Wollen vs. Sollen

Guten Tag,

habe kürzlich gelesen, dass Frust und psychisches Leid u. a. auch aus nicht erfüllten, bzw. unterdrücken Wünschen u. Bedürfnissen heraus entstehen kann.

Hierzu einige Fragen/Gedanken:

Ist das was wir wollen immer auch das Beste für uns? Ich glaube das jedenfalls nicht. Man kann doch Dinge wollen, bzw. anstreben, die man besser nicht anstreben sollte.

Umgekehrt wären manche Dinge, die wir ablehnen, bzw. nicht wollen sogar gut für uns.

So wie ich das sehe, können wir uns nicht darauf verlassen, dass unsere Wünsche und Bedürfnisse immer sinnvoll sind.

Wie soll man damit umgehen?

Soll man seine Wünsche u. Bedürfnisse am Besten gar nicht hinterfragen? Oder doch? Wenn ja, wie? Kann man das überhaupt?

LG Karl

Hallo Karl,

das ist schon etwas komplizierter.

Bewußt wahrgenommene Wünsche und Bedürfnisse sind manchmal Stellvertreter für tiefer liegende, unbewußte.

Simpel gesagt, z. B. das Bedürfnis nach Ruhe am Wochenende hat als Ursprung den Wunsch, Stress zu vermeiden, den man sonst unter der Woche am Arbeitsplatz hat.

Den Stress hat man aber, weil man ein Bedürfnis nach Harmonie hat, man geht Konflikten aus dem Weg. Das Bedürfnis nach Harmonie hat man, weil man als Kind immer „der gute Junge“, „das liebe Töchterlein“ sein wollte. Dieses wiederum wollte man, um der Mama / dem Papa beizustehen im täglichen Kampf mit dem bösen Papa / bösen Mama. Und dieses wiederum wollte man, damit man im Gegenzug für diese Unterstützung ein bisschen Liebe erfahren konnte…

Wenn Wünsche und Bedürfnisse das Verhalten derart dominieren, dass es für einen selbst oder für andere schädlich wird, dann ist Hilfe von außen angesagt, um ebensolche Wurzeln und tief liegende Ursachen herauszufinden.

Grüße,
Steinspecht

Hallo!

Ihre Frage ist gut und stellt eine Herausforderung dar! Sie besitzt sogar philosophische Implikationen.
Natürlich sind unsere Wünsche und Bedürfnisse nicht immer sinnvoll, und sie sind zum größten teil zudem unbewusst. Dennoch sollte man sie annehmen und sich mit ihnen auseinandersetzen. Sie gehören ja zu uns und sind aus bestimmten Gründen entstanden. Ist unser Selbst stabil und funktionstüchtig, so werden diese Wünsche und Bedürfnisse gefiltert und auf ihre Berechtigung und Realitätsangepasstheit überprüft.
Hat man zum Beispiel den Wünsch oder das Bedürfnis, seinen Partner oder seine Partnerin umzubringen, so wird man es in der Regel nicht tun, schon aufgrund der drohenden Konsequenzen und weil man, nachdem die Wut verraucht ist, wieder ganz anders denkt und empfindet. Gleichzeitig wäre es aber sehr sinnvoll, sich zu überlegen, woher diese mörderischen Impulse kommen. Vielleicht haben sie nicht nur mit dem Partner oder der Partnerin zu tun, sondern mit einer wichtigen Bezugsperson aus der Kindheit, und die auslösende Situation hatte eine Ähnlichkeit mit einem Vorfall in der Vergangenheit. So könnte dies dazu führen, dass wir uns besser kennen lernen und auch die Beziehungen und Konflikte, in denen wir leben, zu durchschauen.
Manchmal ist man allein nicht in der Lage, dies zu tun, und man benötigt eine psychotherapeutische Hilfe. Oft ist man zumindest teilweise blind in Bezug auf eigene unbewusste Anteile.
Im positiven Sinn hat man vielleicht den Wunsch, einen ganz anderen Beruf auszuüben als den aktuellen, weist diesen Gedanken aber von sich, weil es zu schwierig erscheint oder zu aufwändig. Bei genauerem Hinsehen findet man aber heraus, dass eben dies eine richtige Entscheidung wäre, um sich weiterzuentwickeln.
Teilen Sie mir bitte noch mit, ob ich Ihre Frage und meine Antwort auf meiner Homepage http://www.wpollak.homepage.t-online.de/
unter „Mails“ veröffentlichen darf.

