Wie wurdet ihr früher bestraft

Nachtrag
Geschlagen wurde ich von meiner Mutter nur ein einziges Mal. Ich hatte den gesamten Zuckervorrat in den Milchkrug gekippt und daraus eine wunderschöne Matschepampe angerührt. Meine Mutter hat mir ‚den Hintern versohlt‘, bis sie aufhören musste, weil ihre Hand schmerzend rot war. Ich habe das Ganze stoisch über mich ergehen lassen und mich dann, als sie fertig war, umgedreht und gesagt: „Hähä - hat ja gar nicht weh getan!“ Da war ich wohl knapp 3.

Davon abgesehen wüsste ich nicht, dass ich tatsächlich aus irgendeinem konkreten Anlass für irgendetwas bestraft worden wäre. Stattdessen wurde mir ständig und immerdar - und vor allen Dingen in großer Ausführlichkeit, wenn auch nicht direkt, sondern quasi durch die Hintertür - dargelegt, wie und warum meine Person und alles, was ich tat, völlig unzulänglich sei. Der Klassiker: Katze spült während des Mittagsschlafes der Katzenmutter den kompletten Großfamiliengeschirrberg zweier Tage. Überraschend des blitzsauberen Berges angesichtig geworden, meint die Katzenmutter nur: „Du hast den Aschenbecher vergessen!“

Als ich dann mit der Pubertät zunehmend emotional - sprich: mit Tränen - auf solche Situationen reagiert habe, wurde mir zusätzlich angetragen, dass ich ja spinne/nicht normal sei, und mir jeweils anempfohlen, mich in mein Zimmer zu begeben: „Du kannst ja wieder runterkommen, wenn Du fertig bist mit Flennen.“

Erschwerend kam hinzu, dass die Katzenmutter hochgradig irrational und extremen Stimmungsschwankungen unterworfen war - es war also (und ist es noch heute) völlig unvorhersehbar, wie sie in einer wie auch immer gearteten Situation reagieren würde. Eigentlich habe ich den größeren Teil meiner Jugend damit zugebracht, vergeblich zu versuchen alles ‚richtig‘ zu machen. Im Vergleich dazu wären klare Strafen nach klaren Regeln nachgerade das Paradies gewesen.

=^…^=

Gar nicht, zum Glück! Ich bin anscheinend ein (leider) seltenes Beispiel für gewaltlose Erziehung. Wenn ich was blödes gemacht hab, gab es halt Streit (wobei ich meist auch nicht eingesehen hab, dass ich im Unrecht bin). Allerdings hab ich in der Pubertät meine Eltern auch so provoziert, dass meinem Vater (der keiner Fliege was zuleide tun könnte), die Hand ausgerutscht ist (zurecht, muss ich sagen), ich micht aber wegducken konnte. Er hatte ein sehr schlechtes Gewissen und sich mehrmals entschuldigt. Als kleines Kind hab ich nie irgendwas angestellt… Kann sein, dass ich bei nicht enden wollenden Schrei- und Trotzanfällen von meiner Mutter schon mal einen Klaps auf den Po gekriegt hab, kann mich aber an kein Ereignis mehr erinnern. Ich glaube aber, dass so was nicht immer als Strafe in dem Sinne gemeint ist, wie „du hast jetzt dies und jenes angestellt, dafür wirst du bestraft“, (was ja erwiesenermaßen nicht zielführend ist) sondern eher der Versuch ist, das Kind dazu zu kriegen, mit dem Schreien und Toben aufzuhören.
Was mir allerdings IMMER in Erinnerung geblieben ist: in der Grundschule hab ich mal gelangweilt an meinem Tisch rumgekritztelt, wurde ertappt und musste 100 x „Narrenhände beschmieren Tisch und Wände“ schreiben. Das war so eine Demütigung! Das hab ich nie vergessen. Es wäre auch peinlich genug gewesen überhaupt ertappt zu werden und erklärt zu bekommen, warum man das nicht macht usw. - das hätte bei mir schon gereicht. Was schlimmeres als das hab ich sowieso nie angestellt.
late_bire

Genau das meinte ich.
Du rechtfertigst schlechtes Benehmen mit in der Kindheit
erlittenem.

