Coronakrise: Prognosen zur wirtschaftlichen Situation

Guten Morgen,
wann wird sich die wirtschaftliche Situation wieder auf das Vorkrisenniveau einpendeln?

Ich gehe davon aus, dass dies bereits einige Monate nach der Pandemie (wie lange diese auch immer dauern möge) durch die Geldschwemme der Zentralbanken und antizyklische Konjunkturmaßnahmen in Deutschland und einigen anderen Ländern der Fall sein wird.

Wie schätzt ihr die Lage ein?

Gruß
Desperado

[Überschrift editiert, verschlagwortet vom www Team]

Hallo Desperado,

wie Du ja selbst schreibst, das Wesentliche erstmal das Ende der Pandemie ist, dass zumindest für mich z.Zt. nicht absehbar ist.
Generell lässt sich nur schätzen, dass die Rückkehr zum Vorzustand je länger dauern wird, je länger die Pandemie selbst andauert.

Weiterhin ist ein entschiedener Faktor inwieweit die Firmen in den besonders stark betroffenen Branchen (Tourismus, Luftverkehr, Schifffahrt) den Einnahmeausfällen begegnen können.
Hier sind natürlich auch die von Dir angesprochenen staatlichen Maßnahmen entscheidend.

Hinzu kommt auch, dass wir es hier mit äußerst vielen Akteuren zu tun haben, die alle zurecht ihre eigenen Interessen verfolgen und die weitere Entwicklung in jede Richtung beeinflussen.

Nicht zuletzt ist die wirtschaftliche Entwicklung auch immer was äußerst subjektives. Eine negative Entwicklung könnte alleine schon deshalb ausgelöst, bzw. hier verstärkt werden, weil ihr Eintreten vom Investor / Verbraucher erwartet wird.

In Anbetracht dessen, ist die weitere Entwicklung schwer abschätzbar und niemand kann sie abschätzen.
Generell würde ich aber eher von einer Dauer von ein bis zwei Jahren, als den von Dir erhofften paar Monaten ausgehen.

Dein,
Ebenezer

Hallo,

Das halte ich für Wunschdenken. Je länger die Pandemie dauert, umso schwerer werden die Folgen wiegen. Bereits jetzt gehen einige Prognosen davon aus, dass sich die Pandemie noch weit bis ins nächste Jahr ziehen wird. Entsprechend wird es auch einige Einschränkungen so lange geben. Unser gesamtes gesellschaftliches Leben wird sich gewaltig umkrempeln.

Momentan schwimmen wir noch im Nebel. Wir können nicht erkennen, ob der Einsberg, von dem wir nur die Spitze erahnen, zu einem dritten, einem fünften oder vielleicht nur zu einem zwanzigstel über dem Wasser und der Rest darunter verborgen ist.

Was will ich damit sagen: Momentan wissen wir nicht, wann wir wieder so viel und weit und ungezwungen reisen können wie bis Feb. 2020 (sowohl privat, als auch dienstlich). Momentan erkennen viele Firmen, dass man nicht jeden kleinen Manager durch die Welt fliegen muss, sondern auch Videokonferenzen recht gut funktionieren. Das bedeutet, es ist völlig ungewiss, wann die Reisebranche wieder das alte Niveau erreicht. Messen werden bis auf weiteres nicht statt finden. Auch dafür wurde viel gereist. Und natürlich war der Messebau ein starker Wirtschaftsfaktor. Der liegt jetzt komplett am Boden. Wenn aber deutlich weniger Menschen reisen, wann werden Gastro- und Beherbergungsbetriebe wieder ihre alte Auslastung erreichen? Wann werden alle pleite gegangenen Betriebe neue Betreiber gefunden haben? Werden es überhaupt wieder so viele werden?

@C_Punkt hat neulich sehr ausführlich beschrieben, dass er die Möglichkeit sieht, dass die Branche der Gewerbeimmobilienvermieter vor dem Platzen einer großen Blase stehen könnte - wenn Firmen plötzlich merken, dass der Laden auch läuft, wenn nur 20% im Büro und der Rest zu Hause ist, wer braucht dann noch so viele Büros?

Wenn diese Bürogebäude zu Wohnungen umgebaut werden und wir vielleicht in absehbarer Zeit einen Wohnungsüberschuss haben werden, wie ist es dann um die Wohnungsvermieter in der Zukunft bestellt?

Man hatte bei der Öffnung einiger Läden in der ablaufenden Woche Sorge, dass diese Läden praktisch gestürmt werden würden, um die „verpassten“ Einkäufe nachzuholen. Nichts da! Der Umsatz des gestrigen Samstags lag bei einer repräsentativen Umfrage bei 40% des Umsatzes im Vorjahr. Es ist jetzt aber schon erkennbar, dass es eine Art Grunddepression bei den Menschen gibt. Die ohnehin schon zu geringe Binnennachfrage (gemessen am BIP) wird wahrscheinlich noch weiter zusammenbrechen.

