Hi!
mindestens den gleichen Betrag gekürzt werden. Ihr glaubt doch
nicht im Ernst, dass deutsche Universitäten durch
Studiengebühren auch nur einen Cent mehr bekommen?
Nö, ich glaube nicht, dass die Unis durch die Studiengebühren mehr Geld bekommen werden (es sei denn, sie verlangen einfach mehr von den Studenten, als sie heute vom Staat pro Student bekommen… habe allerdings nicht den blassesten Schimmer einer Ahnung, um welchen Betrag es sich hier handeln würde).
Aber darum geht es ja auch eigentlich gar nicht. Meiner Meinung nach werden sich Studiengebühren auf lange Sicht nicht mehr verhindern lassen (höchstens noch durch eine von der breiten Masse getragenen, revolutionsartigen Protestaktion, wie wir sie in Deutschland seit ungefähr dreißig Jahren nicht mehr gesehen haben… aber selbst dann müssten sich auch noch einige andere Dinge in Deutschland ändern, wenn man den Karren dauerhaft aus dem Dreck ziehen will).
Ich bin auch bei den ersten Demonstrationen gegen die jetzt eingeführten Gebühren für Langzeitstudenten mitgelaufen. Hat aber überhaupt nix gebracht. Und warum? Weil einfach kein Geld da ist, bzw mit dem bisschen, was noch da ist, nicht vernünftig umgegangen wird - ein gebührenfreies Studium (und diverse andere gebührenfreie Dinge) kann ein Land nur anbieten, wenn es ihm wirtschaftlich gut geht. Deutschland geht es aber nun mal nicht mehr so besonders, also müssen alle den guten, alten, abgedroschenen Gürtel enger schnallen. Das das nicht so läuft, wie es sollte, ist schon klar, von wegen korrupte Wirtschaftsbosse und Politiker - aber wenn man’s mal ganz realistisch sieht, dann sollte das keinen Einfluss auf die Maßnahmen jener ehrlichen Menschen haben, die dazu bereit sind, die Gesellschaft mitzutragen, auch wenn’s gerade nicht mehr so gut geht. Natürlich macht’s keinen Spaß, sich den A* aufzureißen und trotzdem am Hungertuch zu nagen, wenn man gleichzeitig sieht, wie gewisse Leute im gleißendsten Rampenlicht alles und jeden ungestraft ausbeuten und sich nen lauen Lenz machen. Aber ich sage es nochmal: Das. sollte. nicht. dazu. führen. das man selber der Gesellschaft auch den Finger zeigt, immer nur auf den eigenen Vorteil bedacht ist, und ganz generell jede Verantwortung dem Staat überlässt.
Seien wir doch mal ganz ehrlich: Die da oben haben’s schlicht und einfach nicht drauf!
Wenn die Unis sich von der staatlichen Finanzierung lösen könnten, könnten sie sicher auch in gewissen Bereichen viel freier agieren, und somit auch Dinge zum Positiven verändern. Man braucht übrigens nicht unbedingt mehr Geld, um Verbesserungen durchführen zu können. Man muss nur ganz einfach effektiver werden, man muss Netzwerke knüpfen, Ideen haben, zusammenarbeiten anstatt sich gegenseitig zu blockieren, und vor allem *man muss Mut zu Veränderungen haben!*
Ich denke, wenn die Unis mal enger mit ihren Studenten zusammenarbeiten würden, eventuell auch mal ein verstärktes Identifikationsgefühl des Studenten mit der Uni vorantreiben würden, dann würde manch einer sogar gerne zahlen. Ich zum Beispiel, würde theoretisch liebend gerne meine Uni finanziell und auch tatkräftig unterstützen (zu den vorher von mir genannten Zahlungsbedingungen, bei denen man sich keine Sorgen um lebenslange Schulden machen müsste). Praktisch allerdings… tja, praktisch habe ich mich in den letzten zwei Semestern an meiner Uni so dermaßen über diverse Dummheiten geärgert, dass ich wahrscheinlich nur mit einem Zähneknirschen zahlen würde.
