Servus Herbert!
Eben. Das hab ich auch gemeint, als ich
gesagt habe, daß ich für niemanden die
Hand ins Feuer legen würde…
Ja, leider kann man das scheinbar bei
niemanden. Vielleicht sollte man über
Autoritätsgläubigkeit nachdenken? Wenn’s
z. B. ein Arzt sagt? Aber auch Dr.
Mengele war ja Arzt. Nur gut, daß wir
heute in einer Demokratie leben und
nicht…
Naja, gerade letzte Woche habe ich wieder bemerkt, wie autoritätsgläubig der durchschnittliche Österreicher eigentlich ist. Ich war nämlich am 23. ein bißchen in der Stadt unterwegs, und in einem leicht angeheiterten Zustand habe ich begonnen, „Ausweiskontrollen“ vor einem Lokal durchzuführen. *g*
Du hättest die verzweifelten, verängstigten Blicke der Leute sehen sollen, die ganz eifrig ihre Ausweise gesucht haben, oder für die ich ein „Auge zugedrückt“ habe, damit sie dann doch noch ohne Ausweis ins Lokal „dürfen“. *hihihihi*
Und manche Leute sch*** sich ja auch schon an, wenn sie von einem Polizisten auch nur angesprochen werden.
Ich bin der Polizei usw gegenüber sicher nicht respektlos oder aggressiv, aber ich denke, es reicht wenn man freundlich und kooperativ ist, ohne gleich dem Beamten in den Allerwertesten zu kriechen.
(Ich könnte Dir da ja von Erlebnissen mit den Zöllnern in Spielfeld erzählen *ggg*)
Und so sollte man sich mE gegenüber jeder Autorität verhalten: Man muß wissen, welche Befugnisse die Autorität hat, und welche Rechte man selbst hat. Und dabei muß man immer selbstbewußt und freundlich bleiben.
Durch eine ausgezeichnete Propaganda, die
Begriffe ins Negative verkehrt hat und so
Böses als gut und Gutes als schlecht
dargestellt hat.
Das erinnert mich an eine Hitlerrede,
bevor er an die Macht kommt.
‚Jawohl, wir sind eine intolerante
Partei…‘ hat er da voller Stolz ins
Mikrofon geschrien.
Jaja, genau sowas hab ich gemeint.
Und wenn man Intoleranz auf diese Weise schon relativiert hat, dann ist es nicht mehr schwer, Intoleranz auch von den Bürgern zu verlangen.
Oder neue Wörter
erfunden hat („entartet“ etc). Oder den
„Führer“ als etwas Gottgleiches,
Unfehlbares dargestellt hat.
Wenn ich ihn mir so ansehe… die
Propaganda muß wirklich gut gewesen
sein…
Interessant ist ja, daß der Begriff „Propaganda“ auf die katholische Kirche zurückgeht. Da hat man nämlich einmal die „Sacra Congregatio de Propaganda Fidei“ (Heile Kongregation zur Verbreitung des Glaubens) gegründet, eine Art PR-Abteilung zur Gegenreformation oder so, glaub ich.
Und noch interessanter ist, daß Hitler & Co ihre Propagandatechniken von Lenin & Co abgeschaut haben.
Der Goebbels war ja auch ein begnadeter
Redner. Wer sonst hätte denn das
„Kunststück“ geschafft und ein ganzes
Stadion voller rationaler Menschen dazu
gebracht, den „totalen Krieg“ zu fordern?
Ja, grauenhaft. Wie ist das überhaupt
möglich? Wie viel Macht kann ein Mensch
auf den Geist eines anderen haben?
Ich habe in der Schule einmal ein Referat über Propaganda gemacht und mir aus diesem Anlaß auch ein Buch mit den gesammelten Goebbels-Reden gekauft (die Verkäuferin hat vielleicht blöd geschaut
). Schon beim Lesen der Reden kann man erkennen, wie gut diese Rhetorik funktioniert haben muß, und dann muß man sich vorstellen, daß man diese Rede auch noch inmitten einer Masse von Tausenden Zuhörern hört, die sich alle gegenseitig aufstacheln…
Das glaub ich nicht so. Exjugoslawien
wollte ja den Tourismus ankurbeln. Gegen
den Westen und deren Menschen war man
trotzdem sehr mißtrauisch. Wenn auch
lange nicht so schlimm war, wie bei
anderen kommunistischen Staaten.