Ihr W. Pollak

Lieber Karl,
geschwind ein paar Gedanken dazu:
1.) Ich bevorzuge wollen in der Regel.
2.) Sollen hat eine Tönung, die nicht von mir ausgeht. Sondern gesellschaftlichen Regel eher entspricht.
3.) Ich ziehe vor zu sagen: Ich entscheide mich für/zu.
4.) Ich schätze es mein Bewußtsein einzuschalten und frage mich bei manchen Entscheidungen: „Wem dient das?“ oder „Woher kenne ich das?“ Entspricht das tatsächlich mir?"
5.) Wobei dann gleich die nächste Einladung auftaucht: „Wer bin ich?“ und da bist sofort bei einer der wichtigsten Fragen.
8.) Ich unterscheide zwischen Wünschen und Bedürfnissen.
9.) Sinnvoll ist ein schönes Wort. Voller Sinn. Und Sinn nimmst Du durch Deine Sinne auf. Achtest Du auf Dein Sinne? Bist Du achtsam?
10.) Ich wünsche einen schönen Tag zum Nach- und Querdenken. Wenn Du gut vorangekommen bist, melde Dich wieder bis dahin bleibe ich mit Freude
Gunter

Die Wahrnehmung eigener Bedürfnisse und Wünsche kann aus unterschiedlichen Gründen gestört sein.
Dann entstehen Vorstellungen von dem, was man braucht.

Diese Vorstellungen sind nicht identisch mit den echten Bedürfnissen, fühlen sich scheinbar aber so an. Die Befriedigung echter Bedürfnisse wird dadurch verhindert.

Man kann aber lernen, den Unterschied zu erkennen.
Selbstreflektion ist dabei sehr hilfreich.
Es gibt Bücher und Wahrnehmungs-/Achtsamkeits-Übungen, die dabei helfen, tatsächliche Bedürfnisse besser wahrzunehmen.

Buchtipp: „Der innere Garten“ von Michaela Huber
http://www.amazon.de/dp/3873875829/?tag=hydra0d-21&h…

Wenn es eine erhebliche Einschränkung im Leben darstelllt und man darunter leidet, kann professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden.

Hallo Karl,
Du drückst Dich sehr allgemein aus, was die Antwort erschwert. Immerhin wird klar, dass es da einen Konflikt zwischen wollen und sollen gibt. Vielleicht solltest Du Dich fragen, was Du langfristig gut findest und erreichen willst. Da kann es dann schon mal sein, dass kurzfristig Wünsche und Bedürfnisse aufzuschieben sinnvoll wäre. Beispielsweise bist Du morgens recht müde noch und würdest am liebsten liegen bleiben. Doch das würde Deinen sportlichen Zielen (bspw. an einer morgentlichen Laufgruppe teilzunehmen) zuwiderlaufen. Vielleicht betrifft Dein Konflikt ja auch einen zwischenmenschlichen Bereich, z.B. dass Du etwas möchtest, was im Konflikt zu den Wünschen einer anderen Person steht. In diesem Falle wäre eine Einigung sinnvoll mit der beide auf Dauer gut leben können. Macht ja keinen Sinn, ständig nachzugeben (oder ständig seinen Kopf durchzusetzen) und damit langfristig eine Freundschaft zu ruinieren, weil einer dann irgendwann keinen Bock mehr hat.
Besser kann ich Dir nicht antworten, weil wie gesagt Dein Anliegen zu unkonkret ist. Ich hoffe, dass Du was damit anfangen kannst. LG

lieber karl,
du schreibst sehr allgemein und es ist schwierig da jetzt konkret zu antworten.

