Wollen vs. Sollen

Guten Mogen Karl,

gestern wurde es mir zu spät, ich ging ins Bett.

Mit Deinen Vorstellungen hast Du recht, die historische Analyse finde ich korrekt, sie erinnert mich an Marxsche Schlussfolgerungen.

Dein Thema scheint mir aber anderer Natur zu sein, und deine Herangehensweise scheint mir sehr analytisch-rational. Damit können die tieferen Schichten nicht erreicht werden, daher mein Tipp an Dich, wie es mit Bordmitteln geht. Insofern ist es richtig, dass ich Dich anhalten möchte, Dir selbst quasi hinter die Schliche zu kommen, anstatt eine Ferndiagnose zu bekommen.

Alles Gute,
Steinspecht

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Guten, Steinspecht,

das ist kein Problem. War gestern auch schon sehr müde.

Hintergrund des ganzen ist, dass ich vor einigen Monaten mit 40 Jahren nen schweren Herzinfarkt hatte.

Nunmehr geht es darum, herauszufinden, welche Denkmuster, Glaubenssätze und innteren Dialoge in mir ggf. Stress auslösen und ob dies überhaupt der Fall ist und wenn ja, wie ich diese Prozesse dann mildern kann.

Nach meiner eigenen Analyse mache ich mir vor allem über das von mir angesprochenen Thema sehr viele Gedanken. Wollen vs. Sollen. Letztlich geht es hier um den Prozess der Entscheidungsfindung. Warum will ich etwas? Wie komme ich darauf? Welche Assoziationen habe ich im Zusammenhang mit einem Wunsch, welche inneren Bilder? Was ist der Ursprung dieser Assoziationen, bzw. der inneren Bilder? Welche Annahmen stecken möglicherweise dahinter? Und schießlich: Sind diese Annahmen verifizierbar? Falls nein, beruht ein Wunsch auf falschen Annahmen.

Beispiel zur Veranschaulichung:

Warum leisten sich Menschen sündhaft teure Markenkleidung, Luxusuhren oder Luxusautos? Ganz klar, weil es ihnen offenbar gefällt. Man könnte das auch einfach so stehenlassen. Punkt.

Ich finde aber die Untersuchung interessant (warum kann ich nicht sagen), weshalb ihnen diese Dinge möglicherweise gefallen!!! Steckt dahinter vielleicht oft der Wunsch, bzw. das Streben nach Anerkennung und Liebe? Angenommen, dem wäre so: Ist diese Annahme dann zutreffend oder nicht? Falls nein, könnten sich diese Menschen ihr Geld für all diese teure Sachen genausogut sparen. Wie findet man aber heraus, ob diese Annahme zutreffend ist oder nicht? Man müsste alle Menschen befragen, ob sie einen Menschen der ne Rolex trägt, eher wertschätzen, als einen Menschen mit einer gewöhnlichen Uhr. Was wäre wohl das Ergebnis?

Interessant ist doch, dass viele Menschen sich nur aufgrund der Annahme sie würden dadurch Anerkennung ergattern, sich teure Markenprodukte leisten und nicht aufgrund der gesicherten Erkenntnis, dass sich dies auch tatsächlich so verhält. Die Vermutung allein reicht bereits aus, für den Wunsch, bzw. das Bedürfnis nach teuren Luxusgütern.

Warum mich dies alles interessiert und ich mir über solche Dinge den Kopf zerbreche, weiß ich selbst nicht.

Danke für Deine Bemühungen.

LG Karl

Hallo Karl,

Dein Schicksalsschlag macht mich schon betroffen, das ist ein Schuß vor dem Bug!

Es ist sehr oft so, dass gerade Herzinfarkte eine radikale Änderung der Selbstbetrachtung nach sich ziehen, das ist erwiesen.

Deine Fragestellungen betreffen Dinge, die sich meist in einem akzeptablen Korridor der Normalität bewegen. Ich selbst habe mit 40 eine sündhaft teure Uhr geschenkt bekommen, die ich jahrelang als ein Insignum der Macht und Status getragen habe, aus meinem Mini Cooper heraushängend… Overstatement das eine, Understatement das andere. Reine Projektion von (a) Rebellion und (b) Bedürfnis, „dazu zu gehören“…

Ich habe vor 10 Jahren eine Ausbildung zum Systemischen Berater (Familientherapie) gemacht, in dessen Verlauf sich all diese Dinge (und ein paar andere dazu) geklärt haben. Seitdem kenne ich alle meine Monster, Kobolde, Trolle und Feen. Ok, nicht jeder kann das machen, aber jeder hat Möglichkeiten, sich selbst zu nähern und etwas besser zu verstehen.

