Begriff 'Zweiter Weltkrieg'

Hallo,

gibt es einen Beleg, wann der Begriff „Zweiter Weltkrieg“ in Europa in einer Sprache erstmals durchgängig für die Zeit vor 1940 verwendet wurde?

Anders gefragt, befanden sich z.B. Deutsche, z.B. im Februar 1940 nach eigenem Bewustsein aktuell im Zweiten Weltkrieg?

Gruß
achim

Hallo,

Anders gefragt, befanden sich z.B. Deutsche, z.B. im Februar
1940 nach eigenem Bewustsein aktuell im Zweiten Weltkrieg?

Wohl eher nicht, zumindest nicht die mehrheitliche deutsche Bevölkerung. Hierzu folgende Karte: http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/5/53/S…

Da im Zeitraum 09/39-02/40 mit Ausnahme der offiziellen Kriegserklärungen nur die Besetzung des Saarlands durch F stattfand, herrschte eigentlich in Europa weitestgehend Ruhe. Die Bevölkerung hoffte noch, dass die Fortführung des Krieges politisch abgewendet werden könne. So kam der Angriff auf F für die Mehrheit eher überraschend.

Ab wann genau sich nun ganz Europa auf die Bezeichnung 2. WK „einigte“, wird sich nur schwerlich ermittelt lassen.

Gruß
vdmaster

Wirkung
Hallo vdmaster,

Ab wann genau sich nun ganz Europa auf die Bezeichnung 2. WK
„einigte“, wird sich nur schwerlich ermittelt lassen.

Hintergrund ist mein in der Jugend eingebrannte, naive Verständnis des WW2. So etwa : mit dem Angriff auf Polen war Krieg und damit alles anders. Ähnlich wie (zurecht) beim WW1.

Bis zu Barbarossa kann ich viele Vorgänge allerdings kaum nachvollziehen, wenn ich sie aus einer Zeit „mitten im Weltkrieg“ her denke. Retrospektiv sind die Zeitgrenzen sicher richtig und sinnvoll.

Vielleicht konkret: Ohne Russlandfeldzug und mit Friedensabkommen mit England ein paar Jahre später, würde man da heute von WW2 sprechen?

Gruß
achim

Moin,

Vielleicht konkret: Ohne Russlandfeldzug und mit
Friedensabkommen mit England ein paar Jahre später, würde man
da heute von WW2 sprechen?

hm, das ist wohl eher eine Milchmädchenfrage.

Gandalf

Hallo,

Vielleicht konkret: Ohne Russlandfeldzug und mit Friedensabkommen mit England ein paar :Jahre später, würde man da heute von WW2 sprechen?

Da wird es jetzt etwas problematisch. Allein die Zeitgrenzen, die wir verwenden (39-45) haben sich zwar weitestgehend durchgesetzt, sind aber dennoch etwas eurozentrisch.

Aus Wikipedia. „Aus ostasiatischer Perspektive begann der Zweite Weltkrieg bereits am 7. Juli 1937 mit dem Zwischenfall an der Marco-Polo-Brücke, wenn nicht gar mit dem Mukden-Zwischenfall am 18. September 1931, und entwickelte sich 1941 zum Asiatisch-Pazifischen Krieg. Ohne die Ereignisse in Europa wäre dieser Krieg jedoch isoliert geblieben und Japan hätte sich nicht an den dort begonnenen Feindseligkeiten beteiligt.[3]“ Wobei ich persönlich den letzten Satz stark bezweifele. Ich sehe Japan schon im dauerhaften militärisch-strategischen Konflikt mit den USA und GBR.

Ähnlich sieht es in Europa aus. Inwieweit Hitler sich zugunsten Italiens in Nordafrika beteiligt hätte, ist schwer zu beantworten.

Ähnlich sieht es an der gemeinsamen Grenze zwischen der UdSSR und dem von den Deutschen besetzen Teilen Polens aus. Die UdSSR führte ja ebenfalls Kriege gegen Polen, Finnland und die baltischen Staaten. Ob also ein Frieden längerfristig gehalten hätte, sei dahingestellt.

Deine Frage läßt sich also nicht abschließend beurteilen.

Gruß
vdmaster

Sprachgebrauch
Servus,

würde man da heute von WW2 sprechen?

das lässt sich kaum beantworten, zumal das Szenario unrealistisch ist.

Interessant ist vielleicht „Volkes Stimme“ aus der Zeit 1918 - 1939: Wenn in diesem Zeitraum jemand davon sprach, wie sich dieses oder jenes „im Frieden“ verhalten habe, war allen Hörern klar, dass er damit die Zeit vor 1914 meinte.

Schöne Grüße

Dä Blumepeder

gibt es einen Beleg, wann der Begriff „Zweiter Weltkrieg“ in
Europa in einer Sprache erstmals durchgängig für die Zeit vor
1940 verwendet wurde?

