Haftet Tierheim trotz Gewährausschluss?

Hallo,

J. Emand holt ein Tier aus dem Tierheim und unterschreibt einen Tierabgabevertrag. In den anhängenden Vertragsbedingungen steht, dass der Tierschutzverein keine Gewähr für die Eigenschaften des Tieres oder dessen Mängelfreiheit übernimmt.

Innerhalb weniger Wochen stellt sich heraus, dass das Tier krank ist. Laut Aussage eines Spezialisten handelt es sich um eine angeborene Missbildung, die ein Tierarzt bereits mit vier Wochen (lange vor Abgabe) hätte erkennen können. Laut Vertrag wurde das Tier während seines Tierheimaufenthaltes mehrfach entwurmt und geimpft, also auch tierärztlich untersucht.

Ist der Gewährausschluss in den Vertragsbedingungen wirksam? Können Tierheime also einfach kranke Tiere abgeben ohne dafür zu haften?

In den Vertragsbedingungen heißt es außerdem, dass J. Emand erst nach Ablauf von zwölf Monaten Eigentümer des Tieres wird. Ändert das etwas an der Haftungsfrage?

Was unterscheidet eigentlich (rechtlich) einen Tierabgabevertrag von einem Kaufvertrag? Schließlich wird in beiden Fällen „Ware“ gegen Geld getauscht, auch wenn der Preis in einem Fall Schutzgebühr oder Unkostenbeitrag genannt wird.

Viele Grüße
Sue

Ist der Gewährausschluss in den Vertragsbedingungen wirksam?

Die Frage wird dir hier niemand beantworten können, weil es sich bei vorformulierten Verträgen zur mehrfachen Verwendung um AGB handelt, und in AGB hängt die Frage des Haftungsausschlusses von der Formulierung ab. Ist die Formulierung an sich in Ordnung, so würde nur noch eine Garantie für die Gesundheit des Tieres oder arglistiges Verschweigen den Haftungsausschluss unwirksam machen.

Können Tierheime also einfach kranke Tiere abgeben ohne dafür
zu haften?

Das kommt darauf an.

In den Vertragsbedingungen heißt es außerdem, dass J. Emand
erst nach Ablauf von zwölf Monaten Eigentümer des Tieres wird.
Ändert das etwas an der Haftungsfrage?

Nein, aber wenn noch kein Kaufpreis für das Tier bezahlt wurde, würde der Käufer gem. § 320 BGB das Recht haben, die Zahlung des Kaufpreises zu verweigern. (Gilt NICHT, wenn das Tier später erkrankt ist, § 446 BGB).

Was unterscheidet eigentlich (rechtlich) einen
Tierabgabevertrag von einem Kaufvertrag?

Ersterer wird in vielen Fällen letzterer sein.

Schließlich wird in
beiden Fällen „Ware“ gegen Geld getauscht, auch wenn der Preis
in einem Fall Schutzgebühr oder Unkostenbeitrag genannt wird.

Das sehe ich auch so. Mir ist allerdings nicht bekannt, ob es entgegenstehende einschlägige Rechtsprechung gibt.

Levay

Hallo,

Was unterscheidet eigentlich (rechtlich) einen
Tierabgabevertrag von einem Kaufvertrag?

Ersterer wird in vielen Fällen letzterer sein.

im Tierheim in der Regel nicht. Denn es geht nicht um Lieferung und Übereignung einer mangelfreien Ware gegen Geld, sondern um eine tiergerechte Haltung des Tieres und Geldleistungen für den Unterhalt der im Heim verbleibenden Tiere.

Ich würde mich der Argumentation des AG Krefeld anschließen:

AG Krefeld 01.09.2006 7 C 255/06

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Ersatz der bereits aufgewandten sowie der zukünftig noch aufzuwendenden Heilbehandlungskosten zur Behandlung des Hüftleidens der Hündin „T.“ unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.

Insbesondere kann sie die Behandlungskosten nicht im Wege des Schadenersatzes im Rahmen des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechtes gemäß der §§ 434, 437 Ziffer 3, 280 Abs. 1, 281 Abs. 1 S. 1 BGB von dem Beklagten erstattet verlangen.

Das kaufrechtliche Gewährleistungsrecht findet auf den zwischen den Parteien abgeschlossenen Tierüberlassungsvertrag keine Anwendung, da es sich nicht um einen Kaufvertrag handelt, sondern um einen atypischen unentgeltlichen Verwahrungsvertrag gemäß der §§ 688 ff. BGB.

Ein Kaufvertrag scheidet aus, da prägend für den hier zu beurteilenden Vertrag nicht die entgeltliche Verschaffung von Eigenbesitz und Eigentum an einer mangelfreien Sache ist, sondern die Verwahrung und Versorgung des überlassenen Tieres durch den Übernehmer im Vordergrund steht.

Gemäß § 688 BGB ist jedoch die Aufbewahrung einer vom Hinterleger übergebenen beweglichen Sache oder ihnen gemäß § 90a ZPO gleichgestellten Tieren die vertragtypische Pflicht eines auf Verwahrung gerichteten Vertrages. Die Verwahrung eines Tieres umfasst neben seiner Entgegennahme und Unterbringung durch Raumgewährung insbesondere die Übernahme der Obhut durch die Gewährung von Schutz gegen Beschädigung, Zerstörung und Verlust sowie ausnahmsweise seinen Gebrauch, wenn dies, wie hier, für seinen Erhalt notwendig ist.

Aus den allgemeinen Vertragsbestimmungen ergibt sich, dass im Vordergrund des Vertrages die Versorgung des Tieres durch den Übernehmer steht.

