Der Sinn von Definitionen

Hallo Gert

Nun antworte ich doch noch einmal.

Du hast mit Deiner Antwort den Grund wieder sehr deutlich
gemacht, warum in diesem Forum keine sachlichen Diskussionen
möglich sind.
Sobald jemand einen sachlichen Beitrag zu einer Fragestellung
vorbringt, welcher einer Erwartungshaltung nicht entspricht
(also „neu“ ist), wird nicht mehr auf das sachliche Argument
eingegangen, sondern persönliche Angriffe zum Thema gemacht.
Das ist offensichtlich auf allen Brettern hier so der Fall.

Das stimmt einfach nicht. Ich freue mich immer ueber neue Gedanken
und bemuehe mich, keine Scheuklappen zu tragen. Wenn du dir den
Thread noch einmal ansiehst, dann wirst du merken, dass du mit deiner
ueberheblichen Bemerkung diesem Forum und seinen Nutzern gegenueber
begonnen hast, unsachlich zu sein. Nur darauf habe ich mich bezogen.
Im Uebrigen scheine ich mit meinem Verdacht, fuer den ich ja
zunaechst nur einen geringen Anhaltspunkt hatte, ins Schwarze
getroffen zu haben, wie diese Antwort von dir beweist.
Wenn du nicht den Anspruch erhebst, alles schon vor jeder Diskussion
zu wissen, sondern das Einsehen hast, dass eine Diskussion nur dann
erquicklich ist, wenn beide Parteien gemeinsam einen Konsens
oder eine Annaeherung an die Wahrheit finden wollen, dann bin ich
gerne bereit, mit dir zu diskutieren.

Gruss, Tychi

Die Alterung wieder als seperate Entität? Was soll der
Quatsch?

Beleidigend zu werden hilft leider nicht, eher Recht zu haben, im Gegenteil…

Nein, der Tisch selbst ist Prozess. „Die Bewegung ist die
Daseinsweise der Materie“.

Ein Gegenstand ist kein Prozeß. Das sollte sogar Dir klar sein. Und Dein Standardsatz von der Bewegung ist hier auch nicht hilfreicher als sonst. Einen stillstehenden Tisch gibt es also nicht?

„Raum“ umschreibt normalerweise eben nicht die Materie selbst,
sondern je nachdem entweder den „Hintergrund“, in dem sich
diese befindet, oder eine eigene physikalische Entität mit
bestimmten Eigenschaften.

Prima. Welche denn?

Die Entität „Raum“ :smile:

Was bleibt, wenn du die Materie vom Raum
trennst?

Na, Raum und Materie halt. Genauso wie bei anderen Dingen, die man voneinander trennt. Merke: Trennung ist nicht Vernichtung.

Der Raum ist keine extra Entität. Er existiert nur
aufgrund der Bewegung der Materie und ihrer Interaktion.

Wo ist denn die sich bewegende Materie in einem Vakuumbehälter, die den Raum erschafft?

Ausschliesslich Prozesse lassen sich analytisch erfassen.

Muß ich gleich man den Chemikern erzählen, die Substanzen analysieren…

Statische Formationen nur induktiv.

Ah ja. Dann leite mal induktiv die Zusammensetzung eines Reinigungsmittels ab (als Beispiel).

Zeit ist dabei unnötig (welche eigentlich?).

Für Prozesse ist sie unabdingbar. Ohne Zeit keine Veränderung.

Anhand der dial.
Entwicklungsgesetze kannst du von einer Entwicklungsstufe auf
die nächste folgern.

Aha. Und welche Entwicklungsstufe wird uns mal ablösen gemäß dieser Dialektik?

Leider falsch. Aussagenlogik ist mit boolscher Algebra zu
vergleichen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aussagenlogik

Zum einen ist boolesche Aklgebra genauso formal (ist Mathe eigentlich immer), zum anderen solltest Du den Artikel vielleicht mal lesen. Da steht sogar drin, wie der formale Zugang aussieht.

Gruß Kubi

Die Alterung wieder als seperate Entität? Was soll der
Quatsch?

Beleidigend zu werden hilft leider nicht, eher Recht zu haben,
im Gegenteil…

Sorry, das sollte nicht beleidigend sein. Ich empfinde die Betrachtung tatsächlich als Quatsch.

Nein, der Tisch selbst ist Prozess. „Die Bewegung ist die
Daseinsweise der Materie“.

Ein Gegenstand ist kein Prozeß. Das sollte sogar Dir klar
sein. Und Dein Standardsatz von der Bewegung ist hier auch
nicht hilfreicher als sonst. Einen stillstehenden Tisch gibt
es also nicht?

Nein. Er ändert sich stetig, wenn auch nur minimal und sehr langsam. Schon, wen du ihn mißt, verändert er sich (mikrophysikalisch)

„Raum“ umschreibt normalerweise eben nicht die Materie selbst,
sondern je nachdem entweder den „Hintergrund“, in dem sich
diese befindet, oder eine eigene physikalische Entität mit
bestimmten Eigenschaften.

Prima. Welche denn?

Die Entität „Raum“ :smile:

Kannst du mir die irgendwie zeigen? Ich sehe immer nur bewegte Materie.

Was bleibt, wenn du die Materie vom Raum
trennst?

Na, Raum und Materie halt. Genauso wie bei anderen Dingen, die
man voneinander trennt. Merke: Trennung ist nicht Vernichtung.

Es gibt tatsächlich Raum ohne Materie???

Der Raum ist keine extra Entität. Er existiert nur
aufgrund der Bewegung der Materie und ihrer Interaktion.

Wo ist denn die sich bewegende Materie in einem
Vakuumbehälter, die den Raum erschafft?

der Behälter selbst, der die Abgrenzung ermöglicht.
Oder zählt der nicht mit? Dann kannnst du ihn auch weglassen … :o)

Ausschliesslich Prozesse lassen sich analytisch erfassen.

Muß ich gleich man den Chemikern erzählen, die Substanzen
analysieren…

Materie ist Prozess :smile: Werden die sicher bestätigen.

Statische Formationen nur induktiv.

Ah ja. Dann leite mal induktiv die Zusammensetzung eines
Reinigungsmittels ab (als Beispiel).

Ist Prozess, nix statisches.

Zeit ist dabei unnötig (welche eigentlich?).

Für Prozesse ist sie unabdingbar. Ohne Zeit keine Veränderung.

Anders: ohne Veränderung keine Zeit. Zeit ohne Uhr gibts nicht.

Anhand der dial.
Entwicklungsgesetze kannst du von einer Entwicklungsstufe auf
die nächste folgern.

Aha. Und welche Entwicklungsstufe wird uns mal ablösen gemäß
dieser Dialektik?

Ökonomisch? biologisch? …?

Leider falsch. Aussagenlogik ist mit boolscher Algebra zu
vergleichen.
http://de.wikipedia.org/wiki/Aussagenlogik

Zum einen ist boolesche Aklgebra genauso formal (ist Mathe
eigentlich immer), zum anderen solltest Du den Artikel
vielleicht mal lesen. Da steht sogar drin, wie der formale
Zugang aussieht.

Hab ich. Ist aber auch unsinnig bei mat. Dialektik. Denn da wäre Aussagenlogik eine über die Beziehung zwischen zwei Zahlenstrahlen. Ist nicht auf einen abtragbar.

Gruß
Frank

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Hallo Gert

„hauptamtlich“ sozusagen halte ich mich seit geraumer Weile in
einem Forum auf, wo es sehr wohl möglich war, in einer
konstruktiven Diskussion diese neue Faktenlage an die
Oberfläche zu bringen.
Wächter der „richtigen Lehre“ hat es dort zum Glück keine
gegeben.

Das Forum würde mich ernsthaft auch interessieren. Da möcht ich aber auch mal n Abstecher hibn machen. Sagst Du, welches es ist?
fragt Branden

ein geplatzter Kragen
Hallo

Wie gesagt, das nachvollziehbar für andere heraus zu arbeiten,
was mit uns allen und warum seit historischen Zeiten nicht
„stimmt“ ist eine umfangreiche Argumentation, die ohnedies
bereits vorliegt. Der Rahmen hier eignet sich aber nicht zu
dessen Diskussion, wie ich im Sommer feststellen mußte.

Bei solchen Saetzen klingelt bei mir immer der „Dogmatikeralarm“.
Ich kenne die Diskussion vom Sommer nicht. Aber meiner Meinung
nach gibt es hier in diesem Forum so einige gescheite Leute. Dass
man mit denen etwas Sinnvolles nicht diskutieren koennen sollte,
glaube ich nicht.