Anders gefragt, befanden sich z.B. Deutsche, z.B. im Februar
1940 nach eigenem Bewustsein aktuell im Zweiten Weltkrieg?

Nein, weder die Führung noch das Volk. Für die Führung ist das insoweit per Gesprächsprotokoll dokumentiert, als auch in späteren Kriegsphasen immer wieder Vergleiche zum „Weltkrieg“ (ohne „Erster“) gezogen wurden. Das Volk wiederum tat gut daran, nicht von einem Zweiten Weltkrieg zu sprechen, weil dies der offiziellen Propaganda widersprach, nach der der Führer ja ein Friedensengel war. Außerdem hatten alle beide sicher auch ein psychlogisches Problem, sich einzugestehen, dass man wieder in einem Weltkrieg steckte - und auch wieder in fast derselben Konstellation wie beim erstenmal.

Gruß
s.

Hallo smalbob,

vielen Dank für Deine Antwort. Könnte man dann vielleicht auch behaupten, der eigentliche Weltkrieg fing mit (den konkreten Vorbereitungen zu) Barbarossa an? Zum einen, weil selbst Stalin anscheinend überrascht war, zum anderen, weil die deutschen Bündnisse überhaupt erst kurz vorher klar (und mobilisiert) waren.

Ersteres deckt sich auch mit den (unmaßgeblichen) Tagebuchaufzeichnungen meines Großonkels (damals einfacher Pionier direkt an der Ostfront). Die Grenzarbeiten der Russen standen in keiner Relation zur monatelangen und heimlichen Material- und Mannverlegung der Deutschen.

Zweiteres erklärt z.B. Bündins-Verhandlungen mit Vichy oder Hess, der ja dann genau nicht „mitten im Weltkrieg“ flog.

Gruß
achim

Moin auch,

Könnte man dann vielleicht auch
behaupten, der eigentliche Weltkrieg fing mit (den konkreten
Vorbereitungen zu) Barbarossa an?

Behaupten kann man viel, es hängt auch von deiner Definition ab. Dass die eigentlichen Kampfhandlungen am 1.9.39 beginnen ist klar. Ob die Vorbereitungen dazu bereits zum eigentlichen Krieg zählen kann man debattieren. Und wenn ja, welche Vorbereitungen? Alle oder nur konkrete wie z.B. Truppenverlegungen oder schon Planspiele dazu oder nur Gedanken oderoderoder

Ralph

Hi,

Könnte man dann vielleicht auch
behaupten, der eigentliche Weltkrieg fing mit (den konkreten
Vorbereitungen zu) Barbarossa an?

Behaupten kann man viel, es hängt auch von deiner Definition
ab. Dass die eigentlichen Kampfhandlungen am 1.9.39 beginnen
ist klar. Ob die Vorbereitungen dazu bereits zum eigentlichen
Krieg zählen kann man debattieren. Und wenn ja, welche
Vorbereitungen? Alle oder nur konkrete wie z.B.
Truppenverlegungen oder schon Planspiele dazu oder nur
Gedanken oderoderoder

Dir ist schon aufgefallen, dass er nach dem Unternehmen Barbarossa fragte?

Deine Antwort scheint sich auf die Vorbereitungen zum Überfall auf Polen zu beziehen.

Gruß
vdmaster

Hallo,

vielen Dank für Deine Antwort. Könnte man dann vielleicht auch
behaupten, der eigentliche Weltkrieg fing mit (den konkreten
Vorbereitungen zu) Barbarossa an?

Bei solchen Begriffen wie dem WK 2 ist doch immer das Problem, dass sie einen Zeitraum umfassen, der je nach eigenem Standpunkt unterschiedlich definiert werden könnte. Erst später setzt sich eine mehr oder weniger einheitlche Sprachregelung durch.

Sicher könnte man das Unternehmen Barbarossa als „eigentlichen“ Beginn des WK 2 festsetzen. Die Sowjets sahen darin den Beginn des „Großen Vaterländischen Krieges“. Zu Ostasien hatte ich mich ja schon geäußert.

Man könnte auch den Überfall auf Pearl Harbor festsetzen, weil es den Kriegseintritt Symbolisiert. Oder die italienische Invasion Ägyptens in 09/40, da der Krieg sich somit auf einen zweiten Kontinent ausdehnte.

Der Begriff Weltkrieg selbst ist eben eher schwammig definiert.

Gruß
vdmaster

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Moin auch,

Deine Antwort scheint sich auf die Vorbereitungen zum Überfall
auf Polen zu beziehen.

Nein, meine Antwort bezieht sich auf die Vorbereitungen für den Krieg an sich. Der Rest ist wieder Definitionssache, nämlich: Wann ist ein Krieg ein Weltkrieg? . Durch Barbarossa ging das ganze von Europa nach Asien. Ist es also erst dann ein Weltkrieg, wenn auf mindestens 2 Kontinenten gekämpft wird?

