Julia in Singapur

Sicher ist nur, dass Du in SIngapur nachts bei offener Tuer
schlafen kannst.
Dass blonde Maedchen, sexy angezogen nachts ausgehen koennen
ohne SOrge zu haben. Das mach mal iN berlin odfer Frankfurt.
Also es bewirkt schon eine Menge

Das ist richtig. Kleinkriminalität ist in (gut funktionierenden) Diktaturen (siehe DDR - konntest Du auch bei offener Tür schlafen, siehe Nazideutschland) immer geringer als in freien Demokratien. Das ist der Preis der Freiheit.

99% ist sicher zu hoch. Mag in Deinem Umfeld stimmen, kann ich
nicht beurteilen, klar. Aber bundesweit ist es zu hoch.
Außerdem: was hat kiffen mit Drogenkonsum zu tun?

Kifft man denn keine Drogen?

Gekifft wird normalerweise Hasch, also keine Droge.

Hallo,

ich kann dich da voll verstehen.

Es ist mir klar dass die Medien da so einen wind machen… ist eine gute Story.

Aber warum sollte Singapur gerade die Deutsche verschonen? Da sind schon ganz andere Ausländer gehängt worden.

Wer in Singapur lebt weiss das und wer trotzdem mit 600g Haschisch erwischt wird hat es eben riskiert. Egal wer einen da angeblich mit reinzieht.

Wenn mein Freund Drogenhändler ist sollte ich mich eben in Singapur schnellst möglich von Ihn verabschieden.

Ok. Ich finde es auch krass, daß hier jemandem die Todesstrafe droht und im Lokalteil meiner Zeitung ein 18-jähriger mit warens 3 oder 9 Kilo zu 31 Monaten Jugendstrafe verurteilt wird.

Aber jedes Land hat sein lokales Recht. Und da kann man eben nichts machen.

Gruß Ivo

Die Amerikaner haben auch in ihrer Verfassung stehen, dass sie
jedes Land angreifen duerfen, dass sich gegen IHRE Gesetze
verhaelt. Naja, die Ergebnisse kennen wir ja

Sie handeln gegenwärtig wohl danach. Aber in der Verfassung steht das wohl kaum.

Hallo Salzmann,

hier kurz und knapp meine Meinung. Für mich gibt es 2 Fakten:

  1. Drogenhandel zu bestrafen ist legitim.

ja. wenn es verboten ist alle mal.

  1. Die Todesstrafe ist aus Gründen des Menschenrechts nicht
    legitim.

stimmt, steht in Singapur aber leider nicht zur Debatte.

Ergo: Gegen die Todesstrafe (wohlgemerkt: nicht gegen eine
Bestrafung) für die besagte Frau sollte die deutsche Regierung
alle notwendigen und sinnvollen Mittel einsetzen.

Falsch! einsetzen gegen die Todesstrafe GENERELL ja. Aber warum soll für eine deutsche da unten anderes Recht herrschen wie für Einheimische oder andere Ausländer?

Die Diskussion über andere Kulturen und Rechtssysteme mag aus
wissenschaftlicher Sicht interessant sein.
Man kann aber m.E. nicht seine eigenen Werte verraten, nur
weil man „lieb“ zu fremden Kulturkreisen sein möchte. Sonst
wären es keine Werte, sondern gar nichts.

Wie schon gesagt: Generell ja, im Einzelfall nein. Wobei es natürlich denen Ihr verdammter Job ist, so was zu tun.

Gruß Ivo

Hallo Michael,

Sowohl aus Prinzipiellen Moralischen Gründen als auch aus rein
praktischen Erwägungen lehne ich die Todesstrafe kategorisch
ab.

Stimme dir hier voll zu.

Todesstrafe für Mörder in den USA ist schlimmer als Todestrafe
für Drogenhändler in Singapur. Hängt das jetzt mit dem Delikt
oder mit dem Staat zusammen…

Hmm… das ist eben unser Werte System. Wir können so was nicht verstehen. Immerhin handelt es sich hier um einen Stoff, der bei uns überall zu kriegen ist und bei dem wir eigentlich bald wohl eine Freigabe erleben werden, die ja sogar die Gewerkschaft der Polizei fordert.

Allerdings schätze ich, dass sich die Regierung ebenfalls für
die Junge Frau einsetzten wird. Die Botschaft dürfte ja für
eine kompetenten Rechtsverdreher gesorgt haben. Wesentlich
mehr kann man derzeit wohl nicht machen, ausser die
Ermittlungsarbeiten sorgfältig verfolgen.