Dies wird bereits in § 1 deutlich, wo der Übernehmer des Tieres versichert, dass bei ihm sowohl die tatsächlichen als auch die rechtlichen Voraussetzungen für die Haltung eines Tieres vorliegen.

Die entscheidenden Vereinbarungen finden sich aber in den §§ 3 u. 7. Hier ist geregelt, dass der Übernehmer das Tier in einer bestimmten Art und Weise zu versorgen hat, nämlich nach den geltenden Tierschutzbestimmungen und ihm eine Weitergabe des Tieres an Dritte ohne Einverständnis des Beklagten verboten ist. Um die Einhaltung dieser Regelungen kontrollieren zu können, behält sich der Beklagte ein Informations- sowie ein Betretungsrecht vor.

Zudem ist in den § 2 S. 1 u. 4 eine sechsmonatige Probezeit vereinbart. Während dieser Zeit kann der Beklagte das überlassene Tier zurückfordern, wenn der Übernehmer seinen Verpflichtungen nicht nachkommt.

Zwar soll der Übernehmer nach Ablauf von sechs Monaten grundsätzlich Eigentümer des übernommenen Tieres werden, jedoch steht diese Pflicht ausdrücklich unter dem Vorbehalt des rechtlichen Könnens. Insbesondere besteht stets die nahe liegende Gefahr, dass es sich bei dem übernommenen Tier um eine abhanden gekommene Sache im Sinne des § 935 BGB handelt, an der durch Rechtsgeschäft kein Eigentum erworben werden kann. Angesichts der insbesondere bei Fundtieren erkennbaren und nahe liegenden Ungewissheit hinsichtlich der Möglichkeit zur Eigentumsverschaffung durch den Beklagten kann es sich hierbei aber nicht um eine das Vertragsverhältnis prägende Hauptpflicht handeln. Damit scheidet aber eine Qualifizierung als Kaufvertrag aus.

Es handelt sich um einen atypischen Verwahrungsvertrag, weil der Verwahrer Eigenbesitzer werden soll und er entgegen der §§ 695, 696 BGB auf eine dauerhafte Verwahrung angelegt ist, bei der sowohl das Rückforderungsrecht des Hinterlegers als auch der Rücknahmeanspruch des Verwahrers ausgeschlossen sein sollen. Dies wird durch die gewollte Eigentumsübertragung zum Ausdruck gebracht.

Mithin sind die Vorschriften der Verwahrung und nicht die des Kaufrechts auf den vorliegenden Überlassungsvertrag anzuwenden.

Der Klägerin steht aber auch nach den Grundsätzen der Verwahrung ein Anspruch auf Ersatz der geltend gemachten Heilbehandlungskosten gegen den Beklagten nicht zu.

Ein derartiger Anspruch folgt weder aus § 693 BGB, der den Aufwendungsersatzanspruch des Verwahrers regelt, noch aus § 693 BGB, wo die Schadenersatzpflicht des Hinterlegers geregelt ist.

Es ist bereits zweifelhaft, ob sich bei den Behandlungskosten überhaupt um Aufwendungen im Sinne einer freiwilligen Aufopferung von Vermögenswerten im Interesse eines anderen handelt, da die Hündin dauerhaft bei ihr bleiben soll und es daher an dem Merkmal fehlen kann, dass sie das Vermögensopfer im Interesse eines anderen erbringt. Jedenfalls scheidet ein Aufwendungsersatzanspruch deshalb aus, weil die Klägerin sich gemäß § 5 S. 1 u. 2 der allgemeinen Vertragsbedingungen verpflichtet hat, auch solche Unterhaltskosten zu übernehmen, die über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen. Genannt sind insbesondere die hier streitigen Tierarztkosten. Die Klägerin hat es übernommen, die Kosten für die notwendige ärztliche Versorgung der Hündin zu übernehmen. Der Wirksamkeit dieser Vereinbarung stehen keine durchgreifenden Bedenken entgegen. Insbesondere ist diese von dem Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung nicht gemäß § 307 BGB unwirksam. Sie stellt auch im Hinblick auf Unentgeltlichkeit der Verwahrung keine unangemessenen Benachteiligung dar. Da die Verwahrung hier ausnahmsweise auf Dauer angelegt ist, kommen der Klägerin im Ergebnis die gemachten Aufwendungen zugute. Daher ist es sachgerecht, einen Anspruch auf Aufwendungsersatz auszuschließen.

Ein Schadenersatzanspruch gemäß § 694 BGB scheitert daran, dass es sich bei den aufgewandten und ggfls. noch aufzuwendenden Behandlungskosten um ein freiwilliges Vermögensopfer handelt. Auch wenn eine ordnungsgemäße Versorgung ggfls. die Behandlung der Hündin gebietet, so handelt es sich gleichwohl um ein freiwilliges Vermögensopfer, da die Klägerin die Pflicht zur ordnungsgemäßen Versorgung freiwillig durch die Übernahme des Tieres übernommen hat.

Mithin ist der Beklagte nicht verpflichtet, sich an den Kosten der Behandlung zu beteiligen.

Dabei ist die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es steht ihr frei, das Angebot des Beklagten auf Behandlung durch einen Vertragstierarzt anzunehmen oder bei Vorliegen der Voraussetzungen den Überlassungsvertrag wegen arglistiger Täuschung gemäß § 123 BGB anzufechten.

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Hallo,

Ist der Gewährausschluss in den Vertragsbedingungen wirksam?

Die Frage wird dir hier niemand beantworten können, weil es
sich bei vorformulierten Verträgen zur mehrfachen Verwendung
um AGB handelt, und in AGB hängt die Frage des
Haftungsausschlusses von der Formulierung ab.

der genaue Wortlaut:

§ 6
Der Tierschutzverein übernimmt für das Tier keine Gewähr für dessen Eigenschaften oder Mängelfreiheit. Das Vorhandensein irgendwelcher Eigenschaften wird nicht zugesichert.

