Zeit-eine Illusion

Hallo liebe Leute

Es gibt wohl tatsaechlich Philosophen, die sagen Zeit sei eine
Illusion. Ich kann keinen konkreten nennen und denke auch, dass sie
eher den oestlichen Religionen b.z.w. Philosophien entspringen, also
dem Buddhismus, Hinduismus oder Taoismus.
Diese Behauptung gruenden sie auf eine „direkte“ Naturerfahrung, wie
sie sie nach langem Meditieren erleben, verglichen mit welcher unsere
rationale Annaeherung an die Natur ein blosses Umhertapsen in unserer
eigenen irrefuehrenden Wahrnehmungsapparatur sei, ganz gleich ob wir
diese mit Hilfsmitteln (Messinstrumenten, Mikroskopen) verfeinern
oder nicht.
Ebenso irrefuehrend seien unsere Denkmuster, deren Voraussetzung Raum
und Zeit sind. In diesem Rahmen koennten wir nur Projektionen der
Wirklichkeit sehen, aus denen wir die Wirklichkeit selbst aber nicht
rekonstruieren koennten.
Wie dem auch sei. Ich moechte gerne wissen, wie jemand allen Ernstes
ohne Zeit auskommen will. Natuerlich muss sich jegliche Erlaeuterung
innerhalb der mir zugaenglichen Denkmuster bewegen, wenn ich sie
verstehen soll, also in einem Raum, der zur Beschreibung des
Phaenomens Zeitlosigkeit gerade nicht geeignet ist, aber vielleicht
kann mir der ein oder andere trotzdem eine Ahnung vermitteln.
Meiner Auffassung zufolge gibt es wirklich Bewegungen, d.h. Objekte
aendern ihren Ort. Damit folgt notwendig ein Zeitbegriff und
Kausalitaet, die im Uebrigen zusammen mit der Zeit von jenen
Mystikern verworfen wird.
Ich kann so oft eine Tasse zu Boden fallen lassen wie ich will,
niemals wird die Tasse am Boden zerbrechen, bevor ich sie losgelassen
habe. Da habe ich nun aber schon „bevor“ bnutzt; ihr seht, dass ich
dem Denken in Zeit, Raum und Kausalitaet nicht entkommen kann.
Wie gelingt dies jemandem?

Danke fuer Antworten, Tychi

Hallo Tychi,

das ist wirklich weites Feld; darum nur zwei Gedänkchen:

Ich kann so oft eine Tasse zu Boden fallen lassen wie ich
will,
niemals wird die Tasse am Boden zerbrechen, bevor ich sie
losgelassen
habe. Da habe ich nun aber schon „bevor“ bnutzt; ihr seht,
dass ich
dem Denken in Zeit, Raum und Kausalitaet nicht entkommen kann.

Schon richtig aber: wenn Du diesen Versuch „oft“ machst, wie Du angegeben hast, dann hast du das Tassen-Objekt nicht nur „bevor“ ihrem Zerbrechen in der Hand, sondern auch „danach“ (abstrahiert, von der Tatsache, dass es eine andere Tasse ist); „bevor“ und „danach“ heben sich auf; so bekommst Du eine Struktur der Ewigen Widerkehr des Gleichen, damit eine Form von Zeitlosigkeit; diese Beispiel mag unbedeutend erscheinen, aber wenn du für „Tasse“ „Leben“, für „Zerbrechen“ „Tod“ und für „wieder in der Hand“ „Geburt“ schreibst, dann hast Du eine Grundstruktur östlicher Mythologien

Anderer Gedanke: wenn Du die Notwendigkeit der Zeit auf Deinem „bevor“ begründest, könnte man durchaus daran denken, dass dieses „bevor“ vielleicht nichts weiter als ein „zufälliger“ syntaktischer Zwang Deiner Sprache ist; wie Nietzsche schon gegen Descartes geschrieben hat: „Dürfte sich der Philosoph nicht über die Gläubigkeit an die Grammatik erheben?“ (in „Jenseits von Gut und Böse“)

Viele Grüße
franz

keine Zeit *g*

Hi Tychi,

im Mathe/Physikbrett wurde diese Frage gerade von physikalischer bzw philosophischer Seite aus gestellt:

http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…

In meiner Antwort sind ein paar dafür interessante Literaturangaben.