Stimmt und das ist auch gut so. Das ist denen Ihr Job.

Dir Frage ist nur, ob moralische Entrüstung der Delinquentin
irgendwas hilft? Wohl eher nicht, wie der Fall eines
Holländers gezeigt hat, den sie in Singapur (oder war´s
Malaysia) wg ein paar Kilo Heroin hingerichtet haben, trotz
(oder vieleicht wegen) massiver offener Intervention der
Holländischen Stellen. Hauptaufgabe der deutschen Diplomatie
muß es sein, die Angeklagte aus dem gröbsten rauszuhauen, OHNE
das die lokalen Stellen glauben, dass sie dabei Ihr Gesicht
verlieren. Immer Gesetz den Fall, dass es zu einem
entsprechenden Schuldspruch kommt.

Yes!

Wir werden sehen, wie der Prozess ausgeht.

Wobei dir Angeklagte sicher bessere Chancen hat wie viele
andere, eben wegen der Unterstützung durch das
Konsulat/Botschaft. Manchaml ist es ganz gut, einen Deutschen
Pass zu haben *g* (Auch wenn das Botschaftspersonal nach
dieser Nachricht erstmal herzhaft geflucht haben dürfte) Man
soll in solchen Fällen den Leuten vor Ort vertrauen, die
werden sicher ihr Bestes tun, und sie haben den besten
Einblick in die Situation. Von Deutschland aus gesehen ist
Singapur sowohl räumlich als auch geistig ziemlich weit weg.

Richtig.

Die Tränendrüsenbearbeitende Berichterstattung im Stile
„Muß dieses schöne junge Mädchen sterben“ Ist allerdings mehr
als peinlich. Wäre es weniger schlimm, wenn es ein hässlicher,
alter Mann wäre?
Ausserdem, wenn sie die ihr zur Last gelegten vergehen
tatsächlich begangen hat, dann ist das schlichte Blödheit. Das
ist nicht tragisch, sondern einfach nur traurig…

Ein gutes Schlusswort.

Gruß ivo

hier sieht man nur das geschriebene wort, und nicht, wie irgendjemand was meint. dann kennzeichne doch bitte künftig deine von mir unverstandene ironie als solche.

so oder so
Hallo Marion,

Soweit mir bekannt ist, wurde dir Frau vergewaltigt.

das ist das, was sie ausgesagt hat. Ob das inzwischen von den Gerichten auch so gesehen wird, weiß ich nicht. Ich habe im Brett „sonstiges“ einen Link zu einem Artikel einer nigerianischen Zeitung abgesetzt, hab ihn aber nicht nochmal auf entsprechende Aussagen oder Zwischentöne hin überprüft. Ganz einfach deshalb, weil bei mir der Schwerpunkt der Betrachtung auf der nicht akzeptablen, drohenden Strafe liegt. Das „Zustandekommen“ des Kindes ist für mich für diese Betrachtung nicht relevant.

Gruß
Christian

P.S.
Wobei ich mit dieser Aussage eine mögliche Vergewaltigung nicht relativieren will. Ich denke aber, das hast Du schon verstanden, aber vielleicht einige andere nicht :wink:

Hallo Ivo,

  1. Drogenhandel zu bestrafen ist legitim.

ja. wenn es verboten ist alle mal.

Klar, davon bin ich ausgegangen.

  1. Die Todesstrafe ist aus Gründen des Menschenrechts nicht
    legitim.

stimmt, steht in Singapur aber leider nicht zur Debatte.

Es droht die Todesstrafe, die Todesstrafe halte ich aus den genannten Gründen für illegitim - also steht das zur Debatte.
Wo ist da ein Widerspruch?

Falsch! einsetzen gegen die Todesstrafe GENERELL ja. Aber
warum soll für eine deutsche da unten anderes Recht herrschen
wie für Einheimische oder andere Ausländer?

Das ist in meinen Augen bigott:
„Generell habe ich etwas dagegen, im konkreten Fall aber nicht…“

Natürlich gibt es keine Rechtsmittel von deutscher Seite gegen ein solches Urteil.
Nur bleibt es aus meiner Sicht (egal, ob es sich um In- oder Ausländer handelt) aus oben genannten grundsätzlichen Überlegungen zu verurteilen.
Im Fall eines deutschen Staatsbürgers kommt die Sorgepflicht hinzu.