Ich gehe schon davon aus, dass die Formulierung wasserdicht ist, ein Tierheim wäre ja dämlich, sich nicht richtig abzusichern. Andererseits widerspricht es meinem Gerechtigkeitsempfinden, wenn ein Tierheim kranke Tiere abgeben und sich ins Fäustchen lachen kann, weil man ja für nichts haftet. Da fragt man sich doch, ob man als Tierfreund selbst einen Tierarzt mit ins Tierheim nehmen muss, bevor man ein Tier von dort aufnimmt.

Ist die
Formulierung an sich in Ordnung, so würde nur noch eine
Garantie für die Gesundheit des Tieres oder arglistiges
Verschweigen den Haftungsausschluss unwirksam machen.

Arglist möchte J. Emand niemandem unterstellen und eine Gesundheitsgarantie wurde natürlich auch nicht gegeben. Allerdings wurde auch nicht auf irgendwelche möglichen Krankheiten hingewiesen, obwohl das Tier wie gesagt mehrfach einem Tierarzt vorgestellt wurde und die Anfänge der Krankheit bzw eine Anomalie schon sehr früh hätten erkannt werden können.
Der Tierheim-Tierarzt sieht übrigens nach wie vor keinen Handlungsbedarf, obwohl ein inzwischen aufgesuchter Spezialist zu einer raschen Operation rät, u.a. um weitere Komplikationen zu vermeiden. Allerdings ist auch der Th-Arzt (mittlerweile?) der Ansicht, dass das Tier seit seiner Geburt krank ist.

Können Tierheime also einfach kranke Tiere abgeben ohne dafür
zu haften?

Das kommt darauf an.

Worauf? Nur auf die Formulierung?

Gruß
Sue

§ 6
Der Tierschutzverein übernimmt für das Tier keine Gewähr für
dessen Eigenschaften oder Mängelfreiheit. Das Vorhandensein
irgendwelcher Eigenschaften wird nicht zugesichert.

Ich gehe schon davon aus, dass die Formulierung wasserdicht
ist, ein Tierheim wäre ja dämlich, sich nicht richtig
abzusichern.

Da irrst du dich aber. Diese Klausel hat keinen Bestand, sie verstößt eindeutig gegen zwingende Vorschriften des BGB.

Allerdings muss ich sagen, dass ich mittlerweile doch deutlich zu der von E. Krull vertretenen Ansicht tendiere; und dann gibt es eh keine Gewährleistungsansprüche.

Das kommt darauf an.

Worauf? Nur auf die Formulierung?

Auf alle Umstände des Einzelfalls.

Levay

Hallo,

danke für deine Antwort, allein das Urteil (bzw dass es überhaupt eines gibt) hilft mir schon weiter.

es geht nicht um
Lieferung und Übereignung einer mangelfreien Ware gegen Geld,
sondern um eine tiergerechte Haltung des Tieres und
Geldleistungen für den Unterhalt der im Heim verbleibenden
Tiere.

Das ist durchaus verständlich, allerdings kommt das für Tierheime doch einem Freibrief gleich. Ich habe zB von jemandem gelesen, der eine Katze aus dem Tierheim holte und sie kurze Zeit später einschläfern lassen musste, weil sie Krebs im Endstadium hatte. Ich kann einfach nicht nachvollziehen, dass man in solchen Fällen als Übernehmer eines Tierheimtieres überhaupt keine Rechte hat.

Ich würde mich der Argumentation des AG Krefeld anschließen:

Ich verstehe ehrlich gesagt nicht mal die Hälfte des Urteils, etliche Paragraphen, deren Reichweite und Bedeutung in der Sache mir (Laie) nicht klar ist. Das Ergebnis, dass die Halterin keine Ansprüche hat, und dass es sich nicht um einen Kaufvertrag handelt, ist aber bei mir angekommen.

Anhand des Falles AG Krefeld noch einige Fragen (die kursiven Teile stammen von hier: http://www.justiz.nrw.de/nrwe/lgs/krefeld/ag_krefeld…):

Das Tierheim kann daher keinerlei Angaben zum Alter, zum bisherigen Verhalten sowie zum Gesundheitszustand des Tieres machen.
Ein solcher Passes fehlt im Falle des J. Emand, lediglich einen Gewährausschluss für die Mängelfreiheit (siehe Antwort an Levay) steht auf einem Zusatzblatt „Vertragsbedingungen“.

Ergänzt wird der Vertragstext durch die von dem Beklagten vorformulierte Anlage „Vertragsbestimmungen/Zusatzvereinbarungen“, die von der Klägerin gesondert unterzeichnet wurde.
Das Zusatzblatt wurde im Falle von J. Emand nicht gesondert unterschrieben, falls das einen Unterschied macht.

§ 5 Der Übernehmer erkennt ausdrücklich an, dass er die entstehenden Unterhaltskosten des Tieres, auch die, die über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen, wie z. B. Tierarztkosten, … vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an selbst zu tragen hat. …
Soetwas steht nicht im Vertrag des J. Emand. Dort steht nur:

In diesem Fall [Rückforderung des Tieres wegen vertragswidriger Haltung] sowie im Fall der notwendigen Rückgabe des Tieres an den Eigentümer […] erkennt der Übernehmer an, dass er die vom Zeitpunkt des Vertragsabschlusses an ihm entstehenden Unterhaltskosten, auch die, die über die gewöhnlichen Futter- und Pflegekosten hinausgehen, wie z. B. Tierarztkosten, Haftpflichtschäden, Versicherungskosten, Steuern etc., selbst zu tragen hat. Gegenüber dem Tierschutzverein verzichtet er ausdrücklich auf das Geltendmachen irgendwelcher Aufwendungsansprüche im Fall der Kündigung des Vertrages oder im Fall der freiwilligen Rückgabe des Tieres, wenn er dieses nicht mehr halten kann oder will. Gegenüber dem Eigentümer des Tieres verzichtet der Übernehmer auf alle über die gewöhnlichen Unterhaltskosten hinausgehenden Ersatzansprüche im Falle der Herausgabe des Tieres an diesen.

