Nachname als Ansprache

Hallo,

mir fällt bei deutschen Fernsehsendungen - besonders bei Krimis, vielleicht nur bei Krimis? - auf, dass sich Personen mit dem Nachnamen anreden. Beispiel gestern abend beim Tatort: Hauptkommissar Faber wird von allen mit „Faber“ angeredet.

Wie realistisch ist das? Gibt es bei euch Situationen / Umfelder, wo das üblich ist? Ich kann mich nur an Schulzeiten (vor 50 Jahren) erinnern, wo man Klassenkameraden (übrigens nur männliche) mit ihrem Nachnamen angeredet hat. Wahrscheinlich dadurch gefördert, dass die Lehrer bei uns die Jungs mit Nachnamen, die Mädchen aber mit Vornamen anredeten (ab der 11. Klasse dann mit Sie). Vielleicht ist es was, was unter Männern verbreiteter ist? (Allerdings wird es in diesen TV-Krimis von allen für einige Männer genutzt.)

In meinem Umfeld benutzt man Nachname und Herr/Frau oder Vornamen oder eventuell Spitznamen, aber nie nur Nachnamen.

GIch meine, wirklich als Anrede, nicht, wenn man über jemanden redet.

Grüße
Siboniwe

Ich habe mir schon die gleichen Gedanken gemacht wie Du :wink: .

„In echt“ kenne ich das auch nicht.

Beatrix

Hallo,

im Arbeitsleben (außerhalb von Büros) erlebe ich das durchaus noch als üblich - sowohl in der Kombination mit Sie oder Du.

Wer genau zuhört, kann die Kombination mit Nachnamen und „du“ zb sehr oft noch im Einzelhandel hören.

&Tschüß
Wolfgang

Das ist dann aber eine eher eine andere Geschichte. Das sind dann diese kuriosen: „Du, Frau Müller“, oder „Du, Herr Meyer“. Hier geht es wohl eher um das kasernenhofmäßige „Müller!“ Und genau in diesem militärischen Zusammenhang könnte man sich natürlich auch einen Reim darauf machen, dass diese Anrede über den Nachnamen - ohne Herr/Frau - tatsächlich ggf. aus den Zeiten stammen könnte, als Männer sich in großer Zahl für diverse Monate auf Kasernenhöfen wiederfanden, und die dortigen „Anstandsformen“ mit ins Zivilleben übernommen haben. Mit Abschaffung der Wehrpflicht dürfte allerdings der Nachschub an entsprechend vorgeprägten jungen Herren inzwischen nicht mehr so üppig sein.

1 Like

Hallo Wiz,

ja, ich kenne diese Art der Anrede hauptsächlich aus Uralt-Witzen, die im Soldatenleben spielen. Aber eben nicht aus dem realen Leben. Auch in handwerklichen Berufen oder den erwähnten Einzelhandel, höre ich, wenn Angestellte untereinander reden, eher Vornamen. Ich hatte bis vor wenigen Jahren öfter mit Arbeitern vom städtischen Bauhof zu tun, bzw. Hausmeistern an verschiedenen Schulen. Auch da habe ich das nie erlebt, sondern da redeten sich alle mit Vornamen an.

Grüße
Siboniwe

Hi,

als ich 1990 ein deutsches Gymnasium als Gastschülerin besuchte, hatten uns die meisten Lehrer, soweit ich mich erinnern kann, mit Vornamen angeredet, nur die Klassenlehrerin mit Fräulein XX oder Herr XY, aber alle haben uns gesiezt.

Ich kann mich dunkel erinnern, das irgendwo mal aufgeschnappt zu haben, dass „man“ sich früher bei der Bundeswehr nur mit dem Nachnamen angesprochen hat (der war ja auch immer gut lesbar an der Brust angebracht), was auch deine Frage

quasi beantworten würde, denn früher gab’s ja nur Männer beim Bund.

Ach ja, ich sehe gerade, Wiz hat auch was vom Kasernenhof geschrieben. :smile:

Gruß
Christa

Hi,

Sauerländer Antwort unter „Kollegen“
Männer werden einfach häufig mit Nachnamen genannt (bei mach einem frage ich mich, ob die überhaupt einen Vornamen haben). Warum? Ist halt einfach so.
Frauen: kommt darauf an. Ich nenne manch wenige Frauen, gute Bekannte, auch manchmal nur beim Nachnamen so ungefähr: Hömma Bräuer, hast du das schon gemacht…

Ich wurde in der Schule meist mit Nachnamen oder auch später Spitzenamen angeredet, das lag aber daran, dass mit meinem Vornamen noch mehrere Damen in der Klasse waren. Nix in der Art Frau Meyer, sondern eher Meyer…

Gruss,
Little.

Also ein regionales Ding.

