Hallo Frank,
basisdemokratisch z.B. unten werden Dinge beschlossen, die
dann ein Beauftragter im nächst höherem Gremium durchzusetzen
hat bei sofortigem Mandatsentzug, wenn er sein eigenes
Süppchen kocht. Das obere Gremium arbeitet und informiert
öffentlich. Andersherum werden nach unten Möglichkeiten und
notwendige Probleme zur Lösung durchgegeben.
Damit ist 1. jeder direkt an der Demokratie beteiligt, 2.
gibts keine Parteien mehr (wozu?) und jeder ist gezwungen,
sich im Meinungasbildungsprozeß an tatsächliche, natürliche
Grenzen zu halten.
nun, das ist das Prinzip einer Räterepublik, konnte sich nicht wirklich durchsetzen. Auch in der DDR-Verfassung gab es meines Wissens adäquate Elemente (als Wessi kenne ich mich aber nicht so gut aus, hatte das in der Schule und das ist schon lange her). Daneben gab es aber noch die Parteistrukturen und da die Partei Diener der Diener der Arbeiterklasse war, führte dies schnell dazu, dass die basisdemokratischen Elemente korrumpiert wurden. Ob das anders gekommen wäre, hätte sich Trotzki gegen Stalin durchsetzen können, weiß ich nicht, dies zu entscheiden, überlasse ich Berufeneren.
Deine Idee hört sich gut an, aber bei der „Konstruktion“ einer Verfassung muss man sich auch fragen, wie das in der Praxis funktioniert: wer sollte Entscheidungen fällen und wo werden sie wirklich gefällt? Das sehe ich doch in dem Kaff, aus dem ich komme: wenn der lokale Bauunternehmer sagt, dass er einen Auftrag braucht, sonst muss er Leute entlassen, dann bekommt er was zu bauen. Formal trifft natürlich der Gemeinderat die Entscheidung. Das war jetzt etwas holzschnittartig, verdeutlicht jedoch hoffentlich meine Zweifel. Im Grundgesetz steht ja auch, dass die Parteien an der politischen Willensbildung mitwirken, nicht, dass sie sie vereinnahmen sollen, wie dies der Fall zu sein scheint.
Und mit einem hatte Marx doch recht (das zeigt auch das Beispiel): Die Ökonomie ist die Grundlage. Deshalb bekommen die Abgeordneten Diäten: damit sie wirtschaftlich unabhängig(er) sind und sich ihre Entscheidungen nicht abkaufen lassen müssen (wobei es subtilere Methoden als die der direkten Vorteilsgabe gibt). Und darüber regen sich die Leute auf! Und selbst wenn unsere Politiker nur ihrem Amtseid verpflichtet wären (es lebe der Konjunktiv), was könnten sie tun? Unsere Forscher und Entwickler arbeiten daran, jeden noch so komplizierten Produktionsprozess zu automatisieren. Im Ergebnis kann man dann jedes (noch so teure und komplizierte) Produkt an jedem Ort der Welt herstellen. Und dies wird ziemlich sicher dazu führen, dass uns die Armut, die wir während des Kolonialismus exportiert haben, wieder einholt. Und daran wird auch kein Politiker etwas ändern.
Pointierte Zusammenfassung:
- Gute Ideen gibt es zuhauf.
- Die Verfassung muss mit den Leuten funktionieren, die wir haben (@ Marion: Hätte Marx den kommunistischen Menschen, den er durch den Kommunismus schaffen wollte, zum Aufbau des Kommunismus zur Verfügung gehabt, wäre es vielleicht was geworden. Da bist Du realistischer.).
- Die Verfassung muss mit der Ökonomie, die wir haben, so funktionieren, wie gedacht oder wir müssen die ökonomischen Verhältnisse ändern (was sinnvoll wäre, aber kaum realistisch ist).
@ alle, die einen Demokratieführerschein für eine gute Sache halten: Ihr habt ja vielleicht recht, dass es dann besser funktionieren würde (Gegenargumente gibt es zuhauf), aber worum geht es eigentlich? Es geht darum, wie Menschen sich organisieren und ihre Lebensumwelt gestalten. Und ein Führerschein würde einem bestimmten Prozentsatz der Menschen diese Möglichkeit nehmen. Das wäre bei manchen vielleicht besser, mögt Ihr denken, ja, aber es geht letzten Endes um nicht mehr und nicht weniger als die menschliche Würde.
Praktisches Problem (nach so viel Philosophie): So wie ich Marion einschätze, wäre ihr Test fair. Okay. Aber angenommen, ein solcher Test würde eingeführt: würde Marion ihn entwerfen? Wer dann? Und was wäre, wenn das Wahlergebnis immer noch nicht genehm wäre? Wird dann die Latte höher gehängt?
Grüße, Thomas