Da ich gerade keine Zeit habe *g* dies nur in Kurzform.

Gruß

Metapher

Hallo Tychi!

Mich hat diese Frage auch schon beschäftigt. Eine rechte Lösung habe ich natürlich nicht (leider!) aber die Erinnerung an einen Gedanken (ich habe den Autor vergessen - ist nicht von mir):

Ein Gedankenspiel: Wenn das Universum ein wilde Ansammlung aller möglicher Zustände ist, mit der Eigenschaft, daß ein jeder Zustand eine Referenz (eine „Erinnerung“) an einen anderen Zustand hat, der uns so als „vorher“ erscheint, ist die Reihenfolge, in der wir diesen Zustaänden „gewahr“ werden, absolut egal und wir würden immer die Illusion haben, dass es soetwas wie Zeit und Kausalität gäbe.

Hier ist das Kernproblem natürlich: Wie werden die Referenzen bestimmt? Insofern ist dieses Gedankenexperiment nicht sonderlich gut, aber es ist ein winzigkleiner Ansatz, die Welt aus einer „zeitlosen“ Perspektive zu betrachten.

LG
Jochen

Hallo Jo

Ein Gedankenspiel: Wenn das Universum ein wilde Ansammlung
aller möglicher Zustände ist, mit der Eigenschaft, daß ein
jeder Zustand eine Referenz (eine „Erinnerung“) an einen
anderen Zustand hat, der uns so als „vorher“ erscheint, ist
die Reihenfolge, in der wir diesen Zustaänden „gewahr“ werden,
absolut egal und wir würden immer die Illusion haben, dass es
soetwas wie Zeit und Kausalität gäbe.

Das habe ich leider nicht verstanden, klingt aber interessant. Kannst
du an einem konkreten Beispiel erklaeren, was Zustand und Referenz
bedeutet und was diese beiden und ihr Zusammenhang mit meiner
Wahrnehmung zu tun haben? Bleiben wir mal bei der fallenden Tasse:
Die heile Tasse ist ein Zustand und die zerbrochene Tasse auch.
Zwischen beiden besteht eine Referenz, d.h. die zerbrochene „erinnert
sich“ an die heile und die heile an die zerbrochene, obwohl ich nicht
weiss, was „erinnern“ hier eigentlich bedeuten soll. Und dann? Wie
kommt es zu meiner Wahrnehmung, dass die zerbrochene Tasse immer auf
die heile folgt?

Hier ist das Kernproblem natürlich: Wie werden die Referenzen
bestimmt?

Von wem bestimmt?

Gruss, Tychi

Es gelingt nur, wenn man sich aus diesem RaumZeitGefüge, wie es das Mental darstellt (ich möchte hier einen Unterschied zwischen Mental und Geist machen), befreien kann. Der Mensch lebt in Vorstellungen, niemals aber in der Gegenwart. Diese entgeht ihm.

Dieses völlige Anhalten des Zeitflußes, geschieht mit dem Anhalten der Gedankentätigkeit. (siehe Buddha und Yoga). Auch die Raumerfahrung ist dann eine andere. Man sieht die Menschen wie in einem Film, an dem man nicht mehr aktiv beteiligt ist, sondern nur noch als Zuschauer teilnimmt.

Erfährt man so die Gegenwart, ist es eine zeitlose Ewigkeit.

gruß´
rolf

Hallo Rolf

Es gelingt nur, wenn man sich aus diesem RaumZeitGefüge, wie
es das Mental darstellt (ich möchte hier einen Unterschied
zwischen Mental und Geist machen), befreien kann. Der Mensch
lebt in Vorstellungen, niemals aber in der Gegenwart. Diese
entgeht ihm.

Dieses völlige Anhalten des Zeitflußes, geschieht mit dem
Anhalten der Gedankentätigkeit. (siehe Buddha und Yoga). Auch
die Raumerfahrung ist dann eine andere. Man sieht die Menschen
wie in einem Film, an dem man nicht mehr aktiv beteiligt ist,
sondern nur noch als Zuschauer teilnimmt.

