Lieber Norbert!:
Wenn ich keine Hoffnung hätte, würde ich hier nicht schreiben. Ich vermute, daß durch den Konsum aus der „Büchse der Pandora“ (Fernsehen) die Gemüter schon so verbogen sind, daß sie etwas ernsthaftes total verabscheuen. Inhaltlich will kaum jemand etwas wissen. Das ist schade. Denn was uns Jesus schenkt ist so großartig, das sollten wir nicht ablehnen, ohne es wenigstens zu prüfen. Ich habe eine kleine Geschichte erwähnt, die ich geschrieben habe. Ich hänge sie hier an. Bin gespannt, was Du dazu sagen wirst.
Herzliche Grüße Dein Helmut
Das Rülpsen der Erde
In den alten, goldenen Zeiten, in denen die Menschen noch aus Liebe zu Gott vollkommen nach seiner Lehre handelten, wußten sie in ihrem überlangen Leben von Geburt bis zum Tode noch nichts von einer Krankheit. Sie lebten glücklich und zufrieden und wechselten bei ihrem leiblichen Tode, gereift, in voller Klarheit und schmerzfrei ins Geisterreich. Das brachte den Versucher auf den Plan, der sich Gedanken machte, wie er denn die Menschen von Gott abwenden - und sich selbst hörig machen könnte! Da Gott seinen Geistern und Menschen die völlige Willensfreiheit gegeben hatte, ohne die sie nur Roboter gewesen wären, und da die Menschen den Einflüsterungen des Versuchers sowohl widerstehen als auch diese freiwillig in ihren Willen aufnehmen konnten, ließ er den Versucher gewähren. Der sagte sich, solange die Menschen wenig Bedürfnisse haben, solange werden sie nicht von Gott abfallen. Ich werde deshalb die Menschen so nach und nach und ohne daß es ihnen überhaupt bewußt wird lehren, Wünsche zu entwickeln, so daß ihnen als Folge Gottes Wort, das zu einem einfachen, beschaulichen Leben aufruft, nichts mehr bedeutet und sie nur noch ihren eigenen Willen gelten lassen wollen.
Gedacht, getan. Er begann damit, die Menschen von der Demut zum Hochmut zu leiten, weil das die sicherste Methode ist, um Gottes direkte Wort in den Herzen der Menschen verstummen zu lassen. Hier eines seiner vielen Mittel, das den Zweck verfolgte, daß die einzelnen Menschen ihre Vorzüglichkeit vor andern hervortun konnten, was bis dahin niemand in den Sinn gekommen war: Während die Menschen bisher in lebendigen Baumhäusern lebten, die optimal für die Gesundheit waren, wenig Aufwand machten und die sich äußerlich voneinander nur geringfügig unterschieden, sie bestanden nämlich aus einer Anzahl gerader, Stamm an Stamm auf einem Kreis gepflanzter Bäume, von denen zu Mittelbäumen Dächer geflochten waren, flüsterte er den Menschen ein, sich Häuser aus Steinen zu bauen und diese möglichst prächtig zu gestalten, um so die von Gott in den Menschen gelegte Phantasie zu ehren. Daß da unter den Menschen mit der Zeit ein Wetteifer begann, als Besitzer des hevorragendsten Hauses zu gelten, läßt sich denken. Dazu aber, statt der bisher durchweg ausgeübten Nächstenliebe: Hochmut, Mißgunst und Knechtschaft.
Als nächstes kümmerte er sich um die Lebensweise und Ernährung der Menschen, wohl wissend, daß die Empfänglichkeit für alles Übersinnlich geistige von diesen Punkten abhängt und daß andererseits die Genußfähigkeit der Menschen sich ins Unendliche steigern läßt. Bestand bisher die richtige Ernährung für die Menschen höchst einfach, zweckmäßig und billig darin, daß sie gemeinschaftlich, nach einem Dankgebet, eingenommen wurde. Wobei sie am Morgen Früchte der Bäume aßen, aber zumeist gekocht oder getrocknet, weil sie wußten, daß das viele Rohe der geistigen Sphäre schadet. Um die Mittagszeit köstliches Brot, gebacken als Fladen aus einem Teig von frisch gemahlenem Weizen oder Gerstenmehl, aus dem keine Inhaltsstoffe entfernt wurden, und reinem Wasser aus offenen Quellen, in die der Sonne Stahlen ihre heilsame Kraft hineinlegten. Und am Abend aus frisch gemolkener Milch von gesunden, auf der Weide lebenden Kühen, Ziegen oder Schafen, zusammen mit dem von den Bienen gesammelten Honig. Dazu noch einmal in der Woche, drei Tage vor dem Sabbat, ein auf dem Steinfeuer gebratenes Lamm. So verstand es der Versucher, nun die Menschen dahin zu stimmen, mit viel Aufwand zahlreiche Leckereien und Gaumenfreuden aus den genannten gesunden und vielen ungesunden Ausgangsstoffen zu bereiten, die aus solcher Küche den Menschen bald unentbehrlich wurden. Weil aber der menschliche Organismus, bestehend aus Fleischleib, Seele und Geist von Gott, nicht darauf eingerichtet war ohne späteren Schaden, zu einer Mahlzeit ein Durcheinander von vielen, verschiedenartigsten Stoffen zu verdauen, so entstanden daraufhin auch bald allerlei, bis dahin völlig unbekannte Krankheiten, Seuchen und Leiden. Diese vererbten sich von Generation zu Generation, was die Gesundheit der Menschen immer mehr herabsetzte, wodurch der Ärztestand begründet wurde. Die Ärzte heilten im Anfang ihre Patienten dadurch, daß sie diese wieder auf den richtigen Weg zur Einfachheit zurückbrachten. Später aber entwickelten sie Mittel, durch welche die Genußsucht der Menschen nicht eingeschränkt werden mußte, was im allgemeinen dazu führte, daß die Menschen wie narkotisiert den Einflüsterungen des Versuchers ständig unkritischer gegenüberstanden und ihre Gefährlichkeit immer weniger erkannten.
