Nötigung, Erpressung durch Anwalt?

Hallo zusammen,

mich würde interessieren, ob folgende fiktive Situation eine Nötigung bzw. sogar Erpressung durch einen Anwalt darstellt.

Nehmen wir an, jemand wird von einem Anwalt abgemahnt wegen eBay Aktivitäten. Wenn man diesem Anwalt nun mitteilt, dass man die aufgerufene Summe aufgrund aktueller Arbeitslosigkeit nicht zahlen könnte, würde dieser folgenden Satz schreiben:

„Sollten Sie weiterhin der Auffassung sein, keine Zahlung aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit leisten zu müssen, so behält sich der Unterzeichnende vor, Ihre Einnahmen gegenüber der ARGE entsprechend mitzuteilen.“

Der Unterzeichnende ist der Anwalt selbst, weil es sich hier um Anwaltsgebühren handeln würde (z.B. wegen einer Unterlassungserklärung).

Meiner Meinung nach handelt es sich hierbei um Nötigung (§240 durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung nötigt (Zahlung).

Bzw sogar eine Erpressung (§253 Wer einen Menschen rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten einen Nachteil zufügt, um sich zu bereichern.

Wie seht ihr das? Wenn es sich um Nötigung oder Erpressung handeln sollte, was könnte der Empfänger so eines Schreiben dagegen machen?

Viele Grüße
Thomas

Tag :smile:

Die Bejahung einer versuchten Nötigung würde ich zumindest nicht völlig ausschließen. Was man da tun kann? Anzeigen und sich darauf einstellen, dass die Arge von den Aktivitäten erfährt.

Man könnte versuchen, dem Drohenden eine Strafanzeige in Aussicht zu stellen, sollte er seine Drohung aufrechterhalten; das wäre keine Nötigung. Dann kann man weiter wieder nur hoffen, dass die Arge nichts erfährt.

Schöne Grüße
KK

Hallo Thomas,

wer (als Arbeitsloser) Leistungen von der ARGE bezieht, ist verpflichtet Nebeneinkünfte anzugeben:

„Während des Bezuges von Arbeitslosengeld dürfen Sie eine selbstständige Tätigkeit beziehungsweise eine Beschäftigung ausüben und ein Nebeneinkommen erzielen. Die Nebenbeschäftigung darf allerdings einen zeitlichen Umfang von 15 Stunden wöchentlich nicht erreichen. Erreicht oder überschreitet die Dauer der wöchentlichen Arbeitszeit 15 Stunden, besteht wegen fehlender Arbeitslosigkeit kein Anspruch auf Arbeitslosengeld mehr. Gegebenenfalls ist eine erneute Arbeitslosmeldung erforderlich.Sofern Sie eine Nebenbeschäftigung mit weniger als 15 Wochenstunden ausüben, wird Ihr Nebeneinkommen angerechnet. Dabei bleiben jedoch 165 Euro monatlich anrechnungsfrei.Wichtig ist, dass Sie jede Nebenbeschäftigung der Agentur für Arbeit unverzüglich und ohne Aufforderung melden.“

Quelle: http://www.arbeitsagentur.de/web/content/DE/Buergeri…
 

Wer mit OnlineVerkäufen regelmäßig (gewerbsmäßig?) Einkünfte erzielt und diese nicht offenlegt, hat bei einer Endeckung (Meldung durch Dritte) die Konsequenzen zu tragen. 

Somit scheidet der Tatbestand der Erpressung aus, weil hier keine rechtswidrigkeit mit der Meldung / Drohung verbunden ist.

Für eine Drohung fehlt m. E. das „notwendige Übel“, da bei einer Info des RA an die ARGE bei ordnungsgemäßen Verhalten hier keinerlei Konsequenzen folgen werden .
Die Meldung über Nebeneinkünfte zählt zu den üblichen Meldepflichten eines Sozialleistungsbezieher!

Das ist die Einschätzung eines juristischen Laien!

MFG

Georg

Tag Georg,

es ist zwar richtig, dass gewissen Angaben zu machen sind. Ich bin sogar sicher, dass Thomas das weiß.

Die Rechtswidrigkeit einer Nötigung hebt das allerdings nicht zwangsläufig auf. Keine Nötigung wäre etwa die Drohung, bei der Arge Meldung zu machen, wenn der Leistungsbezieher das nicht selbst tut. Aber vorliegend würde ich die Nötigung bejahen.

Schöne Grüße
KK

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Hi KK,

ist eine rechtl. interessante Frage.

Denn wenn die Einkünfte aus dem Onlinegeschäft in einer Größenordnung getätigt werden, dass sie auf den Leistungsbezug angerechnet werden, war die Aussage gegenüber dem RA (Zahlungsunfähigkeit) falsch.

Wenn die Einkünfte jedoch unter dem Freibetrag liegen, fehlt das „empfindlichen Übel“, welches für eine Nötigung vorliegen muss.

Vielleicht findet jemand dazu passende Urteile.

Gruß

Georg

Servus,

unabhängig von der Beurteilung seines Handelns ist es in diesem Zusammenhang vielleicht sinnvoll zu klären, ob ein soi disant Rechtsanwalt, der über vier Jahre, nachdem es keine ARGE mehr gibt, noch davon schreibt, überhaupt ein Rechtsanwalt ist. Das hätte eventuell Einfluss auf sinnvolles Verhalten ihm gegenüber.

Schöne Grüße

MM

Hallo!