Außer diesem Teil steht nichts über Tierarztkosten in den Vertragsbedingungen. J. Emand hat also keine Ansprüche, wenn er das Tier zurückgibt - ergibt sich dadurch etwa, dass er Ansprüche geltend machen kann, wenn er das Tier behält?

Dabei ist die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es steht ihr frei, das Angebot des Beklagten auf Behandlung durch einen Vertragstierarzt anzunehmen
Bedeutet das, dass das Tierheim zumindest die Behandlung (kostenlos / kostengünstig?) ermöglichen muss? Was ist, wenn der Vertragstierarzt eine spezielle Krankheit nicht behandeln kann, weil ihm dazu die Ausbildung fehlt?

Viele Grüße
Sue

Ich gehe schon davon aus, dass die Formulierung wasserdicht
ist, ein Tierheim wäre ja dämlich, sich nicht richtig
abzusichern. Andererseits widerspricht es meinem
Gerechtigkeitsempfinden, wenn ein Tierheim kranke Tiere
abgeben und sich ins Fäustchen lachen kann, weil man ja für
nichts haftet. Da fragt man sich doch, ob man als Tierfreund
selbst einen Tierarzt mit ins Tierheim nehmen muss, bevor man
ein Tier von dort aufnimmt.

Vom Rechtlichen mal abgesehen:

Ich kann die Verärgerung einer betroffenen Person ja verstehen, aber es gibt einfach keine praktikable Lösung. Die Tiere werden nach bestem Wissen und Gewissen betreut und tierärztlich versorgt. Nun haben Tiere es nunmal so an sich, dass sie Beschwerden gern verbergen.

In einem konkreten Fall, den ich zufällig im Haustierforum gelesen habe, ging es ja um eine Linsentrübung, Durchfall und Schnupfen. Die Linsentrübung war erst nach dem Umzug des Tieres vorhanden. Ob eine bestimmte Katze Durchfall hat, sieht man nicht immer gleich, wenn die Viecher zu mehreren in einem Raum gehalten werden. Durch den Umzugsstreß kommen auch gerne vorher schlafende Beschwerden zum Vorschein. Dazu kommt, dass Dein Tier dauernd unter Deiner Beobachtung ist, im Tierheim sehen die Betreuer das Tier aber nur minutenweise.

Lass mich Dir versichern: hier lacht sich niemand ins Fäustchen und keiner freut sich, dass Tierarztkosten erfolgreich auf den Halter abgewälzt wurden. Das wäre ja auch gar nicht durchführbar, wie sollte denn das laufen? „OK, wir behandeln Katze X jetzt nicht wegen des Durchfalls, vielleicht wird sie ja in den nächsten Tagen vermittelt, dann kann das der neue Halter bezahlen.“ Das geht so nicht. Tierheime machen keinen Gewinn, im Gegenteil. Unser örtliches Tierheim hat jedes Jahr Kosten, welche die städtischen Zuschüsse um 200% übersteigen. Diese Differenz muss durch Spenden und Vermittlungsgebühren erwirtschaftet werden. Ich will nicht leugnen, dass es einzelne Tierheime bzw. Mitarbeiter gibt, die schlampig arbeiten. Aber im großen und ganzen sind da freiwillige Helfer mit viel Herzblut am Werk, die ihr Möglichstes geben. Und das ganze kann nur funktionieren, wenn nach der Vermittlung des Tieres die finanzielle Verantwortung beim Halter liegt, ansonsten geht die Rechnung nicht auf.

Gruß,

Myriam

Hallo,

bei den meisten Tierheimen kommt kein Eigentumserwerb zustande (so wohl auch hier). Es wird eine Überlassungsvertrag geschlossen, bei dem das Tierheim Eigentümer des Tieres bleibt. Das hat den Vorteil für das Tierheim, dass das Tier bei nicht artgerechter Haltung sofort zurückgeholt werden kann. Es wird auch kein Kaufpreis, sondern eine Schutzgebühr (von der bekannt ist, dass sie gerade ausreicht, die tatsächlichen Kosten für das Tier abzudecken). Der neue Halter ist als kein Eigentümer, sondern lediglich Besitzer des Tieres. Von daher halte ich die meisten den Kauf betreffenden Vorschriften des BGB für nicht anwendbar. Es ist daher meist sehr leicht, das Tier wieder an das Tierheim zurück zu geben.
Allerdings ist es aúch seltsam, dass offensichtliche Krankheiten nicht erkannt werden. Es gibt genügend Tierschutzorganisationen, die auch kranke Tiere abgeben, das aber bewusst und mit Hinweis auf die Krankheit.

Gruss

Iru

Hallo,

Das ist durchaus verständlich, allerdings kommt das für
Tierheime doch einem Freibrief gleich. Ich habe zB von
jemandem gelesen, der eine Katze aus dem Tierheim holte und
sie kurze Zeit später einschläfern lassen musste, weil sie
Krebs im Endstadium hatte. Ich kann einfach nicht
nachvollziehen, dass man in solchen Fällen als Übernehmer
eines Tierheimtieres überhaupt keine Rechte hat.

