Mystik vs. Vernunfterkenntnis
Hi Mike.
Mystik hat mit Gottesschau ja viel zu tun.
Der Begriff „Gottesschau“ ist eine theistische Interpretation der mystischen Erfahrung, die aber auch a-theistisch interpretiert werden kann (was ich favorisiere). Ich zitiere auf die Schnelle „Wiki/Mystik“:
„In theistischen Religionen ist mystische Erfahrung auf Gott bezogen. Als Gotteserfahrung mitgeteilte mystische Erlebnisse kennen u. a. Strömungen des Judentums, des Christentums, des Islams und des Hinduismus (…) Nichttheistische Traditionen wie Buddhismus, Jainismus und Daoismus setzen mystische Erfahrungen mit einer letztendlichen Wirklichkeit ohne Bezug auf eine göttliche Wesenheit in Beziehung.“
Zitat Ende.
Die christliche Mystik steht sehr nahe bei der Negativen Theologie, wenn sie - wie hier Meister Eckhart - sagt:
„A L L E S
was man von Gott zu denken vermag,
das ist alles Gott nicht.
Was Gott in sich selber sei,
dazu kann niemand kommen,
er werde denn in ein Licht gerückt,
das Gott selber I S T .“
Das steht stark im Widerspruch zu jeder Natürlichen Theologie, die vermeint, „Gott“ durch Vernunftschlüssen erkennen zu können. Gotteserkenntnis ist nur möglich - folgt man Eckhart - durch Einswerden mit ihm.
Ich behaupte allerdings, dass die Natürliche Theologie den Glauben voraussetzt.
Das sehe ich auch so. Denn ganz ohne christiche Prämissen wird man aus den sog. Gottesbeweisen auch andere Schlüsse ziehen können als jene, die die Natürlichen Theologen zogen (z.B. Thomas mit seinen fünf „Gottesbeweisen“). Auch nicht-theistische Anschauungen kennen Kategorien wie Vollkommenheit und „erste Ursache“, ohne das aber mit einem personal verstandenen Gottesbegriff zu überdachen.
Gottes Existenz kann d a n n mit Hilfe der natürlichen
Vernunft erkannt werden, wenn man den guten Willen hat, nach
Möglichkeit an Ihn zu glauben.
Eine Kette ist nur so stark wie ihr schwächstes Glied. Erkenntnis sollte also von einem Glauben unabhängig sein.
Gottes Wesen kann hingegen nur mystisch erkannt werden
Wenn wir Eckhart beim Wort nehmen, dann ist dieses Wesen dergestalt, dass Aussagen bzw. Beschreibungen „Gottes“ nicht möglich sind.
und induktive Schlüsse auf Ihn sind schwer überprüfbar.
Es gibt keine induktiven Schlüsse auf „Gott“, und das ist sicher auch niemals von jemandem behauptet worden. Induktion heißt: man schließt aus einer Reihe von beobachteten Phänomenen auf eine allgemeines Gesetz, das die Phänomene kausal determiniert. Ich wüsste nicht, wie das im Kontext christlicher Erkenntnis anwendbar sein könnte. Weil „objektive Verifikation“ nun einmal keine theologische Kategorie ist.
Gruß
Horst