Erfährt man so die Gegenwart, ist es eine zeitlose Ewigkeit.

Das ist die Beschreibung eines Erlebens. Gut. Wie kommt man aber
davon zu der Ueberzeugung, dass dieses Erleben die Wirklichkeit sei
und das normale Erleben eine Illusion. Ich wuerde eher das Gegenteil
behaupten, oder besser gesagt: Dein Erleben der Welt ist anders als
mein Erleben der Welt. Inwiefern erfasst dein Erleben die
Wirklichkeit besser als meines? Mit welchem Argument kann man eine
der beiden Wahrnehmungsweisen bevorzugen?

Gruss, Tychi

Hi,

Der Zustand „Universum mit deiner zerbrochenen Tasse“ beinhaltet eine „Verknüpfung“ (es ist nicht gesagt, welcher Art die Verknüpung ist; betrachte es als „logische Referenz“) zum Zustand „Universum mit deiner Tasse kurz vor dem Boden“. Dieser wiederum hat eine Referenz auf den Zustand „Universum mit deiner Tasse etwas höher über dem Boden“ usw.

Die Verknüpfungen gehen nur in eine Richtung. Man kann alle Zustäde so sortieren, dass die Verknüpungen aneinandergereiht kontinuierlich in die „Vergangenheit“ zeigen. Die Zustände, in dieser Reihenfolge „abgespielt“, sind praktisch ein Film von der Geschichte des Universums.

Für unseren Eindruck von Zeit braucht es aber dieses „abspielen“ nicht. Es reicht, uns diese Zustände in _irgendeiner_ Reihenfolge zu zeigen - ja, sogar alle zusammen (um den Ausdruck „gleichzeitig“ zu vermeiden…). Da wir ja Teil dieser Zustände sind, ist für uns ja immer eine „Vergangenheit“ definiert, was uns den Eindruck der Existenz einer Zeit verschafft.

Die heile Tasse ist ein Zustand und die zerbrochene Tasse
auch.
Zwischen beiden besteht eine Referenz, d.h. die zerbrochene
„erinnert
sich“ an die heile

soweit korrekt

und die heile an die zerbrochene,

Nein! Sorum nicht!

obwohl ich nicht
weiss, was „erinnern“ hier eigentlich bedeuten soll.

Ich habe kein gutes Wort dafür :frowning:

Und dann?
Wie kommt es zu meiner Wahrnehmung, dass die zerbrochene Tasse
immer auf die heile folgt?

Du bist Teil dieses Zustanded _mit_ der „Erinnerung“. D.h., in dem Zustand mit kaputter Tasse glaubst du, daß die heile Tasse zu einem logisch-zeitlich „früheren“ Zustand gehört. Das „früher“ interpretierst du aber nur rein.

Hier ist das Kernproblem natürlich: Wie werden die Referenzen
bestimmt?

Von wem bestimmt?

Oooch, das bestimme ich… :wink:

LG
Jochen

Hallo,

Inwiefern erfasst dein Erleben die
Wirklichkeit besser als meines?

Was die Wirklichkeit betrifft, sind wir auf Glauben angewiesen. Auch der Naturwissenschaftler kann nur _glauben_, daß es eine Wirklichkeit gibt (und das sie möglichst einfach ist und das sie beschreibbar ist). Weiterhin kann der NaWi auch nur sagen, ob seine MODELLE gut oder schlecht sind. Inwiefern sie die Wirklichkeit beschreiben, liegt außerhalb der in den NaWi möglichen Erkenntnissen. Das ist Philosophie.

Mit welchem Argument kann man eine
der beiden Wahrnehmungsweisen bevorzugen?

Das ist einfach: Diejenige, womit Du besser leben kannst, ist auch diejenige, die du bevorzugen solltest.

Für die meisten Menschen gilt hier der pragmatische Ansatz. Beschreibt mein Modell die Welt so gut, daß ich daraus Vorteile ziehen kann, bleibe ich dabei. Stoße ich mit meinem Modell an Grenzen, muß ich es verändern.