Man verzichtet ausdrücklich auf solche Rechte. Das ist Vertragsfreiheit und transparent.
Es gibt halt nicht immer Netz und doppelten Boden.

Das Tierheim kann daher keinerlei Angaben zum Alter,
zum bisherigen Verhalten sowie zum Gesundheitszustand des
Tieres machen.

Ein solcher Passes fehlt im Falle des J. Emand, lediglich
einen Gewährausschluss für die Mängelfreiheit (siehe Antwort
an Levay) steht auf einem Zusatzblatt „Vertragsbedingungen“.

Das ist keine entscheidende Passage. Wichtig ist der Gewährleistungsausschluss und der ist wirksam, weil das kein Kaufvertrag ist und nicht von zwingenden gesetzlichen Vorschriften abgewichen wird.

Ergänzt wird der Vertragstext durch die von dem
Beklagten vorformulierte Anlage
„Vertragsbestimmungen/Zusatzvereinbarungen“, die von der
Klägerin gesondert unterzeichnet wurde.

Das Zusatzblatt wurde im Falle von J. Emand nicht gesondert
unterschrieben, falls das einen Unterschied macht.

Nein.

§ 5 Der Übernehmer erkennt ausdrücklich an, dass er
die entstehenden Unterhaltskosten des Tieres, auch die, die
über die gewöhnlichen Pflegekosten hinausgehen, wie z. B.
Tierarztkosten, … vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses an
selbst zu tragen hat. …

Soetwas steht nicht im Vertrag des J. Emand. Dort steht nur:

In diesem Fall [Rückforderung des Tieres wegen
vertragswidriger Haltung] sowie im Fall der notwendigen
Rückgabe des Tieres an den Eigentümer […] erkennt der
Übernehmer an, dass er die vom Zeitpunkt des
Vertragsabschlusses an ihm entstehenden Unterhaltskosten, auch
die, die über die gewöhnlichen Futter- und Pflegekosten
hinausgehen, wie z. B. Tierarztkosten, Haftpflichtschäden,
Versicherungskosten, Steuern etc., selbst zu tragen hat.
Gegenüber dem Tierschutzverein verzichtet er ausdrücklich auf
das Geltendmachen irgendwelcher Aufwendungsansprüche im Fall
der Kündigung des Vertrages oder im Fall der freiwilligen
Rückgabe des Tieres, wenn er dieses nicht mehr halten kann
oder will. Gegenüber dem Eigentümer des Tieres verzichtet der
Übernehmer auf alle über die gewöhnlichen Unterhaltskosten
hinausgehenden Ersatzansprüche im Falle der Herausgabe des
Tieres an diesen.

Die Klausel ist noch deutlicher als die des Falls beim AG Krefeld, hat aber für den vorliegenden Fall dieselbe Bedeutung: Man ist zwar nicht Eigentümer, macht aber doch übliche „Verwendungen auf die Sache“, gleichwohl muss das Tierheim nicht dafür haften.

Außer diesem Teil steht nichts über Tierarztkosten in den
Vertragsbedingungen. J. Emand hat also keine Ansprüche, wenn
er das Tier zurückgibt - ergibt sich dadurch etwa, dass er
Ansprüche geltend machen kann, wenn er das Tier behält?

Nein, wenn er es zurückgibt. Aber nur vom Eigentümer, nicht vom Tierheim.

Dabei ist die Klägerin nicht schutzlos gestellt. Es
steht ihr frei, das Angebot des Beklagten auf Behandlung durch
einen Vertragstierarzt anzunehmen

Bedeutet das, dass das Tierheim zumindest die Behandlung
(kostenlos / kostengünstig?) ermöglichen muss? Was ist, wenn
der Vertragstierarzt eine spezielle Krankheit nicht behandeln
kann, weil ihm dazu die Ausbildung fehlt?

Das stand in dem Vertrag vom AG Krefeld. Bei Dir wohl nicht.

VG
EK

Hallo,

Von daher halte ich die meisten den Kauf betreffenden
Vorschriften des BGB für nicht anwendbar.

danke, das hatte ich bereits verstanden und zweifle es auch nicht an.

Es ist daher meist
sehr leicht, das Tier wieder an das Tierheim zurück zu geben.

Das wurde vom Tierheim auch angeboten. Allerdings hat J. Emand sich dafür entschieden, das Tier zu versorgen und es wieder zurückzubringen (was für das Tier wieder erheblichen Stress bedeuten würde) steht überhaupt nicht zur Debatte. Das stört mich btw auch beim Urteil des AG Krefeld - aus meiner Sicht ist das hin- und herschieben eines (ohnehin schon kranken) Tieres nicht mit „Tierschutz“ vereinbar.

Allerdings ist es aúch seltsam, dass offensichtliche
Krankheiten nicht erkannt werden. Es gibt genügend
Tierschutzorganisationen, die auch kranke Tiere abgeben, das
aber bewusst und mit Hinweis auf die Krankheit.

Es wäre eine ganz andere Sache gewesen hätte J. Emand von der Krankheit gewusst. Das wäre nicht grundsätzlich ein Grund gewesen, das Tier nicht zu nehmen. Nur so kommt man sich etwas veralbert vor.

Ich hab allerdings verstanden, dass man keine Handhabe hat, außer das Tier zurückzugeben (was wie gesagt nicht in Frage kommt). J. Emand wird die Konsequenz daraus ziehen und zukünftig kein Tier mehr vom Tierschutz übernehmen (auch wenn er in der Vergangenheit aus anderen Tierheimen schon mehrfach Tiere bekommen hat, die vollkommen gesund waren - was ich fairerweise auch erwähnen möchte).

