Hallo!
Es gibt eines, was mich immer wieder aufregt und das ist der Versuch den Täter und das Opfer immer gegeneinander auszuspielen. Täter und Opfer stehen sich weder im Strafprozess noch im Strafrecht als Gegner gegenüber und das soll auch nicht so sein.
Wiederum allgemein gesehen vielleicht ein Rechtsvergleich (der sich jetzt wohlgemerkt nicht konkret auf Sexualstraftäter bezieht): in Österreich gibt es kaum vorzeitige bedingte Entlassungen (das ist in Deutschland die vorzeitige Entlassung auf Bewährung). Bei uns sitzen über 90% der zu einer Haftstrafe Verurteilten die gesamte Strafe ab.
In der gesamten Kriminalstatistik wirkt sich das allerdings im Vergleich zu Deutschland so aus, dass die Rückfallsquoten bei uns höher sind, bei gleichzeitig höheren Kosten für Gefängnisse.
Weiters wurden in den letzen Jahren die Haftstrafen bei geringfügigen Delikten verschärft, also es wurden die Grenzmengen (Grenze zwischen geringer und großer Menge) im Suchtmittelgesetz gesenkt, sodass man zB sogar bei Cannabisbesitz relativ leicht ins Gefängnis kommt.
Gleichzeitig hat man bei der Prävention gespart, also zB beim Personal bei Polizei und Gendarmerie sowie Präventionsprogrammen außerhalb des Sicherheitsapparates. Die Devise war: Härte gegenüber dem Verbrechen zeigen - was vor allem auf die Regierungsbeteiligung der FPÖ zurückging.
Das Ergebnis war insgesamt eine höhere Kriminalitätsrate, eine höhere Rückfallsquote bei höheren Gefängniskosten. Die Abschreckungswirkung der Strafverschärfung selbst war gleich null.
Jetzt wird de lege ferrenda diskutiert, wie man die vorzeitigen bedingten Entlassungen wieder forciert und hat diesbezüglich gerade das deutsche Beispiel vor Augen, welches sich besser bewährt hat als unsere Regelung (dafür haben die Deutschen wieder bei der Zivilprozessreform die Österreicherischen Regelungen zum Teil als Vorbild vor Augen gehabt - so ist das eben:wink:
Ich will jetzt nicht sagen, dass man das jetzt 1:1 auf Sexualstraftäter übertragen kann und ich habe auch nichts gegen eine Diskussion darüber, aber man sollte nicht einzelne Dinge herausnehmen und die Gesamtheit ignorieren. „Ganzheitliches Denken“ ist doch eh so ein modernes Wort. Im Sexualstrafprozess muss man zB auch bedenken, dass Urteile falsch sein können: Probier dich mal als Mann, beschuldigt von einer Frau, vor einem Richtersenat mit Frauenmehrheit zu verteidigen - ich hab das mal live als Zuschauer erlebt und war heilfroh, nicht der Beschuldigte gewesen zu sein (der sich übrigens schlussendlich dann doch als unschuldig herausgestellt hat - aber erst in der Instanz - so gesehen hat das System dann insgesamt doch funktioniert. Den Strafprozess wird der aber sicher sein ganzes Leben nie vergessen und wer denkt an diesen Mann?)
Gruß
Tom