Wie schon gesagt: Generell ja, im Einzelfall nein.

siehe oben zu „bigott“

Gruß,
Salzmann

Das war der längste Thread welchen ich in w-w-w gelesen habe, weil es nach so vielen Zuschriften eigentlich fad wird. Diesmal habe ich es durchgehalten und mir fehlt ein Argument:

Julia sollte sofort freigelassen werden (ob schuldig oder nicht, ist egal) denn die Haschisch-Süchtigen brauchen Nachschub.

Stellt Euch vor, wieviele Schüler und sonstige junge Menschen nach Drogen lechtzen, ohne welche zu bekommen, weil ihr gewohnter Dealer festgesetzt wurde. Und wieviele Eltern solcher jungen Menschen unerträgliches erleiden müssen, weil die Kinder mangels an Nachschub unwirsch geworden sind.

Also Landesgesetze hin und her, Todesstrafe gut oder nicht gut, alles egal, das wichtigste Argument in dem Thread fehlt:

>>> Warum müssen die armen Süchtigen den Entzug erdulden?

hier sieht man nur das geschriebene wort, und nicht, wie
irgendjemand was meint. dann kennzeichne doch bitte künftig
deine von mir unverstandene ironie als solche.

Damit ist der von mir im zweiten Absatz formulierte Fall eingetreten.

ja ja exc. deine profs musste überzeugen. nicht mich. da hast dann sicher mehr glück, das wirste sicher brauchen.

*** (o.w.T)

endlose Diskussion um die Todestrafe…
Hallo Mike!

O.T. *krötkröt*
‚Krötchen‘ kommt von Schildkröte, ich finde auch ‚Kröti‘ hübsch, aber den Nick hat eine Myriam in der mail Adresse, und abkupfern will ich nicht. (wenn gleich das mein Nick in anderen Foren ist *g*)
Warum Schildkröte? Mein Opa legte mir als ich 1 Jahr alt war eine Plüschschildkröte in die Wiege, wir sind durch ‚Dick&Dünn‘ (ja, Einzelkinder müssen zusammen halten, he,he), und seither faszinieren mich die alten, weisen (=Fabelgestalt), und schweigsamen Kaltblüter. Ein bischen sollte man sich mit einem Nicknamen idendifizieren können, ich frage mich amüsiert, wie ein User ‚Trüffelsau‘ sich sieht. :smile:
*krötkröt*

On topic:

Ich habe mal das Archiv durchsucht, zum Stichwort Todesstrafe, da wurde ja schon heiss diskutiert!
Und es scheint tatsächlich so zu sein, der der Prozess, der dem Angeklagten gemacht wird, weitaus mehr Kosten schlägt, als lebenslange Haft…(irgendwie krank)

Und das Argument ‚Abschreckung‘ verläuft sich auch im Wind…wie Du schon erwähntest, dadurch, dass potentielle Straftäter eh dem Tod ins Auge blicken, haben sie nichts zu verlieren, und dass macht einen skrupelosen Menschen noch mehr zur tickenden Bombe.

Interessant fand ich ein Befürworter-Argument: Vergeltung, und zwar nicht als Rache gemeint, sondern, dass ein Mörder ebenso durch einen gewaltsamen Tod um Lebens kommen soll, wie sein Opfer (was ja auch unfreiwillig aus dem Leben gerissen wurde)

Und wiederum kann man sagen, dass man sich auf gleiche Stufe mit dem Mörder stellt, man kein Recht hat anderen das Leben zu nehmen.
(Hattest nicht sogar Du etwas von Tötung aus Gewinnsucht geschrieben, wenn man davon ausgeht, Straftäter aufgrund von ‚Einsparungen‘ aus dem ‚Weg zu räumen‘?)

Also ehrlich gesagt, ich weiss nicht, ob ich dafür oder dagegen sein soll, denn wenn mir jemand das Liebste rauben würde (gewaltsam!!), dann würde ich rot sehen…und sicher auch kaum einen juristischen Unterschied zwischen Todschlag, und Mord.
Aber da kommt der Urtrieb raus: Rache, gleiches mit gleichem…und das sind niedere Instinkte; aber wer macht das einer Mutter klar, die ihr Kind verloren hat, welches brutal ermordet wurde? (und es muss nicht immer das Bsp. Mutter-Kind sein, klar)

Das wäre wahrscheinlich wirklich mal eine Diskussion im R&E Brett wert, nur befürchte ich, dass da sofort gestöhnt wird (‚Hatten wir schon tausendmal!‘).