Aus Sicht des Betroffenen mag dieser Satz

„Sollten Sie weiterhin der Auffassung sein, keine Zahlung aufgrund ihrer Arbeitslosigkeit leisten zu müssen, so behält sich der Unterzeichnende vor, Ihre Einnahmen gegenüber der ARGE entsprechend mitzuteilen.“

nötigend erscheinen. Tatsächlich kann man nicht ausschließen, dass auch ein Gericht Nötigung erkennt. Der Gläubiger nutzt eine Schwachstelle im Leben des Schuldners, um in einem damit nicht in unmittelbarem Zusammenhang stehenden Sachverhalt zum Erfolg zu kommen. Der Gläubiger wird aber argumentieren, dem Schuldner nur vor Augen geführt zu haben, auch welch dünnem Eis er sich bewegt.

Der Schuldner kann versuchen, ein Fass aufzumachen. Aber irgend einen Nutzen für sich kann er damit nicht erzielen. Er geht Kostenrisiken ein, ohne dass sich an seiner Verbindlichkeit gegenüber dem Gläubiger etwas ändert. Er geht außerdem das Risiko ein, dass das Jobcenter von nicht angegebenen Einnahmen erfährt. So ein Tipp ist schnell gegeben, aber bisher hatte der Gläubiger kein Interesse daran, die wirtschaftliche Situation des Schuldners weiter zu verschlechtern.

Wie vorzugehen ist:

  1. Geld irgendwie zusammenkratzen und die Rechnung des Anwalts bezahlen. Die große Glocke mit Strafanzeige bringt außer Risiken gar nichts.
  2. Der Schuldner ist nicht davor geschützt, dass das Jobcenter trotzdem einen Tipp bekommt. Deshalb sollte der Schuldner in die Offensive gehen und das Jobcenter alsbald selbst informieren. Immerhin geht es beim unberechtigten Bezug von Transferleistungen um eine Straftat, die ziemlich spaßbefreit abgehandelt wird. Durch eigene Meldung kann der Betroffene zwar nicht mögliche Rückzahlungspflichten, aber immerhin den Betrugsvorwurf (es droht u. U. Freiheitsstrafe) aus der Welt schaffen.
  3. Nennenswerte Ebay-Aktivitäten, die über gelegentliches Verhökern eigener gebrauchter Sachen hinaus gehen und gewinnorientiertes Handeln darstellen, sollte der Betroffene zukünftig einfach mit Gewerbeanmeldung und Buchführung betreiben. Natürlich ohne Produktpiraterie und sonstigen strafbewehrten Unsinn.

Gruß
Wolfgang

So wie der RA droht, geht er wohl davon aus, die Einkünfte wären höher, so dass wohl Konsequenzen drohen. Dass der Auskunftgebende bezüglich seiner Zahlungsfähigkeit lügt, würde weiterhin die Nötigung nicht rechtfertigen.

Auch wenn die Einkünfte darunter liegen, würde ich auf Absatz 1 abstellen: Der RA geht davon aus, schaden zu können. Und bezeichnenderweise befinden wir uns ja ohnehin nur in der Versuchsstrafbarkeit^^

Hi,

handelt es sich bei den ebay Aktivitäten um gewerbliche Einnahmen oder um Veräußerung des ehemaligen Besitzes um ein paar Rechnungen zahlen zu können? Das macht einen gewaltigen Unterschied.

Wenn es passt würde ich dem Anwalt eröffnen, dass er seine Drohung gerne war machen kann und dies an der Zahlungsfähigkeit einen Scheißdreck ändert.

MFG

normal
Hallo,

der Anwalt muss doch davon ausgehen, dass der Hauptteil der Einkünfte seines ( Ex-)Mandanten vom AA kommt. Analog zu Gehaltspfändungsbestrebungen beim Arbeitgeber, die auch nicht besonders angenehm für den Schuldner sind, kündigt der RA m. E. nur den folgerichtigen Schritt an. Oder müsste der RA da immer über ein Gericht herangehen?

Ohne irgendeine „Drohung mit einem empfindlichen Übel“ kommt man wohl in den wenigsten Fällen an sein Geld.

Freundliche Grüße

Thomas

Tag,

der „folgerichtige Schritt“ wäre - wenn überhaupt - eine Meldung unabhängig von der Zahlung des Gemeldeten und ansonsten eine ganz „normale“ Forderungsbeitreibung.

Schöne Grüße
KK

/t/meldepflicht-einnahmen-bei-alg2/9213043/2

Hi,

also wenn die Person seine Meldepflicht gar nicht verletzt hat, einfach zurück lehnen und den Anwalt machen lassen.

MFG

Droitteur hat Recht. Man kann eine (versuchte) Nötigung annehmen.

http://dejure.org/gesetze/StGB/240.html

Fraglich ist nur die Verwerflichkeit. Die könnte man hier bejahen, weil die Schulden mit der etwaigen Leistungserschleichung nichts zu tun haben. Der Anwalt will das Problem wohl umgehen, indem er selbst einen Zusammenhang herstellt, der die Verwerflichkeit ausschließen soll, indem er nämlich darauf hinweist, dass ja die Schulden nur nicht beglichen werden, weil der Schuldner Sozialleistungen bezieht, also mittellos ist, und sich eben darauf beruft.

Bzw sogar eine Erpressung (§253 Wer einen Menschen
rechtswidrig durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu
einer Handlung nötigt und dadurch dem Vermögen des Genötigten
einen Nachteil zufügt, um sich zu bereichern.

Erpressung ist im Prinzip eine Nötigung mit dem Ziel, sich rechtswidrig zu bereichern. Wenn die Forderung berechtigt ist, liegt mangels Rechtswidrigkeit der Bereicherung selbst keine Erpressung vor.

Wie seht ihr das? Wenn es sich um Nötigung oder Erpressung
handeln sollte, was könnte der Empfänger so eines Schreiben
dagegen machen?

Nichts. Natürlich kann man den Anwalt anzeigen. Aber die Forderung bleibt davon unberührt.