Kann Schokoladentorte rassistisch sein ?

Hallo,
Hamburgern und Berlinern wird vielleicht der Sprachkundler Peter Schmachthagen mit seiner Kolumne „Deutschstunde“ ein Begriff sein, in der er die Tücken der deutschen Sprache, Rechtschreibung und Grammatik beleuchtet:


In einem neueren Beitrag kann man erfahren, dass es wohl zum Glück immer noch Sprachgelehrte gibt, die sich dem P.C.-Wahn in der Umgangssprache widersetzen:

Was politisch korrekt ist, steht weder im Grundgesetz noch im Duden und ist mir in den Grenzen der Mitmenschlichkeit freigestellt wie meine Wahlentscheidung am Sonntag.
Vielleicht sollten wir uns nach dem gesunden Menschenverstand und nicht mehr nach der Magisterarbeit einer Studentin, Pardon!, einer Studierenden richten.
Vor einigen Tagen stellte sich die Frage, ob eine Torte rassistisch sein kann. Das weltbekannte Café Niederegger in Lübeck sah sich gezwungen, seine eingeführte „Mohrenkopftorte“ in Othel­lotorte umzubenennen.

und zur sog. geschlechtsneutralen Sprache:

Die „FAZ“ nennt diesen Vorgang treffend „Gender-Unsinn“. Als Gender (engl. Geschlecht) bezeichnet man die Geschlechtsidentität des Menschen als soziale Kategorie. Der Kern der feministischen Sprachkritik beruht allerdings auf einem fundamentalen Irrtum: der Gleichsetzung von grammatischem und natürlichem Geschlecht in der Sprache oder, populärer ausgedrückt, von Genus und Sexus. Das ist weder etymologisch noch in der Praxis der Fall. Dabei gehen die Feministinnen von einer sprachlichen Benachteiligung der Frauen aus, obwohl mehr als die Hälfte der Substantive feminin ist und den Artikel „die“ im Singular führt.

Schmachthagen erinnert an besondere Auswüchse dieser Kategorie:
Die Evangelische Kirche (EKD), die schon auf dem Stuttgarter Kirchentag mit den „Saalmikrofonen und Saalmi­krofoninnen“ etwas vorschnell die Ehe für alle auch auf Sachen ausgedehnt hatte, tilgte auf dem Berliner Kirchentag alles Maskuline aus dem Liedgut. Das betraf sogar Matthias Claudius’ „Abendlied“, in dem der kranke Nachbar „allen kranken Menschen“ und die Brüder der Umformulierung "nun legt euch Schwestern, Brüder" weichen mussten.

Wer denkt sich solchen Sprachschwachsinn eigentlich aus :smile:? Über Sprachattacken, wie „Großfamilie aus Rumanien“, oder „Othellotorte“, die - wie in dem Artikel zitiert wird - offenbar von „Eiferern und Wichtigtuern“ im Namen der unsäglichen Political Correctness gestartet werden, kann man ja vielleicht noch lachen; wenn dies aus vermutlich ideologischen Gründen aber -sogar auf Kirchentagen- dazu führt, dass unsere Sprache über die Grenzen der Vernunft hinaus verballhort und sogar Dichtkunst und Literatur verfälscht wird, ist das doch schlimmer als die zur Gedankenmanipulation geschaffene Neusprache in George Orwells „1984“.
Muss man sich in der Sprache denn alles vorsetzen und vorschreiben lassen? Wer weist solche Spinner in ihre Grenzen?

Gruß
rakete

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Es geht ja eben grade um das, was Orwell in 1984 ausdrücken wollte. Sprache formt Gedanken!

Neusprech ist die übersteigerte Variante der heutigen Sprache, die Orwell nutzte um das Konzept zu erklären. Das eigentliche Problem besteht nämlich heute schon. Feministen beklagen zurecht, dass die weibliche Wortform sehr oft weggelassen wird, weil sie ja im üblichen Sprachgebrauch „automatisch“ in der männlichen Wortform mit inbegriffen sei.

Der FAZ-Autor erkennt in seiner Ignoranz nicht einmal, dass er gar nicht verstanden hat um was es geht - nämlich nicht um den Genus der Wörter, sondern um den Umgang mit Wörtern, die mehrere Geschlechtsformen haben.

In diesem Zusammenhang finde ich deinen Hinweis auf Orwell durchaus erheiternd.

Und Du verkennst, benebelt durch die Gewissheit, stets auf der moralisch richtigen Seite zu stehen, dass die Umerziehung durch Sprache ein Merkmal totalitärer Systeme ist. Wer denkt, dass durch derartige sprachliche Verunstaltungen die Lebensverhältnisse von irgendwem sich zum Besseren wenden, dem ist nicht zu helfen.

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Das bedeutet, entweder hältst du unsere Demokratie für ein totalitäres System oder du hast dein eigenes Argument bereits widerlegt?

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Das ist nun wieder ein Beispiel für Scheinlogik (Du Schlawiner :wink:) .