Und Du rechtfertigst Mißhandlung, ist das besser?

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Verjährung ist keine Rechtfertigung.

Gruß

Marzeppa

Verjährung ist keine Rechtfertigung.

„unsere Eltern waren auch nur Menschen“ ist zumindest eine Verharmlosung, finde ich :frowning:

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Hi,

Letztens fragte meine Mutter „Weisst du eigentlich nur noch
schlechte Sachen aus deiner Kindheit, und all das Schöne hast
du vergessen?!“ - tja, ist so. Leider.

komisch, dabei sagt man doch (und so ist es auch bei mir), dass man sich nur noch an die schönen Sachen erinnern kann, die schlechten vergisst man.

Gruß
Steffie

Guten Tag,

wie wurdet ihr so früher zuhause bestraft wen ihr euch mal
nicht geschikt habt oder wen ihr mal mit schlechten noten nach
hause kamt

Damals gab es noch Züchtigung mit dem Lederriemen, nicht nur bei schlechten noten, auch wenn man ungezogen war!

Vergangenheit
Ich kenne Dich nicht und nicht Deine Eltern. Sie könnten entmenschte Bestien gewesen sein, wenn Du so willst. Mögen sie dafür auf ewig in der Hölle schmoren, ich kann hierzu nicht als Anwalt Gegenbeweise präsentieren.
Ich predige hier im wesentlichen, daß Erwachsene gut daran tun, erwachsen zu sein. Eine Außenseitermeinung, ja.

Gruß

Marzeppa

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Ich kenne Dich nicht und nicht Deine Eltern. Sie könnten
entmenschte Bestien gewesen sein, wenn Du so willst. Mögen
sie dafür auf ewig in der Hölle schmoren, ich kann hierzu
nicht als Anwalt Gegenbeweise präsentieren.
Ich predige hier im wesentlichen, daß Erwachsene gut daran
tun, erwachsen zu sein. Eine Außenseitermeinung, ja.

Nein, Du predigst kein „erwachsen sein“, sondern Verharmlosung. Erwachsen ist eben auch, nicht nur „Verharmlosung“ und „entmenschte Bestien“ zu kennen, sondern eben Fehler und Unrecht als solches benennen zu können, ohne in so emotional verschwommene Kategorien zu verfallen.

Es ist ein bekanntes und recht gut untersuchtes Phänomen, daß gerade Erwachsene, die als Kind geschlagen wurden, genau das als Schaden davontragen, daß sie das ihnen widerfahrene Unrecht mit aller Kraft rechtfertigen - mit genau solchen Sprüchen wie „Ich hatte es verdient“, „hat noch keinem geschadet“, „waren halt überfordert, ist nur menschlich“. Solchen Menschen fällt es unglaublich schwer einfach mal zu sagen „Das war Unrecht!“.

.m

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Die freudianische Ablehnung der Dankbarkeit.

Gruß

Marzeppa

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Hallo Malte

doch, kann falsch sein. Es gab tatsächlich weniger
Meldungen. Das
bedeutet aber keineswegs, daß es weniger Ereignisse
gab.

genau das hatte ich mich auch immer gefragt. Und wie es schon bei den „Kind wird von Kampfhund zerfleischt“ und den BSE-Nachrichten der Fall war, ist es auch hier.
Kürzlich war ein beitrag im Deutschlanfunk, in dem die Zahlen zu „Kind wird von Eltern verhungern gelassen“ genannt wurden. Leider weiß ich die genauen zahlen nicht mehr. Aber früher gab es mehr Fälle, jedoch wurde weniger berichtet als heute.

DLF bestätigt also Deine und auch meine These
Grüße
gwapa

Moin Rolf,

Schlechte Noten: Verzweifelter Versuch, die nächsten Wochen mit mir gemeinsam die Hausaufgaben zu machen und dadurch eine Verbesserung zu erreichen. Zunichte gemacht meist durch meine absolute Sturheit nicht lernen zu wollen!

da ich genau die Situation z.Zt mit meiner jetzt 11 jährigen Tochter erlebe, habe ich eine Frage an Dich: was hätte Dich damals zum Lernen bewegen können? Hast Du ev. einen Tip?
Bei uns ist die 6. Klasse die entscheidende für die weitere Schulempfehlung und daher leider sehr wichtig (eine blöde Zeit, da für die Kinder die Pubertät losgeht und die Schule entsprechend unwichtig ist).