Gruß + ein schönes Wochenende
Sue

Hallo,

Man verzichtet ausdrücklich auf solche Rechte. Das ist
Vertragsfreiheit und transparent.

danke, gut zu wissen, dass das unter Vertragsfreiheit fällt. Es gibt schließlich auch oft genug Vertragsbedingungen, die rechtlich unhaltbar sind - und als Laie weiß man eben nicht, wie etwas zu bewerten ist. Deswegen gibt es ja dieses Brett, oder?

Das ist keine entscheidende Passage. Wichtig ist der
Gewährleistungsausschluss und der ist wirksam, weil das kein
Kaufvertrag ist und nicht von zwingenden gesetzlichen
Vorschriften abgewichen wird.

Okay. Danke.

Gruß, und ein schönes Wochenende
Sue

Hallo,

Ich kann die Verärgerung einer betroffenen Person ja
verstehen, aber es gibt einfach keine praktikable Lösung. Die
Tiere werden nach bestem Wissen und Gewissen betreut und
tierärztlich versorgt. Nun haben Tiere es nunmal so an sich,
dass sie Beschwerden gern verbergen.

die Frage ist eben, ob die Beschwerden tatsächlich verborgen waren oder hätten erkannt werden müssen. Hätte das Tier zB Leukose gehabt wäre das zwar sehr schade für alle Betroffenen gewesen, das Tierheim hätte das aber nicht erkennen können / müssen.

In einem konkreten Fall, den ich zufällig im Haustierforum
gelesen habe, ging es ja um eine Linsentrübung, Durchfall und
Schnupfen.

Um Durchfall und Schnupfen ging es nicht, das hatte das Tier zwar, mit der Behandlung dagegen hatte J. Emand aber keine Probleme, weil das einfach Sachen sind, mit denen man immer rechnen muss. Gegenstand des Unmuts ist nur die schwere Erkrankung der Augen, die laut Fachmann von einem Tierarzt bereits acht Wochen vor Abgabe des Tieres hätte erkannt werden können (quasi schon bei der Aufnahme ins Th). Wie ich bereits an anderer Stelle schrieb ist man als Laie auf die Aussagen des Tierarztes angewiesen - was wer nun wirklich schon hätte sehen müssen kann ich nicht sagen.

Die Linsentrübung war erst nach dem Umzug des
Tieres vorhanden.

Sie wurde erst nach dem Umzug für den Halter sichtbar - vorhanden war sie eben von Geburt an. Tierärzte haben kleine Lämpchen, mit denen sie Augen und Ohren eines Tieres genau untersuchen können, so ein Lämpchen hat J. Emand nicht. Deswegen kann er keine Auskunft darüber machen, was man mit entsprechenden Instrumenten wirklich hat sehen können und muss sich auf die Aussage verlassen, dass eine Anomalie schon vier Wochen nach der Geburt hätte festgestellt werden können. Nicht mal der Tierheim-Arzt bestreitet ja, dass es sich um eine Missbildung handelt, die das Tier schon im Mutterleib „abbekommen“ hat und dementsprechend schon im Tierheim hatte. Und er kann wie alle anderen aufgesuchten TÄ mit seinen Instrumenten auch die Trübung des anderen Auges erkennen - obwohl für J. Emand (als Laie ohne Lämpchen) keine Trübung zu erkennen ist.

Ob eine bestimmte Katze Durchfall hat, sieht
man nicht immer gleich, wenn die Viecher zu mehreren in einem
Raum gehalten werden. Durch den Umzugsstreß kommen auch gerne
vorher schlafende Beschwerden zum Vorschein. Dazu kommt, dass
Dein Tier dauernd unter Deiner Beobachtung ist, im Tierheim
sehen die Betreuer das Tier aber nur minutenweise.

Wie gesagt, Durchfall ist kein Problem - und da geht J. Emand ohnehin davon aus, dass es durch den Umzugsstress mit Futterumstellung kam. Wenn das Tier schon vorher welchen hatte ist das aber auch nebensächlich, J. Emand hat auch kein Problem damit, das Tier dagegen behandeln zu lassen. So viel Tierliebe darf J. Emand zugetraut werden, dass er nicht wegen etwas Durchfall irgendjemanden in Regress nehmen will.
Es geht hier keineswegs um 150 € für ein paar Untersuchungen und Tests, oder um eine vierteljährlich nötige Untersuchung beim Spezialisten, nicht mal die grundsätzliche Aussicht, dass das Tier (ggf. mehrfach) operiert werden muss ist ein Problem. Es darf einem aber mE durchaus bitter aufstoßen, wenn absehbar ist (und es für das Tierheim vielleicht schon war), dass das neue Tier in den ersten acht Wochen über 1000 € an Tierarztkosten verursachen wird.

Und was ich (um jetzt vollkommen OT zu werden) absolut nicht nachvollziehen kann ist die Tatsache, dass man das Tier bei Krankheiten zwar einfach wieder ins Tierheim abschieben kann, behält man es jedoch steht man allein da. Wo doch zB eine 50/50-Regelung dem Tier zugute käme, zum einen behält es sein neues Heim, zum anderen bekommt es seine nötige Behandlung. Mal abgesehen davon, was es über jemanden aussagt, der ein Tier direkt wieder zurückgibt, weil es krank ist kann ich durchaus nachvollziehen, dass nicht jeder unter diesen Umständen bereit ist (oder es sich leisten kann), das Tier zu behalten. Im Falle der Rückgabe bleibt das Tierheim aber allein auf den zukünftigen Kosten sitzen, das ist doch weder im Sinne des Tieres, noch des Heims oder des Halters (von der emotionalen Seite und dem seelischen Knacks für das Tier gar nicht zu sprechen).

