Hallo Jens,
angesichts Deiner Schilderung der Situation und Deiner Lage bedarf es schon einer „Rossnatur“, um dabei nicht krank zu werden. Wer daran zweifelt, dass Dein Arzt dich nach bestem ärztlichen Ermessen krank gechrieben hat, zweifelt an der Diagnosefähigkeit des Arzte, seiner Lauterkeit und der Richtigkeit der Krankheit. Jetzt muß Du nur mit dem Arzt genau absprechen, was Du zur Wiederherstellung Deiner Gesundheit darft und was Du vermeiden musst. (z.B. ist das Spazierengehen - nicht anstrengendes Tourengehen - sicherlich erlaubt und ebenso förderlich, wie alles, was Du zum Abschalten Deiner Gedanken und der Stresssituation nutzen kannst.) Dazu gehören sicherlich keine wilden Parties, Saufgelage etc. Wichtig ist, dass Dein Arbeitgeber oder ein Dedektiv, der auf Dich angesetzt wird (hab ich erst vor einem halben Jahr erlebt!) Dich bei einer Aktivität findet und beobachtet, die nicht im Einklang mit einer baldigen Gesung zu bringen ist. Und dazu brauchst Du u.U. die Bestätigung des Arztes. (Kannst ja Tagebuch führen, wo alle Gespräche, Antworten und Aktivitäten aufgelistet sind (mit Datum, Uhrzeit von:/bis: und falls vorhanden, „Zeugen“)
Bewerben darfst Du Dich natürlich. Aber besser nicht in der Zeit der Krankschreibung „Probearbeiten“!
Übrigens kann eine Abmahnung oder sowas incl. Kündigung auch im Krankenzustand überbracht werden. Dabei genügt schon das Einwerfen des Dokumentes vor Zeugen in den Briefkasten, wenn Du nicht aufmachst/oder nicht da bist. Damit der Termin gewahrt bleibt. Also hilft die Krankscheibung auch nicht davor. Wer also meint, jetzt wärst Du erst mal „geschützt“, der irrt! Das weiss aber nicht jeder Arbeitsgeber und meint, ihm wären die Hände gebunden. Hoffen wir, dass Dein Arbeitgeber auch dazu gehört. Dann hast Du erst mal eine Verschnaufpause.
Hast Du übrigens Kontakt mit einem Anwalt aufgenommen? Das halte ich ebenfalls für sehr wichtig. Dient u.U. auch Deiner psychischen Stabilisierung und ist demzufolge auch im „Krankenstand“ zulässig.
Ein Auflösungsvertrag kann auf jeden Fall gemacht werden. Da gibt es keine Richtlinien. Da besteht weitestgehende Vertragsfreiheit, so wie bei Arbeitsverträgen auch. Es ist ohne Bedeutung, wenn Du schon eine neuen Arbeitsplatz hast. Muss der Arbeitgeber auch nicht wissen. Auch wenn er danach fragt, bist Du nicht verpflichtet, Auskunft darüber zu geben.
Der Auflösungsvertrag mit Abfindung dient ja dazu, dem Mitarbeiter die entstehenden Verluste auszugleichen / zu minimieren. (z.B. Anrechnen der Betriebszugehörigkeit und damir größeren Kündigungsschutz, Betriebsrente und vieles mehr.) Es gibt auch keine Pflicht des Arbeitgebers, zur Zahlung einer Abfindung; es sei denn, darüber ist tarifrechtlich etwas geregelt oder es gibt eine Betriebsvereinbarung dazu. Vom Gesetz gibt es da keine Vorgaben! Auch nicht über die Höhe und deren Berechnungsformeln. Es hat sich zwar in der Rechtsprechung einiges „geregelt“, aber, das ist, wie die meisten Urteile, nicht automisch grundsätzlich bindend und in allen Fällen anwendbar. Auch hierzu sollte ein Anwalt eingebunden werden. Der ist in der Regel besser beim Argumentieren und Verhandeln. Übrigens führt ein Auflösungsvertrag bei der Anstalt für Arbeit oftmals zu einer 12 wöchigen Sperre für die Zahlung der AL-Geldes. Da ist eine Kündigung manchmal finanziell besser. Und dabei kann auch seitens des AG`s ein "Überbrückungsgeld zur sozialen Abfederung der Massnahmen " gezahlt werden, die dann steuerlich bei ausdrücklicher Erklärung auch anders - meist günstiger - bewertet wird. Weiß alles ein guter Anwalt, der auch Vor- und Nachteile ausrechnen kann.
Übrigens:Irre ich mit meiner Einschätzung, dass Du/ der BR / die Gewerkschaft mit der Rechtsberatung nicht so richtig wollt? Wenn ja, kann ich nur sagen: auf Grund meines geringen Kenntnisstandes zu Deinem Fall ist das ein massiver Fehler, der nur den Interessen des Arbeitgebers in die Hände spielt. Es sei denn, Du hast soviel Eigenanteil an der Situation,dass kein Anwalt mehr was ausrichten kann. Aber selbst dann hat ein wirklich guter Anwalt noch viel Spielraum! Überlege es Dir noch mal.
Ansonsten: Gute Besserung, viel Erfolg bei der Bewerbung und u.U. den Abfindungsverhandlungen. (Denke übrigens dabei daran, dass die Abfindung voll versteuert werden muß. Zwischen der ausgehandelten Abfindungssumme und der Nettoauszahlung klaffen bis zu 42% Steuern! Da hilft dann auch nicht die „Fünftelregelung“, bei der die Abfindung über fünf Jahre verteilt versteuert wird. Siehe „Abfindungsrechner“ im Internet.
Gruß
Bernd