Hallo Diana und Tychi,
…
die Neurowissenschaft als Königsdisziplin etabliert.
Hier wäre ich sehr vorsichtig. Wenn man einen Blick in die Wissenschaftsgeschichte wirft, stellt man fest, dass die Antwort darauf, welche Disziplin momentan die akutellsten Erkenntnisse auf die Frage, was Menschen warum zum Handeln bringt, liefert beständig pendelt.
Es ist richtig, daß zur Zeit Neurobiologie und Genetik die wahrscheinlich spannendsten Antworten haben, bzw. die spannendsten neuen Fragestellungen produzieren, was wichtiger ist als Antworten zu haben. Das ist wissenschaftstheoretisch vermutlich auch deswegen so, weil das ganze 20. Jahrhundert vor allem von ideologischen Kriegen und dem Ausprobieren der praktischen Umsetzung der Gesellschafts-theorien, die im 19. Jahrhundert und früher entworfen worden waren, geprägt war und das alles nicht viel gebracht hat. Das heißt aber mitnichten das die „Neurowissenschaften sich als Königsdisziplin“ etabliert hättten. Sie erheben auch vermutlich nicht den Anspruch etwa Probleme wie die Leib-Geist-Seele-Trichotomie (?) bei Descartes zu nivellieren.
Nur weil es möglich ist, den Sitz der Persönlichkeit mittlerweile relativ sicher im vorderen Hirnlappen (?) zu lokalisieren und man ihn damit auch operativ entfernen kann, heißt das noch nicht, das nicht immer ein Rest von Unerklärlichkeit bleiben wird. Oder. Wie es ein befreundeter Hirnchirug ausdrückte:„Selbst wenn ich weiß, wie man ein Klavier stimmt, weiß ich noch nicht wie man darauf Musik macht.“
Auch innerhalb der Neur-Szene gibt es mittlweile eine starke Tendenz den eigenen „Königsanspruch“ fallen zu lassen, was vor allem daran liegt, das in den letzten Jahren Ansprüche gestellt werden, die man nicht erfüllen will. Akutelle privat finanzierte Forschungsprojekte kreisen etwa um solch spannende Fragen wie: Marketing, bzw. wie kann ich den Endverbraucher durch Werbung so konditionieren, dass der Pawlow-Einkauf effekt im Endverbrauchermarkt mit Sicherheit eintritt ? Unter der Hand wissen natürlich alle das es totaler Humbug ist, Scharlatanerie, Leute in den Computertomographen zu schieben, und ihnen Werbeblöcke auf die Netzhaut zu projezieren und gleichzeitig ihre Hirnströme zu messen, finanziert wird es trotzdem. Vielleicht kann man in solchen Projekten schon den Abstieg der vermeintlichen Königsdisziplin sehen, andererseits die A-Bombe, Einstein usw… usw… bla…bla… - ich trinke jetzt nen glas rose-champagner zum samstag morgen.
mfg A.