Ralph

hm, das ist wohl eher eine Milchmädchenfrage.

Gandalf

Nicht zwingend. Der Russlandfeldzug war essentieller Teil der Pläne Hitlers und somit schwer wegdenkbar. Ob GB unter einem anderen Premier als Churchill allerdings Deutschland den Krieg erklärt hätte, halte ich für fraglich.

Hallo,

rückblickend wird der Überfall auf Polen als „Beginn“ des WK 2 festgelegt. Das ist aber wie schon an anderer Stelle erwähnt

a) ein wenig eurozentrisch
b) auch wegen der schwammigen Def. des WK Ansichtssache

Zu einem WK gehört allerdings mindestens ein zweiter Kontinent, auf dem es zu kriegerischen Handlungen kommt (zumindest meine Def.) und ggf. den Eintritt eines Staates auf einem zweiten Kontinent, der sich aktiv militärisch beteiligt.

http://www.bpb.de/nachschlagen/lexika/politiklexikon…

Die sehen es noch etwas differenzierter. Wobei unklar bleibt, was der „unbegrenzte“ Einsatz von Ressourcen eigentlich genau sein soll. Den kann es eigentlich streng gesehen gar nicht geben. Und auch die grundsätzliche Neuordnung der Weltordnung ist schwer zu klassifizieren.

Gruß
vdmaster

äääh… als Churchill Premierminister wurde, war England schon lange im Krieg mit Deutschland. Der betreffende Premierminister war Chamberlain.

Halo!

gibt es einen Beleg, wann der Begriff „Zweiter Weltkrieg“ in
Europa in einer Sprache erstmals durchgängig für die Zeit vor
1940 verwendet wurde?

Ich kenne keinen; kann es mir auch kaum vorstellen, aber das hat nichts zu bedeuten.

Anders gefragt, befanden sich z.B. Deutsche, z.B. im Februar
1940 nach eigenem Bewustsein aktuell im Zweiten Weltkrieg?

Wenn man davon ausgeht, dass im Bewusstsein der Menschen der Erste Weltkrieg durch den Kriegseintritt der USA zum Weltkrieg wurde, dann möchte ich die Frage verneinen.

Hitler agierte seit 1940 wegen des immer deutlicheren Engagements des USA für England einigermaßen vorsichtig so, dass die USA keinen Vorwand haben sollten, gegen das Deutsche Reich offen Krieg zu führen.
Entsprechend hielt man in den USA den Krieg Deutschlands bis zum japanischen Schlag gegen Pearl Harbor (7.12.1941) für einen europäischen Krieg. Die Verbindung des fernöstlichen Kriegs mit dem europäischen stellte Churchill fest, als er nun die Notwendigkeit aufzeigte, dass die USA jetzt in den europäischen Krieg einzugreifen hätten.
Für mein Verständnis machte da aber Hitler den von ihm bisher geführten europäischen Krieg zum Weltkrieg: durch die Kriegserklärung Deutschlands (und Italiens durch Mussolini) an die USA am 11.12.1941 (aufgrund der entsprechenen Auslegung des Dreimächtepakts vom 27.9.1940).
Und wer sich an den Ersten Weltkrieg erinnerte, wird, so meine ich, gemerkt haben, dass er nun den Zweiten Weltkrieg erlebte.

Aber wie gesagt, auch ich wäre an quellenmäßigen Belegen interessiert.
Beste Grüße!
H.

Ups! owt.
.

Du lagst vielleicht garnicht falsch!
Hallo Goetz,

laut Wikipedia:

_Die Warnungen vor Hitler wurden so lange nicht ernst genommen, bis […] klarmachte, wie berechtigt Churchills Misstrauen gewesen war. […]

Churchill, der diese Entwicklung vorausgesagt hatte, fand nun zunehmend Gehör. Sofort nach dem deutschen Überfall auf Polen, mit dem am 1. September 1939 der Zweite Weltkrieg begann, berief Premierminister Arthur Neville Chamberlain ihn ins Kabinett. Wie bereits 1911 wurde Churchill am 3. September 1939 mit dem Amt des Ersten Lords der Admiralität (Marineminister) betraut. Die Kriegserklärung an das Deutsche Reich folgte am gleichen Tag_

Ohne Churchill hätte es vielleicht wirklich keinen Krieg gegeben. Und zum Beginn der eigentlichen Kampfhandlungen (Westfeldzug) war er bereits Premier.

Gruß
achim

Moin auch,

b) auch wegen der schwammigen Def. des WK Ansichtssache

Eben. Sind wir uns doch einig.

Ralph

Auch Moin, selbst am Abend,

wir waren uns schon längst einig. Ich hatte nur Zweifel, auf welche Vorbereitungen (Polen oder Barbarossa) Du DIch beziehst.

Gruß
vdmaster