Hallo,
Haben wir überhaupt gelernt, mit Freiheit und Selbstbestimmung
umzugehen?
Das ist ja mal starker Tobak. Das „gemeine Volk“ ist viel zu
unmündig, um mit Freiheit und Verantwortung etwas anfangen zu
können, daher muss man sie ihm vorenthalten?
Bearbeitung v. mir
Stopp!!! Da hast du mich völlig missverstanden. Meine Frage war keine Unterstellung und auch nicht als Pauschalurteil gegen die Integrität und Intelligenz des Volkes gedacht!
Allerdings habe ich mir in Teilbereichen den ‚Luxus‘ meines Idealismuses in unserer heutigen Gesellschaft schon abgewöhnen müssen.
Ich stellte nur eine Frage in den Raum, über die es sich mMn lohnt, Mal genauer nachzudenken. Als Schlagwort sozusagen und Einleitung dazu, was ich unter Freiheit gepaart mit Selbstbestimmung verstehe, bzw. wie weitreichend dies gesehen werden kann.
Es war in dem Sinne gedacht, dass ‚uns‘ schon in der Schule Selbstbestimmtheit, Entscheidungen treffen, Verantwortung für uns selbst zu übernehmen, nicht unbedingt gelehrt wird.
Ich möchte kurz abdriften:
Vielleicht sagt dir der Begriff Montessori-Pädagogik etwas, dort wird gelehrt ‚Hilf mir es selbst zu tun‘, sowie verantwortlich für sich und die Gemeinschaft zu agieren, ohne Druck und ‚vorgekaut bekommen‘ die Erfordernisse der Situation erkennen, und selbstbestimmt zu entscheiden. Dort ist das Lernen quasi auf Freiwilligkeit aufgebaut.
Viele Studenten kommen Anfangs ins ‚Schlingern‘, weil sie nicht gewohnt sind, ohne Druck und nur für sich zu arbeiten. Ihre Aufgaben selbst zu organisieren etc.
Und Mal ehrlich, wissen die meisten Menschen nicht eher was sie NICHT wollen, statt WAS sie wollen?
Ich hoffe, du verstehst ungefähr, was ich meine.
Das ist es, was erreicht werden soll. Sein eigenes Schicksal
frei von „Sachzwängen“ im Sinne von „ich verhungere, wenn ich
nicht für 1 EUR/h im Arbeitsamt den Flur schrubbe“ selbst
bestimmen zu können.
Die Sachzwänge kommen dann wieder auf den Plan, wenn die Rechnung nicht aufgeht dass z.B. alles ‚normal‘ weiter läuft und sogar noch mehr Menschen arbeiten (wollen und können) weil mehr Arbeit da ist.
Wieso ist das nicht mehr kalkulierbar? Es war nirgends die
Rede von der Abschaffung des Arbeitsrechts und entsprechenden
Verträgen. Allerdings von „Waffengleichheit“. Wenn Arbeitgeber
gerne „hire & fire“ wollen, dann sollte entsprechendes auch
für Arbeitnehmer gelten.
Richtig.
Aber ob die Unternehmen damit dann unbedingt so gut klar kommen? Es gäbe dann den ‚Arbeitnehmermarkt‘ (nichts wäre mir momentan lieber als das!) und wenn der nicht so mitmacht, wie es die ‚Sachzwänge‘ zur erfolgreichen und nachhaltigen Führung eines Unternehmens erfordern. Was dann? Wie kann das Unternehmensziel erreicht werden?
Z.B. kündigt ein AN innerhalb 2 Wochen oder von heute auf morgen. Da muss sich der AG sputen, um so kurzfristig Ersatz zu bekommen, oder er kommt evtl. in Bedrängnis das Arbeitssoll erfüllen zu können.
vielleicht müssen dann auch wieder Überstunden gemacht werden, was der selbstbestimmte AN aber vielleicht gar nicht will.
Ich will nicht gegen dich reden. Verstehe mich nicht falsch!!
Ich bin ein Typ, der einfach versucht gedaklich einen ‚Supergau‘ einzukalkulieren. Bzw. versucht, all zu schön klingende modelle ohne rosa Brille zu sehen.
Wer gerne längerfristig planen
möchte, der möge eben entsprechende Fristen in die
Arbeitsverträge einarbeiten.