Als drittes verfolgte er einen besonders wirksamen Plan, die Menschen völlig in einen Sumpf von Begierten und Leidenschaften zu stürzen, aus denen sie schwerlich oder nie mehr herauskommen sollten. Er verstand es, neben anderen Greueln, die ich nicht nennen will, durch seine Einflüsterungen den bisher geheiligten Akt der Zeugung, vor welchem die Menschen jeweils Gott um den Segen anflehten und den Akt nur so oft ausführten, als es zur Befruchtung notwendig war, zu verändern. Der Ge-schlechtsverkehr diente nun nicht mehr in erster Linie der Zeugung eines Menschen, sondern wurde jetzt hauptsächlich des wohltuenden Gefühles wegen vollzogen, was von Gott aber nur als Nebenzweck, quasi als Lohn der Zeugung gegeben war. Freilich kam dem Versucher hierbei seine schon ins Werk gesetzte verderbliche Umstellung der Ernährung auf Leckereien zu Hilfe, die in den Menschenleibern Gärungen hervorriefen, die ihrerseits, wenigstens zeitweilig, zur erhöhten Reizempfindlichkeit und Steigerung der Geschlechtslust führten. Was aber war hier die Folge? Durch die Vergeudung der besten Kräfte wegen des oftmaligen Verpuffens der aller edelsten, seelenverwandtesten Lebenssäfte verloren die Menschen ihre Hellsichtigkeit, durch die sie auch zum Verkehr mit Geistern befähigt waren, und konnten deshalb schwerlich mehr etwas Geistiges fassen. Aber nicht nur das. Der Drang nach immer mehr Genuß führte dazu, daß die Frau nicht einmal nach der erfolgten Empfängnis vom Mann in Ruhe gelassen wurde und daß durch die Nachzeugungen während der Schwangerschaft das Kind schon im Mutterleibe verdorben wurde und geschwächt zur Welt kam, was sich besonders beim Aufbau des Gehirns nachteilig bemerkbar machte, wo nun nur noch lediglich im Gehirnzentrum die regelrechte Pyramidalform der Gehirnzellen zum Vorschein kam. Das Ergebnis aber war, daß nun bei den betroffenen Menschen durchaus noch ein überaus scharfer Verstand möglich war, freilich auf einem eng begrenzten materiellen Gebiet, daß aber von der früher möglichen, universalen Bildung auf geistigem und materiellem Gebiet nicht mehr die Rede sein konnte. Was das bedeutet, kann man nur verstehen, wenn man sich vor Augen hält, daß durch die gewinnsüchtigen Unternehmungen der Menschen die Erde als Wohnstätte zwar unbrauchbar gemacht, aber nicht mehr in den ursprünglichen, vollkommenen und lebenswerten Zustand zurückversetzt werden konnte. Inzwischen war der moralische Niedergang der Menschen auf allen Gebieten so weit fortgeschritten, daß alle Werte verdreht waren und das Schlechte als gut und das Gute als schlecht angesehen wurde. Parallel dazu blieben die negativen Auswirkungen der Zivilisation mit ihrer auf die höchste Spitze getriebenen Industrie aber auch nicht ohne Folgen, so daß, kurz gesagt, die Erde, die für sich selbst nicht nur ein toter Klumpen, sondern ein lebendiger, allerkunstvoller übergroßer Organismus ist, sozusagen rülpste. Dies bewirkte eine umfangreiche Umgestaltung der Erdlandschaft, bei welcher Gelegenheit über die Hälfte der Menschheit den Tod fand.
Nach den fürchterlichen Umwälzungen aber, bei welchen vor allem die festesten Anhänger des Versuchers ins Geistreich befördert wurden, begann eine neue Area der klüger gewordenen Menschheit nach dem bewährten Muster der alten goldenen Zeit…