Da wir beide in/um München leben, biete ich Dir an, uns mal zu treffen und ein wenig zu ratschen. Es kann auch sein, dass es ein Geben und Nehmen wird, denn ich sehe, Du bist Vermögensverwalter. Da hätte ich auch ein paar naheliegende Fragen :wink:

Daher hier meine Kontaktdaten, im Vertrauen, dass sie nicht missbraucht werden (ich kann sehr rabiat werden :wink: )

Schöne Grüße,
Andrei Stefanescu
Icking
[email protected]
08178-998824

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Hallo Karl,
das sind eher philosophische als psychologische Fragen:smile:. Ich finde, dass man seine Bedürfnisse und Wünsche IMMER hinterfragen sollte, ihnen aber deswegen nicht nachgeben muss. Wir wären ja rein triebgesteuerte Wesen würden wir das tun - also ist es gut und hilfreich, dass wir unseren Verstand/Ratio haben. Was das Beste ist? Das ist wie die Frage nach dem Sinn! Gibt es darauf eine Antwort? Ich denke nicht! Ich für mich versuche es so, dass ich schaue, dass es zum einen mir so gut wie möglich geht und vor allem, dass keine Mitmenschen unter meinen Bedürfnissen und Wünschen zu leiden haben.

Ich würde genau schauen, welche Emotionen und Bedürfnisse sich in bestimmten Wünschen ausdrücken und dann schauen, wenn der Wunsch unrealistisch ist oder anderen schadet, wie ich mich dem in kleinen Schritten annähern kann - so dass alle Beteiligten etwas zufrieden sind. Bin aber sehr kognitiv unterwegs und analysiere sehr viel :wink:.

Viele liebe Grüße,
Simone

Hallo,

vielen Dank für Dein Vertrauen. Keine Angst, werde Deine Daten sicher gut verwahren.

Leider lebe ich schon seit einigen Jahren nicht mehr in München und habe es nur versäumt, meine Daten zu aktuallisieren. Sorry. Trotzdem vielen Dank für Dein Angebot.

Meine Ausführungen bezüglich der Luxusartikel war nur ein kleines Beispiel um meinen sehr kognitiven Ansatz zu untermauern, der aber nach Deiner Aussage nicht dazu geeignet ist, meine tieferen Schichten zu erreichen.

Du hast Dir aufgrund meiner bisherigen Ausführungen wahrscheinlich schon ein Bild gemacht, wo es bei mir haken könnte, willst mir aber die Chance geben, mir selbst auf die Schliche zu kommen. Ich nehme an, Du tust dies deshalb, weil selbst gewonnene Erkenntnisse viel nachhaltiger und intensiver sind, als Erkenntnisse, die von außen an einen herangetragen werden. Richtig?

Erfahrungen die man nicht selbst gemacht hat, sondern die man aus zweiter Hand erzählt bekommen hat, sind wohl nicht so wertvoll.

Vielleicht kannst Du mir doch ein oder zwei Anstöße geben, in welche Richtung mein Problem aus Deiner Sicht möglicherweise geht. Ist es etwas Schwerwiegendes oder ein psychisches Luxusproblem. Ist mir vielleicht langweilig, weil ich mir über solche abstrakten Dinge den Kopft zerbreche? Meine Frau und meine Freunde können bei diesen Dingen eigentlich nur schmunzeln und die Augen verdrehen. Sie können nicht verstehen, wie man mit solchen Überlegungen seine Zeit vergeuden kann.

Ich selbst erlebe meine Grübelei sehr differenziert: Einerseits belastet mich das Ganze. Kann mich schwer auf Alltägliches konzentrieren, weil ich immer nachdenken muss, andererseits finde ich es sehr interessant. Es ist so eine Art intellektuelles Hobby von mir, so wie andere Schach spielen, versuche ich hier Lösungen zu finden, bin aber noch nicht sehr weit gekommen, sondern drehe mich meist im Kreis.

Andererseits will ich Deine Geduld aber auch nicht überstrapazieren.

LG Karl

Hallo, Simone,

erst mal vielen Dank.

Mein Ansatz ist auch sehr sehr kognitiv, wahrscheinlich zu sehr.