Kommt wohl auf’s Thema an. Ich habe die Sommerdiskussion auch nicht
mitbekommen, erinnere mich aber schwach an eine andere, die einige
Monate früher (03-04?) stattgefunden hat. Da hat ein Neuling auf dem
Brett arglos die Namen Max Stirner und Wilhelm Reich ins Spiel
gebracht und dadurch völlig unerwartet den sonst doch meist sachlich
bleibenden und allergeduldigst (etwa an Frank) antwortenden MOD
spontan zu einer unsachlichen und auch persönlich recht verletzenden
Reaktion provoziert (sich dann aber entschuldigt). Andere schlossen
sich ihm an. Das Ganze schlug noch hohe Wellen und wurde zum Teil
gelöscht. Einiges davon müsste aber noch im Archiv sein. Vielleicht
lohnt sich für Gert der Blick ins w-w-w-Archiv, denn in der damaligen
Schlammschlacht ging es, soweit ich mich erinnere, um fundamental
kulturkritische Positionen (jener Autoren), in etwa also darum,

was mit uns allen und warum seit historischen Zeiten nicht
„stimmt“.

Da kann einem akademischen Philosophen schon mal der Kragen platzen,
was ja an sich ein gutes Zeichen ist - dafür, dass er noch lebt :wink:

Gruss
Nescio

Lamettrie, Stirner und Reich (mit Postskriptum)
Hallo,

Da hat ein Neuling auf dem
Brett arglos die Namen Max Stirner und Wilhelm Reich ins Spiel
gebracht und dadurch völlig unerwartet den sonst doch meist
sachlich bleibenden und allergeduldigst (etwa an Frank) antwortenden
MOD spontan zu einer unsachlichen und auch persönlich recht
verletzenden Reaktion provoziert (sich dann aber entschuldigt).

das ist etwas missverständlich dargestellt. Wenn du erlaubst, möchte ich das korrigieren. Damals hatte jemand die Frage gestellt, die ich (nicht in meiner Funktion als Moderator, sondern als ganz normaler User) so beantwortet habe, wie ich es für richtig hielt und prinzipiell immer noch halte. Ich hatte leider die falschen Worte gewählt (ich sprach von „kaltem Kaffee“), was mir nicht bewusst war. Daraufhin beschwerte sich der Frager in sehr scharfem Ton und nun in der Tat mit Beleidigungen, die von seiner Seite aus auch so gemeint waren, über meine Hybris. Ich habe dann darauf so reagiert, dass ich die Schuld für seine Entgleisung auf mich genommen habe, weil ich ihn ja durch meine Formulierung (die gar nicht beleidigend gemeint war, aber eben leider bei ihm so ankam) zu seinem Ausbruch verleitet hatte.

Das Ganze schlug noch hohe Wellen und wurde zum Teil gelöscht.

Nein, soweit ich mich erinnere, ist alles im Archiv gelandet.
Hier ist der Thread nachlesbar: /t/aufklaerung-gegen-den-mainstream-der-aufklaerung/…

Zu meiner Schande muss ich nach erneuter Lektüre erneut gestehen, dass ich mich - was die Formulierung angeht, nicht gerade mit Ruhm bekleckert habe. Ich fragte den Poster damals z. B. recht scharf, ob er am Verlagsprojekt LSR beteiligt sei. Das war natürlich nicht fair, und ich kann das mir heute nur dadurch erklären, dass ich kurz vorher einen langen Thread mit Frank hatte, über den ich mich sehr geärgert hatte - was dann vermutlich dazu führte, dass ich auch in diesem Fall so scharf - zu scharf eben - formulierte. Ich hatte dann aber genau diese Formulierungen ausdrücklich zurückgenommen, was aber leider nicht den von mir erwünschten Erfolg hatte, weil ich nun aus verschiedenen Richtungen als Kathederphilosophie und akademisches Arschloch beschimpft wurde (woran weder das eine noch das andere stimmen kann, denn bekanntlich bekleide ich kein Katheder und bin auch nicht an einer Akademie tätig - über den dritten Begriff schweige ich hier).

in der damaligen
Schlammschlacht ging es, soweit ich mich erinnere, um
fundamental kulturkritische Positionen (jener Autoren)

Aus meiner Sicht ging es nicht um Positionen, sondern um Höflichkeit bzw. die Frage, ob meine Formulierung sachlich war oder überzogen formuliert. Stirner und Reich nehmen - aus meiner Sicht - Extrempositionen ein, an denen man sich nicht orientieren sollte, wenn man nicht vorher genügend auf gemäßigtem Gebiet ausgetobt hat (ich hoffe wieder, mit dieser Formulierung niemandem auf die Füße zu treten).

Für den Dritten der damals in Frage stehenden Denker (Lamettrie) ist mir inzwischen sogar ein weiterer Rehabilitationsversuch (in der „Information Philosophie“) bekannt geworden, den ich - trotz meiner Bedenken gegen den Autor - gerne zur eigenen Urteilsbildung empfehle.

Da kann einem akademischen Philosophen schon mal der Kragen
platzen, was ja an sich ein gutes Zeichen ist - dafür, dass er noch
lebt :wink:

Hurra, das muss ich mir merken … :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

P. S. (nachträglich eingefügt): Ich muss noch darauf hinweisen, dass der Frager und ich uns aus meiner Sicht nachher geeinigt haben, die Sache auf sich beruhen zu lassen. Dass er daraufhin trotzdem nicht mehr das Brett frequentiert hat, finde ich bedauerlich und muss ich mir anlasten. Ich habe u. a. aus diesem Vorfall auch den Schluss gezogen, mich weniger an Diskussionen hier zu beteiligen, um nicht kommunikationsstörend zu wirken. Leider kann ich nicht ganz davon lassen, weil ich diese Seite für überaus förderungswürdig halte, aber ich hoffe man sieht mein Bemühen. Denn bevor diese Seite daran scheitert, dass ich mich zu wichtig nehme oder so wirke, als würde ich so handeln, beschränke ich mich einfach auf - aus meiner Sicht - hilfreiche Beiträge und lasse den Dingen ihren Lauf. Das ist auch der Grund, warum ich den Thread eben nicht gelöscht habe: Weil er mich selbst (und niemand anderen) schädigt - und das in diesem Falle zu Recht, weil ich eben nicht lange genug über meine Formulierung nachgedacht hatte. Ich bitte um Entschuldigung für diesen langen Sermon, aber es war mir ein Bedürfnis, dem ich nicht widerstehen konnte.

Kragen sitzt wieder ?
Hallo, Thomas,

Da hat ein Neuling auf dem Brett
arglos die Namen Max Stirner und Wilhelm Reich ins Spiel gebracht
und dadurch völlig unerwartet den sonst doch meist sachlich
bleibenden und allergeduldigst (etwa an Frank) antwortenden
MOD spontan zu einer unsachlichen und auch persönlich recht
verletzenden Reaktion provoziert (sich dann aber entschuldigt).

das ist etwas missverständlich dargestellt. Wenn du erlaubst,
möchte ich das korrigieren. […]

Ja, klar. Schon mal sprachlich: WER hat sich entschuldigt ? Du.
Zum Ganzen: Ich hatte das nur in groben Zügen im Gedächtnis.
Danke deshalb für die ausführliche Stellungnahme, auch für den
Archiv-Link zum Nachlesen.

Zu meiner Schande muss ich nach erneuter Lektüre erneut
gestehen, dass ich mich - was die Formulierung angeht, nicht
gerade mit Ruhm bekleckert habe…

in der damaligen Schlammschlacht ging es, soweit ich mich erinnere,
um fundamental kulturkritische Positionen (jener Autoren)

Aus meiner Sicht ging es nicht um Positionen, sondern um
Höflichkeit bzw. die Frage, ob meine Formulierung sachlich war
oder überzogen formuliert.

Das war ja, wenn ich das nochmal nachlese, der Punkt:
dass es erst gar nicht zu einer sachlichen Erörterung der Positionen
gekommen ist, weil…Dir - dem sonst so Souveränen - sofort „der
Kragen platzte“.

Das finde ich insofern interessant, als das - jedenfalls in puncto
Stirner - eine sogar im Medium des geschriebenen und gedruckten
Wortes häufig anzutreffende Reaktion ist (denk nur an den
Exzess „Sankt Max“ von Marx).
Deshalb erinnerte ich das wohl auch im Zusammenhang mit Gerts Klage
über mangelnde Diskussionsbereitschaft, wenn es um unorthodoxe
Probleme geht (wobei ich Gerts konkrete Ideen nicht kenne).

Ich bitte um
Entschuldigung für diesen langen Sermon, aber es war mir ein
Bedürfnis, dem ich nicht widerstehen konnte.

OK. War doch recht instruktiv. Entschuldige jetzt bitte Du meine
psychologisierende Nachfrage: Kann dieses Bedürfnis ein Zeichen dafür
gewesen sein, dass der damals „geplatzte Kragen“ noch nicht wieder
richtig sitzt ?
Was ich - wie die damalige Spontanreaktion - gut fände,
denn, wie gesagt: wer so reagiert, der lebt noch. :wink:
Freilich folgen darauf Besinnung und Reflektion, und die brauchen,
wenn sie gründlich durchgeführt werden, ihre Zeit.