Was würdest Du bei deinen Kindern machen?
Da meine Eltern mir seinerzeit bei Hausaufgaben in der 6. Klasse eh nicht groß helfen konnten, ich da auch schon auf dem Gymnasium war und mit meinen Vieren durchkam, habe ich da keine eigene häusliche Erfahrung - ich weiß nur, es war in dem Alter verdammt zäh mit mir.

Danke für Tips, Anne

Mmmhhh, … (OT)
Respekt, Sahara, und (das erste) Sternchen für dich. Einfache, aber bewegende (und provozierende) Frage.

wie wurdet ihr so früher zuhause bestraft wen ihr euch mal
nicht geschikt habt oder wen ihr mal mit schlechten noten nach
hause kamt

Aber: Ich fände es nett, wenn du, als Betroffene, dich noch einmal hier äußern würdest. Wie und wo du dich und deine Situation jetzt einordnest. Angesichts der hier geschilderten Bandbreite.

Ich habe für mich Ignoranz und Desinteresse in Erinnerung, mehr psychische, nicht physische Erziehung/Strafen. Nichts wirklich Belastendes, eher Vermissendes.

Gruß
Der Franke

Hi

Nur was kurzes zur Begrifflichkeit:

ZUmindest hierzulande ist ein Klaps und auf die Finger geben nicht das selbe.
Letzteres heißt, man tippt dem Kind auf die Finger (so, dass es nicht weh tut, sondern es sich nur erschreckt) bevor es z.B. auf die heiße Herdplatte oder ins Kaminfeuer fasst. Also um es vor echten Schmerzen zu schützen. (Das Kinder auf ein „Nein!“ etc. nicht hören, weiß ich selbst, weil ich auf besagte Herdplatte gefasst habe.)

Weiß nicht, wie das anderswo abläuft.

Ja ja, die Kindheit. Schön und grausam gleichzeitig.

Frechsein = Kirmes auf dem Hintern
die Steigerung = Hinternvoll oder Ohrfeigen und Hausarrest
die Steigerung davon wiederum = Hinternvoll oder Ohrfeige, Hausarrest,
Drohung mich ins Internat zu schicken
wobei das Kinderheim gemeint war

schlechte Laune/Überforderung meiner Mutter = siehe oben

Unordnung im Schulranzen = der wurde ausgekippt als meine Freundin mich abholte, mit den Worten, sie solle meiner Lehrerin ausrichten ich komme zu spät, weil ich ein Schwein bin

Unordnung auf dem Schreibtisch = mit dem Unterarm wurde alles auf den Boden gefegt. Wenn meine Mutter ganz gut drauf war, trat sie noch in den Haufen, wobei natürlich gerne was kaputt ging.

Wenn ich bockig war = alle bekamen was, z.B. meine Schwestern ein Eis, ich nicht

ungleiche Behandlung = beispiel - Eltern gehen mit Kind 1 auf ein Konzert, Kind 2 (9 Jahre) und 3(5 Jahre)bleiben allein Zuhause und bekommen nichts. Kind 1 und 3 durften Freunde bei sich übernachten lassen, Kind 2 nicht.

schlechte Noten = von keiner Bestrafung bis Wutausbruch war alles drin.
Nur das Zurücksetzenlassen in der Schule hätte nicht wegen 2 vieren im Zeugnis und ohne vorherige Rücksprache mit dem Kind erfolgen dürfen.

Kind passiert etwas peinliches, ist zum Beispiel mit 6 Jahren wieder Bettnässer = Mutter und Kind 1 lachen Kind 2 bereits beim Aufstehen auf und geben ihm einen demütigenden Spitznamen, der immer wieder und wieder (auch in der Öffentlichkeit) wiederholt wird.