Der Kern des Problems (falls es eines ist):

Warum finden wir gut, was wir gut finden? Wie sind wir darauf gekommen? Warum wollen wir das erreichen, was wir erreichen wollen? Wie haben wir die Entscheidung getroffen, das oder jenes erreichen zu wollen? Das sind Fragen, die man sich im Alltag in aller Regel nicht stellt. Man will einfach etwas bestimmtes und andere Dinge will man eben nicht. Basta.

Wenn man aber im Rahmen eines psychologischen Experiments mal weiter hinterfragen würde „Was sind die Ursachen für meine Wünsche und Ziele?“ dann wird die Sache gleich ziemlich kompliziert.

Es ist doch letztlich eine Frage der subjektiven Bewertung, was wir wollen und was nicht, was wir gut finden und was nicht, welche Partei wir wählen und welche nicht. Diese subjektiven Bewertungen sind ja im Prinzip nichts anderes als das ständige Abwägen von Vor- und Nachteilen im Rahmen unseres „inneren Dialogs“ und am Ende entscheiden wir uns dann für etwas.

Diesem Entscheidungsprozess liegen jedoch viele Annahmen zugrunde, die völlig ungesichert sind.

Beispiel: Mein Onkel war 30 Jahre lang begeisterter Opel-Fahrer. Er hat auf Opel geschworen. Eines Tages musste sein Opel zur Inspektion. Die Werkstatt hatte als Leihwagen keinen Opel zur Verfügung und gab meinem Onkel statt dessen für 2 Tage einen alten BMW Diesel (518 er) mit nachhause. Seither wollte mein Onkel nur noch BMW fahren.

Was bedeutet dieses Beispiel? Mein Onkel war lange Zeit lediglich aufgrund falscher Annahmen von Opel überzeugt, d. h. weil er es nicht besser wusste. In diesem Fall wurde der „Irrtum“ durch einen Zufall aufgedeckt. Unter anderen Umständen wäre mein Onkel bis zu seinem Lebensende begeisterter Opelfahrer geblieben.

Das war jetzt nur ein kleines und unbedeutendes Beispiel, aber wir treffen im Leben 1000te Entscheidungen darüber, was wir wollen, wer wir sein wollen, welches Image wir haben wollen, letztlich welches Weltbild wir uns aneignen.

Das Risiko hier falsche Entscheidungen aufgrund falscher Annahmen zu treffen, ist angesichts der Komplexität des Lebens gigantisch groß. Ich würde sogar soweit gehen, dass es purer Zufall wäre, wenn unsere Annahmen zutreffend wären.

Vor allem wollen wir oft auch Dinge, von denen wir glauben, dass sie andere gut finden oder dass auch viele andere sie wollen. Verifizierbar sind diese Annahmen aber kaum. Wir können viel sagen über unser Selbstbild, auch über die vermutete Wahrnehmung unserer Person durch andere, aber wir können praktisch nichts sagen über die tatsächliche Wahrnehumung unserer Person durch andere. Leider, denn entscheidend ist ja nicht, wie wir glauben von anderen gesehen zu werden, sondern wie wir tatsächlich von anderen gesehen werden.

Warum gibt es z. B. viel mehr Fans des FC Bayern, als Fans des 1. FC Nürnberg? Weil es sehr komfortabel erscheint, Bayern-Fan zu sein. Man zieht scheinbar viel Nutzen daraus, z. B. Sozialprestige, Respekt, Beachtung, etc. Man hat vielleicht das Gefühl, selbst auch erfolgreich, geliebt und begehrt zu sein. Dies ist objektiv sicher nicht zutreffend, aber das spielt trotzdem keine Rolle.

Oder warum leisten sich Menschen sündhaft teure Markenkleidung, Luxusuhren oder Luxusautos? Ganz klar, weil es ihnen offenbar gefällt. Man könnte das auch einfach so stehenlassen. Punkt. Ich finde aber die Untersuchung interessant, weshalb ihnen diese Dinge möglicherweise gefallen!!! Steckt dahinter vielleicht oft der Wunsch, bzw. das Streben nach Anerkennung und Liebe? Angenommen, dem wäre so: Ist diese Annahme dann zutreffend oder nicht? Falls nein, könnten sich diese Menschen ihr Geld für all diese teure Sachen sparen. Wie findet man aber heraus, ob diese Annahme zutreffend ist oder nicht?

Interessant ist doch, dass viele Menschen sich nur aufgrund der Annahme sie würden dadurch Anerkennung ergattern, sich teure Markenprodukte leisten und nicht aufgrund der gesicherten Erkenntnis, dass sich dies auch tatsächlich so verhält.