Scheinlogik : Falsche Anwendung eines logischen Denkschemas. ‚Pirmin Zurbriggen kann gut Ski fahren. Zurbriggen ist ein Walliser. Folglich können alle Walliser gut Ski fahren.‘

Nur weil Umerziehung durch Worte ein Merkmal totalitärer Systeme sei, muss es nicht im Umkehrschluss heißen, dass eine Demokratie manipulationsfrei ist. Maipulierende Kräfte gibt es immer (z.B. politische Parteien, Interessengruppen).
Gruß
rakete

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Moin,

Die, die nicht wissen, dass ein Saalmikrofon eine Sache (ähemm… die (?) Sache) ist. :grin: Siehe auch https://www.noz.de/deutschland-welt/politik/artikel/582189/evangelischer-kirchentag-was-sind-saalmikrofoninnen

Ulrich

Hi,

Sprache verändert das Denken, und das Denken verändert die Sprache. Beides geschieht nebeneinander.
Es ist tatsächlich so, dass es im Deutschen ein grammatisches Geschlecht gibt - der Tisch ist männlich, auch wenn er pink angestrichen ist und mit geschnitzten Barockschnörkeln versehen, auch unabhängig davon, dass er eigentlich objektiv betrachtet ein Ding ist. Das ist eine rein grammatische Funktion, die mit der Realität nichts zu tun hat.
Das Denken beeinflusst die Sprache, im Kleinen wie im Großen. Wir nennen die Computermaus Maus, weil sie äußerlich einer Maus ähnelt - ovaler, grauer Körper mit dünnem, langem Schwanz.
Die Sprache beeinflusst aber auch das Denken. Das, was wir ausdrücken können, formt unsere Gedanken. Daher ist es verwunderlich für uns, dass ein Meerschweinchen nicht mit den Schweinen verwandt ist, sondern mit Bibern und Eichhörnchen. Schwein heißt es nur, weil es solche Geräusche macht.
Wer schreibt uns vor, wie wir Dinge nennen und wie wir sie kategorisieren? Niemand. Bzw. wir uns. Sprache ist ultimativ basisdemokratisch - das, was die Leute sprechen und verstehen, wird verwendet. Und wenn jemand Neger und Mohrenkopf sagen will, wird das funktionieren.
Wer entscheidet denn, dass man bestimmte Dinge nicht mehr sagt? Wir. Wer behauptet, dass es uns der Staat verbietet, sollte mir das Gesetz nennen, das das verbietet oder ahndet. Es gibt keins. Ihr werdet es alle in der Praxis unterschiedlich gehandhabt erleben: kann man einen Eisbecher mit viel Schokosoße noch Mohrenkopf nennen? Beim Menschen herrscht wohl mittlerweile große Einigkeit. aber darf man einen Schaumkuss Negerkuss nennen? Dickmann ist dan doch einfacher, auch wenn Schaumkuss druntersteht. Darf eine Frau sich Lehrer nennen oder muss sie sie Lehrerin nennen? Heißt es das Sonntagsmovie oder der Sonntagsmovie? Und warum sagen eigentlich Informatiker Rechner und alle anderen sagen Computer?
Das alles beschreibt unter anderem die Pragmatik, und die beschreibt - sie schreibt nicht vor. Was auch immer da in einer wissenschaftlichen Arbeit steht , ist am Sprecher beobachtet worden, aber es ist keine Vorschrift.
Ein Mann ist mit seinem Sohn im Auto unterwegs. Es gibt einen Unfall, der Mann ist tot, der Sohn landet schwerverletzt in der Notaufnahme. Der Arzt betritt den Raum, sieht den Patienten und bricht in Tränen aus. „O Gott, mein Sohn!“ Wie geht das?

die Franzi

Du hast völlig recht. Aber das ist hier das Problem. Eine Interessengruppe mit Einfluss in Politik, Medien und Literatur führt sich als Sittenwacht auf und hat durch eine gewisse Monopolstellung (oder mindts. eine sehr starke Basis) auch die Mittel dazu. Kritiker werden abgekanzelt und in die „rechte Ecke“ gedrängt (Rassismus, Frauenfeindlichkeit, bla, schwafel).
Das Sprache gelebt wird ist den Dogmengebern völlig schnuppe. Auch wenn sich Angehöriger bestimmter Geschlechter und Ethnien gar nicht sprachdiskriminiert fühlen und das selbst völlig unverkrampft sehen (wie z.B. auch bei dir als Frau), soll die Sprachregelung trotzdem allen übergestülpt werden.
Gruß
rakete

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Regenbogenfamilie?