da werde ich auch sehr allgemein sein. also- es ist wichtig und sogar notwendig, dass wir unsere bedürfnisse wahrnehmen und auch für deren erfüllung sorgen. ansonsten werden wir krank, agressiv oder depressiv.
andererseits ist es notwendig damit auch erwachsen umzugehen. ansosnten müßte man ja sagen - ok. wenn es dein bedürfnis ist die nachbarin zu vergewaltigen, dann mußt du das tun.
es braucht die fähigkeit sich selbst zu reflektieren und das bedürfnis einzuorden und so umzusetzten, dass niemandem schaden entsteht.
erwachsen eben.
leider wird die fähigkeit zur selbstreflektion genausowenig wie achtsamkeit oder respekt in den schulen gelehrt. sie sind rar geworden.
das denken hat das fühlen ersetzt und so spüren viele menschen ihre bedürfnisse nicht mehr. das ergebnis ist das bereits erwähnte.
man könnte seitenweise darüber schreiben. aber ich lasse es dabei bewenden. ich hoffe es nützt dir.
schöne grüße
yer

Hallo, Steinspecht,

erst mal vielen Dank!

Bewußt wahrgenommene Wünsche und Bedürfnisse sind manchmal
Stellvertreter für tiefer liegende, unbewußte.

Sehe ich auch so. Das Streben nach Karriere ist z. B. oftmals ein Ersatzbedürfnis für das Bedürfnis nach Liebe und Zuwendung, denn nur der Erfolgreiche wird geliebt in unserer Gesellschaft.(zumindest sollte man das manchmal meinen).

Vor allem definiert die Gesellschaft, welche Dinge als „erfolgreich“ gelten.
Viele unserer Wünsche werden glaube ich durch unser sog. soziokulturelles Umfeld in uns hinein projiziert.

Warum studieren viel mehr junge Menschen Jura oder BWL, als Sinologie oder Musikwissenschaften? Ich behaupte, weil letztere Studiengänge als sog. „brotlosen Künste“ angesehen werden.

Simpel gesagt, z. B. das Bedürfnis nach Ruhe am Wochenende hat
als Ursprung den Wunsch, Stress zu vermeiden, den man sonst
unter der Woche am Arbeitsplatz hat.

Den Stress hat man aber, weil man ein Bedürfnis nach Harmonie
hat, man geht Konflikten aus dem Weg. Das Bedürfnis nach
Harmonie hat man, weil man als Kind immer „der gute Junge“,
„das liebe Töchterlein“ sein wollte. Dieses wiederum wollte
man, um der Mama / dem Papa beizustehen im täglichen Kampf mit
dem bösen Papa / bösen Mama. Und dieses wiederum wollte man,
damit man im Gegenzug für diese Unterstützung ein bisschen
Liebe erfahren konnte…

Diese Kausalitäten-Kette finde ich sehr interessant und auch plausibel. Allerdings verstehe ich nicht ganz, weshalb man in der Arbeit deshalb Stress hat, weil man dort nach Harmonie strebt. Ich empfinde oft Stress in der Arbeit, weil ich Dinge erledigen muss, die mich nicht wirklich interessieren, die aber trotzdem erledigt werden müssen. Ich würde viel lieber ein gutes Buch lesen und dazu ne gute Flasche Rotwein trinken. Geht aber nicht, zumindest nicht in der Arbeit. Man unterliegt im Büro außerdem einem großen Arbeitsdruck und ist gezwungen, möglichst effektiv zu sein. Die Konkurrenz schläft nicht und bei der nächsten Gehaltserhöhung wollen natürlich alle bedacht werden, weil man nie genug Geld haben kann. Alle wollen immer mehr Geld. Das ist derart nachvollziehbar, dass es gar nicht mehr hinterfragt wird. Ein Streben nach Harmonie habe ich in meiner Arbeit bei mir allerdings noch nie entdeckt. Eher in meiner Beziehung oder in Freundschaften.

LG Karl

Hallo,

erst mal vielen Dank!

…Ist unser Selbst stabil und
funktionstüchtig, so werden :diese :Wünsche :und :Bedürfnisse
gefiltert und auf ihre Berechtigung und Realitätsangepasstheit überprüft.