So jetzt habe ich versucht, mein Problemchen etwas ausführlicher darzustellen. Hoffentlich habe ich Dich damit nicht erschlagen.

LG Karl

Hallo Karl,

sehr schade, im Gespräch und persönlich könnte ich vielleicht mehr erkennen. Aus der Entfernung ist es mir nicht möglich, es wäre auch sehr unprofessionell, eine Beratung durchzuführen.

Deine Vermutung ist richtig, der kognitive Ansatz hilft nicht viel. Erst das Erlebte und vor allem das Gefühlte bringen Dich weiter. Diesen Zugang zu öffnen gelingt durch geduldiges An-sich-arbeiten.

Als erstes mußt Du zu Deinem Innenleben finden. Dazu emnpfehle ich folgende, einfache, Meditationsübung, etwa 2x die Woche:
Setz dich auf einem dicken Kissen im Schneidersitz auf dem Boden hin, rutsch hin und her, bis Du bequem sitzt. Setze eine Küchenuhr / HandyAlarm o. Ä. auf 15 Minuten.

Schließe die Augen und verharre VÖLLIG REGUNGSLOS in dieser Stellung. Richte Dein Fokus immer wieder auf Dein Atmen. Achte auf das, was passiert: ein Kribbeln, ein Jucken, eine Verkrampfung, etc. Schau es Dir an wie ein Spektakel. Wenn die Nase tropft, dann lass sie tropfen. Wenn es juckt, lass es jucken. Was auch immer passiert oder der Fall ist, bewege Dich nicht, kein bisschen. Schau Dir die Gedanken an, die kommen und gehen. Die Geräusche von außen. Kehre zu Deinem Atme zurück - wie fühlt sich das an, kühl, kitzelnd, trocken, etc.

Beim „Aufwachen“ atme 2-3 mal tief durch und fange l-a-n-g-s-a-m an, Dich zu bewegen.

Beim nächsten Mal verlängere die Zeit un 5 Minuten, bis Du etwa 30 Minuten erreichst.

Überlege nicht zu viel, was das soll. Tu es einfach. Es bringt Dich einfach wieder in Kontakt mit Dir selber. Allmählich wirst Du dann Antworten auf Deine Fragen finden - eigene, authentische.

Wenn Du willst, berichte mir, wie es war.

Herzliche Grüße,
Andrei

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Hallo, Andrei,

schade, dass ich Dir keine Tendenzen entlocken konnte und vielen vielen Dank für Deine Tipps.

Mache im übrigen seit einigen Wochen selbst eine sog. kognitive Verhaltenstherapie bei einem Therapeuten hier in meiner Stadt Regensburg. Habe erst 5 Sitzungen hinter mir. Bin jetzt gerade am Zweifeln ob dieses Kognitive überhaupt etwas bringt, nachdem es ja offenbar um das Erreichen der tieferen Schichten geht.

Bin ab und zu noch in München, wenn ich alte Kumpels besuche. Vielleicht 2-3 Mal im Jahr.

Wenn Du erlaubst, melde ich mich einige Tage vor einem solchen Termin mal bei Dir. Vielleicht ergibt sich ja ein Treffen, auch wenn es vielleicht erst in einem halben Jahr oder so wieder einmal der Fall sein wird, dass ich nach München komme.

Viele Grüße und vielleicht bis bald…

Karl

Hallo Karl,

gerne kannst Du mich kontaktieren, wenn Du mal in München bist!

Ich bin davon ausgegangen, dass du über Deine Fragestellungen allein im stillen Kämmerlein grübelst und grübelst - das hilft nicht viel. Daher meine Äußerungen.

Meine Annahme trifft nicht zu, denn Du machst eine Therapie. Es kann sehr kontraproduktiv sein, während einer Therapie mit anderen therapeutischen Ansätzen zu liebäugeln. Deswegen bin ich froh, dass ich mir nichts habe „entlocken“ lassen…

Im Interesse Deines therapeutischen Prozesses wäre es wichtig, Deinem Therapeuten von diesem Emailwechsel zu erzählen, inkl. dem, was ich an Anregungen gegeben habe. Es ist dabei für mich unerheblich, was er zu meinen Einlassungen meint, jedoch für Dich wichtig, den Weg mit ihm weiter zu gehen. Ein Abbruch kann auch ein Symptom sein.