Gruss
Nescio

Kragenphilosophie :smile:
Hallo Nescio,

mangelnde Diskussionsbereitschaft, wenn es um unorthodoxe
Probleme geht (wobei ich Gerts konkrete Ideen nicht kenne).

ich denke nicht, dass es an Diskussionsbereitschaft von meiner Seite mangelt, was dich vielleicht nicht überrascht (dass ich so denke *g*). Was heißt überhaupt „orthodox“ in diesem Zusammenhang? Mir wird eben diese Vertretung einer Orthodoxie gerne unterschoben, obwohl ich alles andere als orthodox bin. Ich bin weder Kantianer im strengen Sinn noch sehe ich Marx oder gar Laotse als philosophische Scharlatane, aber diese Positionen werden mir unterstellt, weil ich mich darum bemühe, gewisse Standards einzuhalten, die man nicht einmal so eben umgehen kann, wenn man ernst genommen werden möchte.

Eine eigentliche Orthodoxie gibt es nur innerhalb der (besser: einiger) Systeme. Aber: Gewisse Erkenntnisse, die man als Fortschritt ansehen kann, sollte man nicht einfach ignorieren, jedenfalls nicht ohne guten Grund verwerfen. Das ist meine Position, die gelegentlich so ausgelegt wird, als sei sie parteiisch. Genau das ist sie nicht - und dass das so gesehen wird, hängt unter anderem mit einer mangelden Bereitschaft zusammen, sich diese Erkenntnisse anzueignen.

Ich formuliere es noch einmal konkret an Beispielen, damit ich nicht wieder missverstanden werde: Man kann Marx nicht ohne Hegel und Hegel nicht ohne Kant verstehen. Man darf Extrempositionen nicht an den Anfang der Bemühungen setzen: Wer mit Nietzsche beginnt, ohne sich eine solide Kenntnis der Philosophiegeschichte angeeignet zu haben, versteht ihn mit Sicherheit miss. Man darf Polemik (z. B. Engels Antidühring oder Lenins „Materialismus und Empiriokritizismus“) nicht mit Philosophie verwechseln - das eine ist Erkenntnissuche, das andere der Versuch, eigene Erkenntnisse ohne gute Begründungen durchzudrücken, also nicht zu überzeugen, sondern zu überreden). Man darf nicht ohne wenigstens den Versuch einer logischen Ableitung unternommen zu haben oder andere solche Versuche geprüft zu haben, bloße Analogien zu unumstößlichen Erkenntnissen zu erklären.

Diese wenigen Beispiele sollen zeigen, was man nach meiner Ansicht nicht überspringen darf. Leider wird das immer wieder versucht, und wenn die Vorgehensweise in diesen Fällen immer begründet worden wäre (nicht bloß analogisch, sondern in geeigneter Form), dann wäre ich der Letzte, der diese Positionen nicht zumindest als Möglichkeit in Erwägung ziehen würde. Aber genau daran hapert es in der Regel, weil es eben mühevoll ist zu begründen und sich niemand diese Mühe machen möchte. Das aber werte ich als Nachlässigkeit, die der Philosophie bzw. dem Bemühen um Erkenntnis nicht zuträglich ist. In der Philosophie scheint jeder machen zu können, was er meint - und das ist eben (so würde ich es gerne formulieren, ohne hiermit jetzt jemanden speziell zu meinen) keineswegs.

Kann dieses Bedürfnis ein Zeichen dafür gewesen sein, dass der
damals „geplatzte Kragen“ noch nicht wieder richtig sitzt ?

Ich bin mit meiner Kragenweite ganz zufrieden :smile: . Falls du auf meine Reaktionen auf Frank anspielen solltest, dann kann ich dazu nur sagen, dass die Positionen (ja, Plural) von Frank aus meiner Sicht sämtlich jenseits von gut und böse sind, aber selbst in diesem Fall habe ich mich ja zurückgehalten in letzter Zeit. Der letzte Threadteil ist nur deshalb so lang (wieder), weil Frank (nicht nur) mich wirklich systematisch missversteht und ich das immer wieder zurechtrücken muss, um nicht in ein falsches Licht zu kommen.

Ein anderer Fall ist der von Merkur. Prinzipiell finde ich diese Sichtweisen akzeptabel, möchte deren Vertreter nur bemüht sehen, diese Dinge nicht religiös, sondern philosophisch zu betrachten. Und das heißt: unter Berücksichtigung gewisser argumentativer (!) Standards, also wiederum nicht bloß analogisch (oder zumindest mit dem Bewusstsein, dass es bloß (!) analogisch ist). Während mich diese esoterischen Positionen recht kühl lassen, weil sie prinzipiell reparabel wären, wenn sich die Betreffenden darauf einlassen würden, dass man argumentiert und nicht analogisiert, bringt mich die penetrante Unphilosophie von Frank so auf die Palme, dass mir nicht nur der Kragen zu platzen droht, sondern dass ich gelegentlich schon an einen kompletten Ausstieg aus www gedacht habe, weil - aus meiner Sicht - durch diese Absurditäten das Forum so in Misskredit gebracht wird, dass man es nicht mehr guten Gewissens verteidigen kann, ohne ständig darauf hinweisen zu müssen, dass in einem Forum halt jeder sagen darf, was er meint, sagen zu müssen. Das hat das Forum nicht verdient, finde ich, und deshalb werde ich auch bleiben, nur eben auf Sparflamme.

Ob du das nun so werten möchtest, dass mein Kragen eine Fehlstellung aufweist oder nicht, überlasse ich dir. Aber vielleicht hast du ja ganz Recht … :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Re: Kragenphilosophie :smile:
Hallo Thomas:

mangelnde Diskussionsbereitschaft, wenn es um unorthodoxe
Probleme geht (wobei ich Gerts konkrete Ideen nicht kenne).

ich denke nicht, dass es an Diskussionsbereitschaft von meiner
Seite mangelt, was dich vielleicht nicht überrascht (dass ich
so denke *g*).

Dass du sehr diskussions- (und auskunfts-)freudig bist, merkt jeder,
der dieses Brett eine Zeitlang verfolgt; für meinen Geschmack bist
du’s sogar manchmal (z.B. im Falle Frank) zu sehr.

Vor diesem Hintergrund erscheint für mich, nachdem ich den
thread nochmal gelesen habe, deine explosive Reaktion
auf Lamettrie, Stirner und Reich, die zugegebenermassen
Extrempositionen vertreten, erst recht interessant. Natürlich hast du
recht, dass man sich an jenen Autoren allein nicht orientieren sollte
(das hatte der Frager aber wohl auch nicht im Sinn), wenn man sonst
kaum Ahnung von der Philosophiegeschichte hat; aber wenn man diese
gut kennt, so wie du, dann wäre doch die Diskussion der Extrem-
Positionen der Drei an sich sehr reizvoll (wenn auch vielleicht nicht
in diesem Forum).

Deine damalige spontane Reaktion hinterlässt bei mir aber eher den
Eindruck, als hättest du - unbewusst ? - eine solche Diskussion
sabotieren wollen, eben, indem du, ganz gegen deine sonstige Art, aus
heiter erscheinendem Himmel dem doch recht arglosen Frager ziemlich
harsch an die Karre fuhrst. Alles weitere war damit festgelegt. Eine
Sachdiskussion war jedenfalls unmöglich geworden.
Es ging, wie du selbst sagtest, nur noch um Umgangsformen, zwar
mit harten Bandagen, aber eben auf einem banalen Kampfplatz, fernab
von aller Philosophie. Das Thema war vom Tisch.

Was heißt überhaupt „orthodox“ in diesem
Zusammenhang? Mir wird eben diese Vertretung einer Orthodoxie
gerne unterschoben…

OK: „unorthodox“ war eine wenig präzise Umschreibung.
Gert hatte ebenso unpräzise geschrieben, dass seiner Meinung nach in
der gesamten Kulturentwicklung „etwas nicht stimmt“ und dass niemand
hier das mit ihm diskutieren wollte. Daraufhin war mir jene alte
Diskussion eingefallen, wo du Lamettrie, Stirner und Reich, die ja
auch einen solchen „grossen Verdacht“ artikulierten, einerseits mit
den üblichen „orthodoxen“ (in Lehrbüchern und Lexika kanonisierten)
Charakterisierungen kurz abgefertigt hast, dir andererseits dabei
aber - und das war das Interessante und Erfreuliche - im Gegensatz zu
den wahrhaft „Orthodoxen“ sichtlich der Kragen geplatzt ist.