Hi,

wer ist das denn? Ich habe engl. Sprachwissenschaft studiert. Da geschieht das gleiche, aber es gibt keine Gruppen, Lobbies, mächtige einflussreiche Menschen, … Forderungen nach zB geschlechtsneutralen oder genderspezifischen Pronomina kommen zB aus der LGBTQ-community. Die finden die Begriffe für sich selbst, verwenden sie, werden von CIS-Freunden so genannt (oder nicht, je nach gusto), sprechen darüber, schreiben Zeitungsartikel etc. Ob es sich nun durchsetzt oder nicht, werden wir im Laufe der nächsten Lahrzehnte sehen.
„They“ als Pronomen für eine Einzelperson, deren Geschlecht man nicht kennt, hat sich schon relativ weit durchgesetzt. Wer es nicht macht, darf durchaus veröffentlichen, und tut es auch.

die Franzi

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Der Arzt ist die Mutter. Weiblich, cis.

die Franzi

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Hört sich auch an, wie im Management oder IT-Seminar. Was ist das ? :flushed:

Ich glaub dagegen ist nichts zu sagen. Das wäre ein demokratischer Prozess. Aber sobald sich da z.B. ein größeres Zeitungshaus hinterstellt und das als Redaktionsanweisung rausgibt, wäre es problematisch.

Wenn hier z.B. Transsexuelle mit „Es“ bezeichnet werden, gibt es dagegen vermutlich einen mittelschweren Shitstorm.

Gruß
rakete

Hi,

LGBTQ war unfair von mir. Ich lese zu viel Englisch. LGBTQ community ist der Überbegriff für Homosexuelle, Bisexuelle, Transsexuelle und Menschen mit nicht-binärer sexueller Identität (ich habe grade gelernt, dass es dafür noch keinen festen deutschen Begriff gibt - im Englischen schon. gender queer oder nicht-binär ist man, wenn man sich sowohl als Mann, als auch als Frau empfindet, unabhängig davon, was man an seinem Körper so an sekundären Geschlechtsmerkmalen vorfindet). Cis ist das zu transsexuell: Jemand, der als biologische Frau zur Welt kommt und sich als Frau (und nicht Mann oder beides oder keines) fühlt, ist cis. Parallel für Männer. Strenggenommen habe ich es oben also falsch angewendet.
Die Zeitungen geben gegebenenfalls Reaktionsanweisungen heraus (aber ich weiß nicht welche und wann und warum und inwieweit), aber erst dann, wenn sich entweder der Sprachgebrauch bereits in der Praxis geändert hat oder es sonstige objektive Gründe gibt. Das schreibt denen keiner vor, es gibt keine Verschwörungen oder sonstwas. Natürlich haben Zeitungen macht, und sie haben Hausrecht, sie können prinzipiell mit ihrer Zeitung machen, was nicht gegen die Gesetze verstößt und sinnvollerweise auch nichts, was dazu führt, dass die Zeitung nicht mehr gekauft wird. LGBTQ ist ein Begriff, der in der brit. und amerikanischen Presse schon verbreitet ist, cis gender nicht. LGBTQ findet man auch sonst im Alltag häufiger, cis kaum. Die Zeitungen schreiben so, wie sie von den Leuten verstanden werden. Und wieso sollte es problematisch sein? Dann kauf dir halt Zeitungen, die deinem
Sprachgebrauch näher sind. Und wenn sich die Welt um dich herum verändert und plötzlich Begriffe verwendet, die du nicht verstehst, kannst Du ja immer noch fragen. Dieses they ist dt. sie: plural, und damit in der englischen Grammatik geschlechtsneutral, also frei von einer Bezeichnung für ein Geschlecht, es gibt kein Pronomen für die 3. Ps. Pl, die nach Geschlecht gekennzeichnet ist. Damit ist they tatsächlich neutral. In der dt. Grammatik hat sie (3. Ps. Pl.) die gleichen Charakteristika. „Es“ aber nicht. „Es“ bezeichnet die Abwesenheit von biologischem Geschlecht. Ein Transsexueller oder eine Transsexuelle haben aber ein Geschlecht - eben nur nicht das, mit dem sie auf die Welt gekommen sind. Wenn dir das nicht passt, dann entspricht das deinem REcht auf Meinungsfreiheit. Das einem Transsexuellen als WErtung an den Kopf zu werfen, ist grob unhöflich, und dann muss man mit dem Echo leben. Wiederum, wenn man es nicht besser weiß und eben fragt, daann wird man auch nicht gebissen.

die Franzi

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das war für @Raketenbasis gedacht.

Funzt aber eigentlich nur im Englischen.
Im Deutschen müsste hier „die Ärztin“ stehen und dann funktioniert der Witz nicht mehr.

Grüße
Siboniwe

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Zum - tatsächlich rassistischen - Begriff „Mohr“:

:paw_prints:

Noch ein Bonus-Track:

:paw_prints:

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Im Osten der Republik funktioniert das auch - die östliche Omi meines Sohnes ist beispielsweise Ingenieur.

:smiley_cat:

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stimmt, war ein englischer Witz… hätt aber gemeint es klappt im Dt.

Ich bin ehrlich gesagt entsetzt, was für eine erbärmlich geringe Qualifikation man mittlerweile vorweisen muss, um als Rassist zu gelten. Früher brauchte man noch eine solide menschenverachtende Grundhaltung, der man sich gewöhnlich auch bewusst war. Heute reicht die Weigerung, an einem sprachdiktatorischen Zirkus teilzunehmen. Kein Wunder, dass man kaum noch Fachkräfte findet…

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