letzte Begründung
Hallo Frank,
den Engels-Text oben hatten wir schon, der ist nicht neu. Schon beim letzten Mal, als du diesen Text aus dem Anti-Dühring gebracht hast, hatte ich diesen Text verworfen, und zwar aus zwei Gründen:
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Engels benutzt einen deformierten Begründungsbegriff, den auch schon Marx in seinen späteren Werken verwendet. Diesen gegen die Tradition und jeden normalen Gebrauch von Begründung gerichteten Begründungsbegriff benutzt auch du in deinen „Argumenten“, die gerade durch diese Verwendung sich selbst diskreditieren.
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Ist der Kampf gegen Dühring kein Kampf gegen idealistische Philosophie, sondern ein Kampf gegen eine besonders schwache Form von lediglich banaler, völlig simplizierender Form von „Philosophie“.
Quatsch. Ich begründe es jedesmal. Ich kann doch nicht dafür,
dass sämmtliche seiner Sätze sinnverdreht sind. Sein
Grundproblem ist, dass er sich immer auf fixe „Objekte“ (im
weitesten Sinne) bezieht aber dadurch eine objektive
Entwicklungsrichtung unterschlägt.
Du liest Kant auf einer Grundlage, die nicht in der Lage ist, von ihren eigenen Voraussetzungen zu abstrahieren, wobei ich immer noch meine, sogar Marx vor deinen Entstellungen in Schutz nehmen zu müssen. Diese Theorie verwendet die noemalen Begriffe „Subjekt“, „Objekt“, „Begründung“, „Theorie“, „Praxis“ etc. etc. in einem völlig anderen Sinn als Kant und die Theoretiker vor ihm (aber auch anders als Hegel). Deshalb ist schon aus rein semantischen Gründen die Kritik unberechtigt. Das ist wie mit dem Kinderspiel vom „Teekesselchen“, wo es darum geht, gleich lautende Wörter zu finden, die aber verschiedene Bedeutung haben, also etwa der Bart im Gesicht und der Bart am Schlüssel oder das Blatt am Baum und das Blatt Papier. Wo Kant über den Gesichtsbart redet, redet Engels vom Schlüsselbart, allerdings - wie du - ohne das selbst zu merken. Besonders schwierig wird das natürlich dadurch, dass es schon eine Gemeinsamkeit zwischen den beiden Bärten gibt, nämlich dass sie an etwas hängen (mehr aber eben nicht), und genauso ist beiden Begründungstypen gemeinsam, dass sie die Funktion haben, eine Behauptung zu untermauern. Mehr aber haben die verwendeten Begriffe nicht gemeinsam, und es ist eben nicht Kant, der hier den Fehler macht, sondern Engels resp. Marx, wobei gerade beim Anti-Dühring das besonders deutlich wird, da es sich um eine polemische Schrift handelt. In diesem Zusammenhang entstand übrigens auch der deformierte positive Begriff der „Polemik“ und solche Begriffe wie „Propaganda“ und „Rhetorik“ erhielten andere von der Tradition abweichende Bedeutungen.
Soll ich jetzt eine „Antikant“ verfassen?
Den gibt es schon mehrfach.
Metaphysik, ja. Ist aber nur eine andere Form von Idealismus.
Das ist ein schönes Beispiel für die Begriffsverwirrungen bei Materialisten, was wiederum zeigt, dass es dieser Richtung - jedenfalls in dieser besonderen Ausprägung - nicht um Wahrheit geht, sondern um Diffamierung, die den eigenen Standpunkt erhöhen soll, indem der gegnerische Standpunkt gesenkt wird. Aber dadurch dass der gegnerische Standpunkt (übrigens zu Unrecht) herabgesenkt wird, erhält man eben noch keine höheren Standpunkt im Sinne der Richtigkeit. Ja, man hat noch nicht einmal seinen Gegner wirklich getroffen, weil man gegen einen selbstgebauten Popanz kämpft, der nur eben so benannt wird, wie man es gerade braucht („metaphysisch“, „idealistisch“, „bürgerlich“ bis hin zu „unmodern“ usw.).
Offenbar kennst du den Unterschied zwischen Metaphysik und
historischem/dialektischem Materialismus nicht.
Na, wenn der Unterschied nicht größer ist, als der zwischen Metaphysik und Idealismus (aus deiner Sicht), dann gibt es wirklich keinen. Nicht ich bin es, der hier Begriffe durcheinanderwirft und miteinander vermengt. Die mangelnde Differenzierung im hM und dM ist ein Produkt der späten Lehre von Marx (nach 1848).
die Welt anhand der Verkettung ihrer Widersprüche auflöse
Ich gebe zu, dass hier ein echter Antagonismus vorliegt … *g* Was willst du denn nun auflösen, die Verkettung? die Widersprüche?? die Welt???
Aber im Zweifel ist das ja alles eins … „Idealismus“ oder was auch immer …
Mein Vater hat uns als Kind immer zum Lachen bringen wollen, indem er sagte, dieser Quatsch sei noch quätschiger als der andere. Ich habe mich immer etwas über diese sprachliche Entgleisung geärgert, aber hier bei dir scheint das wirklich zu passen …
Ich kann damit durch Analyse der Historie nicht nur
in die Vergangenheit (also auch Gegenwart) sehen, sondern
diese Sicht auch in die Zukunft extrapolieren.
Wenn ich das nächste Mal einen Wahrsager benötige, wende ich mich vertrauenvoll an dich! Ehrlich!
Mit Kants (deshalb) eingeschränkter Sicht ist das nicht möglich.
Na klar, der hatte ja keine Glaskugel … *gg*
PS: Ich will dich damit tatsächlich nicht ärgern.
Ich nehme dir sogar ab, dass du an den Unsinn glaubst. Aber dadurch wird kein Sinn daraus.
Herzliche Grüße
Thomas Miller