Wenn das immer aufgeht. Ist das auch wirklich eine feine Sache.
Mal stehen die Bänder still, bleibt der Müll liegen etc., Mal
stehen 100te vor der Tür und schreien nach Arbeit, weil ihnen
gerade danach ist, oder sie so viel Geld verbrasst haben und
sie gerade ein bisschen Geld brauchen für den nächsten Urlaub.
Das wird nicht der Fall sein. Es kann allerdings passieren,
dass Arbeiter langfristig einem Betrieb den Rücken kehren,
wenn die Arbeitsbedingungen oder das Betriebsklima dauerhaft
mies sind. Da müssen die Arbeitgeber dann entsprechend
vorbeugend tätig werden.
Und wie?
Verbesserung des Arbeitsklimas, gute Bezahlung etc. sichern den Unternehmen im Falle eines Arbeitnehmermarktes noch lange nicht die Ressourcen an Arbeitskräften, die es eben in unterschiedlicher Anzahl zu einem bestimmten Zeitpunkt benötigt.
(saisonale, auftragsmäßige Schwankungen etc.)
Flexibilisierung im Höchstmaß auf beiden Seiten. Aber ob das immer so einfach zu managen ist?
Arbeitnehmer können dann ganz schnell zur Mangelware werden, wenn die dafür spezifisch ausgebildeten z. B. zwecks Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung sich die Freiheit herausnehmen, ihren eh ungeliebten Job an den Nagel zu hängen und stattdessen ein Buch zu schreiben.
Ich könnte mir vorstellen, dass es da gewisse Branchen sehr hart trifft.
Da die Arbeitskosten erheblich geringer wären, als im heutigen
System, könnte man durchaus einen Teil des gesparten Geldes in
Verbesserungen der Arbeitsbedingungen stecken.
O.K. oder in Weiterentwicklung, aber auch in Gewinnmaximierung und Stellenabbau 
Die Automatisierung von den unangenehmen und/oder langweiligen
Tätigkeiten wäre auch eine klare Folge.
Was wiederum Arbeitsplätze abbaut, was zwar wiederum nichts ausmacht, da ja keiner mehr wirklich auf Arbeit angewiesen ist.
Die Frage, die sich mir stellt. Wer macht dann diese langweiligen, dreckigen, anstrengenden Arbeiten, wenn er es nicht muss?
Du? Weil es eben gemacht werden muss und grad kein anderer es tut?
Wer opfert dann für den höheren Zweck seine Freiheit? Wo bleibt dann aber die Selbstbestimmung? Gibt es dann nicht auch Sachzwänge? Nämlich die, dass bestimmte Arbeiten eben erledigt werden müssen?
Holen wir uns dann wieder Gastarbeiter ins Land?
Leute, die eine Arbeit haben die ihnen Spaß macht, haben sicher null Problemo. Daher wäre es interessant zu wissen, wieviele ihre Arbeit tun, weil sie keine andere können oder bekommen. Wieviele gehen in ihrer Arbeit wirklich auf und haben Spaß daran?
Ich kann das nicht wirklich abschätzen.
Man braucht keine
Supermarktkassierer, keine Fließbandarbeiter, etc. Die gibts
heute nur noch, weil sie billiger, als die entsprechenden
„automatisierten“ Lösungen sind.
O.k. Aber ist das dann eine Lösung in deinem Sinne? Wenn doch Arbeit noch billiger ist, warum dann welche abbauen? Sollte nicht mehr Arbeit geschaffen werden, damit auch jeder der arbeiten will auch kann?
Muss sich die Kassiererin, die ihren Job gerne macht, (oder z.B. nicht besonders helle im Kopf ist und nicht viel anderes kann ) dann umstellen, und somit auf ihre Selbstbestimmung verzichten?
Eine Kontinuität, dass die erforderlichen Arbeiten ausgeführt
werden, sehe ich dann nicht.
Ich schon.
Erklärst du es mir?
Was passiert mit den automatisierbaren Arbeiten?
Wo sollen diese Leute dann arbeiten?
Wieviele Arbeitsplätze fallen weg, wodurch werden neue geschaffen?
O.K. freiwillige, unbezahlte Überstunden wird vermutlich keiner mehr machen. Schön, wenn dann genau so viele qualifizierte Arbeitskräfte wie benötigt werden, auch gerade verfügbar und willig sind.