Ich hoffe, Dir damit geholfen zu haben und grüße Dich ganz herzlich,
Andrei

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Hallo, Andrei,

ich finde, dass die Chemie zwischen mir und meinem Therapeuten stimmt, auch wenn es noch bessere geben mag. Aber das kann ja immer der Fall sein. Was mein Therapeut fachlich drauf hat und ob die Methode „Tiefenpsychologie“ (ich glaube eine Mischform zwischen kognitiver Verhaltenstherapie und Psychoanalyse. Du weißt das sicher besser) etwas taugt, vermag ich nicht zu beurteilen.

Das Grübeln wurde bisher auch mal thematisiert, aber nur am Rande und nicht so ausführlich. Ich habe bisher nur von mir erzählen müssen von den ersten Minuten meiner bewußten Erinnerungen an. Feedback oder Bewertungen seitens meines Therapeuten haben bisher nicht stattgefunden. Ich denke aber schon, dass ich ihm das alles erzählen soll, damit er sich ein Bild davon machen kann, wie ich ticke.
Bin mal gespannt, wie die Sache abläuft. Ob Meditation hier auch eine Rolle spielen wird? Mal sehen. Autogenes Training findet mein Therapeut jedenfalls sehr gut und empfehlenswert.

Werde unseren Email-Kontakt auf alle Fälle in der nächsten Sitzung erwähnen.

So long, Karl

hallo karl!antworte nach dem 10.6. l.g. hd

Sehe es doch mal so: es gibt viele Entscheidungsmöglichkeiten, die können alle „richtig“ sein.

hallo Karl,
das sind ja ganz spannende Fragen, die bei dir aufgetaucht sind. Dazu müßte man sehr viel schreiben, das schaffe ich aber jetzt am späten Abend nicht und in den nächsten Tagen leider auch nicht. Du siehst schon, der Wunsch, ausführlich zu antworten, ist da, es gibt aber gute Gründe, dem nicht nachzukommen und natürlich müssen diese Gründe überprüft werden ( von einem selbst - und zwar sowohl mit dem Verstand als auch emotional, also aus dem Herzen oder Bauch, wo immer du deine Intuition und deine Ethik ansiedelst).
Und wie man das macht ? Das sind Prozesse der Selbsterkenntnis, die Zeit brauchen, man kann das alleine machen oder mit professioneller Hilfe, aber nur so kommt man auch dahinter, wer man eigentlich ist und was einen im Inneren antreibt, und das ist doch ganz schön wichtig.
Und noch eine Ergänzung, an deinem Zitat ist viel Wahres, aber gleichermaßen schafft man sich Leid und Frust, wenn man immer nur seinen Wünschen hinterherrennt und nicht abwägen oder auch verzichten kann. Es gilt immer, die eigene Mitte zu finden, und da bist du schon wieder auf dem Trip der Selbsterkenntnis. Ganz knapp in dem bekannten Spruch zusammengefaßt : Ändere, was du ändern kannst und halte mit Gelassenheit aus, was nicht zu ändern ist. Entscheidend ist die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
Viel Freude bei der weiteren Ergründung deiner Wünsche und der Frage, ob du sie umsetzen sollst oder nicht oder wo es sinnvoll ist, vom Sollen zum Wollen zu gelangen !
magritte

Hallo Karl,
ich denke schon, dass viele Menschen mittlerweile (vielleicht auch Wunschdenken :wink:) reflektieren woher ihre Gedanken, Wünsche, Ziele stammen … sich fragen, was davon Eigenes ist, was Erwartungen von außen (durch Eltern - schön von Kind auf eingetrichtert) … ob Menschen z. B. davon überzeugt sind nur etwas Wert sind, wenn sie sich permanent beweisen, für sich selbst oder auch anderen.

Leider definieren sich viele über Materielles. Was ich persönlich ganz schrecklich finde und erfahrungsgemäß mit diesen Menschen auch nicht klar komme, das ist mir zu oberflächlich. Es soll wohl ablenken vom kaputten Selbst, was oft sogar offensichtlich zugrunde liegt. Nein, ich muss es anders sagen - wenn es Menschen einfach nur gefällt, sie damit nicht protzen, es betonen - dann soll jeder es tun wie er/sie möchte. Aber wenn das Menschen vor sich her tragen wie eine Rüstung und sich damit über andere stellen, da werde ich unentspannt und vor allem auch unbequem in meinen Äußerungen.

Natürlich steht dahinter der Wunsch nach Anerkennung und Liebe - das ist ein Urtrieb, den keiner völlig unterdrücken/abstreiten kann. Und ich schätze, dass Menschen dann versuche andere über diesen Weg zu beeindrucken oder wenigstens sich aus der Ferne einer „Eigengruppe“ anschließen zu können - z. B. die die RayBan-Sonnenbrillen tragen, denn ihr Stereotyp dazu ist: die Leute sind cool und hoch angesehen!