Deshalb danke für die Antwort!

viele Grüsse,
Nicole

Hallo Tom

Ich finde Deinen Vergleich der Fälle nicht angemessen.

Die Frauen in Nigeria und Singapore haben einen gänzlich
unterschiedlichen Bildungsstand.

Richtig, aber der Bildungsstand ist definitiv kein Kriterium
bei der Strafbemessung.
In meinen Augen ist die Todesstrafe genau so unmenschlich wie
die Folter. Beides ist abzulehnen und zu bekämpfen.

Die Nigerianerin war sich wahrscheinlich nicht bewusst, dass
sie gegen Gesetze verstiess, während es jedermann/frau, sogar
mir als Stopover-Tourist, bekannt ist, dass Drogendelikte in
Singapore drakonische Strafen verursachen.

Laß’ mal die Sache mit der Nigerianerin außen vor. Dieses
Beispiel stand nur stellvertretend für andere
unverhältnismäßige und hirnlose Strafen. Und die Todesstrafe
für 600g Hasch ist devinitiv unangemessen.

Es tut mir leid, aber wenn es tatsächlich traurig für das
Mädchen in Singapore ausgeht, dann hat sich mal wieder die
Aussage bewahrheitet: Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin
um.

Man muß doch einem jungen Menschen auch zugestehen einen Fehler
begangen zu haben. Ihm eine zweite Chance geben.
Ich toleriere den Drogenhandel in keinster Weise, aber einen
Menschen für den Besitz von Hasch (welches in manchen Kulturen
so gebräuchlich ist wie bei uns der Alk) oder Ectasy zum Tode
zu verurteilen macht mich sprachlos. Es zeigt auch wie hoch die
Achtung vor Leben in Singapur ist.

Ich war seinerzeit jedenfalls froh diesem Saubermann-Stadtstaat
wieder den Rücken kehren zu können.

PS: Der Vergleich mit einer Bestrafung in D zählt für mich
nicht, denn Drogendelikte finde ich das dt. Strafrecht zu
lasch.

Da gebe ich Dir zur Hälfte recht. Der Handel mit harten Drogen
sollte mit drakonischen Strafen belegt werden. Andererseits
will ich als Gelegenheitskiffer nicht kriminalisiert werden,
wenn ich dreimal im Jahr in meinen vier Wänden mit ein paar
Freunden eine Tüte rauche.
Man muß einfach mal die Maßstäbe neu definieren.

Gruß
Tom

_"…Zu Anfang des Jahrhunderts gab es einen General mit guten Beziehungen, der auch ein steinreicher Gutsbesitzer war, aber zu jenen Leuten gehörte - es waren ihrer allerdings schon damals, glaube ich, nur wenige -, die, wenn sie in den Ruhestand traten, fast überzeugt waren, daß sie sich das Recht über Leben und Tod ihrer Untergebenen verdient hätten. Solche gab es damals. Nun, dieser General lebt auf seinem Gut, einem Gut von zweitausend Seelen, tut groß, behandelt seine kleineren Nachbarn, als wären sie seine Schmarotzer und Narren. Er besitzt eine Meute aus Hunderten von Hunden mit fast hundert Hundewärtern, alle tragen sie Uniform und sind beritten. Und nun wirft eines Tages ein erst achtjähriger kleiner Junge, der Sohn eines Leibeigenen, beim Spielen einen Stein und verletzt den Lieblingshund des Generals am Bein. ‚Warum hinkt mein Lieblingsjagdhund?‘ fragt der General. Man meldet ihm, daß der kleine Junge einen Stein geworfen und den Hund am Bein verletzt habe. ‚Ah, du warst das‘, sagt der General und mustert ihn von oben bis unten, ‚greift ihn!‘ Man griff ihn, nahm ihn der Mutter weg, und die ganze Nacht saß er im Arrestlokal. Am nächsten Morgen, kaum ist es hell geworden, will der General in vollem Staat zur Jagd reiten. Er setzt sich aufs Pferd, umringt von seinen Schmarotzern, den Hundewärtern und Jägermeistern, die alle beritten sind, und den Hunden. Das ganze Hofgesindel ist versammelt, und vorn, vor allen anderen, steht die Mutter des schuldigen Knaben. Man führt den Knaben aus dem Arrestlokal heraus. Es ist ein düsterer, kalter, nebeliger Herbsttag, prachtvoll zur Jagd. Der General befiehlt, den Knaben zu entkleiden, das Kind wird ausgekleidet, es zittert, ist vor Angst von Sinnen und traut sich nicht zu mucksen. ‚Hetzt ihn!‘ kommandiert der General. ‚Lauf, lauf!‘ rufen ihm die Hundewärter zu, und der Knabe läuft… ‚Ihm nach!‘ brüllt der General und läßt die ganze Meute der Windhunde auf ihn los. Vor den Augen der Mutter hetzte er das Kind zu Tode, und die Hunde rissen es in Stücke! … Den General hat man, glaube ich, unter Kuratel gestellt. Nun … was hätte man mit ihm machen sollen? Ihn erschießen? Ihn zur Befriedigung des sittlichen Gefühls erschießen? Sag doch, Aljoschka!"

