihren Eltern ja ziemlich ohnmächtig gegenüberstehen?

Die Antwort lautet häufig auf diese Frage: Weil sie noch nicht so vernünftig sind, wie Erwachsene. Dazu sei gesagt: Verwirrten und psychisch kranken Menschen darf in Deutschland (zum Glück) auch keine Gewalt angetan werden, auch wenn sie gefährliche Dinge tun. Die Gesellschaft wird vor ihnen geschützt, und sie selbst vor sich auch. Warum also sollte das bei Kindern anders sein?

Und ich versteh auch nicht, was Du in meinen Aussagen heraus-
oder hineinliest, das schlecht für meine Kinder sein soll.

Naja, wenn Du Schläge für ein legitimes Erziehungsmittel hältst und auch welche androhst, halte ich das nicht für besonders gut.

Der Erziehungsstil „früher“ war im allgemeinen etwas strenger,
hatte festere Regeln und engere Grenzen.

Da geben Dir hier ja eigentlich alle recht, ich auch. Feste Regeln und engere Grenzen sind völlig in Ordnung und geben Kindern Halt, erleichtern das tägliche Miteinander und sind Reibungsstellen, an denen Kinder sich auch mal ausprobieren können.

Ich möchte nicht der beste Freund meiner Tochter werden,
sondern der beste Vater. Und so versuche ich sie zu erziehen.

Das finde ich in Ordnung. Hab ich meinem Sohn auch schon gesagt, als er mich erpressen wollte mit „Dann bin ich nicht mehr Dein Freund“. Hab ich gesagt: „Ich bin Deine Mama, nicht Dein Freund“.

Und glaub mir, ich bin mir trotzdem jeden Tag unsicher, ob es
richtig ist, so wie ich es mache. Egal wie sehr man sich Mühe
gibt, man macht immer wieder irgendwelche Fehler.

Diese Einsicht ehrt Dich.

Ich muss zu meinem Pamphlet noch ergänzen: Ich gestehe jedem Erziehenden zu, dass ihm mal die Hand ausrutscht, dass er Fehler macht. Wir sind nur Menschen und unsere Nerven sind auch einmal am Ende. Aber den Fehler sollte man auch einsehen und das dem Kind dann auch ruhig sagen.

Keine Schläge und Gewalt heißt nicht, dass man nicht erzieht und konsequent ist. Das wird oft verwechselt. Meiner Erfahrung nach mit meine Eltern, mit meinem eigenen Kind, im Bekanntenkreis ist, dass zugeschlagen wird, wenn die Eltern hilflos sind. Wenn ihnen nichts anderes mehr einfällt. Ich seh meinen Vater noch vor mir, wie hilflos er war, bevor er zuschlug. Ihm fehlten einfach die Mittel, der Horizont, sich andere Konsequenzen auszudenken.

Ich hoffe, ich konnte ein paar bedenkenswerte Argumente liefern.

Schöne Grüße
kernig

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Vergesslichkeiten
Hi,

komisch, dabei sagt man doch (und so ist es auch bei mir), dass man sich nur noch an die schönen Sachen erinnern kann, die schlechten vergisst man.

Das ist bei mir eindeutig anders.
Ich habe nichts vergessen. Es gab eben nur einfach weniger schöne Momente.
Ich bin in der Lage auf meine Kindheit (und auch auf andere zurückliegende Ereignisse) emotionslos zurück zu blicken.
Sehr vieles kommt mir vor wie ein Film, welcher mich aber nicht mehr berührt. Bei manchen Dingen wundere ich mich heute, dass ich dies oder jenes gemacht habe oder das mir dies oder jenes wiederfahren ist - Filme in welchen ich zwar vorkomme aber nicht mehr das Gefühl habe, dass ich beteiligt war. Ich vermag es nicht anders zu erklären.
Aber vergessen? Keine Minute.
Eingebrannt.
Eingeschlagen.
Eingeprägt.

Ray