Es gibt nicht DAS EXPERIMENT, um eine Sache 100%ig und kausal festzustellen. Es gibt immer nur Annäherungen und Ideen wie und wo weiter geforscht werden kann. Ich persönlich z. B. habe wenn es um dieses sich in den Vordergrund spielen immer direkt die narzistische Persönlichkeitsstörung vor Augen und schaue dann genauer und sehe dahinter oft das sehr fragile Selbst, dass immer noch Bestätigung sucht und giert. Aber das macht mich nicht geduldiger mit den Menschen :wink:. Vor allem weil man mit Ihnen diese Dinge nicht diskutieren kann, da die Selbstreflektion meistens fehlt und es dann sofort unentspannt wird.

Viele wohlen sicher eine innere Leere kompensieren mit dem Anhäufen von „Dingen“, z. T. auch solchen Dingen wie „Facebook-Freunden“ - und bei manchen passiert es früher, bei manchen später, bei manchen nie, dass sie erkennen, dass das nicht funktioniert und vor allem im Vergleich zu anderen Sachen unwichtiger nicht sein könnte.

Darüber läuft aber ganz viel - über die Identifizierung mit Gruppen und daraus Nutzen zu ziehen. Aus all diesen Gruppen, Freundschaften ausgeschlossen, will jeder mehr Nutzen ziehen als Kosten investieren. Daher suchen sich viele wohl auch angesehene und „gute“ Gruppen. Kennst Du das Minimalgruppenparadigma? Das sagt alles! Nimm Dir eine Gruppe von 10 Leuten, gib 5 Leuten rote und 5 Leuten blaue Shirts und dann schau Dir das an, wenn sie ein Ziel erreichen sollen …

Ich finde es extrem wichtig regelmäßig zumindest seine engsten Freunde zu fragen wie sie einen wahrnehmen, denn es ist genau wie Du sagst und ein Abgleich schadet nicht. Viele wollen aber keine unbequemen Dinge hören, es könnte ja bedeuten, dass sie etwas ändern müssten und selbst aktiv werden müssen etc.

Nee, erschlagen hast Du mich nicht … Über solche Dinge habe ich schon vor Jahren viel nachgedacht und mir mit anderen die Köpfe heiß geredet :wink: Aber DIE ANTWORT gibt es nicht glaube ich:smile: Du kannst mir ja auch Deine EMailadresse schicken, dann können wir uns darüber austauschen!

Viele Grüße,
Simone

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Guten Morgen, Simone,

freut mich, dass Du mein kleines Problemchen so gut nachvollziehen kannst.

Wenn Du erlaubst schreibe ich Dir noch ein paar Zeilen dazu, weil mir nachträglich noch ein paar Dinge eingefallen sind, die mir wichtig erscheinen in diesem Zusammenhang.

Die Standardantwort auf meine Fragen lautet meistens „Das muss jeder selber wissen. Hier gibt es kein RICHTIG oder FALSCH“. Oder auch: „Es gibt keine wahren oder falschen Meinungen“

Genau das glaube ich aber nicht. Wenn ich davon überzeugt wäre, hätten sich meine Fragen logischerweise erledigt. Es ist nur meinstens so, dass wir die Wahrheit nicht (ohne weiteres) herausfinden können.

Kleines und unbedeutendes Beispiel aus dem Alltag zur Veranschaulichung:

Ich stehe vor einer Konditorei und sehe im Schaufenster eine wunderschöne frische Sahnetorte. Ich denke mir: Herrlich, jetzt so ein Stück Torte und eine gute Tasse Kaffee. Das wäre toll. Dann denke ich mir: Nein, meinem kleinen Teufelchen in mir, dass mich zu etwas Ungesundem verführen will, gebe ich nicht nach.
Soll ich die Torte essen oder soll ich mir das verkneifen. Was ist besser? Was ist OBJEKTIV die richtige Entscheidung? (nicht subjektiv, denn da wäre die Sache ja klar. Ich würde die Torte ja gerne essen)

Ich bin davon überzeugt, dass man diese Frage unter objektiven Gesichtspunkten klären könnte, WENN man alle dafür notwendigen Informationen zur Verfügung hätte.

Ist der „Schaden“ der bei mir angerichtet wird größer durch das Essen der Torte oder durch den Frust, wenn ich es mir verkneife?