Jaja, aber man hat trotzdem zB aufpassen müssen, was man photographiert…
So viele…
Man muß ja nur den Atlas aufschlagen und
alle Länder von West nach Ost durchgehen,
ob sie in einem postive oder negative
Assoziationen hervorrufen. Die negativen
überwiegen da sicher… 
Naja, hab ich jetzt getan (OK, nur den
Globus gedreht, das geht schneller) und
muß Dir teilweise recht geben. Vielleicht
unterliege ich da manchmal einem
Trugschluß. Nur weil man schon lange
nichts über ein Land gehört hat, heißt es
ja noch lange nicht, daß sich die
Zustände gebessert haben.
Eben. Gerade aus Burma/Myanmar hört man eigentlich überhaupt nichts, obwohl dort ein ziemlich grausames Militärregime herrscht.
Ganz zu schweigen von den afrikanischen Mini-Diktaturen, wo man sich alle paar Jahre gegenseitig wegputscht.
Weißt Du z. B. von AI eine Statistik oder
Aufstellung der
Menschenrechtsverletzungen?
Nö, leider. Aber da gibts sicher einen Bericht, denke ich. Erscheint der nicht alljährlich?
Weils gerade dazu paßt:
Bei mir an der Uni gibt es eine Völkerrechts-Professorin, die auch für den Europarat in irgendsoeiner Menschenrechtskommission sitzt. Und die hat erzählt, daß sie auch einmal eine chinesische Delegation zu Gast hatten, um ihnen dänische (glaub ich) Gefängnisse zu zeigen, als eine Art Empfehlung an China, seinen Strafvollzug danach auszurichten.
Die Chinesen haben dann aber gesagt, daß sie ihre Gefängnisse nicht so einrichten können, weil dann jeder Chinese ins Gefängnis gehen möchte (wegen Heizung, fließendem Wasser, 3x täglich Essen etc).
Man kann die ganze Menschenrechtsproblematik also auch nicht völlig abgekoppelt von der Wirtschaft usw sehen…
Abgesehen davon, daß ich schon
prinzipiell nicht glaube, daß die Türkei
(oder auch Zypern) in Europa liegt,
Naja, so genau müssen wir es doch nicht
nehmen oder? Immerhin liegt ja ein
kleiner Teil der Türkei in Europa…
Naja, das bißchen Umland um Istanbul herum.
Wenn ich böse wäre, würde ich ja auch sagen, daß der Balkan auch nicht mehr unbedingt zu Europa gehört. 
Und sich über die EU beschweren… Aber
vielleicht beginnt die Führung der Türkei
an nachzudenken? Bin ich schon wieder zu
optimistisch? (Naja, bei Südafrika war
ich’s auch, und habe recht behalten)
Das hängt, glaube ich, nicht nur von der Führung ab. Der Nationalismus in der Türkei ist doch auch sehr stark. Ich denke da nur an die „Tötet Öcalan“-Demonstrationen…
2 kleine Zwischenfragen:
Bist Du für die Herabsetzung des
Wahlalters?
Nein. Ich halt auch von dem Führerschein mit 17 nix.
Lieber wäre mir außerdem, wenn man die Altersgrenze für die Volljährigkeit endlich auf 18 herabsetzen würde. Österreich ist das einzige Land in Europa, in dem man erst mit 19 voll geschäftsfähig ist.
Aus welchen Gründen kann einem das
Wahlrecht entzogen werden?
Der wichtigste (und mir spontan geläufige) Fall ist in § 22 NRWO (Nationalratswahlordnung) geregelt. Danach ist vom Wahlrecht bei NR-Wahlen ausgeschlossen, „wer … wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener strafbaren Handlungen zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden ist.“ Und zwar dauert der Ausschluß bis 6 Monate nach beendetem Vollzug der Strafe.
Gem Art 26 Abs 5 B-VG kann immer nur eine gerichtliche Verurteilung zum Ausschluß vom aktiven und/oder passiven Wahlrecht zum NR führen. (Dieser Grundsatz gilt aber sinngemäß auch für andere Wahlen.)
Aja, oje. Schade um meine Stimme… Aber
das ist ja z. B. in Groß Britannien und
USA noch ungerechter. Bei einer Wahl in
GB hatten die Konservativen 47 %? der
Stimmen und eine 2/3 Mehrheit im
Parlament.
Jaja, die haben dort das Mehrheitssystem. Das ist aber nicht unbedingt schlechter oder „ungerechter“. Unser Proportionalsystem hat den Vorteil, daß auch kleine Parteien entsprechend berücksichtigt werden, aber den Nachteil, daß die Abwahl einer Regierung sehr schwer bzw fast unmöglich sein kann, bzw daß man immer auf Koalitionen angewiesen ist.