Bei uns war die Anrede von Schülern (von Lehrern, aber auch untereinander) geschlechterbedingt. Wir waren in der Oberstufe nur 11 Leutchen in der Klasse, davon 6 Mädchen und von denen hießen drei Ute. Dennoch wurden die von Lehrern mit Vornamen angeredet, eventuell, wenn Blickkontakt nicht funktionierte, süffisant mit „Fräulein Nachname“ (das Fräulein starb irgendwann zwischen meiner Zeit in der Oberstufe und dem Anfang des Studiums aus). Die Jungs wurden von den älteren Lehrern mit Nachnamen angeredet, aber untereinander benutzen wir Vornamen (eine Ausnahme: ein Junge hatte einen kurzen Nachnamen, der auch als Vorname existiert).

Aber danach habe ich das nie mehr erlebt.

Grüße
Siboniwe

Hallo,
in den Sechzigern wurden wir von den Lehrern oder Klassenkameraden oft einfach mit dem Nachnamen angeredet. Ich habe es immer irgendwie verletzend gefunden.

Bei den Krimis sehe ich es als Stilmittel: der eine kriegt Cowboystiefel und Amischlitten, der andere hat keine eigene Wohnung … wie wenn die Polizisten aus lauter komischen Eigenbrödlern rekrutiert würden.

Vielleicht würde es helfen, das Drehbuchschreiben mit Eintritt des Rentenalters auch mal dranzugeben. Egal was man anschaut: Immer hat man das Gefühl, dass die Handlungen einfach mal wieder neu gemischt worden sind.

Schöne Grüße

schrella

Es sind bestimmte Leute, die auch nach der Schulzeit nur mit dem Nachnamen angeredet werden. Meist die, die sich wenig um Konventionen oder ihre Mitmenschen scheren. Beim genannten Tatort reden sich ja auch nicht alle gegenseitig so an, in meiner Erinnerung ist es eben nur Faber, der in diesen Genuss kommt. Ich halte es in diesem Fall für ein stilistisches Mittel, um die Aussenseiterrolle von Faber noch zu unterstreichen.
In meinem Fall hat sich mein Nachname als Spitzname durchgesetzt, die meisten denken, das sei mein Vorname.

Hallo

Wie realistisch ist es denn, einen solchen Vorgesetzten zu haben?

Dass er von allen mit dem Nachnahmen angeredet wird, soll wohl seine Distanz zu allen anderen Menschen ausdrücken. Ich kann es mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass ein solcher Mensch erstens überhaupt jemals verheiratet sein und ein Kind haben kann, und zweitens soweit gefördert wird, dass er Vorgesetzter von anderen Menschen wird.

Außerdem kommt es irgendwie nicht rüber, er sieht einfach aus wie ein Mensch. - Vielleicht muss man alle Folgen gesehen haben, um es zu verstehen, aber bei dem Tatort gestern konnte ich nicht nachvollziehen, wieso er so unbeliebt ist.

Ich werde mir diese Tatortreihe aber in Zukunft verkneifen; wenn da schon ein Kommissar im Rahmen der Ermittlungen ständig einen Häftling aufsucht, mit dem er in einem sehr persönlichen Verhältnis steht, dann müsste der Krimi wenigstens insgesamt eher lustig sein.

Schade, ich hab den Kommissar natürlich in dieser Reihe ‚Weißensee‘ gesehen, da fand ich ihn hervorragend.

Hallo

Sowas habe ich auch letztens noch erlebt, da hatte ich aber den Eindruck, dass diejenige Person nicht ganz firm war in dem hierzulande üblichen Gebrauch von Namen, und vielleicht auch nicht genau wusste, was der Vor- und was der Nachname ist. Ich kann mir auch vorstellen, dass sich manche Leute die Vornamen einfach nicht alle merken können, dass also dieser von dir erwähnte heute übliche Gebrauch des Nachnamens als Anrede oft daher rührt, dass es in manchen Branchen sehr viele ausländische Arbeitskräfte mit fremdartigen Namen gibt, und man sich einfachheitshalber pro Person jeweils nur einen Namen merkt.

Viele Grüße

Au ja, das Problem haben wir im Dom: die Dompredigerin heißt Götz mit Nachnamen, und einer, über dessen Rolle ich mir noch gar nicht im Klaren bin, aber dort sehr oft sehr viel macht :slight_smile: , heißt Götz mit Vornamen. Letztens sprach ein Vater von „Herrn Götz“, und ich haben ihn aufgeklärt, dass das in dem Fall der Vorname ist und er mit der Predigerin auch gar nicht verwandt ist.

Hallo,

ich wollte hier keine Tatort-Kritik (aber wenn überhaupt: Der Dü-Tatort will nicht realistisch sein, nur weil die Schauspieler unrasiert, verknittert angezogen und teilweise schlecht geschminkt sind - diesen Anspruch hat diese Sendung nicht). Das war lediglich ein Beispiel und mich interessiert, wie das spezielle Problem der Anrede im wirklichen Leben gehandhabt wird.