Stimme ich grundsätzlich zu. Allerdings muss man dazu erst einmal wissen, nach welchen Kriterien diese Prüfung erfolgen soll. Es ist doch letztlich eine Frage der subjektiven Bewertung, was wir wollen und was nicht, was wir gut finden und was nicht, welche Partei wir wählen und welche nicht. Hinter dieser subjektiven Bewertung, also dem ständigen Abwägen von Vor- und Nachteilen steckt wiederum ein Entscheidungsprozess.
Diesem Entscheidungsprozess liegen jedoch viele Annahmen zugrunde, die völlig ungesichert sind.
Beispiel: Mein Onkel war 30 Jahre lang begeisterter Opel-Fahrer. Er hat auf Opel geschworen. Eines Tages musste sein Opel zur Inspektion. Die Werkstatt hatte als Leihwagen keinen Opel zur Verfügung und gab meinem Onkel statt dessen für 2 Tage einen alten BMW Diesel (520er) mit nachhause. Seither wollte mein Onkel nur noch BMW fahren.
Was bedeutet dieses Beispiel? Mein Onkel war lange Zeit lediglich aufgrund falscher Annahmen von Opel überzeugt, d. h. weil er es nicht besser wusste. In diesem Fall wurde der „Irrtum“ durch einen Zufall aufgedeckt. Unter anderen Umständen wäre mein Onkel bis zu seinem Lebensende begeisterter Opelfahrer geblieben. Das war jetzt nur ein kleines und unbedeutendes Beispiel, aber wir treffen im Leben 1000te Entscheidungen darüber, was wir wollen, wer wir sein wollen, welches Image wir haben wollen, letztlich welches Weltbild wir uns aneignen. Das Risiko hier falsche Entscheidungen aufgrund falscher Annahmen zu treffen, ist angesichts der Komplexität des Lebens gigantisch groß. Ich würde sogar soweit gehen, dass es purer Zufall wäre, wenn unsere Annahmen zutreffend wären.

Vor allem wollen wir oft auch Dinge, von denen wir glauben, dass sie andere gut finden oder dass auch viele andere sie wollen. Warum gibt es z. B. viel mehr Fans des FC Bayern, als Fans des 1. FC Nürnberg? Weil es sehr komfortabel ist, Bayern-Fan zu sein. Man zieht viel Nutzen daraus, z. B. Sozialprestige. Man hat vielleicht das Gefühl, selbst auch erfolgreich und begehrt zu sein. Dies ist objektiv vielleicht nicht zutreffen, aber das spielt keine Rolle.

Im positiven Sinn hat man vielleicht den Wunsch, einen ganz
anderen Beruf auszuüben als den aktuellen, weist diesen
Gedanken aber von sich, weil es zu schwierig erscheint oder zu
aufwändig. Bei genauerem Hinsehen findet man aber heraus, dass
eben dies eine richtige Entscheidung wäre, um sich
weiterzuentwickeln.

Tsja, das ist die Frage. Ich bin mir da nicht sicher. Ich sehe das Problem darin, dass der Wunsch nach einem anderen Beruf vor allem auf den Vorstellungen davon beruht, wie der andere Beruf wohl wäre. Die Vorstellungen sind höchstwahrscheinlich falsch. Streng genommen müsste man den anderen Beruf erst einmal ausprobiert haben um sicher wissen zu können, ob man diesen Beruf ausüben will.
Man müsste die Folgen dieser Entscheidung, vor die Entscheidung stellen, um wissen zu können, wie man sich entscheiden will. Ein Paradoxon.

Teilen Sie mir bitte noch mit, ob ich Ihre Frage und meine
Antwort auf meiner Homepage
http://www.wpollak.homepage.t-online.de/
unter „Mails“ veröffentlichen darf.

Aber sicher, gerne! Warum nicht?

LG Karl

Ich empfinde oft Stress in der Arbeit, weil ich Dinge
erledigen muss, die mich nicht wirklich interessieren, die
aber trotzdem erledigt werden müssen.

Karl,

was würde passieren, wenn Du einmal NICHT tätest, was von Dir erwartet wird, Du äußern würdest, dass es Dich nicht interessiert?