Vielleicht ist es dir ja damals gar nicht so anders gegangen als mir,
als ich den angegebenen URL http://www.lsr-projekt.de anklickte und
dort zwar viel „Unorthodoxes“, aber durchaus nicht Unsolides fand.
Ggf. haben wir diesen Fund dann aber unterschiedlich verarbeitet.

Kann dieses Bedürfnis [den alten Fall jetzt noch einmal
ausführlich aufzurollen] ein Zeichen dafür gewesen sein, dass der
damals „geplatzte Kragen“ noch nicht wieder richtig sitzt ?

Ich bin mit meiner Kragenweite ganz zufrieden :smile: . Falls du
auf meine Reaktionen auf Frank anspielen solltest…

Nein, ich meine natürlich die auf den newcomer Müchenich, der
Lamettrie, Stirner, Reich und die oben genannte website ohne
abträgliche Bewertung erwähnte und ein paar Meinungen dazu hören
wollte. Frank spielt nur insofern eine Rolle, als du mit ihm eine
Engelsgeduld zeigst und die von ihm vorgetragenen Ansichten immer
wieder ausführlichst diskutierst, dem Vernehmen nach schon seit
Jahren, obwohl du meinst…

dass die Positionen (ja, Plural) von Frank
aus meiner Sicht sämtlich jenseits von gut und böse sind … und
Frank (nicht nur) mich wirklich systematisch missversteht.

Ausserdem, sagst du,

…bringt mich die penetrante Unphilosophie von
Frank so auf die Palme, dass mir nicht nur der Kragen zu
platzen droht…

Hmmm. Ich finde, das sieht oft nur so aus. Er platzte ja bisher auch
nie wirklich, weil der Hals nie dick genug wurde :wink:. Manchmal habe
ich eher den Eindruck, du nimmst Frank als idealen Sparringspartner.

Vielleicht äussert sich aber Gert, der der Auslöser dieses
Wortwechsels war, auch noch einmal.

Gruss
Nescio

Re^2: Kragenphilosophie :smile:
Hallo Nescio,

für meinen Geschmack bist
du’s sogar manchmal (z.B. im Falle Frank) zu sehr.

das mache ich nur, weil ich das Brett beschützen möchte :smile: - das weiß Frank auch, denn ich habe ihm schon mehrfach gesagt, dass ich nicht seinetwegen antworte, sondern wegen der möglichen fatalen Wirkungen seiner Denkweise für andere. Wenn es nicht so böse wäre, würde ich sagen, dass eine gewisse Ähnlichkeit zur Figur „Alfred Tetzlaff“ (aus „Ein Herz und eine Seele“ von Wolfgang Menge) besteht. Wenn der etwa behauptet, dass Willy Brandt ein Ostspion war und Walter Ulbricht seinerseits ein Westspion, dann begründet er (also die Figur) das damit, dass das nur so sein könnte, weil beide in ihren Rollen als Spione so gut (gewesen) sind, dass es keiner gemerkt hat. Und weil es keiner gemerkt hat, ist klar, dass sie jeweils Spione der anderen Seite (!) waren. So ungefähr argumentiert auch Frank der Form nach. Inhaltlich muss man natürlich andere Beispiele nehmen. Und weil nun in der Fernsehserie jeder merkt, dass die Argumentationen absurd sind, braucht man das dort nicht näher anzumerken (oder vielleicht doch? - das wäre einmal eine Überlegung wert); in der Philosophie aber ist das ganze nicht so einfach, denn da wirkt so etwas schnell überzeugend (obwohl es falsch ist) - und wirkt dann verheerend, weil es sich als Grundposition festsetzt.

Vor diesem Hintergrund erscheint für mich, nachdem ich den
thread nochmal gelesen habe, deine explosive Reaktion
auf Lamettrie, Stirner und Reich, die zugegebenermassen
Extrempositionen vertreten, erst recht interessant.

Ich denke, dass meine Reaktion darauf zurückzuführen ist, dass meine Erfahrungen mir sagen, dass man diese Autoren gerne liest, weil sie einfacher zu lesen sind als Kant oder Hegel oder auch Marx, so wie auch Nietzsche eben gerne gelesen wird, weil er einfach schreibt. Aber das ist ein Trugschluss. Denn natürlich ist nicht immer das Einfachere richtig. Da hat mir dann diese Erfahrung - vermutlich gerade durch einen Frank-Thread angeheizt - einen Streich gespielt und meine sonst normale Rücksicht und Vorsicht untergraben. Darüber ärgere ich mich heute immer noch (um auf den Kragen zurückzukommen *g*).

Natürlich hast du recht, dass man sich an jenen Autoren allein nicht
orientieren sollte (das hatte der Frager aber wohl auch nicht im
Sinn),

Da hat mir mein (ebenfalls erlerntes) Vorurteil gegen „philosophierende“ Mediziner zugegeben einen zusätzlichen Streich gespielt.

dann wäre doch die Diskussion der Extrem-
Positionen der Drei an sich sehr reizvoll

Aus meiner Sicht taugen die drei als schlechte Beispiele gut, sind also philosophiedidaktisch durchaus interessant. Historisch haben sie natürlich auch eine Berechtigung, aber die Behauptung systematischer Bedeutung (aktuell) kann ich nicht berechtigt finden. Mein Eindruck resultiert aus vielfältigen Gesprächen mit Vertretern dieser drei Extreme. Diesen Eindruck habe ich dann möglicherweise unberechtigt, auf jeden Fall aber zu früh auf Müschenich übertragen.

(wenn auch vielleicht nicht in diesem Forum).

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob die Forumsform damit etwas zu tun hat oder nicht.

Deine damalige spontane Reaktion hinterlässt bei mir aber eher
den Eindruck, als hättest du - unbewusst ? - eine solche
Diskussion sabotieren wollen,

Sabotieren sicher nicht, sondern ich wollte nur meine Stellungnahme abgeben. Wenn jemand anders (natürlich auch Müschenich selbst) mit Gründen eine dieser Positionen verteidigt hätte, hätte ich gar nichts dagegen gehabt. Es wirkt nur alles gleich so definitiv gemeint, weil häufig meine Ansichten mit dem Moderatorenamt unberechtigterweise verbunden werden. Beides ist aber völlig unabhängig voneinander zu sehen.

Eine Sachdiskussion war jedenfalls unmöglich geworden.

Ja, das habe ich mir leider anzurechnen. Leider kann/konnte ich den gemachten Fehler nicht mehr korrigieren.

Gert hatte ebenso unpräzise geschrieben, dass seiner Meinung
nach in der gesamten Kulturentwicklung „etwas nicht stimmt“

Das würde ich sogar unterschreiben. :smile:

und dass niemand hier das mit ihm diskutieren wollte.

Ich hatte mir Schweigen im Forum verordnet, weshalb ich - um nicht zu schnell zu einer Antwort angeregt zu werden - die meisten Beiträge nur pflichtgemäß als Moderator quergelesen hatte. Möglicherweise ist mir da bei Gert ja etwas Interessantes entgangen. Ich schau nochmal, aber im Dezember habe ich immer wenig Zeit, so dass es vielleicht ohnehin nicht viel werden wird - mal sehen.

einerseits mit den üblichen „orthodoxen“ (in Lehrbüchern und Lexika
kanonisierten) Charakterisierungen kurz abgefertigt hast, dir
andererseits dabei aber - und das war das Interessante und
Erfreuliche - im Gegensatz zu
den wahrhaft „Orthodoxen“ sichtlich der Kragen geplatzt ist.

Ich kann nicht finden, dass eine Unbeherrschtheit erfreulich ist, aber man muss schon trennen zwischen einer systematischen Ablehnung und einer psychologischen Überreaktion, denke ich.

http://www.lsr-projekt.de
dort zwar viel „Unorthodoxes“, aber durchaus nicht Unsolides fand.

Ich fand dort eher einen Verlag, der sich auf die drei spezialisiert hat, und die Beiträge, die ich gelesen hatte, fand ich nicht sonderlich originell oder lesenswert. Aber das können andere Leser natürlich anders sehen.

Ggf. haben wir diesen Fund dann aber unterschiedlich verarbeitet.

Ich kannte die Seite schon (sie war auch von der „Information Philosophie“ angepriesen worden), und mir war aufgefallen, dass die Beiträge - jedenfalls die ich gelesen hatte - recht unkritisch mit den Texten umgingen. Außerdem fand ich die Form der Seite eine Zumutung für Leser. Dieser Ansicht bin ich auch heute, aber ich gebe zu, dass ich die Seite aus Anlass des Müschenichstreites zum letzten Mal aufgerufen habe. Naja, vielleicht ist das ja heute anders.

wollte. Frank spielt nur insofern eine Rolle, als du mit ihm
eine Engelsgeduld zeigst und die von ihm vorgetragenen Ansichten
immer wieder ausführlichst diskutierst, dem Vernehmen nach schon
seit Jahren, obwohl du meinst…

Wie gesagt: nicht für ihn, sondern für andere Leser.

