Hallo Lydia,
Jedenfalls habe ich durch dieses Buch gelernt, was Zionismus
ist. Ich dachte immer, Zionismus sei etwas schlechtes, aber
allen Anschein nach war/ist es ja ‚lediglich‘ das Streben nach
einem eigenen Land für das jüdische Volk.
‚gut‘ oder ‚schlecht‘ sind in diesem Zusammenhang sehr subjektive Kriterien. Die Agenda des Zionismus, wie sie Theodor Herzl in ‚Der Judenstaat‘ formulierte, war in der Tat
‚lediglich‘ das Streben nach
einem eigenen Land für das jüdische Volk.
Der Teufel steckt natürlich wie immer im Detail - eine solche Staatsgründung konnte nur auf Kosten anderer Menschen stattfinden - es sei denn, man hätte sich als Heimstätte die Antarktis ausgesucht. Man stelle sich vor, in Diyarbekr hätte sich 1945 eine Vereinigung zusammengefunden, die als ihr Ziel eine nationale Heimstatt für die Kurden propagiert und sich als Standort eines kurdischen Staates - sagen wir mal Meckpomm ausgesucht hätte … dünn besiedelt, wirtschaftlich rückständig und unter Kuratel ausländischer Mächte, auf deren Wohlwollen man rechnen könnte …
Nun muss man den frühen Zionisten zugute halten, dass sie das Problem gar nicht sahen - der europäische Kolonialismus war in seiner imperialistischen Hochphase und in Europa und Amerika stellte - von den Marxisten einmal abgesehen - so gut wie niemand den Kolonialismus als zivilisatische Mission (‚white man’s burden‘) in Frage. Der Zionismus war zur Zeit seiner Entstehung die jüdische Variante des ganz normalen europäischen Rassismus - der tiefverwurzelten Überzeugung von der Überlegenheit der europäischen (‚weißen‘) Zivilisation und Kultur, zu der sich die Juden durchaus zu Recht zählten.
Genau hier kommen wir auch zum Berührungspunkt Zionismus-Rassismus. Der findet sich in der Konsequenz der zionistischen Agenda - im Kolonialismus. Letzlich kann eine Kolonisation auf Kosten einer indigenen Bevölkerung nur auf eine Weise begründetet werden, wenn sie den Anschein platten Raubes vermeiden möchte - durch das höhere Gut, dass eine zivilisatorisch (und notabene militärisch) überlegene Gruppe von Kolonisatoren den entmündigten Kolonisierten beschert, ob diese nun wollen oder nicht.
Selbst wenn man nun die vertriebenen palästinensischen Flüchtlinge außer Betracht lässt, so bleibt immer noch, dass sich der Landbesitz der arabischen Minderheit (grob 20%) in Israel seit 1948 deutlich verringert hat, da bis in die 70er Jahre hinein durch den israelischen Staat umfassende Enteignungen arabischer Böden durchgeführt wurden, während der Erwerb israelischen Grund und Bodens für arabische Bürger nahezu unmöglich ist.
„Das Ergebnis ist ein Rückgang der in der Landwirtschaft beschäftigten arabischen Arbeitskräfte. Ihr Anteil sank von 28 Prozent (1972) und 7,2 Prozent (1989) auf 2,9 Prozent im Jahre 2000. Die staatlich legalisierte räumliche Einengung wirkt sich auch auf die Wohnraumsituation aus. Handel und Dienstleistungen, Kultur, Sport und Bildung leiden ebenfalls an begrenzten räumlichen Entfaltungsmöglichkeiten.“
Nicht verschwiegen werden sollte allerdings auch, dass dem ein deutlicher Anstieg des Bildungsniveaus unter den arabisch-palästinensischen Bürgern Israels gegenübersteht.
(Quelle: http://www.bpb.de/publikationen/MU3IE9,0,0,Gesellsch…).
Ist Zionismus im heutigen Sprachgebrauch dennoch negativ
konnotiert (in der „westlichen“ Welt, in Isreal selbts?)?
Selbstverständlich ist das so.
Freundliche Grüße,
Ralf