Was würde passieren, wenn Du das aus Deiner Sicht Richtige tätest, dafür aber keine Anerkennung von anderen bekommen würdest?

Das Harmoniebedürfnis ist nur ein Beispiel gewesen. Nimm das sog. Helfersyndrom, oder die Sucht nach Anerkennung (Status, Erfolg bei Frauen, Büro mit Cityblick, PS-Herden, etc. etc.).

Du fragst, wie man das hinterfragen kann. Durch Introspektion, Meditation, Empathie, und wenn’s brennt, mit Hilfe eines psychologischen Beistandes.

Die beiden Eingangsfragen oben sind Beispiele für diese ersten Schritte. Man gebe sich diesen Phantasien bis in die letzte Konsequenz hin. Am Ende steht die Entdeckung der Angst, und wenn diese verstanden wurde, kommt - Lachen.

Probier’s mal.

Gruß,
Steinspecht

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Hoppla, jetzt wird es aber richtig interessant. Das muss ich erst mal auf mich wirken lassen. Kenne ich so nicht. Noch nie gehört, obwohl ich mich seit 100 Jahren hobbymäßig mit Psychokram beschäftigte…

LG Karl

Na ja, bei allem Respekt, manche Dinge stehen nicht in Büchern. Oder nicht so explizit.

Habe mich gesammelt. Ich versuche es mal auf die Schnelle…nur ganz grob:

was würde passieren, wenn Du einmal NICHT tätest, was von Dir
erwartet wird, Du äußern würdest, dass es Dich nicht
interessiert?

Was würde passieren, wenn Du das aus Deiner Sicht Richtige
tätest, dafür aber keine Anerkennung von anderen bekommen
würdest?

Schlechte Bewertungen im Job, keine Gehaltserhöhungen mehr, ggf. Entlassung bei der nächsten „Säuberungswelle“, Ärger mit dem Chef, evtl. arbeitsrechtliche Schritte, Kollegen würden sich von mir abwenden, weil sie mit so einem Penner nichts zu tun haben wollen, weil es auch ein schlechtes Licht auf sie selbst werfen würde, Ausgrenzung, Einsamkeit, sozialer und finanzieller Abstieg, etc. etc. etc.

Letztlich wird man durch die Umstände erpresst. Die Gesellschaft gibt vor, welches Verhalten mit Anerkennung belohnt wird. In der Verfassung steht, dass die Würde des Menschen unantastbar sei. In unserer stark ökonomisierten Gesellschaft spielt die Würde des Menschen nicht nur keine Rolle, sie ist sogar hinderlich.

z. B. wird oft angeführt, dass es ein großer Fortschritt sei, dass der Fabrikbesitzer im Gegensatz zum Lehensherrn des Mittelalters den Arbeiter heute nicht mehr schlagen darf, um ihn zur Arbeit anzutreiben. Der Punkt ist, dass der Fabrikbesitzer den Arbeiter am Fließband heute auch gar nicht mehr schlagen muss, um ihn zur Arbeit anzuhalten. Er tut dies ganz automatisch, weil er gute Arbeit machen muss, damit er bei der nächsten Entlassungswelle nicht dabei ist. Und warum wäre eine Entlassung schlimm? Weil er ein Einfamilienhaus abstottern und seine Familie ernähren muss. Die Angst vor sozialem Abstieg hat heute praktisch die gleiche Wirkung, wie früher die Angst vor körperlicher Züchtigung. Erpressung. Diese Angst ist genauso brutal und hat mit der Würde des Menschen nichts gemein.

LG Karl

Das war nicht als negative Kritik gemeint. Ganz im Gegenteil. Hört sich sehr interessant an.

LG Karl

Darf ich eine Anregung geben?

Setz dich mit diesen Vorstellungen in eine halbdunkle Ecke und lasse alle Gefühle hochkommen, die dabei entstehen. Weiche keinem aus. Bade darin. Immer wieder, immer tiefer. Schau, was passiert. Du wirst überrascht sein. Dauer: mind 45 Minuten.

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Natürlich. Vielen Dank dafür.