Oder anderes Beispiel:

Ne Bekannte von mir ist ständig auf Reisen. Sie verprasst ihr ganzes Geld für Urlaube und hat sogar Schulden deswegen gemacht.

Ich selbst habe keine große Lust zu Verreisen. Ist mir zu anstrengend. Ich bin einfach zu bequem für die ganze Organisiererei und Packerei. Stress pur für mich. Ich setzte mich lieber zuhause auf die Veranda, lese ein Buch und trinke eine gute Flasche Rotwein dazu.

Ist an sich kein Problem. Man könnte das einfach so stehen lassen. Meine Bekannte will gerne Verreisen, ich eben nicht. Basta. Es gibt eben solche und solche Menschen.

Ich denke mir dann aber oft: Mache ich was falsch? Sollte ich nicht auch gerne Verreisen? Verpasse ich was? Macht meine Bekannte was falsch, weil Sie ihr ganzes Geld verschwendet? Warum sitzt meine Bekannte nicht gerne daheim auf der Veranda? Welche Überlegungen hat sie angestellt, dass ihr das nicht gefällt und sie viel lieber Verreist? Habe ich bei meiner Entscheidung, lieber zuhause zu sein, wichtige Aspekte vergessen? Schade ich meinen Interessen, wenn ich zuhause bleibe? Stimmt es vielleicht gar nicht, dass ich nicht gerne Verreise und bin ich vielleicht einfach nur zu faul und zu bequem dazu? Versage ich mir tolle Erlebnisse und Eindrücke dadurch? Und so weiter und so weiter… Da wird man glatt verrückt

Das klingt vielleicht alles etwas lächerlich. Ich weiß, aber das sind so meine Gedankengänge.

Oder: Sollte man besser in der Stadt leben oder auf dem Land?

Auch hier wieder die Standardantwort: Das muss jeder selber wissen. Hier gibt es kein richtig oder falsch. Ich glaube aber, dass man auch diese Frage unter objektiven Gesichtspunkten lösen könnte, WENN man alle relevanten Informationen zur Verfügung hätte.

Und noch ein Letztes fällt mir grad ein:

Stelle Dir vor, zwei Menschen betrachten ein bestimmtes Gemälde, sagen wir ein Gemälde von einem großen Segelschiff mit weißen Segeln in der Abenddämmerung auf einem stillen Ozean und beide sagen „Toll, das gefällt mir sehr gut“. Auch diese Aussagen könnte man einfach stehenlassen. Beiden gefällt das Gemälde. Punkt. Im Alltag wird man hier auch nicht weiterfragen.

Wenn man bei den beiden aber weiter nachbohren würde, sie sollen doch mal erklären, warum ihnen das Gemälde gefällt, sollen beschreiben, welche Assoziationen und inneren Bilder in ihnen so hochkommen, an was das Gemälde sie erinnert, und so weiter, dann würde man sehr wahrscheinlich feststellen, dass den beiden das Gemälde jeweils aus völlig unterschiedlichen Gründen gefällt.

Und der letzte Schritt wäre dann zu untersuchen, ob die Assoziationen die die beiden haben, unter objektiven Gesichtspunkten verifizierbar sind oder nicht. Wenn einem z. B. dieses Gemälde gefällt, weil er dabei an Seefahrerromantik denkt oder an den Film „Meuterei auf der Bounty“, dann könnte man untersuchen, ob es auf dem dargestellten Meer überhaupt jemals Piraten gab oder ob der Betrachter in dieses Gemälde Dinge hineininterpretiert, die falsch sind, die aber als Begründung dafür dienen, weshalb ihm das Gemälde gefällt.

Ziemlich kompliziert? Ich weiß leider nicht, wie ich es besser in Worte fassen kann…

Ich kann im Alltag nur sehr schwer Entscheidungen treffen, weil mir alles gleich wichtig, bzw. gleich unwichtig erscheint. Warum? Weil ich nicht weiß, nach welchen Kriterien ich die unterschiedlichen Wichtigkeiten/Prioritäten festlegen soll.

Verstehst Du, was ich meine?

Ich behaupte ja nicht unbedingt, dass ich mit meiner Theorie recht habe, vielleicht ist das alles Unsinn.

Aber für mich wäre es wichitg, zu verstehen und akzeptieren zu können, weshalb ich nicht recht habe.

LG Karl

Hallo, Simone,

ich noch mal.