Lass mich Dir versichern: hier lacht sich niemand ins
Fäustchen und keiner freut sich, dass Tierarztkosten
erfolgreich auf den Halter abgewälzt wurden. Das wäre ja auch
gar nicht durchführbar, wie sollte denn das laufen? „OK, wir
behandeln Katze X jetzt nicht wegen des Durchfalls, vielleicht
wird sie ja in den nächsten Tagen vermittelt, dann kann das
der neue Halter bezahlen.“

Versteif dich doch bitte nicht auf den Durchfall, der ja überhaupt kein Problem darstellt. Dass akute Probleme absichtlich unbehandelt bleiben will niemand irgendwem unterstellen. Im Tierbrett wurde der Durchfall nur erwähnt, weil zu diesem Zeitpunkt noch Leukose als mögliche Ursache im Raum stand.

Bei chronischen Sachen kann ich mir aber durchaus vorstellen, dass sie gern verschwiegen werden, letztendlich geht es den Heimen schließlich darum, Tiere loszuwerden. Wenn bei charakterlichen Eigenschaften gern gelogen wird, bis sich die Balken biegen (ist leider oft so) kann das auch bei körperlichen Problemen der Fall sein. Wie eben bei der Katze mit Krebs, deren Erkrankung wohl schon so weit fortgeschritten war, dass jeder Tierarzt sie diagnostizieren konnte, weil sie bei einem Blick in den Rachen gar nicht zu übersehen war. Dass ein Tierheim nicht für jede Kleinigkeit haften soll oder kann sehe ich genauso. Bei so gravierenden Sachen (Krebs im Endstatium) hätte ich aber nicht vermutet, dass es für den neuen Halter auf „Pech gehabt“ hinausläuft. Jetzt bin ich schlauer und werde meine Konsequenzen daraus ziehen.

Das geht so nicht. Tierheime machen
keinen Gewinn, im Gegenteil.

Das unterstützt doch nur die These, dass schwere Erkrankungen gern mal übersehen werden - sobald der neue Halter den Vertrag unterschrieben hat verzichtet er ja (s. E. Krull) auf alle Rechte. Wobei ich auch da niemandem irgendetwas unterstellen will oder gar alle über einen Kamm scheren möchte, das Problem kann ja auch an vielen Enden sitzen. Es ist ja zB auch möglich, dass die ärztlichen Untersuchen aus Kosten- oder Zeitgründen eher nachlässig durchgeführt werden.

Unser örtliches Tierheim hat
jedes Jahr Kosten, welche die städtischen Zuschüsse um 200%
übersteigen. Diese Differenz muss durch Spenden und
Vermittlungsgebühren erwirtschaftet werden. Ich will nicht
leugnen, dass es einzelne Tierheime bzw. Mitarbeiter gibt, die
schlampig arbeiten. Aber im großen und ganzen sind da
freiwillige Helfer mit viel Herzblut am Werk, die ihr
Möglichstes geben.

Das will ich auch gar nicht leugnen oder kleinreden, ebenso weiß ich, dass Tierheime nicht im Geld schwimmen. Allerdings untersuchen ja nicht die Mitarbeiter mit Herzblut die Tiere sondern Tierärzte, die ihren Beruf studiert haben und für ihre Leistungen Geld bekommen.

Und das ganze kann nur funktionieren, wenn
nach der Vermittlung des Tieres die finanzielle Verantwortung
beim Halter liegt, ansonsten geht die Rechnung nicht auf.

Wenn J. Emand aufgrund der Erkrankungen das Tier einfach zurückgibt (was ihm angeboten wurde, was er aber nicht möchte, da es sich eben nicht um einen defekten DVD-Player sondern um ein Lebewesen handelt) bleiben die gesamten Kosten am Tierheim hängen.
Ich weiß nicht, wie viele Leute bei schweren Krankheiten tatsächlich ein Tier zurückgeben, kann mir aber durchaus vorstellen, dass es (vor dem Hintergrund, wie viele Leute heute sehr wenig verdienen und / oder auf ALG II angewiesen sind - oder auch, weil vielen einfach das Verantwortungsbewusstsein fehlt) nicht wenige sind. Und ich frage mich ernsthaft, wo da der Tierschutz bleibt (der ja angeblich im Vordergrund steht), wenn ein krankes Tier beliebig hin- und hergeschoben werden kann. Ein Tier, dass bereits vermittelt war und zurückkam wird dadurch (zusätzlich zur Krankheit) auch nicht leichter vermittelbar.

Gruß + ein schönes Wochenende
Sue

die Frage ist eben, ob die Beschwerden tatsächlich verborgen
waren oder hätten erkannt werden müssen.

Ich möchte die Sache auch nicht verharmlosen. Es ist völlig klar, dass in diesem fiktiven Fall der absolute Super-GAU eingetreten ist: eine schwere Krankheit bei einem sehr jungen Tier, welche mehr oder weniger zwingend eine sehr teure Behandlung erfordert, bei der es dem Tier aber nicht so schlecht geht, dass Euthanasie ein Thema wäre.

vorhanden war sie eben von Geburt an. Tierärzte haben kleine
Lämpchen, mit denen sie Augen und Ohren eines Tieres genau
untersuchen können

Ich kann Dir aus meinen Tierschutzkontakten sagen, dass solche tiefgehenden Untersuchungen nicht stattfinden. Bei Neuzugängen untersuchen TH-Mitarbeiter die Tiere notdürftig auf offensichtliche Krankheitszeichen. Ein bis mehrmals pro Woche kommt der Vertragsarzt und behandelt akute Probleme, sofern sie ihm mitgeteilt werden und führt bei Neuzugängen Impfungen durch. Dabei wird eine allgemeine Untersuchung vorgenommen. Augen werden gecheckt, aber sicher nicht ohne triftigen Anlass (Tier wirkt sehbehindert, Ausfluss, Entzündungen) genauer unter die Lupe genommen. Das gibt das Budget meist nicht her.

