lassen wir mal für den Moment die blinde, 92 Jahre alte,
einbeinige, alleinerziehende Mutter von 12 Kindern außen vor,
die übrigens ein wenig mehr als die 345 Euro bekommt.
Erstens klingt es so, als sei das, was Susanne geschrieben
hat, halbwegs autobiografisch. Wenn man das als Möglichkeit
berücksichtigt, dann klingt dein Kommentar dazu wirklich
menschenverachtend.
Finde ich nicht.
Zweitens kriegt die alleinerziehende Mutter natürlich mehr
Geld, aber sie braucht ja auch mehr Geld.
Ja, deswegen bekommt sie ja mehr.
Und im übrigens sind Alter, Krankheit und Kinder häufige
Gründe, weswegen Leute keine Arbeitsstelle mehr haben und auf
ALG2 angewiesen sind, auch wenn du zu glauben scheinst, dass
dies hauptsächlich junge, gesunde und fröhliche Menschen
trifft. Es könnte also durchaus ein wenig in der Natur der
Sache liegen, wenn solche Beispiele immer wieder genannt
werden, und ausgerechnet die außen vor lassen zu wollen, ist
ein bisschen unsinnig.
Dann sag mir doch mal, wieviele Menschen die Grundsicherung beziehen und nicht arbeiten können, weil sie dazu körperlich aus aus anderen Gründen objektiv nicht in der Lage sind.
Daß Du es allerdings als demütigend empfindest, dem
Überweiser der monatlichen Zahlung ohne Gegenleistung
nachzuweisen, daß man sich bemüht hat, einen Arbeitsplatz zu
finden, zeigt deutlich, daß Du die ganze Veranstaltung nicht
verstehen willst.
Du verstehst die Veranstaltung nicht. Was für eine
Gegenleistung? Der Überweiser der monatlichen Zahlung ist ein
Sachbearbeiter, der fremdes Geld verwaltet. Das ist auch der,
der diese „Gegenleistung“ verlangt.
Genau, und der macht das stellvertretend für diejenigen, die die Kohle abdrücken. An dem Nachweis einer gewissen Aktivität kann ich weiterhin nichts demütigendes finden. Das wäre auch etwas lächerlich, denn jeder, der nicht selbständig ist, muß in irgendeiner Form nachweisen, daß er sein Geld nicht fürs Rumsitzen bekommt.
Jetzt sag mir mal, was du als Steuerzahler davon hast, wenn 5
Millionen Arbeitslose täglich 2 bis 3 Bewerbungen schreiben
und abschicken,
Da liegt der Denkfehler: Eine zielführende Bewerbung braucht etwas mehr als daß man einfach nur den Empfänger im Adreßfeld ändert. Wer 2-3 Bewerbungen am Tag schreibt, kann es auch gleich lassen.
Es gibt nicht nur Rechte der Betroffenen,
sondern auch Rechte derjenigen, die das Geld Monat für Monat
vom Gehalt abgezogen bekommen.
Na ja, die sollten mal nicht nur Geld, sondern auch was von
ihrer Arbeit abgeben. Ich wette, das würden die meisten nicht,
wenn sie könnten.
Ja, das alte Gewerkschaftsgeschwätz. Dummerweise ist man den Beweis schuldig geblieben, daß Arbeitszeitverkürzung Arbeitsplätze schafft oder wenigstens erhält. Der DGB ist aus irgendeinem Grunde im 19. Jahrhundert hängen geblieben, als Arbeit noch beliebig teilbar war und von jedem Menschen mit je zwei Armen und Augen verrichtet werden konnte.
Bei mir waren es ungefähr 4 Jahre, in denen ich mir insgesamt
um 3000 D-Mark dazuverdient habe (kam also damit ingsgesamt in
etwa auf die heutigen 345 Euro).
Wann war das denn? Vielleicht war das Geld damals noch mehr
Wert? Vielleicht so in etwa das Doppelte?
Der Wert ist schon inflationsbereinigt.
Und - warst du
damals jung und gesund oder alt und krank?
Was soll die Frage? Leben alte und kranke Menschen teurer als junge und gesunde Menschen?
Ersetze ich nun das Brötchen von Kamps durch ein gekauftes
Brötchen und eine Scheibe Salami (Ersparnis: 1 Euro) und das
Rinderfilet durch Schnitzel und meine Nudeln durch die von
Aldi (Ersparnis: 1,65 Euro), komme ich im Monat auf 144 Euro.
Bleiben noch Euro 201 pro Monat für alles andere. Find ich
akzeptabel.
Von deiner Diät kann man auf Dauer nicht leben.
Dann berichte mir von einem Deiner Tage, der viel gesünder ist und natürlich zwangsläufig viel teurer.
Da ich mir gerade überlegt habe, was ich heute essen werde, noch eine Beispielrechnung:
Frühstück findet aufgrund langen Ausschlafens nicht statt.
Mittag: Tortilla espanola, d.h.
2 Eier: 35 Cent
ein Schuß Milch: 1 Cent
eine halbe Parpika: 30 Cent
eine Kartoffel: 25 Cent
vielleicht noch eine kleine Handvoll Oliven aus ddem Glas: 10 Cent
Summe: 1,01
Abends: Rinderfilet mit Senfkruste
Fleisch: 7,56 für 358 Gramm (reicht also für zwei Tage)
Kruste: Senf, Ei, Mehl, zusammen um die 50 Cent
Macht 8,06 geteilt durch zwei: 4,03
Nachspeise: Zitronensorbet mit selbstgemachtem Himbeergelee
Zitronensorbet: 3 Euro, Packung reicht für zehn Portionen, also 30 Cent
Himeeren: 4,99 für die Schale, davon ca. ein Drittel gebraucht: 1,50
sonstige Zutaten: Ein bißchen agar-agar, etwas Wasser, etwas Zucker, großzügig gerechnet: 10 Cent
Summe: 6,94
Also ich finde, heute esse ich nicht schlecht, nicht ungesund und es bleiben immer noch € 4,18 übrig.