Habe im Eifer des Gefechts total vergessen, Dir meine private Email-Adresse mitzuteilen: [email protected]

Würde mich sehr freuen, wenn wir auf diese Wege noch ein bisschen „plaudern“ könnten.

LG Karl

lieber karl,
was du schreibst macht mir so ein gefühl von angestrengt sein und durcheinander. auch schwere.

ich kann dir aber versichern, es gibt auch viele menschen die anders herangehen an diese dinge, an entscheidungen oder ziele.

ich kann zum beispiel sagen - wenn ich weiß warum und wozu ich hier bin in dieser welt, was ist meine vision von meinem leben, meiner zeit hier - dann kann ich ganz gut entscheidungen treffen. die erweisen sich dann in aller regel auch als genau richtig. das passt dann. für mich. da brauchts keine vergleiche mehr.
wenn ich das nicht weiß, ziellos herumsuche - ja was könnte ich denn machen ? was ist den besser, billiger, praktischer, schöner, begehrter ( im sinne von prestigeträchtig) und so weiter - dann wird es schwer und ich bin statt bei mir, im außen und suche dort das was nur innen zu finden ist.

ich würde also empfehlen - nach innen gehen, dich spüren lernen, kontakt finden zur intuition, dich kennenlernen und herausfinden was deine „mission“ hier ist. ankommen im körper, die gefühle zulassen und unterscheiden lernen was gefühle sind und was instikthafte emotionen. achtsamkeit üben.
dann wird sich der blick aufs leben und die welt, also der blick nach draußen verändern.

dann ist auch richtig und falsch bei entscheidungen von anderer qualität. es ist mehr frieden und ruhe.

so zumindest ist meine erfahrung damit.

alles gute für dich. schöne grüße
yer

Hallo, Yer,

vielen Dank für Deine Tipps.

Nur noch eine Frage zum Abschluss:

Ist das was ich geschrieben habe für Dich nachvollziehbar oder ist das für Dich „wirres Zeug“.

Sind die von mir aufgeworfenen Fragen nach Deiner Erfahrung in der Psychotherapie ein Thema oder ist das nur mein kleines privates Problemchen?

Was könnten Deiner Meinung nach die Ursachen für meine Fragen sein? Weshalb problematisiere ich diese Dinge überhaupt? Habe ich den Kontakt zu meinem Inneren verloren oder ihn noch nie gehabt? Ist das der Grund?

LG Karl

hallo karl,
ja es ist nachvollziehbar. es gibt viele menschen denen es so oder ähnlich geht.
ich sehe es als ein gutes zeichen, wenn jemand unruhig wird und anfängt da zu bohren.

bei mir in der therapie ist das thema. in einer verhaltenstherapie oder was die kassen sonst noch zulassen eher nicht.
da geht es mehr ums funktionieren. im alten sinne. sicher gibt es therapeuten die vt auf dem schild stehen haben und was anderes mit einbauen. aber sie sind vts und da können sie auch nicht so ganz aus ihrer haut.

wenn du keinen therapeuten findest mit dem du da dran gehen kannst, dann such dir vielleicht selbsterfahrungsgruppen der seriösen art. ich kann das institut für lebenskunst in berlin empfehlen. (sehr körperlich) und das
jipz (jirina praekop insitut) die machen gute sachen.
dort gibt es sogar gruppen mit emotionalarbeit für männer.

naja, es gibt sicher noch mehr. aber die fallen mir auf anhieb ein.

nun, nochmal alles gute - yer

Es tut mir leid, ich weiß keine schlüssige Antwort auf Ihre Fragen. Vielleicht Literatur zum Thema Konflikt konsultieren?

Guten Tag,

habe kürzlich gelesen, dass Frust und psychisches u. a.
auch aus nicht erfüllten, bzw. unterdrücken Wünschen u.
Bedürfnissen heraus entstehen kann.

Hierzu einige Fragen/Gedanken:

Ist das was wir wollen immer auch das Beste für uns? Ich
glaube das jedenfalls nicht. Man kann doch Dinge wollen, bzw.
anstreben, die man besser nicht anstreben sollte.

Umgekehrt wären manche Dinge, die wir ablehnen, bzw. nicht
wollen sogar gut für uns.

So wie ich das sehe, können wir uns nicht darauf verlassen,
dass unsere Wünsche und Bedürfnisse immer sinnvoll sind.

Wie soll man damit umgehen?

Soll man seine Wünsche u. Bedürfnisse am Besten gar nicht
hinterfragen? Oder doch? Wenn ja, wie? Kann man das überhaupt?

LG Karl