Grüße
Siboniwe

Hallo,

Wie schon geschrieben, ging es mir nicht um den speziellen Tatort, sondern das war nur ein Beispiel. Aber um auf den speziellen Fall einzugehen: als stilistisches Mittel ist es ziemlich ausgelutscht, denn man hört es in vielen Krimis. Faber war übrigens von Anfang an „Faber“, wo die andern noch gar nicht wissen konnten, wie abgedreht der Mann ist. Erinnert mich übrigens an einen anderen Ermittler mit Namen „Faber“, der ebenfalls nur mit dem Nachnamen angeredet wurde (nicht nur von Kollegen, auch von Freunden), glaube ich wenigstens - die Serie hieß „der Fahnder“. https://www.youtube.com/watch?v=z9iiIIuOGa8&list=PLSWMcSzbflLA0tpXsqYRTUwiLYpXkz-_q - entweder ab Minute 8 (er nennt den Kollegen „Otto“ wird aber mit „Faber“ angeredet, sein Chef redet aber alle mit Nachnamen an).

Es scheint eine Krimi-Konvention zu sein.

Grüße
Siboniwe

Hallo

Ich wollte aber eine schreiben :angry:

Wieso Dü? Spielt er nicht in Dortmund?

Ich meinte auch nicht, dass er unrasiert ist, sondern sein Benehmen. Realistisch wollen wohl die meisten Tatorte nicht unbedingt sein, aber du hattest doch bemängelt, dass die Anrede des Kommissars unrealistisch sei.

Außerdem habe ich weniger das Unrealistische bemängelt, sondern das er für mich irgendwie nicht stimmig ist. Es ist klar, dass der Kommissar bei allen extrem unbeliebt ist, wegen ständiger Unfreundlichkeit, und dass er das Zwischenmenschliche anscheinend nicht kann, aber so ein Mensch hat doch keine Familie. Oder wenn, dann hat er sie selber umgebracht, und nicht sein Lieblingskrimineller. - Na ja, ich kenne diese Vorgeschichte eigentlich nicht, kam ja bestimmt irgendwann in irgendeiner Folge vor.

Dito. Ansprechen mit Nachnamen kenne ich (niedersächsische Provinz) nicht. Wenn über Andere geredet wird, dann eher nur abwertend mit Nachnamen.
Kleine Geschichte am Rande. Der beste Freund meines Mannes ist großer Bluesfan. Ich auch. So geschah es, dass nur wir beide zu einem Blueskonzert hier im Dorf gegangen sind. Am nächsten Tag wurde die Gattin des Freundes darauf angesprochen:„Watt wollte denn der mmmh mit der Alten vom mmmh gestern auf dem Konzert?“ Ich habe leider bis heute nicht rausbekommen, wer da frug. Die Gattin schweigt eisern.

Ich glaube, dass das Nachnamen ansprechen vom großen Teich rübergeschwappt ist. Auf jeden Fall sieht bzw. hört man es öfters in amerikanischen Serien oder Filmen.

Soon

Sorry, Dü / Do — so oft schaue ich keine Tatorte.

„Unrasiert“ war auch eher metaphorisch. Aber du verstehst überhaupt nicht, um was es mir geht. Es geht nicht um diesen Tatort, nicht um irgendeinen Tatort, es geht nicht mal um TV-Krimis, es geht um die Anrede. Wird diese Art der Anrede benutzt?

Grüße
Siboniwe

Hallo,

Das glaube ich nicht. Denn erstens war das früher bei uns (siehe die Anmerkung über das Militär) und wenn man Bücher älteren Datums liest, dann findet man diese Art der Anrede von Männern doch recht häufig.

Außerdem kenne ich gerade von Amerikanern wesentlich häufiger, dass man sich mit Vornamen anspricht bzw. sich gleich mit dem Vornamen vorstellt. Dass das im Fernsehen auch öfter vorkommt, ist wohl eine zu vergleichende Konvention. Wobei mir da öfter begegnet (zumindest glaube ich das, lediglich Erinnerung), dass sich Polizisten öfter mit Nachnamen anreden (dann allerdings Frauen und Männer - ich denken da z.B. an „Law and Order“ - im Deutschen allerdings: Kopper und Lena / bei Frau Blum und Perlmann [oder gar Perlmännchen] hat es wieder eine andere Note), aber im Privaten dann doch wieder mit Vornamen.

Grüße
Siboniwe

Grüße
Siboniwe

Nein, du verstehst nicht, um was es mir geht!

Mir schon! :smiley:

In so einem Umfeld nicht, nicht dass ich wüsste.