„Ja, erschießen!“ sagte Aljoscha leise und erhob mit einem schwachen, verzerrten Lächeln seinen Blick zu dem Bruder.

„Bravo!“ brüllte Iwan in einer Art Begeisterung. „Wenn sogar du das sagst, dann… Du bist mir ein Mönch! Sieh mal an, was für ein kleiner Teufel in deinem Herzen sitzt, Aljoschka Karamasow!“

„Ich habe etwas Unsinniges gesagt, aber…“

„Das ist es ja gerade, das ‚aber‘…“ rief Iwan. „Damit du’s weißt, Novize: das Unsinnige ist nur allzu notwendig auf Erden. Auf dem Unsinnigen beruht die Welt, und ohne das würde auf Erden vielleicht überhaupt nichts geschehen. Ich weiß, was ich weiß!“

„Was weißt du denn?“

„Ich begreife ncihts“, fuhr Iwan fort, als spräche er im Fieber, „ich will jetzt auch nichts begreifen. Ich will bei den Tatsachen bleiben. Ich habe schon längst beschlossen, nichts mehr zu begreifen. Wenn ich etwas begreifen wollte, würde ich sofort den Tatsachen untreu werden, ich aber habe beschlossen, bei den Tatsachen zubleiben…“

„Warum stellst du mich auf die Probe?“ rief Aljoscha bekümmert. „Wirst du mir es nun endlich sagen?“

„Natürlich werde ich es dir sagen. Es dir zu sagen war ja meine einzige Absicht. Du bist mir teuer, ich will nicht, daß du mir entkommst, und ich werde dich deinem Sosima (Aljoschas Abt) nicht abtreten.“

Iwan schwieg ungefähr eine Minute, sein Gesicht wurde auf einmal sehr traurig:

