Wir kommen der Sache näher…
Hallo Dahinden,
Hallo Amanda,
Du schreibst sehr lange Sätze. Ich finde, es spielt bei dieser
Diskussion keine Rolle, ob ich katholisch bin oder nicht.
Aber die Diskussion geht doch um die Kirche, daher ist eine Ahnung des Kirchenbildes der gegenseitigen Verständigung eher förderlich.
Daher sage ich weder ja noch nein.
O. K. Dann bedeutet das für mich: Es scheint Dir ein wesentlicher Mangel an der Kirche, dass Frauen etwas nicht dürfen, was Männer dürfen. Dieser Satz macht aber im luftleeren Raum keinen Sinn, ich glaube also, wir können und müssen eine Diskussion darüber anfügen, WAS Amtspriester sind bzw. Was die Kirche ist, und diese Diskussion wird mit Bestimmtheit nicht leicht sein.
Weil es, soweit ich weiß, keinen biblischen Grund
für diese Einschränkungen gibt,
gibt es aber
Welche sind das und wer hat diese Einschränkungen denn
gemacht?
Es gibt viele, typisch ist etwa die Paulusstelle 1 Kor 14,34 genannt worden („Die Frau schweige in der Gemeindeversammlung“) oder 1 Tim 3,11 („eine Frau lerne in aller Stille“); das Problem ist bei diesen Stellen, dass sie auf die damalige Gesellschaft gemünzt waren, somit sind wir nicht gezwungen, auf sie Bezug zu nehmen, denn sie galten für die hellenistische Zeit, aber das hat Paulus auch wieder nicht explizit so gesagt, somit ist es legitim, wenn Leute auf diese Stellen Bezug nehmen.
Es gibt weitere, oft mit ähnlichen Begründungen, aber mit „Macht der Frau in der Kirche“ hat das eigentlich nichts zu tun! Die Macht der Frauen war bspw. um das Jahr 1000 weit grösser als um das Jahr 1500, somit kann man nicht davon ausgehen, dass alles biblisch ein für allemal zwingend zementiert wäre. Das ist also nicht das Problem, aber die Bibel liefert nun einmal - wenn man sie denn zu dieser Sache unbedingt herbeiziehen will - viel häufiger Anhaltspunkte, die eine Tradition ohne weiblich besetzte Hauptämter begründen (so wurden die Frauen bei der Einführung von Ämtern weder gefragt noch erwähnt), im Gegensatz zu anderen Anhaltspunkten, die anders sprechen könnten (so gab es in einigen Überlieferungen der Apg einen Apostel Junias, der in einigen anderen Handschriften als Junia, also eine Frau, bezeichnet wird).
Allerdings hat die Bibel mehr Achtung gegenüber den Frauen gefordert.
In den Evangelien ist das ganz deutlich.
Die offizielle römische Haltung ist nun im Wesentlichen: Dienstamt ohne Frauen, aber womöglich mehr Achtung für diese.
Natürlich kann man nun entgegnen: schöne Worte, aber keine Taten, Achtung wird zwar gefordert, aber Macht nicht abgegeben.
Diese Entgegnung ist vielleicht sachlich ganz berechtigt.
Was wären mögliche Szenarien, den Frauen generell mehr Macht abzugeben, ohne diese leidige Amtspriestertum-Debatte in der Kirche führen zu müssen:
Man könnte immerhin auf der Grundlage der heute geltenden lehramtlichen Aussagen die Vorstellung haben, es gebe ein Amt als Dienst nur für Männer, dagegen ein neues organisatorisches Amt (etwa auf der Stufe bischöflicher Verwaltungen) auch für Frauen.
In der Schweiz sind solche Modelle häufig und im Wachsen. Wir haben nicht nur weibliche Laien, die in den Pfarreien viel zu sagen haben, sondern wir haben etwa Landeskirchen (Staatskirchliche Gremien), die oft von Frauen präsidiert sind, zum Teil weiblichen Vorsitz in ständigen Kommissionen von Bistümern, starke Frauenorganisationen auf allen Ebenen der Kirche und Theologieprofessorinnen, auch in leitenden Aufgaben theologischer Schulen, die oftmals mehr faktische Macht innehaben als ihre männlichen Kollegen, die aber nur eines nicht haben: das Priesteramt.
