Hallo
Gibt es
da nichts wichtigeres?
Es gibt einfach Menschen, die leiden unter ihrem geringen
Einkommen. Die spüren es täglich, und nicht nur als Idee im
Kopf, sondern tatsächlich an der Lebensqualität.
Ok, aber leiden sie mehr, weil einige wenige viel verdienen? Sollte er nicht eher daran interessiert sein, seine eigene Situation zu verbessern als die der anderen zu verschlechtern? Oder geht es ihm relativ besser, wenn andere schlechter verdienen?
Manche arbeiten hart für
5 Euro die Stunde und verdienen im Monat so viel wie andere an
einem Tag. Wo man jetzt die Grenze ziehen will ist eine
Detailfrage, die hier so allgemein nicht beantwortet werden
kann.
Richtig. Darum lohnt es sich auch gar nicht, über den
Verdienst zu debattieren.
Wieso? Es geht hier in erster Linie um die Extremverdiener
(extrem wenig und extrem viel). Wieso kann man nicht darüber
debattieren?
Wann fängt denn bei Dir Extrem an? Deine Detailfrage ist nämlich schon sehr wesentlich.
Mir ist es z.B. absolut wurscht, was ein
Ackermann verdient. Warum kann es den anderen nicht auch
wurscht sein?
Das kommt einfach auf den Leidensdruck an. Es gibt relativ
viele Menschen, die nur am rumhetzen sind, und hinterher nicht
viel mehr haben als ein Harz4-Empfänger (z. B. durch höhere
Ausgaben; keine Zeit, günstig einzukaufen; hohe Kosten durch
den Zwang, repräsentativ auszusehen; usw.)
Wo ist jetzt der Zusammenhang zu Ackermann? Haben die Leute, die rumhetzen, mehr Zeit, wenn Ackermann weniger verdient?
Wieso soll einer, der es schlecht hat, nicht neidisch sein auf
einen, der es viel besser hat? Das ist doch normal. Wenn es
mir gut geht und wenn ich genug habe, dann interessiert es
mich natürlich tatsächlich nicht, ob ein anderer noch hundert
mal mehr hat als ich. Aber wenn es mir nicht gut geht, kann
interessiert es mich natürlich wohl.
Warum? Meinst Du, es geht Dir besser, wenn es anderen schlechter geht?
Dann die Diskussion mit der Offentlegung von gehältern. Wen
interessiert es, außer dem Hartz4-Empfänger? Was hat man von
dieser Information als Normalbürger?
Was hat denn der Hartz4-Empfänger davon?
Der Normalbürger, aber auch der Hartz4-Empfänger könnte sich
dann doch überlegen, ob er Lust hat, z. B. den Herrn Akkermann
mitzufinanzieren, indem er ein Konto bei der Deutschen Bank
hat. Warum soll er das nicht tun? Warum soll es besser sein,
wenn die Bürger selbstzufrieden vor sich hinleben, und die
Großkopferten ungestört machen lassen?
Wenn jemand seine Bank auswählt nach den Kriterium Gehalt des Vorstandsvorsitzenden, dann hat er irgend etwas nicht verstanden. Ich wähle eine Bank nach Kriterien wie Zinsen, gute Beratung, Filialdichte, möglichst wenig Kosten und Kompetenz. Da interessiert mich maximal mein Sachbearbeiter und nicht der Vorstandsvorsitzende; bei meiner Bank weiss ich nicht mal, wie der heisst, geschweige denn, was er verdient.
Ich glaube nicht, dass durch solche Debatten irgendein Neid
geweckt wird, der nicht schon vorher da ist. Es wird nur
daruber gesprochen, und das kann nicht schlecht sein.
Soso, plötzlich ist Neid positiv? Als Motivation lass ich es noch gelten, aber sonst? Neid ist eine der sieben Todsünden, auch die 10 Geboten handeln davon („Du solllst nicht begehren deines nächsten …“). Und wenn ein Kind neidisch auf das Spielzeug des anderen ist, so wird jeder vernünftige Elter versuchen, hier gegen zu steuern.
Und neidisch werden die Menschen nur, wenn sie sich ungerecht
behandelt fühlen. Ein als gerecht und verantwortungsvoll
angesehener König wird nicht von seinen Bauern beneidet.
Das klingt jetzt aber schon ein wenig wie aus einem Märchen abgeschrieben.
Dagegen Manager (z. B.), die - irgendwie ganz offensichtlich -
nichts anderes im Sinn haben, als sich und ihre Klientel zu
bereichern, haben es etwas schwieriger, vom Volk angenommen zu
werden.
Erstens müssen sie nicht vom Volk angenommen werden, zweitens ist es ihr Job, sich um ihre Klientel zu kümmern, drittens hat jeder das Bestreben, sich zu bereichern. Wenn sich meine Bank nicht um meine Belange kümmert, bin ich die längste Zeit ihr Kunde gewesen.
Und wenn die Leute sich zu ungerecht behandelt fühlen, machen
sie nicht mehr mit. - Ich bin zum Beispiel vollkommen davon
überzeugt, dass eine Menge Steuern deshalb nicht bezahlt
werden, weil es sehr viele Menschen gibt, die es einfach nicht
einsehen, Steuern zu zahlen, da das Steuersystem oft als
ungerecht und die Verwendung der Steuern zu oft als
verschwenderisch empfunden wird. Wenn es sehr viele solche
Menschen gibt, die es so empfinden, dann gibt es bei der
praktischen Durchführung der außerplanmäßigen Steuerersparnis
nur noch wenig Probleme.
Was ist denn ungerecht. Subjektiv erleben viele Ungerechtigkeit von ihrem Standpunkt aus, dagegen weiss ich nicht, ob es objektive Ungerechtigkeit gibt.
Ich als alleinlebender kinderloser Single halte Steuerfreibeträge für Kinder und Kindergeld für ungerecht. Ich bin ja nicht freiwillig kinderlos. Ebenso die Pendlerpauschale und Eigenheimzulage, von beidem kann ich nicht provitieren, weil ich eine relativ teure Wohnung in der Nähe meiner Arbeit habe. Aber mir zahlt keiner einen Mietzuschuss.
Natürlich weiss ich, dass diese empfundene Ungerechtigkeit nur sehr subjektiv, jede mehrköpfige Familie hat andere Sichtweisen und andere Ungerechtigkeiten.
Das ist jetzt nur ein Beispiel. Ich halte es für sehr wichtig,
dass die Menschen die Verteilung der Gelder und Güter,
Pflichten und Privilegien als wenigstens halbwegs sinnvoll und
gerecht empfinden, weil sie sonst dem Staat gegenüber unloyal
werden. Und dann kann man ja irgendwie gar nichts mehr machen.
Was bedeutet denn in dem Fall halbwegs? Ist sie nicht schon halbwegs sinnvoll? Niemand muss in Deutschland verhungern oder ohne Zuhause leben, wenn er das soziale Netzt wie vorgesehen nutzt. Wir haben ein progressiv wachsendes Steuersystem, zumindest bis zu einem gewissen Punkt.
Da gibt es in der Welt nun wesentlich schlimmere Situationen.
Und nur mal als Randbemerkung: Jeder Sportstar wird in Deutschland ob seines hohen Gehaltes beschimpft (Schumacher ist ein Steuerflüchtling, Fussballspieler sind vewöhnte Millionäre); andere Länder verehren ihre Stars als Helden, und selbst ein Beckham wird nicht beneidet, sondern bei seinem (vielleicht dekadenten) Lebensstils bewundert. Ist Neid ein nationales Problem?
Gruß
ALex