Manchmal habe ich eher den Eindruck, du nimmst Frank als idealen
Sparringspartner.

Nein, das stimmt nun wirklich nicht. Weder ist er Sparringsparter noch ideal für diese Rolle. Vielleicht ist dir aufgefallen, dass ich es vermeide, meine eigene Meinung dezidiert darzulegen. Es liegt überhaupt nicht in meiner Absicht, meine eigene Meinung im Forum zu verbreiten.

Vielleicht äussert sich aber Gert, der der Auslöser dieses
Wortwechsels war, auch noch einmal.

Ja, das würde mich auch freuen. Also, Gert, wenn du mitliest, melde dich mal und sag etwas dazu.

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Tychi und den anderen,

leider habe ich selber kein Internet und daher nur gelegentlich die Möglichkeit für wenige Stunden darin zu arbeiten.
Weil ich sehe, daß ich offensichtlich einen Beitrag zu den aufgetretenen Mißverständnissen geleistet haben muß, hoffe ich, diese mit einer etwas ausführlicheren Darstellung bereinigen zu können.

Ich wollte nur den Hinweis einbringen, daß und warum bestimmte Begriffe sinnlose sprachliche Mittel darstellen, in der Hoffnung, damit einen Beitrag zur Erörterung zu leisten, ohne selber weiter eine Rolle dabei zu spielen. Das war sicher zu unpräzise und mußte zu dieser Reaktion führen. Ich will daher nun konkreter werden.

Das Problem speziell der unanschaulichen Begriffe ist ja eines aus den unzähligen bekannten Erklärungsversuchen des existenziellen Grundes. Vereinfacht: den Beantwortungsversuchen der Frage „was bin ich in dieser Welt?“.
Die seitherigen Denkrichtungen waren und sind alle darauf ausgerichtet, diese Frage dadurch lösen zu wollen, daß man meint, durch Erforschung der Aspekte dieser „Welt“ letztlich auch die Erklärung für den eigenen existenziellen Grund finden zu können. Ein Ergebnis dieser Erklärungsversuche sind nun die sog. unanschaulichen Begriffe. Nämlich insofern, als man jeweils Vermutungen zu den Aspekten der „Welt“ formuliert hat (die sog. „Theorien“) und dafür gewissermaßen Begriffe als Kapitelüberschriften erfunden hat.
Beispiel: „Das Universum“.
Das, was auf diese Weise entstanden ist, war also lediglich ein Begriff, aber keine allgemein gleich verstehbare Erklärung dafür.
Für alle anderen Aspekte der „Welt“ gilt das analog so.
Was soll das also sein: „das Universum“?
Da es dafür also keine allgemein gleich verstandene Erklärung gibt (Vermutungen resp. Theorien stellen ja keine solche dar), ist auch dieser Begriff „sinnlos“ (sinnleer, wie auch immer). Sich über „das Universum“ zu unterhalten, führt daher schon logischerweise zu keinem konkret verstehbaren Ergebnis unter diesen Gegebenheiten.

Der Fehler, der nun bei dieser ganzen Angelegenheit, das aber aus Gründen, zu denen ich später noch komme, gemacht wurde und eben schon seit historischen Zeiten, ist, daß dieser Denkansatz dazu führt, daß man das Pferd von hinten aufzuzäumen versucht: zuerst erkläre ich „die Welt“ auf der Grundlage von Theorien und daraus erklärt sich dann „ich“ !?
Man hat also das Dogma gesetzt: „ich“ ist für sich alleine unerklärbar (bis hin zu: „ich“ ist ein „Mysterium“).

Tatsächlich ist es nun aber so, daß es nur umgekehrt geht. Die Aspekte der „Welt“ sind nur dann erklärbar, wenn zuerst „ich“ verstanden wurde. Jeder andere Versuch ist „sinnlos“. Weshalb auch alle Begriffe, die aus diesen Versuchen heraus erfunden wurden und weiter erfunden werden, „sinnlos“ sein müssen.

Nun ist dieser Verdacht, „ich“ wäre nicht anders erklärbar als nur so, nicht aus Mutwillen oder bösartigen Gründen in die Welt gesetzt worden, sondern aus im Grunde eigentlich tragischen Umständen heraus.
Ich hoffe, daß mir nun nicht mehr „dogmatische“ Ambitionen unterstellt werden können, aber auf die Hintergründe, welche zu diesem fatalen Fehlschluß bis heute zwangsläufig führen mußten, bin ich vor etwa zehn Jahren gekommen und versuche sie seither mitzuteilen.
Ganz vereinfacht gesagt (was immer einen riskanten Schritt darstellt), liegt der Grund dafür in einer methodischen Eliminierung von Wahrnehmungsinhalten in Bezug auf sich selber bereits von frühester Kindheit an bei praktisch jedem, was dazu führt, daß die ja seit je her bestehenden Erklärungen zur Frage „was bin „ich“?“ nicht mehr in einen subjektiven Vergleich gesetzt und damit als richtig verifiziert werden können.
Das Prinzip, welches dann dahinter steht, kann nun sachlich in Analogie gesetzt werden mit der methodischen Wahrnehmungsveränderung, welche durch den Prozeß der so genannten „Hypnose“ erzielt werden kann. Das Trivialbeispiel, daß der subjektiv richtige Wahrnehmungsbezug „sauer“ zu einer Zitrone methodisch eliminiert und durch den falschen „süß“ ersetzt werden kann, ist ja grundsätzlich bekannt.

Die Argumentation, daß das tatsächlich so ist, ist zwar nicht grundsätzlich schwierig, allerdings kann man sie aus bestimmten Gründen nicht als „Lehrmeinung“ (resp. „dogmatisch“) vermitteln. Vielmehr führt nur eine logisch/systematische Diskussion dazu, daß sie auch allgemein als richtig akzeptiert werden kann.
Wenn allerdings keine Bereitschaft dazu besteht, darf man sie auch nicht erzwingen.

Daher komme ich jetzt auch zum Schluß.
Meine bisherigen Versuche haben allesamt immer darauf abgezielt, heraus zu finden, ob und wo eine solche Bereitschaft gegeben sein könnte.
Gefunden habe ich sie hier im Forum nicht, was keinesfalls als Vorwurf mißverstanden werden soll. Es sind spezifische Gegebenheiten hier, die das nicht möglich machen. Daher werde ich einen solchen Versuch auch hier nicht mehr beginnen, ohne daß ich damit jemanden persönlich in Verbindung bringe. Zudem sprächen auch die Möglichkeiten, die ich habe, dagegen.
Es war durchaus auch eine interessante Erfahrung für mich im Sommer.

Jedenfalls hoffe ich aber, damit meinen Beitrag zu den Mißverständnissen so weit wie möglich ausgeräumt zu haben und wünsche allen frohe Feiertage und ein Gutes Neues Jahr.

Grüße
Gert

Hallo Branden,

Das Forum würde mich ernsthaft auch interessieren. Da möcht
ich aber auch mal n Abstecher hibn machen. Sagst Du, welches
es ist?
fragt Branden

Dieses Forum, auf welches ich zufällig gestoßen bin, ist mit diesem hier nicht vergleichbar. Eigentlich ist es ein Forum, wo Fragen zum Thema „Angst“ diskutiert werden. Weil ich dazu auch einiges zu sagen habe, was man bisher noch nicht so gesehen hat, habe ich dort mit zu diskutieren begonnen.
Erstaunlicherweise hat das dann letztlich dazu geführt, daß mein 170 Seiten Denk- und Diskussionsvorschlag, den ich im Sommer ja auch hier angeboten habe, ebenfalls zum Thema wurde.
Ich bin deshalb so froh darüber, weil damit erstmals eine besipielhafte Diskussion darüber in einem öffentlichen Rahmen abgehandelt werden konnte.
Wie Du Dich vielleicht noch erinnerst, habe ich im Sommer ja auch gesagt, daß mir eine solche Diskussion von den politischen und medialen Bereichen hier in Österreich immer abgewürgt wurde.
Du wirst auch sicher Verständnis haben, wenn ich dieses Forum hier nicht nenne. Wie ich weiß, bist Du u.a. auch mit „Angst“ ohnedies beruflich dauernd konfrontiert.

Grüße
Gert

Hi,

Manchmal habe ich eher den Eindruck, du nimmst Frank als idealen
Sparringspartner.

Nein, das stimmt nun wirklich nicht. Weder ist er
Sparringsparter noch ideal für diese Rolle. Vielleicht ist dir
aufgefallen, dass ich es vermeide, meine eigene Meinung
dezidiert darzulegen. Es liegt überhaupt nicht in meiner
Absicht, meine eigene Meinung im Forum zu verbreiten.