„Hör mich an: ich habe nur die kleinen Kinder herausgegriffen, damit es um so deutlicher werde. Von den Tränen der übrigen Menschen, mit denen die ganze Erde durchtränkt ist, von ihrer Rinde bis zum Mittelpunkt - davon will ich kein Wort reden, ich habe mein Thema absichtlich beschränkt. Ich bin eine Wanze und gestehe in all meiner Niedrigkeit, daß ich überhaupt nicht begreifen kann, wozu alles so eingerichtet ist. Die Menschen sind offenbar selber schuld: ihnen war das Paradies gegeben, sie aber wollten Freiheit und raubten das Feuer vom Himmel, obwohl sie selber wußten, daß sie unglücklich werden würden. Man braucht sie also nicht zu bedauern. Oh, nach meinem jämmerlichen, irdischen euklidischen Verstand weiß ich nur, daß es Leiden gibt, aber keine Schuldigen, daß alles unmittelbar und einfach eines aus dem anderen folgt, daß alles fließt und sich ausgleicht - aber das ist doch nur euklidischer Unsinn, das weiß ich doch, ich kann mich doch nicht bereit erklären, danach zu leben! Was habe ich schon davon, daß es keine Schuldigen gibt, daß alles unmittelbar und einfach eines aus dem anderen folgt und daß ich das weiß - ich brauche Vergeltung, sonst vernichte ich mich selber. Und zwar eine Vergeltung nicht irgendwo und irgendwann in der Unendlichkeit, sondern noch hier auf Erden und so, daß ich selbst sie sehen kann. Ich habe an sie geglaubt, nun will ich sie auch selber sehen, sollte ich aber bis dahin schon tot sein, so möge man mich auferstehen lassen; denn wenn alles in meiner Abwesenheit geschähe, so wäre das zu kränkend für mich. Ich gabe nicht dazu gelitten, daß ich, daß meine Missetaten und Leiden als Dünger dienen für irgendwessen künftige Harmonie. Ich will mit eigenen Augen sehen, wie die Hindin sich neben den Löwen legt und wie der Ermordete aufsteht und seinen Mörder umarmt. Ich will dabeisein, wenn alle plötzlich erfahren, weswegen alles so gewesen ist. Auf diesem Wunsch beruhen alle Religionen der Erde, und ich bin gläubig. Doch da sind nun die kleinen Kinder, und was fange ich mit ihnen an? Das ist eine Frage, die ich nicht zu lösen vermag. Zum hundersten Mal wiederhole ich: es gibt eine Menge von Fragen, doch ich habe nur die kleinen Kinder herausgegriffen, weil an ihnen unwiderlegbar klar wird, was ich zu sagen habe. Höre: wenn alle leiden müssen, um mit ihrem Leiden die ewige Harmonie zu erkaufen, was haben dann die Kinder damit zu tun? Sag mir das bitte! Es ist gar nicht begreifen, weswegen auch sie Leiden und mit ihren Leiden die Harmonie erkaufen müssen. Weswegen sind denn auch sie unter das Material geraten und haben als Dünger für irgendwessen künftige Harmonie dienen müssen? Die Solidarität der Menschen in der Sünde begreife ich, auch ihre Solidarität in der Vergeltung, aber die kleinen Kinder sind doch nicht mit ihnen solidarisch in der Sünde, und wenn die Wahrheit wirklich darin bestehen sollte, daß sie zusammen mit ihren Vätern für all deren Missetaten solidarisch büßen, so ist diese Wahrheit selbstverständlich nicht von dieser Welt und mir unbegreiflich. Mancher Spaßvogel wird wohl sagen, das Kind werde ohnehin heranwachsen und dann eben auch sündigen, aber nun ist ja gar nicht herangewachsen, man hat es im achten Lebensjahr mit Hunden zu Tode gehetzt. Oh, Aljoscha, das soll keine Gotteslästerung sein! Begreife ich doch, wie gewaltig die Erschütterung des Weltalls sein müssen, wenn alles im Himmel und unter der Erde zu einer einzigen Stimme des Lobes verschmelzen und alles, was lebt und gelebt hat, anrufen wird: ‚Gerecht bist Du, Herr, denn geoffenbart haben sich Deine Wege!‘ Wenn selbst die Mutter den Peiniger umarmt, der ihren Sohn von Hunden zerfleischen ließ, und alle drei unter Tränen ausrufen: ‚Gerecht bist Du, Herr!‘ dann ist natürlcih der Gipfel der Erkenntnis erreicht, und alles findet seine Erklärung. Doch da steckt ja gerade der Haken, den dem kann ich nicht zustimmen. Und solange ich noch auf Erden bin, beeile ich mich, meine Maßnahmen zu ergreifen. Siehst du, Aljosch, vielleicht wird es ja tatsächlich so kommen, daß auch ich, wenn ich diesen Augenblick noch erlebe oder auferstehe, um zugegen zu sein, am Ende mit allen zusammen beim Anblick der Mutter, die den Peiniger ihres Kindes umarmt hält, ausrufen werde: ‚Gerecht bist Du, Herr!‘ Ich will aber dann nicht rufen. Solange noch Zeit ist, beeile ich mich, mich zu schützen, und verzichte darum völlig auf die höhere Harmonie. Sie ist nicht einmal eine einzige Träne auch nur des einen gequälten Kindes wert, das sich mit den Fäustchen an die Brust schlug und in dem übelriechenden Loch mit ungesühnten Tränen zu seinem ‚lieben Gott‘ betete. Sie ist es nicht wert, weil seine Tränen ungesühnt geblieben sind. Sie müssen gesühnt werden, sonst kann es keine Harmonie geben. Womit aber soll man sie sühnen? Ist das überhaupt möglich? Etwa dadurch, daß sie gerächt werden? Doch was soll mir die Rache, was nützt es mir, wenn die Peiniger in die Hölle kommen, was kann die Hölle wiedergutmachen, wenn die Kinder schon zu Tode gequält sind? Und was ist das für eine Harmonie, wenn es noch eine Hölle gibt? Ich will verzeihen und umarmen, ich will nicht, daß noch gelitten wird. Und wenn die Leiden der Kinder dazu verwendet wurden, jene Summe von Leiden vollzumachen, die für den Kauf der Wahrheit notwendig war, so behaupte ich im voraus, daß die ganze Wahrheit einen solchen Preis nicht wert ist. Schließlich will ich auch gar nciht, daß die Mutter den Peiniger umarmt, der ihren Sohn von Hunden zerreichen ließ! Sie darf sich unterstehen, ihm zu verzeihen! Wenn sie will, mag sie verzeichen, soweit es sie selber angeht; sie mag dem Peiniger ihr maßloses Mutterleid verzeihen; aber die Leiden ihres zerfleischten Kindes zu verzeihen, hat sie kein Recht; sie darf es nicht wagen, dem Peiniger zu verzeihen, auch wenn das Kind selber ihm verziehe! Wenn sich das aber so verhält, wenn sie es nicht wagen darf, ihm zu verzeihen, wo bleibt dann die Harmonie? Gibt es denn in der ganzen Welt ein Wesen, das verzeihen könnte und ein Recht dazu hätte? Ich will keine Harmonie, aus Liebe zur Menschheit will ich sie nicht. Ich will es lieber bei den ungerächten Leiden belassen. Lieber belasse ich es bei meinem ungerächten Leiden und bei meinem ungestillten Zorn,_ selbst wennich nicht recht haben sollte. _Auch hat man die Harmonie zu hoch bewertet, es geht über meine Verhältnisse, soviel für den Eintritt zu zahlen. Darum beeile ich mich, meine Eintrittskarte zurückzugeben. Und wenn ich ein ehrlicher Mann bin, so bin ich verpflichtet, sie so bald wie möglich zurückzugeben. Das tue ich auch. Nicht Gott lehne ich ab, Aljoscha, sondern ich gebe Ihm nur erherbietigst die Eintrittskarte zurück.“