Da Du selbst meine Vorstellungen nicht kommentierst, scheint es sehr wichtig zu sein, dass ich selbst darauf komme, ob meine Vorstellungen haltbar sind oder ob sie lediglich auf falschen Annahmen beruhen, d. h. ggf. Fehleinschätzung der Folgen eines abweichenden Verhaltens.

Richtig?

LG Karl

Lieber Karl,

über die Frage, ob unsere Wünsche aus unserem Ego (als
Sitz unserer Gewohnheiten), unserem „wahren“ oder gar
„göttlichen“ Willen entspringen, scheiden sich die Geister. Goehte z. B. schrieb:
„Unsere Wünsche sind Vorgefühle der Fähigkeiten, die in uns liegen, Vorboten desjenigen, was wir zu leisten imstande sein werden.“

Ich finde, dass man da nicht generalisieren kann und keinem Guru folgen sollte. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass meine Wünsche aus den verschiedenen Bereichen meines Wesens kommen, je nachdem. Am besten, Du probierst es einfach selbst aus, setzt Dich mit den
Anteilen Deines eigenen Wesens auseinander (auch das sog. Ego ist wichtig!) und schaust, welche Konsequenzen es hat, wenn Du Dir welchen Wunsch erfüllst. Das dauert zwar einige Zeit, macht aber Spaß, weil Du Dich selbst besser kennen lernst und Dir damit in Zukunft Deine Entscheidungen erleichterst.
Ich wünsche Dir viel Spaß dabei!

Falls Du noch weitere Fragen hast, kannst Du mir gerne wieder eine Anfrage schicken.

lg, Bubbel1971

Hallo!

Danke, dass ich Ihre Anfrage veröffentlichen darf! Sie haben mit Ihren Anmerkungen natürlich recht! Unsere Entscheidungen sind immer subjektiv und möglicherweise falsch, da wir von falschen Prämissen ausgehen. Es gibt also immer ein gewisses Risiko. Der Psychologe
G. Gigerenzer meint, wir sollten unserem „Bauchgefühl“ vertrauen. Es gibt viele Menschen, die sich scheuen, Entscheidungen zu treffen, aus Angst, das Falsche zu tun. Man kann dadurch aber auch Gelegenheiten verpassen und stagnieren. Vor einem Berufswechsel erst einmal das Andere auszuprobieren ist sicher eine gute Möglichkeit, seine Entscheidung abzusichern. Und so ähnlich kann man es generell anstellen, also besser nichts übereilen.
Die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen oder Parteien ist sicher ein komplexer Prozess, der zum Teil auch vom Sozialprestige abhängt. Beim Fußball spielt wohl auch die Nähe eine Rolle. Als gebürtigem Bayer liegt mir München näher als Dortmund, aber da ich kein ausgesprochener Fußballfan bin, wäre mir auch ein Sieg des DVB recht gewesen. Gut gespielt haben sie auf jeden Fall!

Mit freundlichen Grüßen! Ihr W. Pollak

Hallo, MaDaLa,

zunächst einmal vielen Dank für Deine Reaktion.

Hallo Karl,
Du drückst Dich sehr allgemein aus, was die Antwort erschwert.

Ich habe mich deshalb so allgeimein ausgedrückt,weil ich auf die Schnelle nicht wußte, wie ich meine Empfindungen bezüglich dieses Problems in Worte fassen sollte.

Immerhin wird klar, dass es da einen Konflikt zwischen wollen
und sollen gibt. Vielleicht solltest Du Dich fragen, was Du
langfristig gut findest und erreichen willst.

Genau das ist der Kern des Problems!!!

Warum finden wir gut, was wir gut finden? Wie sind wir darauf gekommen? Warum wollen wir das erreichen, was wir erreichen wollen? Wie haben wir die Entscheidung getroffen, das oder jenes erreichen zu wollen? Das sind Fragen, die man sich im Alltag in aller Regel nicht stellt. Man will einfach etwas bestimmtes und andere Dinge will man eben nicht. Basta.

Wenn man aber im Rahmen eines psychologischen Experiments mal weiter hinterfragen würde „Was sind die Ursachen für meine Wünsche und Ziele?“ dann wird die Sache gleich ziemlich kompliziert.