über was diskutieren wir eigentlich, wenn du keine eigene Meinung hast? Mit WEM diskutiere ich denn hier? Bzw: was gibst du dann wieder???

verwundert über solche Genies?

1 Like

Gruß
Frank (hatte ich vergessen vor Erstaunen)

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Re^3: Kragenphilosophie :smile:
Hallo Thomas,

für meinen Geschmack bist du’s [diskussionsfreudig] sogar manchmal
(z.B. im Falle Frank) zu sehr.

das mache ich nur, weil ich das Brett beschützen möchte :smile: -
das weiß Frank auch, denn ich habe ihm schon mehrfach gesagt,
dass ich nicht seinetwegen antworte, sondern wegen der
möglichen fatalen Wirkungen seiner Denkweise für andere.

Dämonisierst du ihn - und Wortwirkungen generell - da nicht zu sehr ?
Ausserdem: du ermöglichst ihm doch durch dein Tun erst die volle
Entfaltung seiner Denkweise coram publico.

Manchmal habe ich eher den Eindruck, du nimmst Frank als idealen
Sparringspartner.

Nein, das stimmt nun wirklich nicht.

Na gut, lassen wir das.

Vor diesem Hintergrund erscheint für mich, nachdem ich den
thread nochmal gelesen habe, deine explosive Reaktion
auf Lamettrie, Stirner und Reich, die zugegebenermassen
Extrempositionen vertreten, erst recht interessant.

Ich denke, dass meine Reaktion darauf zurückzuführen ist, dass
meine Erfahrungen mir sagen, dass man diese Autoren gerne
liest, weil sie einfacher zu lesen sind als Kant oder Hegel
oder auch Marx…

Das erklärt mir deine Reaktion eigentlich nicht.
Ausserdem: stimmt das ? Liest „man“ diese Autoren gern ? Wer ?

Da hat mir mein (ebenfalls erlerntes) Vorurteil gegen
„philosophierende“ Mediziner zugegeben einen zusätzlichen
Streich gespielt.

Meinst du Müchenich? Oder Lamettrie? Oder Reich? Oder alle 3 ?
Wie auch immer: bei Jaspers wärest du sicher nicht ausgeflippt, oder?

dann wäre doch die Diskussion der Extrem-
Positionen der Drei an sich sehr reizvoll

Aus meiner Sicht taugen die drei als schlechte Beispiele gut,
sind also philosophiedidaktisch durchaus interessant.

Dann wäre das doch eine gute Gelegenheit gewesen, auf die Frage
Müchenichs einzugehen (didaktisch effektiver als die Frank-Dialoge).

Historisch haben sie natürlich auch eine Berechtigung, aber
die Behauptung systematischer Bedeutung (aktuell) kann ich
nicht berechtigt finden.

Die hat doch, soweit ich sehe, niemand behauptet.

Deine damalige spontane Reaktion hinterlässt bei mir aber eher
den Eindruck, als hättest du - unbewusst ? - eine solche
Diskussion sabotieren wollen,

Sabotieren sicher nicht, sondern ich wollte nur meine
Stellungnahme abgeben. Wenn jemand anders (natürlich auch
Müschenich selbst) mit Gründen eine dieser Positionen
verteidigt hätte, hätte ich gar nichts dagegen gehabt.

Aber das war ihm doch nach deiner ersten, vehementen Reaktion kaum
noch zuzumuten (daher mein Eindruck: Sabotage). Ausserdem trat er ja
gar nicht als Verteidiger dieser Positionen ins Brett, sondern bat
um philosophische Einschätzung.

Gert hatte ebenso unpräzise geschrieben, dass seiner Meinung
nach in der gesamten Kulturentwicklung „etwas nicht stimmt“

Das würde ich sogar unterschreiben. :smile:

Das überrascht mich jetzt aber.
Bist du vielleicht Vertreter der „Neuen Phänomenologie“ von Hermann
Schmitz ?
Traust du dir zu, hier zu beschreiben, was deiner Meinung nach
in der gesamten Kulturentwicklung „nicht stimmt“ ?
(Wenn nicht, hätte ich volles Verständnis).

[dass du Lamettrie, Stirner und Reich] einerseits mit den üblichen
„orthodoxen“ (in Lehrbüchern und Lexika
kanonisierten) Charakterisierungen kurz abgefertigt hast, dir
andererseits dabei aber - und das war das Interessante und
Erfreuliche - im Gegensatz zu
den wahrhaft „Orthodoxen“ sichtlich der Kragen geplatzt ist.

Ich kann nicht finden, dass eine Unbeherrschtheit erfreulich ist

Ich doch - wenn nach einer solchen Spontanreaktion „beherrschte“
Besinnung und Analyse folgt.
Mir fällt da eine Passage aus dem „Zarathustra“ ein, wo Nietzsche die
verstaubten Gelehrten sehr schön charakterisiert. Du wirst sie
kennen. „Unbeherrschtheit“ gibt’s bei denen nicht.

http://www.lsr-projekt.de

Ich fand dort eher einen Verlag, der sich auf die drei
spezialisiert hat, und die Beiträge, die ich gelesen hatte,
fand ich nicht sonderlich originell oder lesenswert. Aber das
können andere Leser natürlich anders sehen.

Ich fand einige Beiträge durchaus sehr interessant, zB die über die
Reaktionen, die Marx und Nietzsche auf Stirner zeigten.
Der Verlag nimmt dort doch nur eine von einigen Dutzend Seiten ein.

Ggf. haben wir diesen Fund dann aber unterschiedlich verarbeitet.

Ich kannte die Seite schon (sie war auch von der „Information
Philosophie“ angepriesen worden), und mir war aufgefallen,
dass die Beiträge - jedenfalls die ich gelesen hatte - recht
unkritisch mit den Texten umgingen.

Die, die ich gelesen habe, verarbeiteten weniger die Texte der
Autoren, waren vorwiegend rezeptionsgeschichtlich.

Außerdem fand ich die Form
der Seite eine Zumutung für Leser. Dieser Ansicht bin ich auch
heute, aber ich gebe zu, dass ich die Seite aus Anlass des
Müschenichstreites zum letzten Mal aufgerufen habe. Naja,
vielleicht ist das ja heute anders.

Kann sein. Für mich stellt die Form jedenfalls keine Zumutung dar.
Sind halt einfache Textseiten.

Grüsse
Nescio

Mäeutik
Hallo Frank,

Es liegt überhaupt nicht in meiner
Absicht, meine eigene Meinung im Forum zu verbreiten.

über was diskutieren wir eigentlich, wenn du keine eigene
Meinung hast? Mit WEM diskutiere ich denn hier? Bzw: was gibst
du dann wieder???

das ist doch ganz einfach: Ich diskutiere mit dir über deine Theorie. Wenn ich einfach meine Theorie gegen deine halten würde, dann hätte niemand etwas davon, weil jeder auf seinem Standpunkt beharren würde. Übrigens habe ich nicht gesagt, dass ich keine Meinung habe (du liest wie immer ungenau), sondern dass ich meine Meinung nicht unbedingt verbreiten möchte.

verwundert über solche Genies?

Man muss dazu kein Genie sein, das ist nur Philosophie. Philosophie verstehe ich hier im Forum in erster Linie - jedenfalls bei Diskussionen - als maieutische Disziplin (was das ist, kannst du gerne im Lexikon nachschlagen).

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Gert

Dein Bereiningungsversuch ist gelungen, zumindest aus meiner Sicht.
Mit diesem Beitrag hast du eine Meinung vertreten, die ich
interessant finde und ueber die man diskutieren kann. Zu letzterem
bist du ja nicht gewillt, weil deine Erfahrungen mit diesem Forum
unangenehm und entmutigend waren und weil dein Internetzugang nur
sporadisch ist. Das akzeptiere ich. Wenn du moechtest, dass ich einen
Kommentar zu deinem langen Posting schreibe, tue ich das gerne.
Moechtest du aber lieber keine Diskussion, dann mache ich mir nicht
die Muehe zu antworten.