Und in Sachen Ehrenamt denke ich, wird dies evtl. wirklich leicht ansteigen, z. B. wenn die Leute, die darin eine Erfüllung sehen, dieser Tätigkeit ‚hauptberuflich‘ nachgehen werden. Dumm nur, wenn es ein absoluter Fachmann mit seltensten und nötig gebrauchten Qualifikationen ist, der seinen früheren Job hinschmeist.
Ja ich weiß, das klingt schwarzmalerisch. Aber hälst du meine bisherigen Horrorszenarien für extrem unrealistisch?
Es wäre den Menschen möglich, sich Beschäftigung nach ihrer
Qualifikation, ihren Neigungen und Vorlieben zu suchen.
Wenn sie gebraucht wird
Kassiererinnen und Fließbandarbeiter brauchen wir dann ja nicht mehr.
Es
wäre auch möglich, Qualifikationen nachzuholen. Beispielsweise
könnte ein Elektrikergeselle den Entschluss fassen, ein
Fachhochschulstudium der Elektrotechnik aufzunehmen. Bisher
findet das nicht in so großer Zahl statt, weil es nur den sehr
mühsamen Weg des „Abendstudiums“ oder aber den noch mühsameren
Weg des nahezu kompletten Einkommensverlustes gibt.
Stimmt.
Dabei werden dringend höher qualifizierte Menschen gebraucht!
Stimmt.
Man erkennt vor allem, dass „Nichtstun“ keine Erfüllung
bringt. Unterhalte Dich mal mit Arbeitslosen, wie lange sich
Vormittagstalkshows und Bildzeitungslektüre als Ablenkung
durchhalten lassen, bevor man entweder halb wahnsinnig wird
oder zu Drogen greift.
Brauche ich nicht. Ich bin selbst seit Jahren arbeitslos. Habe 2 Berufe, habe mit 40 einen IHK Abschluss mit 1,7 gemacht und somit meine Qualifikation im selbsterlernten Zweitberuf bestätigen lassen.
Habe umfangreiche Erfahrung und quasi das Kleinunternehmen meines Mannes geführt. Auch habe ich sehr breitgefächerte ‚Begabungen‘ bzw. Kenntnisse und Fertigkeiten.
Für mich wäre dieses neue Konzept also ideal, da mir ein AG dann wohl eher eine Chance geben würde 
Meine eigene Mini-Umfrage (komplett unrepräsentativ) ergibt
folgendes: Meine Ehefrau würde ihre derzeitige Tätigkeit
unverändert beibehalten. Ich selbst würde eher auf
freiberuflicher Basis weiterarbeiten.
Im Falle von Kindersegen würden wir beide vermutlich auf
Teilzeitbasis arbeiten.
Im Freundes- und Bekanntenkreis hat bisher niemand gesagt: „Au
fein, dann lege ich mich auf die faule Haut“. Einige würden
dann lange gehegte „Träume“ umsetzen. Einer wollte
Schriftsteller werden, ein weiterer gerne „hauptberuflich“
open source Programme schreiben.
Sicher gibt es eine sehr große Zahl derer, die so denken.
Sicher gibt es aber auch viele, die sich ihr Geld in die Karibik schicken lassen würden und dort das Leben genießen, oder dort ihrer Kreativität nachgehen.
Da ich glaube, dass der Mensch von natur aus sehr bequem ist, kippen zumindest anfangs sicher mehrere Leute um in dem Sinne, dass sie sich endlich Mal ne Weile (verdient) ausruhen und ihren Job vorerst hinschmeisen. Ist ja kein Risiko dabei.
Wenn der gesellschaftliche Druck „wer nichts arbeitet ist ‚Abschaum‘“ wegfällt, ist die Verlockung für manch einen sicher auch groß.
Das gebraucht werden kann man dann anderweitig kompensieren.
Insbesondere die letzten beiden Beispiele zeigen, dass im
Bereich der „Kultur“ sehr viel geschehen könnte, wenn man
nicht ständig der Gefahr des Verhungerns ausgesetzt wäre.
Das Verhungern überlese ich jetz bewusst 
Aber Kultur macht uns wirtschaftlich nicht unbedingt wettbewerbsfähig, produziert nicht die nötigen Güter und Waren, die verkauft und konsumiert werden müssen, um dieses Modell am Laufen zu halten.
bye