Ich fürchte, dass die Folgen derzeit noch völlig unabsehbar sein werden. Von daher würde ich mich nicht wundern, wenn es ein Jahrzehnt dauern würde, bis wir, als Gesellschaft, diesen Schock komplett überwunden haben werden.

Grüße
Pierre

P.S.: bisher denkt noch kaum jemand darüber nach, wie die Billionen-Kredite und -Geschenke bezahlt werden sollen, die die Regierungen derzeit vergeben. Wer sie bezahlt ist klar: wir alle, die Gesellschaft. Nur wen wird es wie stark für welche Zeit belasten? Darüber wird noch nicht (laut) nachgedacht. Das wird aber kommen. Und in wie weit das die Depression verstärkt? Keine Ahnung. Vielleicht sollte ich meine Prognose auf bis zu zwei Jahrzehnte ausweiten …

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Hinzu kommt ja auch etwas, wovor ich schon damals gewarnt habe, daß nämlich die Große Koalition in ihrer unendlichen Weisheit auf dem Höhepunkt der Steuereinnahmen (d.h. unterstellend, daß die Steuern weiter auf diesem Niveau fließen) ohne Not soziale Wohltaten (vulgo: Wahlgeschenke) verteilt hat, die erst in den nächsten Jahren wirklich die Kassen belasten. Diese Auslieferung dieser milliardenschweren Pakete wird Anfang nächsten Jahres anlaufen, während gleichzeitig die Steuereinnahmen zurückgehen, die Sozialausgaben bei gleichzeitig sinkenden Beiträgen steigen werden und die Coronaausgaben dazu kommen.

Es würde mich sehr wundern, wenn demnächst die Ratingagenturen nicht aus den Büschen springen und reihenweise Abstufungen vornehmen (auch für Deutschland), was dann die Kreditaufnahmen verteuern wird.

Daß wir hier in einem Jahr geimpft stehen und alles so ist wie Anfang 2020, bezweifle ich. Ich sehe eher eine weltweite Rezession unbekannten Ausmaßes auf uns zukommen, die dann auch wieder politische Folgen haben wird.

Gruß
C.

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Ich denke genau diese Wahlgeschenke kurbeln die Binnennachfrage an und subventionieren damit die Wirtschaft. Damit es wirtschaftlich besser läuft sollte es noch mehr davon geben. Klar ist das nicht unbedingt gerecht aber auf Krisen wie diese gibt es m.E. keine andere sinnvolle Reaktion.

Weil 2008 noch allen im Gedächtnis ist wird man nicht die Fehler von damals machen und keine systemrelevanten Banken bzw. andere Großunternehmen insolvent gehen lassen. Es muss also viel Geld erzeugt werden - für Anleihenkäufe, Infrastrukturmaßnahmen, Subventionen…

„Bezahlen“ wird erstmal niemand direkt für die Maßnahmen, das Geld entsteht aus dem nichts. In einigen Bereichen wie Immobilien, Aktien, Edelmetallen… wird es wahrscheinlich schnell nachfragewirksam und zu einer Inflation führen.

Die Ratingagenturen und Investoren beurteilen die Sicherheit einer Anlage in Relation zu anderen Anlagen. Da die Coronakrise die Wirtschaft weltweit belastet werden viele Staatsanleihen, Unternehmensanleihen und sonstige Anlagemöglichkeiten unsicherer. Also wird die Kreditwürdigkeit Deutschlands im Vergleich zu anderen Anlagemöglichkeiten nahezu unverändert bleiben.

Die Grundrente kommt Menschen zu gute, die wenig Geld haben und die z.T. bisher Grundsicherung erhielten. Es wird also von diesen Leute kein Cent mehr ausgeben. Der Solidaritätszuschlag macht zwar in Summe viel aus (kostet also den Staat viel Geld), bringt aber pro Person wenig. Großartige Effekte auf die Wirtschaft sind deshalb und auch aus anderen Gründen nicht zu erwarten.

Der wesentliche Effekt ist, daß die Staatsverschuldung steigt und mit dem Geld vor allem Marktverzerrungen und Konsum erzeugt werden und der Konsum auch nur vorgezogen wird.

Dieses „nichts“ ist Staatsverschuldung, die sehr wohl jemand irgendwann bezahlen muß.

So, wie man das seit der Finanzkrise ja beobachten kann. Wobei ich zu dem Thema Inflation ja neulich einiges geschrieben habe:

Nein, tun sie nicht. Sie bewerten nach Ausfallwahrscheinlichkeit.

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Da werden noch mehr Geldgeschenke kommen, jeder Cent den die Bürger mehr zur Verfügung haben kommt, vor allem bei Geringverdienern, dem Konsum zu Gute. Wahrscheinlich kommt wieder etwas das der Autoindustrie hilft und die Reisebranche wird auch die Hand aufhalten.