Krasser
Vitamin- und Mineralstoffmangel. Und irgendwie fehlen die
Getränke. Oder dachtest du an Leitungswasser?
Was spricht gegen Leitungswasser? Alternativ bietet sich Mineralwasser an, das beim Discounter 18 Cent je 1,5 Liter kostet.
Klar, Anfang 20, gesund, fit, keiner da der noch zu versorgen
war,
Wenn noch jemand anders zu versorgen ist, gibts auch mehr
Geld.
Aber du hast viel mehr zu tun!! Was glaubst denn du, wenn
einer was älter, nicht gesund und außerdem jede Menge
Pflichten zu erfüllen hat,
Was für Pflichten?
und dann noch dauernd Geldsorgen
hat, das ist ein kleiner Unterschied. Außerdem vergessen
Studenten meistens, dass sie ganz viele Sachen viel billiger
kriegen als andere Leute.
Ich war in der ganzen Zeit nicht ein einziges mal im Museum. Was also meinst Du?
Und oft merken sie auch gar nicht,
wie viel sie noch von ihren Eltern zugesteckt bekommen, auch
an Naturalien usw.
Echt?
Mit Kindern kriegst du zwar mehr Geld, aber ich glaube kaum,
dass es genug ist, um das Kind auszustatten und zu ernähren.
Glaubst Du oder weißt Du?
Erstens muss das Kind gesund ernährt werden. Mit Nudeln von
Aldi jeden Tag kann eine gesunde Ernährung wohl nicht
gewährleistet werden.
Du hast recht. Warum kaufen die Leute mit Kindern dann im Supermarkt immer so einen Müll? Frisches Obst und Gemüse sehe ich da eher selten. Wenn ich mir überlege, daß ein Bund Möhren genauso teuer ist wie ein Glas Fertigbabyfutter, frage ich mich, was da genau gegen frisches Essen spricht.
Ich meine jetzt keine Markenklamotten, sondern denke eher an
Roller, Fahrräder, Inliner, bestimmte Spielkonsolen,
Sportverein, Sportkleidung, Sportschuhe, Musikinstrument,
Musikunterricht, Eintrittskarten für Zoo, Theater, Kino usw.
Natürlich nicht unbedingt alles und vor allem nicht alles
gleichzeitig , aber das wären so Dinge, von denen die
meisten Kinder das eine oder andere manchmal brauchen, wenn
sie mit ihren Klassenkameraden gemeinsam was unternehmen
wollen. Wenn z. B. die ganze Clique eine Phase hat, wo sie
sich jeden Nachmittag zum Inlinern treffen, ist es blöd, wenn
man keine Inliner hat. Na ja, und dann besorgt man die halt
als Mutter. Und da das Kind ja nicht mit Knickfüßen fahren
soll, besorgt man auch nicht die billigsten.
Ich sehe schon, wir reden hier von existentiellen Dingen.
Für das Kind gilt das gesagte und alles was an
Medikamentenzuzahlung jenseits des Eigenanteils von € 41,40
anfällt, wird von der Krankenkasse übernommen.
Wie kommst du denn auf 41,40?
Ach, das kommt nur aus dem Sozialgesetzbuch: 1% vom Jahres"gehalt".
Übrigens vergisst du die nicht
verschreibungspflichtigen Medikamente. Die müssen ganz alleine
bezahlt werden.
Das mag sein, aber müssen die auch gekauft werden? Von welchen Medikamenten redest Du denn? Ich für meinen Teil bin um die 35 Jahre ohne verschreibungspflichtige Medikamente ausgekommen, wenn man mal von einem Nasespray für 5 Euro absieht, das ich vor drei Jahren gekauft habe und noch halb voll im Schrank rumsteht - sollte ich vielleicht mal wegwerfen. Und natürlich nicht zu vergessen die Flasche Hustensaft für 7 Euro irgendwas, die ich ungefähr alle zwei Jahre kaufe. Und irgendwo liegt noch eine Verpackung Paracetamol rum, die auch einen weltbewegenden Betrag gekostet hat, als ich sie vor einigen Jahren vor einem Auslandsurlaub kaufte, weil ich gerade eine Grippe auszubrüten schien.
Das ganze Zeug wäre mir natürlich verschrieben worden, wenn ich hätte zum Arzt gehen wollen. Also: Was sind das für nicht verschreibungspflichtige Meidkamente, die man unbedingt braucht und für die jeder Hartz IV-Haushalt die geerbten Vasen bei Ebay verkaufen muß?
So, und nun das goldene Schlußwort: Ich bin mir bewußt, daß dieser Artikel stellenweise sarkastisch ausgefallen ist, aber ich höre mir hier immer den gleichen Mist an. Es werden bedauernswerte Einzelfälle von Menschen angeführt, die tatsächlich ohne eigene Schuld nicht wissen, wie sie über die Runden kommen sollen.
Unterschlagen werden die Fälle, die die Hälfte ihrer Grundsicherung (und der ihrer Kinder) für Alkohol und Zigaretten druchbringen, sich teuer und falsch von Pappe und Wolle ernähren (sprich: Fertigessen aus dem Supermarkt und von Burgerketten) und meinen, daß DVD-Player und Spielekonsolen zum heutigen Lebensstandard gehören.
Das wäre ja alles kein Thema, wenn mir auch nur ein einziger der Kämpfer für die Rechte der Verdammten mal belegen würde, welche der beiden Fraktionen welchen Anteil an den Hartz IV-Empfängern ausmachen.
Gruß,
Christian