LG
Jochen

Hallo Tychi,

Metapher verwies bereits aufs Astrobrett - da auch meine Antwort.
Nicht die Zeit ist die ursächliche Größe sondern die Bewegung der Materie, aus welcher eine Uhrzeit als Wirkung resultiert, ortsgebunden an ihre Uhr.
Als einzige Referenz, das sogar in Übereinstimmung mit Lesch und Einstein, kommt für uns nur eine Gleichzeitigkeit infrage.

Zu Jo…
Von der Raumzeit weise ich ab. In dieser wird mit Zukunft und Vergangenheit gerechnet/betrachtet/gedacht/…
Beides ist aber keine objektive Realität, nur die Gegenwart.

Gruß
Frank

Hallo Jo

Ist dann dieser Theorie zufolge das ganze Universum voellig statisch
und alles was zu geschehen scheint, geschieht nicht, sondern ist
schon da? Das, was wir als Zukunft sehen und dessen wir ungewiss
sind, IST also und kann kann nicht veraendert werden?

Gruss, Tychi

Hi Tychi

Ist dann dieser Theorie zufolge

auf was für eine „Theorie“ beziehst du dich denn eigentlich? Wo hast dus her? Gibt es Namen dazu?

Metapher

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Hallo Metapher

Ich meine damit die Theorie von Jo, etwas weiter oben im Thread.

Gruss, Tychi

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Das ist die Beschreibung eines Erlebens. Gut. Wie kommt man
aber
davon zu der Ueberzeugung, dass dieses Erleben die
Wirklichkeit sei
und das normale Erleben eine Illusion. Ich wuerde eher das
Gegenteil
behaupten, oder besser gesagt: Dein Erleben der Welt ist
anders als
mein Erleben der Welt. Inwiefern erfasst dein Erleben die
Wirklichkeit besser als meines? Mit welchem Argument kann man
eine
der beiden Wahrnehmungsweisen bevorzugen?

Gruss, Tychi

Hallo Tychi

Das ist ganz einfach, denn es gibt keine Illusion. Die Realität die Du erfährst ist genau so real, wie die des spirituell Befreiten. Und - wenn wir mal ins Extrem gehen wollen, wie die des Irrenhäuslers. Was wir erfahren ist immer Realität, wie könnte man Illusion erfahren?

Der Irrtum des Illusionsbegriffs ist durch die alte Spiritualität etabliert worden, da sie aus dem Leben hinaus kommen wollten und es als Illusion ablehnten (Buddha/Vedanta).

Aber obwohl das möglich ist, geschieht es um den Preis des Verlustes der Realität der materiellen Welt, was letztlich nicht im Sinne der Schöpfung ist. Sri Aurobindo hat das alles wunderbar erklärt.

rolf

Hi Tychi

Ist dann dieser Theorie zufolge

auf was für eine „Theorie“ beziehst du dich denn eigentlich?
Wo hast dus her? Gibt es Namen dazu?

Das nennt sich „Raumzeit“ und geht auf Minkowski zurück.

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(mein/das) ‚Ich‘ - eine Illusion
Hallo Tychi:

Es gibt wohl tatsaechlich Philosophen, die sagen Zeit sei eine
Illusion.

Typisches Philosophenproblem - vergiss es.
Es gibt andere Philosophen, die, gestützt auf reputable Psychologen
und andere Wissenschaftler, behaupten, „das Ich“ sei eine
Illusion.
Was auch immer sie MIR an Beweisen dafür vorlegen: dass „mein
Ich“
eine Illusion ist, werden sie MIR nicht weis machen.
Dann konvertiere ich lieber zum – Solipsismus :wink:))

Grüsse
Nescio

Irrtum: Kant - Einstein
Hallo Tychi,

Es gibt wohl tatsaechlich Philosophen, die sagen Zeit sei eine
Illusion. Ich kann keinen konkreten nennen und denke auch,
dass sie eher den oestlichen Religionen b.z.w. Philosophien
entspringen, also dem Buddhismus, Hinduismus oder Taoismus.

das ist aus meiner Sicht nicht richtig, vielmehr würde ich behaupten, dass die meisten (fast alle) Philosophen die Zeit als nicht existent denken würden. Es ist allerdings etwas komplizierter, als du es andeutest.