Aber ich habe die Kirche doch gar nicht kritisiert, sondern
nur einen Teil, den ich nicht gut finde.
Da liegt wohl des Pudels Kern. Wenn Du das Amtspriestertum bzw. seine Gestaltung angreifst, triffst Du sehr viele dogmatisch heikle Punkte, namentlich etwa die Ekklesiologie und mit ihr die Kirche als Ganzes, klingend nach dem Motto: Die Änderung des Amtspriestertums ist für das weibliche Ego unabdingbar.
Wenn Du dagegen die faktisch fehlende Macht der Frauen ansprichst, sieht das ganz anders aus. Dann greifst Du die Kirche nicht in gleicher Weise an und übst auch aus kirchlicher Sicht diskutable Kritik.
Wenn nun jemand die an einzelnen Orten fehlende Macht der Frauen anspricht und dann zur Antwort erhält: „Männer müssen aber mehr zu sagen haben, schliesslich haben sie doch alleinigen Zugang zum Amtspriestertum“, dann ist dieser jemand natürlich auf dem Holzweg! Insofern kann ich der Forderung nach mehr Macht folgen.
Die Schwierigkeit ist, dass die Ausgangsposterin Reni nach der Macht der Frauen in der Kirche gefragt hat, die anscheinend von Papst Benedikt nicht zugestanden werde. Der Papst ist aber für die in der Ortskirche gelebten Machtverhältnisse nicht zuständig, und nur da kann der Schuh wirklich mit gutem Recht drücken. Generell aus der reinen Ungleichbehandlung schliessen zu wollen, das Amtspriestertum sei falsch gestaltet, ist ein Kurzschluss, solange nicht feststeht, was es überhaupt ist.
Männer haben übrigens diesen Frust genauso wie Frauen.
Aber Männer dürfen Priester werden.
Wir müssen weitere Fakten finden als diese blosse Amtsgestaltung, wenn wir die Macht der Frauen in der Kirche vergrössern wollen; das Amtspriestertum an sich ist ein Dienst und hat als Institution, bzw. schon als Begriff, nichts mit Macht zu tun.
Was würdest Du sagen, wenn die Frauen zwar die Priesterweihe erhielten, aber nie Dekanin, Generalvikarin, Rektorin, Landeskirchenvorsitzende (gibt es übrigens längst weibliche),Bischöfin oder Kardinalin werden dürften, mit der Begründung, dass diese Ämter viel Macht in sich hätten?
Da liegt doch die eigentliche Frage, besonders vom Ausgangsposting her: Wie und wo liegt die Macht, welche Frauen legitimerweise gegeben werden kann? Wogegen ich mich verwehre, ist, dass der Papst das nicht zugestünde. Er hat es mehrfach getan. Aber er hat das alleinige Amtspriestertum für Männer gefordert - das auch wieder.
In vielem. Ich finde, dass du schreibst wie aus einer
katholischen Argumentationshilfe abgeschrieben. Da ich keine
kenne, ist das aber nur eine Vermutung.
Ich versuche, den katholischen Standpunkt einzunehmen, aber schreibe nirgends ab. Mein Antrieb ist im Wesentlichen: Man verstehe das, was von Rom kommt, im rechten Glauben, und dann macht es auch vernünftigen Sinn.
Kann sein, dass es Frauen schwer fällt, an dieselbe Autorität
mit derselben Kraft zu glauben, weil sie sich im
Amtspriestertum, welches sie repräsentiert, im Gegensatz zu
uns Männern nicht in der gleichen Art wiederfinden können.
Das war ein sehr frauenfeindlicher Satz, finde ich. Du
sprichst Frauen die Kraft des Glaubens ab.
Er sollte im Gegenteil die Bewunderung darüber ausdrücken, dass so viele Frauen trotzdem glauben, obwohl sie nicht Amtspriesterinnen sind. Ich bin Frauen begegnet, die eine sehr grosse Kraft im Glauben haben.
(Wir Männer haben noch genug andere Schwierigkeiten mit der
Kirche.)