„Das ist Auflehnung“, sagte Aljoscha leise mit gesenktem Blick.

„Auflehnung? Dieses Wort hätte ich von dir nicht hören wollen“, sagte Iwan eindringlich. „Kann man denn in Auflehnung leben? Ich aber will leben. Sage mir geradeheraus, ich forder dich dazu auf, antworte: stell dir vor, du selbst errichtetest das Gebäude des Menschenschicksals mit dem Endziel, die Menschen zu beglücken, ihnen endlich Frieden und Ruhe zu geben, aber du müßtest dazu unbedingt und unvermeidlich nur ein einziges winziges Geschöpf zu Tode quälen, beispielsweise jenes kleines Kind, das sich mit den Fäustchen an die Brust schlug, und auf seine ungerächten Tränen dieses Gebäude gründen - wärst du unter dieser Bedingung bereit, der Architekt zu sein? Sag es, ohne zu lügen!“

„Nein, ich wäre nicht bereit“, sagte Aljosch leise.

„Und könntest du es für möglich halten, daß die Menschen, für die du baust, bereit wären, ihr Glück um den Preis des ungerechtfertigten Blutes eines zu Tode gequälten Kindes zu empfangen und danach für ewig glücklich zu bleiben?“

„Nein, ich hielte es nicht für möglich, Bruder,“ sagte Aljosch…_

Dann kommt der „Großinquisitor“. Das schreibe ich jetzt nicht, obwohl „der Großinquisitor“ meiner Meinung nach zu den größten Werken gehört, die je geschrieben worden sind. Phänomenal.

Ich wollte nur zeigen, dass auch klügere Köpfe als zumindest ich, keine wirkliche Antwort gefunden haben, wie mit Verbrechern unvorstellbarem Ausmasses zu verfahren ist. Und das schrieb einer, der die Todesstrafe am eigenen Leib erlebt hatte (die Soldaten hatten schon angelegt und dann wurde er in letzter Sekunde zu Sibirien „begnadigt“).

Hi Nicole
Ich kann natürlich verstehen, wenn ein Angehöriger, die Eltern oder nahestehenden personen bei einem grausigen mordfall für den Tod des Täters eintreten. Ich kann Mütter verstehen, die die Mörder ihrer Kinder umbringen.

Aber ich bin nicht mit dieser Handlung einverstanden. Der Staat ahndet derartige Taten zurecht (meist minder schwerer Totschlag)
darf nun ein Staat etwas tun, was er seinen Bürgern prinzipiell verbietet?

na ja, gehört wohl eher zu R&E *g*

Gruß
Mike

Hallo Salzmann,

Falsch! einsetzen gegen die Todesstrafe GENERELL ja. Aber
warum soll für eine deutsche da unten anderes Recht herrschen
wie für Einheimische oder andere Ausländer?