Diese Behauptung gruenden sie auf eine „direkte“ Naturerfahrung, wie
sie sie nach langem Meditieren erleben, verglichen mit welcher
unsere rationale Annaeherung an die Natur ein blosses Umhertapsen in
unserer eigenen irrefuehrenden Wahrnehmungsapparatur sei, ganz gleich
ob wir diese mit Hilfsmitteln (Messinstrumenten, Mikroskopen)
verfeinern oder nicht.

Diejenigen Philosophen, die ihr Urteil über die Zeit aus direkter Naturerfahrung schöpfen, sind in der Tat eher im östlichen Bereich anzusiedeln, jedenfalls so, wie du es beschreibst.

Ebenso irrefuehrend seien unsere Denkmuster, deren Voraussetzung Raum
und Zeit sind. In diesem Rahmen koennten wir nur Projektionen
der Wirklichkeit sehen, aus denen wir die Wirklichkeit selbst aber
nicht rekonstruieren koennten.

Das genau ist die eigentlich philosophische Frage, die bis heute nicht geklärt ist, weil die Voraussetzungen der Frage nicht eindeutig geklärt sind. Diejenigen, die wie etwa Kant die Wirklichkeit als Projektion sehen, werden häufig so missverstanden, dass sie behaupten würden, die Welt (und damit auch die Zeit) existiere nicht. Das ist aber ein Irrtum, denn die Position sagt lediglich aus, dass die Zeit auf verschiedene Arten denkbar ist. Man kann die Zeit als Naturphänomen betrachten (empirische Physik), und man kann die Zeit als Bedingung der Möglichkeit von (empirischer) Erkenntnis betrachten (Kant). Diese zweite Betrachtungsart Kants ist nicht so gedacht, dass es keine Zeit gäbe, sondern nur so gedacht, dass wir über diese realphysikalische Zeit nicht wirklich etwas aussagen können, sondern nur sagen können, dass unsere (menschliche) Erkenntnis an die Zeit als Voraussetzung von Erfahrung gebunden ist, womit aber noch nichts gesagt ist über die Beziehung dieses Zeitverständnisses zu dem der Physik.

Man hat in den zwanziger Jahren vor allem diese Frage so verfehlt diskutiert, weil man meinte, man müsse je nach Standpunkt Einstein gegenüber Kant oder umgekehrt Kant gegenüber Einstein verteidigen. Das ist nach meiner Überzeugung ein Irrtum, der eben darauf beruht, dass man von physikalischer Seite Kant unterstellt, er hätte gesagt, die Zeit existiere nicht, oder alternativ auf dem Irrtum beruht, Einstein hätte Kant revolutioniert. Beides ist falsch, weil die Bezugspunkte andere sind. Richtig ist, dass sowohl Kant als auch Einstein den Finger auf die Wunde gelegt haben, die wir nicht wahrhaben wollen, nämlich dass wir nicht wirklich wissen, was Zeit eigentlich ist.

Wie dem auch sei. Ich moechte gerne wissen, wie jemand allen
Ernstes ohne Zeit auskommen will. Natuerlich muss sich jegliche
Erlaeuterung innerhalb der mir zugaenglichen Denkmuster bewegen,
wenn ich sie verstehen soll, also in einem Raum, der zur
Beschreibung des Phaenomens Zeitlosigkeit gerade nicht geeignet ist,
aber vielleicht kann mir der ein oder andere trotzdem eine Ahnung
vermitteln.

Das ist ein Problem, denn wenn du dich weigerst, den Raum genauso wie die Zeit auch nur möglicherweise als nichtexistent zu denken, dann hast du das Problem, dass du deren Existenz einfach unterstellst. Das ist im Prinzip auch richtig, jedenfalls vom physikalischen Standpunkt aus, weil ja auf den Messungen die Physik beruht. Freilich ist mit den Messungen selbst über diese Messungen als Erkenntnisse noch gar nichts gesagt. Man kann aus philosophischer Perspektive allenfalls sagen, dass die Zeit eben das ist, was wir messen, und das was wir messen, Zeit nennen. Aber damit ist wenig gewonnen in Bezug auf die Wesenserklärung der Zeit.