Und die Dinge, die ich da bemängele, könnten spielend leicht behoben werden, Geld ist da überhaupt nicht ausschlaggebend. Es geht nämlich lediglich um verkorkste Verwaltungsstrukturen, übertriebene Bürokratie, das totale Fehlen eines funktionierenden Informationssystems, auch um das Fehlen von fakultätsübergreifenden Standards, das Fehlen von international gültigen Regelungen, auf die man sich verlassen kann, und noch um so einige kleine, unnötige, dumme Unzulänglichkeiten. Kurz gesagt: Menschliches Versagen.
Es macht mir grundsätzlich nicht unbedingt was aus, in übervollen Vorlesungen und Seminaren zu sitzen, wenn dafür der Lehrinhalt stimmt und der Aufbau sinnvoll ist (z.B. nicht stääääändig Referate zur Pflichtübung machen - selbst meine Professoren haben sich über diese Regelungen beschwert, da so auf Dauer kein vernünftiger Unterricht möglich ist). Die Ausstattung der Bibliotheken an meiner Uni war sicher auch nicht wirklich berauschend, aber man ist halt trotzdem durchgekommen, und ich meine auch sagen zu können, dass ich trotz dieser Studienbedingungen einiges gelernt habe. Aber ich habe auch einige Nerven verloren, und meine Uni hat alle ihre Sympathiekarten verspielt (und davon hatte sie zu Anfang viele), weil eben auf der Planungs- und Verwaltungsebene so unglaublich strunzdummer Mist gelaufen ist. Unnötig, unnötig, unnötig.
Ich wage zu behaupten, dass an einer Uni mit einer positiven Ausstrahlung und einer angenehmen Lernatmosphäre selbst dann noch ein hervorragendes Studium möglich ist, wenn die Ausstattung „nur“ zweitklassig ist (wie momentan an den meisten Unis gegeben). Wenn man als Student und auch als Lehrender bei der Verbesserung des Unibetriebs aktiv mithelfen kann und will, dann ließe sich schon einiges machen, auch ohne Geld. Aber so wie es heute ist, leben die meisten Unimitglieder aneinander vorbei, versuchen, einigermaßen unbeschadet den Arbeitsalltag/das Studium zu überstehen und wurschteln sich halt so gut es geht durch ein schlecht durchdachtes „System“. Kaum einer kämpft noch für bessere Verhältnisse an seiner Uni, oder bestenfalls wird an der falschen Stelle gekämpft (nämlich zum Beispiel gegen Studiengebühren… meiner Meinung nach reine Kraft- und Zeitverschwendung… deal with it, und macht das Beste draus!).
Ich lebe und studiere mittlerweile in Schweden, wo das Studium bisher noch gebührenfrei ist, aber das tut jetzt auch nichts zur Sache. Ich erwähne das nur, weil die Uni hier in vielen Bereichen meiner deutschen Uni einfach nur um Lichtjahre voraus ist (vor allem in Sachen Informationsfluss - gelobt sei das Internet). Auch hier ist nicht alles perfekt, aber man hat als Student viel größere Möglichkeiten, mitzuwirken und Dinge zu verändern. Auch das Zugehörigkeitsgefühl zur Uni ist ein ganz anderes.
Ehrlich gesagt, bin ich echt froh, aus Deutschland weg zu sein. 
Grüße aus Schweden,
Annika
PS: Wenn ich mal ganz und gar ehrlich sein soll, dann muss ich auch noch sagen, das an den Unis doch ganz schön viele Studenten rumgurken, die da eigentlich gar nichts verloren haben - bei manchen fragt man sich schon, wie die das Abi bekommen haben… haarsträubende Rechtschreibfehler auf Thesenpapieren sind z.B. nicht mehr die Ausnahme sondern leider der Regelfall. Im Prinzip müsste man also diese ganze Debatte auch auf die Vorbereitung in den Schulen, sowie im Prinzip die Grundeinstellung der gesamten Gesellschaft ausweiten. Die eine Hälfte scheint nach dem Motto zu leben: „mit dem geringstmöglichen Aufwand zum höchstmöglichen Ziel“, die andere Hälfte: „nur kein Stress, nur keine Konflikte provozieren, wird schon jemand anders richten“. Da läuft massenweise metaphorisches Wasser in ganz falsche metaphorische Kanäle. Das ist übrigens auch in Schweden so, wenn auch noch nicht ganz so ausgeprägt.