Und was passiert mit der Staatsverschuldung? Wie oft hat schon ein Staat diese abbezahlt? Die Schulden werden von der Inflation mal langsamer und mal schneller aufgefressen oder es gibt irgendwann einen Schuldenschnitt. Du kennst Dich doch aus und weißt, dass es bei Staaten nicht wie bei Privatpersonen läuft.

Klar wird die Ausfallwahrscheinlichkeit bewertet, aber eben im Verhältnis zu anderen vermeitlich sicheren Anlagen. Genau wie Du sagst, sind Investoren bereit in unsicherere Anlagen zu investieren und dazu noch wenig Rendite in Kauf zu nehmen wenn die sicheren Alternativen fehlen.

Ja, kann man glauben. Oder man überlegt sich, wofür die Leute, die wenig Geld haben, dieses ausgeben. Im Zweifel endet mehr Geld als Handelsumsatz in Deutschland und als Mehrproduktion in Asien.

Die Entwicklung der deutschen Staatsschulden der letzten Jahre:
image

Ratingagenturen geben Noten und die entsprechen Ausfallwahrscheinlichkeiten. Wer die ins Bezug zu anderen Ausfallwahrscheinlichkeiten setzen will, muss das schon selber machen. Die Ratingagenturen machen das nicht; bei denen entspricht jede Note einer Ausfallwahrscheinlichkeit in Prozent.

Im übrigen beende ich die Diskussion hier und jetzt für mich. Ich bin der Ansicht, daß Virologen und Epidemiologen schon ganz gut wissen, was in so einer Situation zu tun und zu lassen ist und die Leute auf die hören sollten und nicht auf irgendwelche Autodidakten und/oder Idioten auf Youtube und diesen Gedanken führe ich in Bezug auf die Wirtschaftswissenschaften fort. Irgendwann muß es auch mal gut sein.

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Es ist jedenfalls - falls die Grundrente so kommt wie geplant - keiner dabei, der bislang ausschließlich Grundsicherung erhält. Man muss sich 33 Jahre lang jeweils einen Mindestanspruch auf Rente erworben haben. Ich schätze, dass es Leute sein werden mit einer Rente von ca 600 bis 1200 Euro (grob geschätz). Die kriegen dann oben drauf die Grundrente, Größenordnung ca 300 €, glaube ich.

Ich denke schon, dass die dann mehr ausgeben können als vorher.

Von ausschließlich war nie die Rede. Und wie ich schrieb:

Ich glaube jedenfalls weiterhin nicht, daß die Mehrausgaben für die Grundrente in Deutschland einen merkbaren Effekt verursachen. Dies aus drei Gründen:

  1. Art der Waren und Dienstleistungen, die mit diesem Geld bezahlt werden.
  2. Höhe des Gesamtbetrages
  3. Das Geld wird anderen Leuten via Steuern weggenommen bzw. kann an anderer Stelle nicht ausgegeben werden.
  4. Kosten der Verwaltung

Ansonsten möchte ich darum bitten, daß Du Dir den Beitrag durchliest, auf den diese Subdiskussion zurückgeht:

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Das habe ich auch nicht behauptet.

Deine Ausdrucksweise „…Menschen … , die … z.T. bisher Grundsicherung erhielten“ fand ich etwas missverständlich, insbesondere in Kombination damit, dass diese Leute dann mit Grundrente keinen Cent mehr ausgeben werden. Irgendwie entsteht dann evtl. die Vorstellung, dass die Grundsicherungsbezieher die Grundrente dann einfach angerechnet bekommen und dasselbe haben wie vorher, und so wird es ja eher nicht sein. Falls die Grundrente kommt.

Dass das nur ein unwichtiger Punkt in der gesamten Diskussion ist, ist schon klar.

Angesichts der hohen Mieten und der ebenso hohen Nebenkosten wie Strom, Gas… geben Geringverdiener einen Großteil ihres Einkommens dafür aus, Lebensmittel, Gastronomie usw. verschlingen den Löwenanteil vom Rest. Produkte aus Fernost werden wohl nur zu einem geringen Teil von dieser Schicht nachgefragt.

Die Frage bleibt: Wie oft hat ein Staat seine gesamten Staatsschulden zurückbezahlt und wie oft wurden diese einfach durch Inflation oder Schuldenschnitte minimiert?

Du hast Ratingagenturen in die Diskussion gebracht aber selbst geschrieben, dass Anleger trotz höheren Risiken weiterhin Geld gegen niedrige Zinsen verleihen. Wieso findest Du dann das Rating der Agenturen überhaupt relevant wenn es doch in der Diskussion um die wirtschaftliche Situation geht?

Welche Idioten auf Youtube? Wo hat hier irgendwer auf Youtube verwiesen?

Die Geschichte zeigt, dass es regelmäßig schief geht wenn sich die Bürger blind auf sogenannte Experten verlassen, darum gibt es meiste eine positive Korrelation zwischen wirtschaftlichem Erfolg und Demokratisierungsgrad eines Staates weil nur Kritik eben zu Veränderungen führt.