Meiner Auffassung zufolge gibt es wirklich Bewegungen, d.h.
Objekte aendern ihren Ort. Damit folgt notwendig ein Zeitbegriff und
Kausalitaet, die im Uebrigen zusammen mit der Zeit von jenen
Mystikern verworfen wird.
Ich kann so oft eine Tasse zu Boden fallen lassen wie ich
will, niemals wird die Tasse am Boden zerbrechen, bevor ich sie
losgelassen habe.
Da habe ich nun aber schon „bevor“ bnutzt; ihr seht, dass ich
dem Denken in Zeit, Raum und Kausalitaet nicht entkommen kann.

Das genau ist die philosophische Erkenntnis, von der du im Moment meinst, dass sie physikalischer Natur sei. Kant fasst Zeit, Raum und Kausalität als Bedingungen der Möglichkeit von Erkenntnis - und diese Erklärung hat denselben Effekt wie dein Tassenbeispiel: die drei Begriffe sind für den denkenden Menschen unabweisbar, weil sie die Formen sind, in denen er erkennt. Er erkennt sie nicht selbst, sondern mit ihnen, sein Denken ist so aufgebaut, dass er nur in ihnen denken kann.

Wie gelingt dies jemandem?

Es gelingt eben nicht. Die Behauptung es gelänge, ist jedenfalls keine philosophische, allenfalls eine meditative und damit psychologische.

Ich möchte noch anmerken, dass ich jetzt nur versucht habe, deine Fragen zu beantworten, mir aber bewusst bin, dass damit noch gar nichts entschieden ist, eigentlich noch gar nicht jedes Problem angesprochen. Die Sache ist eben sehr, sehr kompliziert. Ich hoffe aber, dir wenigstens einen Zugang zum philosophischen Standpunkt gelegt zu haben. Nachfragen kannst du ja immer.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo ohr zwei,

diese „Theorie“ ist, wie schon gesagt, nicht von mir. Ich habe sie mal in einem Filmbeitrag gehört, hab aber vergessen, wo.

Es ist auch keine Theorie i.e.S., sondern nur ein Gedankenexperiment! Es soll ja kein korrektes Modell unserer Welt sein, sondern nur einen Denkansatz liefern für alternative Betrachtungen von „Zeit“, um zu helfen, vielleicht einmal ein zu einem neuen Abstraktionsniveau für unsere „Vorstellung“ von der Welt zu kommen.

Gruß
Jochen

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo Rolf

Das ist ganz einfach, denn es gibt keine Illusion. Die
Realität die Du erfährst ist genau so real, wie die des
spirituell Befreiten. Und - wenn wir mal ins Extrem gehen
wollen, wie die des Irrenhäuslers. Was wir erfahren ist immer
Realität, wie könnte man Illusion erfahren?

Der Irrtum des Illusionsbegriffs ist durch die alte
Spiritualität etabliert worden, da sie aus dem Leben hinaus
kommen wollten und es als Illusion ablehnten (Buddha/Vedanta).

Es stimmt, dass es nur Realitaet gebe. Aber mit Illusion meine ich
falsche Annahmen ueber die Realitaet. Wenn ich den Bus verpasse, weil
ich dachte er fuehre 8:20, in Wahrheit faehrt er aber 8:10, dann habe
ich mir eine Illusion ueber die Realiaet gemacht. Und so meine ich es
auch mit der Zeit. Ihre Existenz sei nach Meinung einiger eine
Illusion (8:20), in Wahrheit sei sie aber nicht vorhanden (8:10).

Gruss, Tychi

Moin Frank,

Zu Jo…
Von der Raumzeit weise ich ab. In dieser wird mit Zukunft und
Vergangenheit gerechnet/betrachtet/gedacht/…
Beides ist aber keine objektive Realität, nur die Gegenwart.

Das wiederum ist dialektischer Schnickschnak. Mehr sag I nöt.

LG
Jochen

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