Hi Nadja,
lass mich ein corrigendum vorausschicken:
In meiner vorigen Antwort hab ich Unsinn geschrieben:
er, sie, es → ihm, ihr, ihm
Der Dativ des Reflexivpronomens 3. Pers. Sing. heißt natürlich „sich“.
er, sie, es → sich
also genauso wie 3. Pers. Plur.
Nun lass uns über das Verb „lassen“ reden:
Es gehört zu einer Gruppe von Verben, die eine besondere Objekt-Konstruktion mit sich führen. Sie heißt „Akkusativ mit Infinitiv“, Akronym: „AmI“. In modernen indogermanischen Sprachen gibt es sie, soviel ich weiß, außer im Dt. nur noch im Englischen. In der Antike gab es sie in zahlreichen idg. Sprachen, z.B. in Latein und in Altgriechisch. In der lat. Grammatik heißt sie ebenfalls „Acc. cum Inf.“, weshalb auch meist das Akronym „AcI“ geschrieben wird.
Beispiele:
→ Ich sehe dich (Akk.) lesen (Inf.).
→ Hörst du die Nachtigall (Akk.) singen (Inf.)?
→ Er lässt den Besucher (Akk.) eintreten (Inf.).
→ Sie lässt das Weinglas (Akk.) fallen (Inf.).
→ Ich lasse dich (Akk.) lesen (Inf.).
Dabei ist das Objekt zum Haupsatzprädikat immer der gesamte Akk. + Inf. Das bedeutet: Der gesamte AmI ist ein Akkusativobjekt. Und der interne Akk. ist immer zugleich das Subjekt des Infinitv-Verbs:
→ Du liest.
→ Die Nachtigall singt.
→ Der Besucher tritt ein.
→ Das Weinglas fällt.
→ Du liest.
Etwas kompkizierter scheint(!) es dann zu sein, wenn das Infinitiv-Verb noch zusätzlich ein Objekt (oder ein Adverbial usw.) hat:
→ Ich sehe dich ein Buch lesen.
→ Hörst du die Nachtigall ein Abendlied singen?
→ Ich lasse dich das Buch lesen.
Hier hat der Infinitiv ein eigenes Akk.-Objekt.
Und hier:
→ Er läßt den Besucher ins Haus eintreten.
→ Sie lässt das Weinglas auf den Boden fallen.
hat er ein Adverbial.
In den ersten drei Beispielen gibt es also tatsächlich zwei Akk.-Objekte.
Nun zu deinem Beispiel (ich ziehe es vor, bei Grammatikübungen die „Du“-Form zu wählen, statt der „Sie“-Form:
→ Ich lasse dich mir helfen, da ich …
Der „nackte“ AmI lautet hier:
→ Ich lasse dich (Akk.) helfen (Inf.)
Nun hat „helfen“ per. def. ein Dativ.-Objekt: jemandem helfen, und dieser Dativ muß dann natürlich intern in den AmI eingefügt werden, so, dass er jedenfalls hinter dem Akk.-Objekt des Ami zu stehen hat. Das ist genauso wie bei jeder anderen Bestimmung, die zum Infinitiv-Verb gehört:
→ Ich lasse dich mir helfen
Anderes Beispiel:
→ Ich sehe dich [in dem Buch blättern].
→ Ich sehe dich [dem Gesang der Nachtigall lauschen].
→ Ich höre dich [den Verkäufer nach dem Preis fragen].
→ Er lässt ihn [dem Gast aus dem Mantel helfen].
→ Du lässt mich [dir bei Grammatik-Fragen helfen].
Falsch(!) wäre also unbedingt
→ Ich lasse mir dich helfen.
denn ich lasse nicht „mir“, sondern „dich“, und zu helfen ist nicht „dich“, sondern „mir“.
Und kann ich „mir“ hier weglassen …?
Ich lasse Sie helfen, da ich es alleine nicht kann.
Nein, auf keinen Fall! Denn dann wäre nicht erkennbar, wem geholfen werden soll. Es könnte ja gemeint sein:
→ Ich lasse Sie meinem kleinen Bruder helfen, da ich es alleine nicht kann.
Das Beispiel:
Ich lasse mir helfen, da ich es allein nicht kann.
ist grammatisch natürlich korrekt. Aber nur, wenn unwichtig ist, von wem du dir helfen läßt. Das Verb „lassen“ führt nämlich nicht immer den AmI, genauso wenig wie „sehen“ und „hören“:
→ Ich lasse mir von dir helfen. [Objekt von lassen = helfen]
→ Ich lasse dich in Ruhe. [Objekt von lassen = dich]
Aber wenn ich „lassen“ mit einem Infinitiv habe, welches Pronomen darf
ich weglassen? Das Objekt von „helfen“ oder das Objekt von „lassen“?
Das Objekt von „lassen“ kann man nicht weglassen. Ebenso wenig wie bei den Komposita:
→ Etwas weglassen
→ Etwas zulassen
→ Von etwas ablassen
Das Objekt (oder das Adverbial) zu „helfen“ ist nicht grammatisch notwendig, aber zur Verdeutlichung des Kontextes doch.
→ Du lässt mich helfen. [= der „nackte“ AmI]
→ Du lässt mich (dir) helfen.
→ Ich lasse dich (deiner Kollegin) helfen.
Ich hoffe, ich konnte dir helfen
Gruß
Metapher