Es ist doch letztlich eine Frage der subjektiven Bewertung, was wir wollen und was nicht, was wir gut finden und was nicht, welche Partei wir wählen und welche nicht. Diese subjektiven Bewertungen sind ja im Prinzip nichts anderes als das ständige Abwägen von Vor- und Nachteilen im Rahmen unseres „inneren Dialogs“ und am Ende entscheiden wir uns dann für etwas.

Diesem Entscheidungsprozess liegen jedoch viele Annahmen zugrunde, die völlig ungesichert sind.

Beispiel: Mein Onkel war 30 Jahre lang begeisterter Opel-Fahrer. Er hat auf Opel geschworen. Eines Tages musste sein Opel zur Inspektion. Die Werkstatt hatte als Leihwagen keinen Opel zur Verfügung und gab meinem Onkel statt dessen für 2 Tage einen alten BMW Diesel (520er) mit nachhause. Seither wollte mein Onkel nur noch BMW fahren.

Was bedeutet dieses Beispiel? Mein Onkel war lange Zeit lediglich aufgrund falscher Annahmen von Opel überzeugt, d. h. weil er es nicht besser wusste. In diesem Fall wurde der „Irrtum“ durch einen Zufall aufgedeckt. Unter anderen Umständen wäre mein Onkel bis zu seinem Lebensende begeisterter Opelfahrer geblieben.

Das war jetzt nur ein kleines und unbedeutendes Beispiel, aber wir treffen im Leben 1000te Entscheidungen darüber, was wir wollen, wer wir sein wollen, welches Image wir haben wollen, letztlich welches Weltbild wir uns aneignen.

Das Risiko hier falsche Entscheidungen aufgrund falscher Annahmen zu treffen, ist angesichts der Komplexität des Lebens gigantisch groß. Ich würde sogar soweit gehen, dass es purer Zufall wäre, wenn unsere Annahmen zutreffend wären.

Vor allem wollen wir oft auch Dinge, von denen wir glauben, dass sie andere gut finden oder dass auch viele andere sie wollen. Verifizierbar sind diese Annahmen aber kaum. Wir können viel sagen über unser Selbstbild, auch über die vermutete Wahrnehmung unserer Person durch andere, aber wir können praktisch nichts sagen über die tatsächliche Wahrnehumung unserer Person durch andere. Leider, denn entscheidend ist ja nicht, wie wir glauben von anderen gesehen zu werden, sondern wie wir tatsächlich von anderen gesehen werden.

Warum gibt es z. B. viel mehr Fans des FC Bayern, als Fans des 1. FC Nürnberg? Weil es sehr komfortabel erscheint, Bayern-Fan zu sein. Man zieht scheinbar viel Nutzen daraus, z. B. Sozialprestige, Respekt, Beachtung, etc. Man hat vielleicht das Gefühl, selbst auch erfolgreich, geliebt und begehrt zu sein. Dies ist objektiv sicher nicht zutreffend, aber das spielt trotzdem keine Rolle.

So jetzt habe ich versucht, mein Problemchen etwas ausführlicher darzustellen. Hoffentlich habe ich Dich damit nicht erschlagen.

LG Karl

Hallo, Yer,

lieber karl,
du schreibst sehr allgemein und es ist schwierig da jetzt
konkret zu antworten.

Ich habe mich deshalb so allgeimein ausgedrückt,weil ich auf die Schnelle nicht wußte, wie ich meine Empfindungen bezüglich dieses Problems in Worte fassen sollte.

Der Kern des Problems (falls es eines ist):

Warum finden wir gut, was wir gut finden? Wie sind wir darauf gekommen? Warum wollen wir das erreichen, was wir erreichen wollen? Wie haben wir die Entscheidung getroffen, das oder jenes erreichen zu wollen? Das sind Fragen, die man sich im Alltag in aller Regel nicht stellt. Man will einfach etwas bestimmtes und andere Dinge will man eben nicht. Basta.

Wenn man aber im Rahmen eines psychologischen Experiments mal weiter hinterfragen würde „Was sind die Ursachen für meine Wünsche und Ziele?“ dann wird die Sache gleich ziemlich kompliziert.