Da muss ich jetzt auch mal einen männerfeindlichen Satz
loswerden. Viele Priester haben Schwierigkeiten mit dem
Zölibat und wie sie mit den Schwierigkeiten umgehen, konnte
man erst vor kurzem sehen, nämlich in den USA, ich glaube, es
war in Los Angeles.
Das ist eine gute Diskussion, aber doch eine andere. Zwar ist die Täterschaft männlich (und in diesem Fall katholisch), aber man sieht daran letztlich nur, wie schwer es ist, wirklich und wahrhaftig den Zölibat zu leben bzw. sich dafür zu entscheiden und dabei noch vor einer Gesellschaft zu stehen, die fordert, dass man enthaltsam lebe.
Das bedeutet also, dass es erstaunlich ist, dass jemand sich wahrhaftig und ehrlich für den Priesterstand frei entscheidet, und dass somit die Berufung zum Priester etwas Geheimnisvolles an sich hat, das wir nicht so leicht entschlüsseln können.
Man entschliesst sich dabei wie ein Ordensmann oder eine Ordensfrau wenigstens ein Stück weit zur Verpflichtung zum enthaltsamen Leben.
Wie leicht ist es, das von Brüdern zu fordern, wie schwer aber, es zu stützen!
Wenn das Amtspriestertum für manche Männer ein so gewichtiger
Grund ist, warum sollte es das nicht für Frauen sein?
Ich weiss nur, was ich selber erlebt habe: Die Männer laufen dem Dienst zuerst davon und merken dann irgendwann, dass die Gemeinschaft sie braucht.
Es geht (für die betroffenen Männer) also um das Gebrauchtwerden, und da gibt es in der Tat welche, die finden, Priester wäre ein guter Beruf. Aber bis sie sich wirklich dazu entschliessen - man bedenke etwa den Zölibat oder die Anforderungen der Gesellschaft („Du hast keusch zu leben“ usf.), braucht es mehr als einen Berufswunsch, nämlich eine Berufung. Was das genau ist, kann ich leider nicht sagen, wollte Gott ich könnte es, aber ich kann mir durchaus vorstellen, dass es bei Männern total anders funktioniert als bei Frauen und dass es daher legitim ist, der Kirche zu glauben, wenn sie das Amtspriestertum den Männern vorbehält.
Darum ist hier auch die Ekklesiologie so wichtig und daher auch die Frage, ob Du selber katholisch seist. Es gibt wohl genug andere Gründe, der Kirche als Ganzes zu glauben, sodass diese Gestalt des Amtspriestertums nicht negativ ins Auge stechen müsste. Aber wenn ich das so schnell schnell sagte, könntest Du nur folgen, wenn Du selber katholisch wärst (bzw. kannst Du nur folgen, wenn Du selber katholisch bist).
Welches Kirchenbild steht dahinter?
Welches Amtsverständnis liegt dem zugrunde?
Welches steht bei den Männern dahinter oder liegt zugrunde?
Kirchenbild bei den Männern: Weiss ich nicht.
Kirchenbild beim Lehramt: Die Kirche ist verfasst, sie hat Gebote, die gehen letzlich auf Christus zurück, und sie hat den Zweck der tätigen Nächstenliebe in umfassendem Sinn.
Kirchenbild bei mir: Die Kirche ist der Ast, auf dem wir sitzen, und soll nicht zu sehr umgebogen werden.
Amtsverständnis bei den Männern: Weiss ich nicht.
Amtsverständnis beim Lehramt: Das Amt wurde von Christus an bestimmte Männer tradiert, von diesen in mehreren Gestalten weitergegeben (Sukzession als Heiliger/Heilige, Bischof, Priester, Diakon, Lehrer/Lehrerin, Prophet/Prophetin und Märtyrer/-in) und von der Kirche möglichst getreu bewahrt.
Amtsverständnis bei mir: Das Amt ist eine Überlieferung der Kirche und somit mit dieser als Ganzem verknüpft, anders ist es aber mit der Macht. Diese ist nicht primärer noch zentraler Gegenstand der Kirche mit ihrer Existenz.
cu Amy
War anstrengend weil weit weg von meinen gewohnten Denkmustern, aber sehr interessant.
Gruss
Mike