Hallo,
der inflationäre Gebrauch eines Begriffs wie „übergriffig“, und ich unreflektierte Feststellung, dass ein Verhalten „übergriffig“ sei, kann natürlich nur zu falschen Schlussfolgerungen führen. Wenn man schon meint, strafrechtliche Assoziationen wecken zu müssen, indem man von einem „Übergriff“ in die Rechte eines anderen spricht, dann sollte man sich auch mal mit strafrechtlichen Bewertungsregeln auseinander setzen. Und dabei spielen dann Dinge wie Tatbestandsmäßigkeit und Vorsatz eine entscheidende Rolle.
Einen Menschen anzufassen ist - auch wenn sich dies viele Leute nicht vorstellen können - grundsätzlich nicht sanktioniert. Und auch jemand hoch zu heben, irgendwo hin zu setzen, … stellt für sich genommen keinerlei sanktionierbares Verhalten dar. Jemanden auf Höhe eines durchschnittlichen Spielgerätes zu setzen ist auch keine Freiheitsberaubung, weil man da problemlos wieder runter kommt, …
Also schon bei der Findung irgendeines Straftatbestandes, der auch nur ansatzweise verwirklicht sein könnte scheitert man hier kläglich. Und wird man wohl akzeptieren müssen, dass ein solches Verhalten noch in der Bandbreite dessen liegt, was sozialadäquat ist. Deshalb muss man dies noch lange nicht für richtig halten, aber „übergriffig“ mit der Diktion „muss bestraft werden“, ist es also ganz offensichtlich nicht.
Betrachtet man sich trotzdem mal ganz isoliert die Frage eines Vorsatzes, wird man in diesem Verhalten auch keinerlei Vorsatz erkennen können, dem Jungen irgendwie schaden zu wollen. D.h. selbst wenn man hier irgendetwas an Tatbestandsmäßigkeit konstruieren wollte, einen wie auch immer gearteten Vorwurf eines Vorsatzes wird man hier auch nicht machen können.
Also sollten wir doch bitte nicht zu Lasten der wirklich vorwerfbaren, und üblen Fälle von „Übergriffen“ hier eine inflationäre, verwässernde Ausdehnung entsprechender Begrifflichkeiten vornehmen. Das schadet Opfern echter Straftaten, das wirft Menschen in einen Topf, die Dinge getan haben, die in keinster Weise irgendwie vergleichbar vorwerfbar wären, und schafft ein völlig falsches Bild gegenüber unbeteiligten Dritten.
Niemand, der im besten Willen und mit bester Absicht, ein ihm bekanntes Kind zum Spiel animieren will, muss sich mit jemandem in einen Topf werfen lassen, der Kindern zur Befriedigung sexueller Lust in die Unterhosen greift, und kein Opfer einer solchen Tat muss es sich gefallen lassen, diese dahingehend Bagatellisieren zu lassen, dass diese mit einem „ein Kind wurde von einem Bekannten hochgehoben“ gleichgesetzt wird.
Und was an dem Spruch bzgl. Übernachtungsmöglichkeit „demütigend“ sein soll, erschließt sich mir auch nicht ansatzweise. Das tatsächliche oder auch mal nicht ernst gemeinte Angebot, bei Freunden übernachten zu können, ist doch wohl die normalste Sache der Welt.
Gruß vom Wiz