Es ist doch letztlich eine Frage der subjektiven Bewertung, was wir wollen und was nicht, was wir gut finden und was nicht, welche Partei wir wählen und welche nicht. Diese subjektiven Bewertungen sind ja im Prinzip nichts anderes als das ständige Abwägen von Vor- und Nachteilen im Rahmen unseres „inneren Dialogs“ und am Ende entscheiden wir uns dann für etwas.

Diesem Entscheidungsprozess liegen jedoch viele Annahmen zugrunde, die völlig ungesichert sind.

Beispiel: Mein Onkel war 30 Jahre lang begeisterter Opel-Fahrer. Er hat auf Opel geschworen. Eines Tages musste sein Opel zur Inspektion. Die Werkstatt hatte als Leihwagen keinen Opel zur Verfügung und gab meinem Onkel statt dessen für 2 Tage einen alten BMW Diesel (518 er) mit nachhause. Seither wollte mein Onkel nur noch BMW fahren.

Was bedeutet dieses Beispiel? Mein Onkel war lange Zeit lediglich aufgrund falscher Annahmen von Opel überzeugt, d. h. weil er es nicht besser wusste. In diesem Fall wurde der „Irrtum“ durch einen Zufall aufgedeckt. Unter anderen Umständen wäre mein Onkel bis zu seinem Lebensende begeisterter Opelfahrer geblieben.

Das war jetzt nur ein kleines und unbedeutendes Beispiel, aber wir treffen im Leben 1000te Entscheidungen darüber, was wir wollen, wer wir sein wollen, welches Image wir haben wollen, letztlich welches Weltbild wir uns aneignen.

Das Risiko hier falsche Entscheidungen aufgrund falscher Annahmen zu treffen, ist angesichts der Komplexität des Lebens gigantisch groß. Ich würde sogar soweit gehen, dass es purer Zufall wäre, wenn unsere Annahmen zutreffend wären.

Vor allem wollen wir oft auch Dinge, von denen wir glauben, dass sie andere gut finden oder dass auch viele andere sie wollen. Verifizierbar sind diese Annahmen aber kaum. Wir können viel sagen über unser Selbstbild, auch über die vermutete Wahrnehmung unserer Person durch andere, aber wir können praktisch nichts sagen über die tatsächliche Wahrnehumung unserer Person durch andere. Leider, denn entscheidend ist ja nicht, wie wir glauben von anderen gesehen zu werden, sondern wie wir tatsächlich von anderen gesehen werden.

Warum gibt es z. B. viel mehr Fans des FC Bayern, als Fans des 1. FC Nürnberg? Weil es sehr komfortabel erscheint, Bayern-Fan zu sein. Man zieht scheinbar viel Nutzen daraus, z. B. Sozialprestige, Respekt, Beachtung, etc. Man hat vielleicht das Gefühl, selbst auch erfolgreich, geliebt und begehrt zu sein. Dies ist objektiv sicher nicht zutreffend, aber das spielt trotzdem keine Rolle.

Oder warum leisten sich Menschen sündhaft teure Markenkleidung, Luxusuhren oder Luxusautos? Ganz klar, weil es ihnen offenbar gefällt. Man könnte das auch einfach so stehenlassen. Punkt. Ich finde aber die Untersuchung interessant, weshalb ihnen diese Dinge möglicherweise gefallen!!! Steckt dahinter vielleicht oft der Wunsch, bzw. das Streben nach Anerkennung und Liebe? Angenommen, dem wäre so: Ist diese Annahme dann zutreffend oder nicht? Falls nein, könnten sich diese Menschen ihr Geld für all diese teure Sachen sparen. Wie findet man aber heraus, ob diese Annahme zutreffend ist oder nicht?

Interessant ist doch, dass viele Menschen sich nur aufgrund der Annahme sie würden dadurch Anerkennung ergattern, sich teure Markenprodukte leisten und nicht aufgrund der gesicherten Erkenntnis, dass sich dies auch tatsächlich so verhält.

So jetzt habe ich versucht, mein Problemchen etwas ausführlicher darzustellen. Hoffentlich habe ich Dich damit nicht erschlagen.

LG Karl