Viele Gruesse, Tychi

P.s. Du fandest im Nachhinein meine Reaktion verstaendlich. Ich kann
dir noch einen Grund nennen, warum ich so reagiert habe. In deiner
Vika steht: „Völlig neue Erklärung der Ursache von Angst gefunden.
Will dieses Wissen weiter geben.“
Das klingt fuer mich auesserst prätentiös.
Angst gehoert zum Menschen und stellt ein Faszinosum dar. Deshalb
kann man davon ausgehen, dass die Menschen seit jeher Theorien zur
Angst entworfen haben, jeder seine eigene kleine und einige auch
groessere, wissenschaftliche. Die Anzahl der Menschen, die Kluges zur
Angst sagen konnten, liegt sicherlich bei vielen Millionen, wenn wir
3000 Jahre philosophische/medizinische Schriften einbeziehen. Deshalb
ist es aeusserst schwierig, allein durch Denken eine neue Theorie der
Angst zu entwickeln. Die Fortschritte der Hirnforscher sind ein
anderes Thema, weil deren Methoden neu sind. Da du aber
wahrscheinlich kein Hirnforscher bist, nehme ich an, dass deine
Erklaerung der Ursachen von Angst nicht neu sein koennen. Aber selbst
wenn sie es waere, dann waere ich immer noch weit davon entfernt,
diese Theorie Wissen zu nennen.
Und wenn du dann dieses „Wissen“, das keines ist, einer „neuen“
Erklaerung, die nicht neu ist, weitergeben willst, so als haettest du
ein Wundermittel gefunden, das du den Menschen grosszuegig zur
Verfuegung stellst, dann erscheinst du mir als anmassend. Tut mir
Leid, so sehe ich das. Haettest du geschrieben „Hat eine Theorie zur
Angst entworfen, die er mit anderen diskutieren moechte“, dann waere
ich wirklich interessiert gewesen.

p.p.s
Hallo Gert

Wieder fuehle ich mich etwas schlecht. Du hast dich um Frieden
bemueht und ich habe zu meinen vorigen „Angriffen“ jetzt noch einen
draufgesetzt, koennte man meinen. Tatsaechlich wollte ich dir nur
meine Gefuehle erklaeren; nur bin ich oft sehr direkt und fuer manch
einen, der mich nicht kennt, erscheine ich unsensibel. Grundsaetzlich
moechte ich nie jemanden verletzen, sondern nur meinen Standpunkt
klar ausdruecken.

Gruss, Tychi

Klarstellungen (vielleicht)
Hallo Nescio,

Dämonisierst du ihn - und Wortwirkungen generell - da nicht zu
sehr ?

ich erlebe beinahe täglich die Auswirkungen dieser Denkweise. Natürlich ist Frank dafür nicht allein verantwortlich (und er macht das ja auch nicht, um mich zu ärgern, das weiß ich schon). Das wirklich Gefährliche daran ist aus meiner Sicht auch nicht die von ihm vertretene Theorie als solche, sondern die dahinterstehende Methode der Wissensaneignung und Wissensverarbeitung. Diese nämlich findet in allen Bereichen immer mehr Zuspruch, eben weil sie so verführerisch einfach ist. Man schnappt ein paar Worte auf, bildet daraus eine Theorie, von der man meint, dass sie „irgendwie“ stimmt, und vertritt diese dann auf aggressive Weise so lange, bis sie sich durchgesetzt hat.

Das hat Auswirkungen auf die gesamte Kultur genauso wie natürlich auf die jeweils einzelnen Diskussionen. Damit hängt z. B. die Vermischung von Philosophie und Politik Ende der sechziger Jahre zusammen, womit ich natürlich nicht meine, dass beides generell nichts miteinander zu tun hat, sondern dass die Übertreibung des politischen Einflusses auf die Philosophie der entscheidende Fehler ist. In der vermeintlichen Nachfolge von Marx und Nietzsche wird perspektivisches Denken zu philosophischem Denken erklärt.

Ausserdem: du ermöglichst ihm doch durch dein Tun erst die
volle Entfaltung seiner Denkweise coram publico.

Ich bin zwar nicht wirklich der Überzeugung, dass das so ist, aber es kann schon sein, und deshalb werde ich ab jetzt wieder dazu schweigen - soweit ich es zu verantworten können meine. :smile: Aber im Ernst: Ich ärgere mich immer sehr, weshalb ich meine, das zurechtrücken zu müssen. Franks Art Ignoranz gegenüber hat sich die Gelassenheit bei mir noch nicht eingestellt. Aber ich arbeitet daran.

Ich denke, dass meine Reaktion darauf zurückzuführen ist, dass
meine Erfahrungen mir sagen, dass man diese Autoren gerne
liest, weil sie einfacher zu lesen sind als Kant oder Hegel
oder auch Marx…

Das erklärt mir deine Reaktion eigentlich nicht.
Ausserdem: stimmt das ? Liest „man“ diese Autoren gern ? Wer ?

Dass das meine Reaktion nicht erklärt, stimmt. Der Satz ist etwas missverständlich formuliert. Ich wollte das nur als Ergänzung anführen. Zur Frage, ob „man“ diese Autoren wirklich gerne liest, kann ich nur antworten, dass das mein Eindruck über die letzten zwanzig Jahre ist, der immer wieder bestätigt wurde. Ich selbst habe auch mit Nietzsche begonnen, allerdings - wie ich heute weiß - ohne ihn zu verstehen. Natürlich liest auch nicht jeder TV-Konsument, schon gar nicht philosophische Autoren, aber wenn jemand philosophisches Interesse zu entwickeln, dann geschieht das meist aus Unzufriedenheit über irgendetwas.

Wenn es die soziale Situation ist, rekurriert man eben gerne auf Marx und Engels (Feuerbachthesen, Manifest, Antidühring) - übrigens in der Regel, ohne einen Unterschied zwischen beiden zu machen, wo der sich doch schon in den beiden Fassungen der Feuerbachthesen deutlich zeigt. Wenn es fehlende Selbstverwirklichung ist, nimmt man gerne Nietzsche zur Hand und faselt etwas vom „Willen zur Macht“, den man eben nur erlernen oder sich im beugen könne. In beiden Fällen fehlt die kritische Distanz.

Nun könnte man versucht sein zu behaupten, dass man diese Phase durchmachen müsse, um zu einem adaequaten Urteil zu kommen, und das hat etwas für sich. Andererseits sehe ich mit großer Sorge, dass die meisten, die diese Phase berühren, in ihr steckenbleiben. Den Grund hierfür sehe ich in denkerischer Bequemlichkeit und dem Missverständnis, dass die Philosophie den Menschen „an die Hand“ nimmt, also einem gewissen Anspruchsdenken der Philosophie gegenüber, mit dem man sich des Denkenmüssens entledigt. Damit aber würde Philosophie dogmatisch, und das ist nicht hinnehmbar. Wenn du die Diskussionen im Forum verfolgst, wirst du diese Dogmatik fast überall spüren, vermute ich.

Da hat mir mein (ebenfalls erlerntes) Vorurteil gegen
„philosophierende“ Mediziner zugegeben einen zusätzlichen
Streich gespielt.

Meinst du Müchenich? Oder Lamettrie? Oder Reich? Oder alle 3 ?
Wie auch immer: bei Jaspers wärest du sicher nicht
ausgeflippt, oder?

Haha, ich muss dich enttäuschen, ich habe auch Bedenken - und zwar erhebliche - gegen Jaspers :smile: . Ich meinte eigentlich auch niemanden persönlich, sondern ich habe die Erfahrung gemacht, dass Mediziner dazu neigen, mal ebenso neben ihrem anstrengenden Studium Philosophie studieren zu können und ihre Einschätzungen dann möglicherweise zusätzlich in oben beschriebener Weise zu dogmatisieren. Ich will nicht missverstanden werden: Es ist nicht jeder Mediziner so überheblich, und es gibt natürlich auch positive Ausnahmen. Aber ich denke, dass die Mentalität im Studium vorbereitet wird: „Ich bin der Doktor, glaub mir einfach, was ich sage, nimm deine Medizin, es wird schon besser werden.“ Ich will darauf nicht näher eingehen, weil ich weiß, dass dieses Vorurteil (ich weiß ja, dass es eines ist) ungerecht ist, aber ich finde dies in vielen Formen und Fassungen immer wieder bestätigt (wobei man nun natürlich wieder sagen könnte, dass das die Natur von Vorurteilen ist). Vielleicht kannst du aus dieser Beschreibung meine Sicht entnehmen, aber eine ausführliche Diskussion wäre wohl unangemessen.

Aus meiner Sicht taugen die drei als schlechte Beispiele gut,
sind also philosophiedidaktisch durchaus interessant.

Dann wäre das doch eine gute Gelegenheit gewesen, auf die
Frage Müchenichs einzugehen

Ja, das weiß ich. Die Chance habe ich aber leider vergeben.

(didaktisch effektiver als die Frank-Dialoge).

Ja, das ist vermutlich auch wahr.

Historisch haben sie natürlich auch eine Berechtigung, aber
die Behauptung systematischer Bedeutung (aktuell) kann ich
nicht berechtigt finden.

Die hat doch, soweit ich sehe, niemand behauptet.