Es geht hier keineswegs um 150 € für ein paar Untersuchungen
und Tests, oder um eine vierteljährlich nötige Untersuchung
beim Spezialisten, nicht mal die grundsätzliche Aussicht, dass
das Tier (ggf. mehrfach) operiert werden muss ist ein Problem.
Es darf einem aber mE durchaus bitter aufstoßen, wenn absehbar
ist (und es für das Tierheim vielleicht schon war), dass das
neue Tier in den ersten acht Wochen über 1000 € an
Tierarztkosten verursachen wird.

Wie gesagt, das ist der Super-GAU wie er z.B. bei Hunden mit schweren Hüftschäden auch vorkommt. Die sind lange beschwerdefrei, vor allem im Tierheim, da sie dort nicht stark belastet werden.

Und was ich (um jetzt vollkommen OT zu werden) absolut nicht
nachvollziehen kann ist die Tatsache, dass man das Tier bei
Krankheiten zwar einfach wieder ins Tierheim abschieben kann,
behält man es jedoch steht man allein da.

Das ist eine Kosten-Nutzen-Rechnung. Das Tierheim zahlt nur dann, wenn es auch die Kontrolle über den Umfang der Behandlung hat. Ganz hart gesagt: bei einem 10-jährigen Schäferhund mit schwerer HD kann und wird ein TH sich mit dem neuen Besitzer nicht 50:50 die Kosten für 2 künstliche Hüftgelenke teilen sondern wird das Tier zurückfordern und dann mit Schmerzmitteln oder Nervdurchtrennung behandeln.

Im Falle der Rückgabe bleibt das Tierheim aber
allein auf den zukünftigen Kosten sitzen

Das ist eine Rechnung, die nur im Einzelfalle so aussieht, auf die Gesamtmenge der Fälle gerechnet ist es eben anders.

Versteif dich doch bitte nicht auf den Durchfall

Tu ich nicht, war nur ein Beispiel. Setze „Augenleiden“ dafür ein.

Bei chronischen Sachen kann ich mir aber durchaus vorstellen,
dass sie gern verschwiegen werden, letztendlich geht es den
Heimen schließlich darum, Tiere loszuwerden. Wenn bei
charakterlichen Eigenschaften gern gelogen wird, bis sich die
Balken biegen (ist leider oft so) kann das auch bei
körperlichen Problemen der Fall sein.

Das ist der Teil Deiner Postings, mit denen ich Probleme habe. Niemand verschweigt planmäßig bekannte chronische Krankheiten. Niemand lügt absichtlich was die Charaktereigenschaften angeht. Das lohnt sich einfach nicht, die Rückläuferquote ist auch so schon hoch genug, weil die neuen Besitzer keine Geduld haben oder weil es eben einfach nicht passt. Es geht den Tierheimen eben nicht einfach nur darum, die Tiere loszuwerden. Glaubst Du, die haben gerne den Ärger, der sich aus einem Fall wie dem hier beschriebenen entwickelt?

Wie eben bei der Katze
mit Krebs, deren Erkrankung wohl schon so weit fortgeschritten
war, dass jeder Tierarzt sie diagnostizieren konnte, weil sie
bei einem Blick in den Rachen gar nicht zu übersehen war.

Also ich habe (bzw. hatte bis vor kurzem) 3 Katzen. In den Rachen gesehen habe ich denen innerhalb des letzten Jahres nur zufällig, wenn sie mal vor meiner Nase gegähnt haben. Im Gegensatz zu einem TH-Mitarbeiter sah ich meine Katzen aber jeden Tag mehrere Stunden. Wie gesagt, ich glaube an Nachlässigkeit, Überlastung, Dummheit usw. - aber es ist keine Methode dahinter, denn das rechnet sich auf Dauer einfach nicht.

Es ist ja zB auch
möglich, dass die ärztlichen Untersuchen aus Kosten- oder
Zeitgründen eher nachlässig durchgeführt werden.

Genau so ist es. Tierärzte dürfen nicht umsonst arbeiten, daher wird nur das Nötigste gemacht. Je nach persönlichem Engagement des Arztes eben mehr oder weniger.

Allerdings
untersuchen ja nicht die Mitarbeiter mit Herzblut die Tiere
sondern Tierärzte, die ihren Beruf studiert haben und für ihre
Leistungen Geld bekommen.

Aber nur dann, wenn das Tier neu ankommt, geimpft wird oder wenn ein Mitarbeiter den TA auf ein Symptom hinweist.

Wenn J. Emand aufgrund der Erkrankungen das Tier einfach
zurückgibt (was ihm angeboten wurde, was er aber nicht möchte,
da es sich eben nicht um einen defekten DVD-Player sondern um
ein Lebewesen handelt) bleiben die gesamten Kosten am Tierheim
hängen.

Und die können dann - jetzt kommt der unschöne Teil - sich gegen eine Behandlung bzw. je nachdem auch für Euthanasie entscheiden.

Wie gesagt: ich verstehe die Verärgerung von J. Emand, ich sehe aber auch die andere Seite, und die Erfahrung sagt mir, dass solche Sachen nicht billigend in Kauf genommen werden, nur um die Viecher loszuwerden. Das geht einfacher, da muss man nur weniger strikt beim Aussuchen des neuen Zuhauses sein, schon wird man vor allem Hunde los wie warme Semmeln, an sozial Schwache, vollzeit Berufstätige ohne Betreuungskonzept oder sonstwie Ungeeignete.

Gruß & alles Gute,

Myriam