Das ist in meinen Augen bigott:
„Generell habe ich etwas dagegen, im konkreten Fall aber
nicht…“

Wenn du meine Aussage so auffasst, dann hast du sie fehlinterpretiert.

Ich will damit sagen: Wenn der Deutsche Staat was dagegen hat (und das sollte er auch) dass irgendwo auf der Welt die Todesstrafe verhängt wird, dann soll er sich auch einmischen.
Aber genau das tut er ja nicht. Er meldet sich nur zu Wort wenn es um eine Deutsche geht.

Und das ist in meinen Augen sträflich falsch!

Gruß Ivo

Hallo,

Wenn du meine Aussage so auffasst, dann hast du sie
fehlinterpretiert.

Das tut mir leid.

Ich will damit sagen: Wenn der Deutsche Staat was dagegen hat
(und das sollte er auch) dass irgendwo auf der Welt die
Todesstrafe verhängt wird, dann soll er sich auch einmischen.
Aber genau das tut er ja nicht.

Vielleicht nicht ausreichend. Aber das Anmahnen fehlender Menschenrechte findet doch statt, oder? (Vielleicht - oft aus wirtschaftlichen Interessen - nicht vehement genug, das mag sein.)

Er meldet sich nur zu Wort wenn es um eine Deutsche geht.

Und das ist in meinen Augen sträflich falsch!

In meinen Augen nicht. Denn ich halte es für absolut richtig, dass Deutschland gegenüber seiner Bürger eine besondere Sorgfaltspflicht hat. Um so mehr, wenn ihnen Maßnahmen drohen, die nach deutschem Wertgefüge sowieso als falsch angesehen werden.
Gruß,
Salzmann

Hallo Marion,

vermutlich würde Herr unbekannt gerne in den entsprechenden Ländern leben: Frauen dürfen nur mit ihren Ehemännern poppen. (Prügeln darf nur der Mann.) Wenn nicht wird im Zweifelsfall *sie* eingebuddelt und zu Tode gesteinigt. Selbst Schuld!, schließlich kannte sie die Gesetze. Und die dumme, blonde ( und natürlich weibliche und westeuropäische - damit das Feindbild Nummer Eins da Oberemanze, ganz klar) Julia pöbelt rum, dass ihr Freund an allem Schuld ( sie tun’s shcon wieder, die fiesen Frauen) sei, die gehört gehängt. Ganz klar. Selbst Schuld.

Fragt sich, warum so selbstgerechte Leute nicht in diese Diktaturen ziehen, wenn’s da doch so toll ist (Das Frauebild müsste ja eigentlich auch besser ins Weltbild passen)

grüssle,
babs:-/
*kurzvormPlatzenstehend*

Frag Athene:wink:…
Hallo Mike,

spät aber doch ne Antwort:smile:. Ich denke, wir sind nah bei einander:smile:. Für mich ist es eben auch eine Frage der Fürsorgepflicht Deutschlands, sich auch um „schwärzere“ Schafe zu kümmern, die in -vielleicht auch selbst verschuldetete- Not geraten sind.

Außenbeziehungen sind *immer* irgendwie auch "*Einmischung* - weil Herr Unbekannt das beklagte. Und deshalb ist das auch immer heikel. Keine Frage. Aber hier wurde ja aus dem vielleicht falschen oder taktisch unklugen *Wie* gleich ein *überhaupt nicht* abgeleitet.

Zum Thema Berichterstattung: Hab ich nicht verfolgt, ich habe dieses Jahr, wenn’s hoch kommt 10 Stunden Fernseh geguckt:smile:…bin deshalb nicht vorbelastet.

Ich lehne die Todesstrafe und Folter aus prinzipiellen Erwägungen ab, wurschtegal, ob das die Amis betreiben (was sie da mit den Taliban im Straflager veranstalten finde ich völlig indiskutabel, aber ich will keine neue Diskussion anfangen) , die Nigerianer oder die Leute in Singapore.

Ich denke schon, dass man nicht nur auf einer prinzipiellen Ebene auf dem internationalen Parkett darüber diskutieren sollte. Sondern auch konkret und individuelle Hilfe zukommen lassen sollte, erst das macht uns zum humanistischen Menschen, Menschen konkret helfen zu wollen. Aber du hast Recht, wie man’s dann im einzelnen umsetzt muss auf jedenfall sensibel auf die jeweiligen Befindlichkeiten im Land abgestimmt sein (Gesichtverlieren etc.)

immer noch regenreiche Grüße,

babs:smile: