zweitens lag der Überfall auf Kuwait im Interesse der USA.
Das musst Du mir jetzt genauer erklären.
Ich beginne mal mit Deinem letzten Satz:
immerhin war der Irak einer der „treuesten“ Verbündeten der
USA, wegen der Frontstellung gegen den Iran.
Daß dies nicht mehr der Fall war, war der Hauptgrund für den Golfkrieg.
Um die ganze Geschichte zu verstehen, muß man ein wenig weiter zurückgehen: Ursprünglich war der Irak mit den Russen verbündet und Gegner der USA, während Saudiarabien und der Iran die wichtigsten Standbeine der Amerikaner im Nahen Osten darstellten. Dummerweise war der Schah von Persien den Amerikanern zu unzuverlässig (genauso wie heute das Saudische Königshaus, aber dazu später), so daß sie auf die Idee verfielen, ihn zu stürzen und durch eine besser zu kontrollierende Marionette zu ersetzen. Die Sache ging aber gründlich nach hinten los. Der Sturz des Schah lief noch planmäßig, aber dann tauchte Ayatollah Khomeni aus der Versenkung auf, gründete einen islamischen Gottesstaat, schmiß die meisten Amerikaner aus dem Land und nahm den Rest als Geiseln. Als zu allem Überfluß die Befreiungsaktion des CIA in einem Fiasko endete, sahen sich die Amerikaner nach einem geeigneten Verbündeten um, der für sie erledigen sollte, wozu sie selbst nicht in der Lage waren. Im Irak wurden sie fündig. Sie stopften das Land mit allem voll, was auf dem Waffenmarkt zu haben war - auch die Massenvernichtungsmittel, nach denen sie noch heute vergeblich suchen. Als Gegenleistung sollte der Irak den Iran angreifen (und natürlich auch besiegen). Wider Erwarten hielt der Iran dem Angriff aber stand (weil er inzwischen von den Russen unterstützt wurde, die den Irak für seinen Seitenwechsel abstrafen wollten) und der Eroberungskrieg wurde zu einem verlustreichen Stellungskrieg. Irgendwann müssen sich beide Seiten gefragt haben, was das eigentlich soll, und beendeten den Krieg. Damit hatten die USA ein Problem. Sie hatten jetzt nicht nur einen islamistischen Iran, sondern obendrein einen bis an die Zähne bewaffneten Irak, der nicht mehr nach ihrer Pfeife tanzte. Da Saddam Hussein seine Waffen kaum freiwillig abgegeben hätte, mußten sie einen Weg finden, um sie ihm gewaltsam abzunehmen. Dieses Vorgehen hätte gleich mehrere Vorteile: erstens wäre das irakische Militär entschärft, zweitens könnte die USA dort eine neue Marionettenregierung einsetzen (der Sturz Saddam Husseins war ja ein offizielles Kriegsziel der USA), welche mit etwas Glück den Krieg gegen den Iran wieder aufnimmt oder das Land zumindest als Aufmarschgebiet zur Verfügung stellt, drittens könnte die USA im Verlauf des Krieges neue Militärbasen in arabischen Ländern errichten und viertens würde ein großer Teil der arabischen Ölerserven entweder unter amerikanischen Kontrolle geraten oder zumindest ganz vom Markt verschwinden. Weil die USA sich damals zumindest noch pro forma an das Völkerrecht hielt, konnte sie aber nur einmarschieren, wenn sie vom Sicherheitsrat dazu autorisiert wurde. Ein Überfall des Irak auf einen Nachbarstaat käme da gerade Recht. Als der Irak sich bei der amerikanischen Außenministerin erundigte, ob die USA etwas gegen einen Einmarsch in Kuwait hätten, verneinte dies ganz im Interesse ihrer Regierung. Letztere streitet natürlich bis heute ab, daß sie sie dazu autorisiert hätte. Im Endeffekt gingen zwar einige Wünsche der Amerikaner in Erfüllung (Vernichtung des irakischen Militärs, Errichtung ständiger Militärbasen in Kuwait, Saudiarabien und anderen arabischen Ländern, Kontrolle des Kuwaitischen Erdöls und Verbot irakischer Ölexporte), aber an ihrer strategischen Position hatte sich wenig geändert. Saddam Hussein war noch immer an der Macht, der Iran war noch immer ihr Gegner und an die Etablierung einer zuverlässigen USA-hörigen Regierung in Saudi-Arabien war nach dem Disaster im Iran nicht zu denken. Deshalb hat die US-Regierung wohl beschlossen, die Sache diesmal allein in die Hand zu nehmen und die Rückeroberung des Iran nicht mehr irgendwelchen unzuverlässigen Drittstaaten zu überlassen. Weil sie aber spätestens im Kosovo-Krieg gelernt hat, daß man kein Land ohne Bodentruppen erobern kann, brauchte sie dazu Aufmarschgebiete und da bieten sich vor allem Afghanistan und der Irak an. In Afghanistan kam ihnen zugute, daß sie sich dort im Stellvertreterkrieg gegen die Russen genügend schlagkräftige Terroristen herangezüchtet hatten, die sie glaubwürdig für die Anschläge vom 11.9. verantwortlich machen konnten und im Irak zahlte sich einmal mehr der Überfall auf Kuwait und die darauf hin von der UNO sanktionierte Abrüstung des Irak aus, weil das den Amerikanern zumindest vor ihrer Bevölkerung erneut als Grund für einen Einmarsch dienen konnte (daß die Weltgemeinschaft ganz anderer Meinung ist, interessiert dort niemanden) und weil sie im ersten Golfkrieg genügend Militärbasen in den Nachbarländern erreichtet hatten, die da natürlich heute noch stehen und auch in absehbarer Zeit nicht verschwinden werden. Natürlich lief auch diesmal nicht alles wie geplant, weshalb der eigentliche Schlag gegen den Iran wohl noch etwas warten muß. Wenn die USA den erst einmal unter Kontrolle hat, dann kann sie sich auch endlich um Saudi-Arabien kümmern.