Soweit ich es jetzt in Erinnerung habe, ist das der Impetus des LRS-Projektes, aber ich kann mich da natürlich irren. Zumindest Reich und Stirner bekomme ich regelmäßig um die Ohren gehauen von Menschen, die meinen sich mir gegenüber positionieren zu müssen. Ich erhalte so viele Beschimpfungen, dass ich sie schon gar nicht mehr zählen kann. Da fällt die Retourkutsche von Müschenich im genannten Thread schon gar nicht mehr ins Gewicht, obwohl sie ja anders als die meisten nicht per Email mich erreicht, sondern öffentlich vorgenommen wurde. Und die Namen Reich und Stirner (Lamettrie weniger, weil die Pamphletverfasser den kaum kennen, was wieder dafür spricht, dass bestimmte Kreise dazu neigen, bestimmte Autoren ausschließlich wahrzunehmen) erscheinen in diesen Texten regelmäßig.

Aber das war ihm doch nach deiner ersten, vehementen Reaktion
kaum noch zuzumuten (daher mein Eindruck: Sabotage). Ausserdem trat
er ja gar nicht als Verteidiger dieser Positionen ins Brett, sondern
bat um philosophische Einschätzung.

Genau aus diesem Grunde bin ich sicher, dass kurz vorher etwas geschehen sein muss, was meinen Adrenalinspiegel so hoch gehoben hat, dass er diese Reaktion leider verursachte - und ich bin ziemlich sicher, dass es ein Frank-Thread war …

Gert hatte ebenso unpräzise geschrieben, dass seiner Meinung
nach in der gesamten Kulturentwicklung „etwas nicht stimmt“

Das würde ich sogar unterschreiben. :smile:

Das überrascht mich jetzt aber.

Warum? :smile:

Bist du vielleicht Vertreter der „Neuen Phänomenologie“ von
Hermann Schmitz ?

Nein, obwohl ich Schmitz eigentlich gerne lese, allerdings selten.

Traust du dir zu, hier zu beschreiben, was deiner Meinung nach
in der gesamten Kulturentwicklung „nicht stimmt“ ?
(Wenn nicht, hätte ich volles Verständnis).

Wenn ich es kurz (!) machen darf, dann würde ich sagen, dass die Gesellschaft am Bildungssystem krankt, dass aber dieses Bildungssystem nicht nur als System schlecht ist, sondern dass der Bildungsbegriff als solcher schon falsch ist. In einer Gesellschaft, wo Absolventen von Multiple-Choice-Fragen a la Jauch als intelligent gelten, steckt ein Wurm. Es muss meines Erachtens weniger für Wissen und mehr für Fähigkeiten getan werden. Ok, das ist sehr verkürzt, aber vielleicht ist hier auch nicht der Ort, das darzustellen.

Ich kann nicht finden, dass eine Unbeherrschtheit erfreulich ist

Ich doch - wenn nach einer solchen Spontanreaktion „beherrschte“
Besinnung und Analyse folgt.
Mir fällt da eine Passage aus dem „Zarathustra“ ein, wo
Nietzsche die verstaubten Gelehrten sehr schön charakterisiert. Du
wirst sie kennen. „Unbeherrschtheit“ gibt’s bei denen nicht.

Nietzsche darf das anmerken, weil er die Situation der Gelehrten kennt. :smile:

Herzliche Grüße

Thomas Miller

Hallo Thomas,

Dämonisierst du ihn [Frank] - und Wortwirkungen generell - da nicht
zu sehr ?

Das wirklich Gefährliche daran ist…
die dahinterstehende Methode. … Man schnappt ein paar Worte auf,
bildet daraus eine
Theorie, von der man meint, dass sie „irgendwie“ stimmt, und
vertritt diese dann auf aggressive Weise so lange, bis sie
sich durchgesetzt hat.

Ganz allgemein teile ich deinen Unmut und deine Abneigung.
Aber an welchen konkreten Beispielen liesse sich das demonstrieren ?

Damit hängt z. B. die Vermischung von Philosophie und Politik Ende
der sechziger Jahre zusammen, womit ich natürlich nicht meine,
dass beides generell nichts miteinander zu tun hat, sondern
dass die Übertreibung des politischen Einflusses auf die
Philosophie der entscheidende Fehler ist.

Diplomatisch formuliert. Übertreibung ist natürlich immer schlecht.
Ich finde die Diskussionen von damals sehr anregend - und das meiste,
was daraus wurde und was danach kam, langweilig bis defaitistisch,
wie poppig es auch immer „verkauft“ (und dankbar gekauft !) wurde.
Wäre ein Thema für sich.

Liest „man“ diese Autoren [Lamettrie, Stirner, Reich] gern ? Wer ?

…kann ich nur antworten, dass das mein Eindruck
über die letzten zwanzig Jahre ist, der immer wieder bestätigt
wurde. Ich selbst habe auch mit Nietzsche begonnen…

Klar, der ist sehr populär, zumindest, seit man ihn vom Vorwurf des
Vordenkers des NS befreit hat. Aber jene drei ? Wer liest die schon ?

wenn jemand [beginnt] philosophisches Interesse zu entwickeln,
dann geschieht das meist aus Unzufriedenheit über irgendetwas.

Aber diese Unzufriedenheit löst sich dann meist auf – aus
„Einsicht“ in die tiefere Berechtigung jener Zustände, die einst
beim jungen Adepten Anstoss erregten. Erst von alten, heutzutage
dann ja auch meist „emeritierten“ Philosophen, hört man, wenn sie
nicht senil geworden sind, ab und zu wieder Unzufriedenheit und somit
ein erfreulichen implizites Dementi jener Einsichten.
Wäre auch ein Thema für sich.

Historisch haben sie natürlich auch eine Berechtigung, aber
die Behauptung systematischer Bedeutung (aktuell) kann ich
nicht berechtigt finden.

Die hat doch, soweit ich sehe, niemand behauptet.

Soweit ich es jetzt in Erinnerung habe, ist das der Impetus
des LRS-Projektes…

Kann ich dort nicht erkennen.
Im Gegenteil: mit der Überschrift „ein paraphilosophisches Projekt“
scheint LSR sich doch - wie auch immer - neben der Philosophie
positionieren zu wollen.

Zumindest Reich und Stirner bekomme ich regelmäßig um die
Ohren gehauen von Menschen, die meinen sich mir gegenüber
positionieren zu müssen. Ich erhalte so viele Beschimpfungen,
dass ich sie schon gar nicht mehr zählen kann.

Du wirst von Leuten beschimpft, die sich auf Reich oder Stirner
berufen ? Wo das ? Hier im w-w-w habe ich das noch nicht bemerkt
(in diesem Jahr; das Archiv habe ich nicht durchsucht).
Lese gerade: in privaten Emails. Seltsam.

Gert hatte ebenso unpräzise geschrieben, dass seiner Meinung
nach in der gesamten Kulturentwicklung „etwas nicht stimmt“

Das würde ich sogar unterschreiben. :smile:

Das überrascht mich jetzt aber.

Warum? :smile:

Traust du dir zu, hier zu beschreiben, was deiner Meinung nach
in der gesamten Kulturentwicklung „nicht stimmt“ ?
(Wenn nicht, hätte ich volles Verständnis).

Wenn ich es kurz (!) machen darf, dann würde ich sagen, dass
die Gesellschaft am Bildungssystem krankt, dass aber dieses
Bildungssystem nicht nur als System schlecht ist, sondern dass
der Bildungsbegriff als solcher schon falsch ist. In einer
Gesellschaft, wo Absolventen von Multiple-Choice-Fragen a la
Jauch als intelligent gelten, steckt ein Wurm. Es muss meines
Erachtens weniger für Wissen und mehr für Fähigkeiten getan
werden. Ok, das ist sehr verkürzt, aber vielleicht ist hier
auch nicht der Ort, das darzustellen.

Diesen Unmut teile ich (s. oben).
Aber der ist ja weit verbreitet. Bei Gert, der oft mit raunendem Ton
und in Andeutungen spricht, scheint etwas Fundamentales gemeint zu
sein, das von Anbeginn der (zumindest) europäischen Kulturgeschichte
„falsch“ lief (deshalb meine Frage nach Schmitz – und dessen Theorie
der „Verfehlungen“).

Natürlich ist hier nicht der Ort… deshalb hatte ich vorab „volles
Verständnis“ für Nichtschreiben versichert. Ich denke ja auch, dass
du das mit den multiple-choice-Fragen nur als ein sehr äusserliches
Symptom ansiehst, nicht für den „Wurm“ selbst.

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Mir fällt da eine Passage aus dem „Zarathustra“ ein, wo
Nietzsche die verstaubten Gelehrten sehr schön charakterisiert. Du
wirst sie kennen. „Unbeherrschtheit“ gibt’s bei denen nicht.

Nietzsche darf das anmerken, weil er die Situation der
Gelehrten kennt. :smile:

Dürfen darf jeder. Aber war es klug, das hinauszuposaunen ?

Grüsse
Nescio