Ich hör jetzt mal auf zu schreiben

Naja Kate,

ich würde auf die Fínger geben, eher von der schönen Praxis ableiten, wie früher in den Schulen gestraft wurde. Finger vorstrecken und dann gabs Schläge mit dem Lineal.

Es war aber auch nur ein Bsp… Ich erinnere mich an einige Diskussionen hier, wo eben leichte Züchtigungen als hilfreich propagandiert wurden.

Hi,

das ist super-schwierig. Die Einzige Möglichkeit scheint mir Motivation in Form von Waren oder Geld zu sein :wink: Nach dem Motto: Wenn Du eine gute Note schreibst, kriegst Du einen Gutschein und kannst Dir alleine Schuhe/Klamotten/Computerzeugs u.s.w. kaufen - und zwar ohne Mutter.

Allerdings darf dann m.E. die Konsequenz nicht fehlen wenn die Note mies ist: Eben bis auf weiteres keine Einkäufe und evtl. Küchendienst oder sowas.

Das Ganze könnte man „erwachsen“ per Vertrag besiegeln und beide Seiten müssen sich dann konsequent dran halten.

Bye
Rolf

Hallo Anne,

da ich genau die Situation z.Zt mit meiner jetzt 11 jährigen
Tochter erlebe, habe ich eine Frage an Dich: was hätte Dich
damals zum Lernen bewegen können? Hast Du ev. einen Tip?

ich bin zwar nicht Rolf, aber war auch so ein Kandidat. Nicht überzeugend fand ich irgendwelche Predigten oder Bestärkungen (sei es jetzt Ärger wegen schlechter oder Belohnung wegen guter Noten). Geholfen hat mir

  • dass mir meine Eltern meine Noten weitgehend selber überlassen haben „Du wiederholst das Jahr, nicht wir“ (damit hab ich geguckt, dass die Versetzung nicht in unmittelbare Gefahr geraten ist)
  • eine Erpressung „wenn Du bis… nen Notenschnitt von… hast, dann darfst Du … lernen“
  • ein durchgefallenes Latinum aus reiner Faulheit, das mit gezeigt hat, dass so unter Umständen kein Abi draus wird :wink:
  • aber alles nur, um die Faulheit soweit zu reduzieren, dass das Abi nie in Gefahr war, allerdings mit einem eher lausigen Schnitt.
  • diverse Ferienjobs (vom Papa in weiser Voraussicht in der Produktion besorgt, so richtig Akkord und alles) die mir gezeigt haben, dass Schule doch die eventuell angenehmere Alternative ist

Richtig ernsthaft gelernt und gearbeitet hab ich dann im Studium, weil ich das wollte. Und weil mich die Sache interessiert hat. Und weil ich endlich nicht mehr hingehen „musste“.

Das heisst - ich glaube, sowas muss aus einem selber kommen. Als Elter kannste da wahrscheinlich eh nur reden und hoffen, dass die Erkenntnis rechtzeitig kommt :smile:

*wink*

Petzi

nicht zwangsweise

…dein Kind verbringt dann die Erwachsenenzeit mit Terminen bei Psychotherapeuten.

Dem ist, glücklicherweise, nicht zwangsweise so

Anne, ich war auch ein Kandidat, der jedes Lernen strikt ablehnte.
Bei den Hausaufgaben sah es so aus, daß ich am Esstisch saß und sie gemacht habe. Bei meinem Problemfach hat sich meine Mutter zu mir gesetzt und mich häufig angebrüllt und/oder geschlagen wenn ich Fehler machte.
Ich gebe es ehlich zu - auch heute fällt es mir schwer Dinge zu lernen, die mich nicht wirklich interessieren (Mathe z.B)

Mir hätte das Lernen erleichtert werden können, so denke ich, mit Verständnis. Verständnis für die Mathematiklernschwäche, Verständnis für mein Alter, Verständnis dafür, daß ich ein anderes Tempo hatte als meine Schwester.
Dazu hätte es vielleicht nur ein paar Gespräche Gebraucht.

Ich persönlich denke, daß du diplomatisch viel weiter kommst, als diktatorisch.

LG