Demgegenüber ist es im Mehrheitssystem relativ leicht, einen Politikwechsel herbeizuühren, aber zu dem Preis, daß große Parteien überproportional begünstigt werden, während kleinere schlechte Chancen haben.
Mit dieser Mehrheit im Rücken wollte
Thatcher ja für einige Vergehen die
Todesstrafe wieder einführen, und wurde
glatt überstimmt. Da muss ja die Mehrheit
der eigenen Partei gegen sie gestimmt
haben
Wo, und wann gabs das in
Österreich?
Das geht in GB, weil die Abgeordneten nicht von der Partei abhängig sind (so wie in unserem Listensystem), sondern in einer Persönlichkeitswahl in ihrem jeweiligen Sprengel gewählt werden. Ein solcher Abgeordneter muß also nicht fürchten, daß er beim nächsten Mal von der Kandidatenliste verschwindet, wenn er nicht im Sinne seiner Fraktion stimmt.
Ich denke das Wahlsystem in Deutschland
stellt da einen Kompromiß dar. Was meinst
Du, einen guten oder schlechten?
Da kenne ich mich zuwenig aus. Ich weiß nur, daß es Erst- (Persönlichkeitswahl) und Zweitstimmen (Verhältniswahl) gibt, wobei die Zweitstimmen eigentlich die wichtigeren sind, obwohl im Wahlkampf immer so getan wird, als ob die Zweitstimme unwichtig ist. 
Man hat ja auch die Grenzen sehr
willkürlich gezogen und ganz verschiedene
Völker (bzw Teile davon) wahllos in einem
Staat zusammengewürfelt. Schon von daher
konnte es nicht gutgehen.
Ja, leider. Hatte man damals keine Ahnung
von den Unterschieden der Völker, oder
war es einem egal?
Ich glaube, man hat sich da nicht sonderlich große Gedanken gemacht, sondern einfach nur jede Kolonie - so, wie sie halt von den Briten, Franzosen etc eingerichtet war - in die Unabhängigkeit entlassen.
Es hätte da wahrscheinlich eines sehr, sehr großen Koordinationsaufwandes bedurft, wenn man alle kolonialen Grenzen neu gezogen hätte, und sich aus allen Kolonien gleichzeitig zurückziehen hätte müssen.
Bei den Eskimos zB ist es völlig legitim,
daß sich die Alten auf einer Eisscholle
aussetzen lassen, damit sie die Gruppe
nicht weiter belasten.
Ist das wirklich die Regel? Oder ist das
nur ein Kuriosum das ein mal passiert
ist? Bei solchen Geschichten bin ich mir
nie so sicher.
Ich weiß auch nicht. 
Das haben sie uns auf der Uni erzählt, als ein Argument gegen die Existenz eines universalen Naturrechts.
Und gerade bei den „_Natur_völkern“
ist die Gruppe mE wichtiger als das
Individuum. Von daher könnte man doch
eher auf die „kollektive“ Natur des
Menschen schließen, oder? 
Bin ich mir nicht so sicher. Vielleicht
ist das nur ein Trick der herrschenden
Klasse, um sein Volk besser gängeln zu
können?
Ich glaube, gerade bei den „primitivsten“ Naturvölkern gibt es gar keine „Klassen“…
(Halt nur Schamanen, Häuptlinge usw, aber keine richtige Gesellschaftspyramide.)
Vielleicht hat man nur Teile aus
der Religion herausgegriffen, und
unterstrichen? Beim Christentum kennt man
das ja auch…
Es ist kaum zu glauben, aber gerade die Gleichheit und Einzigartigkeit eines jeden Menschen ist ursprünglich eigentlich eine christliche Idee. Zwar nahm man die Gleichheit anfangs nur im Jenseits an, aber doch…
(Und wie so oft haben halt auch hier Theorie und Praxis einander widersprochen
)
Aber im Ernst: Die Normierungs- ich sag’s
mal drastisch –wut ist eines der Dinge,
die mich an der EU stört. Sollen doch die
Niederländer ihren Käse, die Bayern ihr
Bier, die Franzosen… essen und trinken
wie sie wollen. Und wenn z. B. Österreich
sein Bier in Deutschland verkaufen will,
dann kann es sich doch an die Regeln
halten, oder? Ich sehe da überhaupt keine
Verzerrung des Wettbewerbes, oder gibt es
da noch andere Gründe?
Es ist sicherlich oft auch ganz sinnvoll, einheitliche Normen zu finden, aber manchmal denke ich mir, manchen Beamten war einfach nur fad…
So finde ich es nicht ungeschickt, daß zB ein mehr oder weniger einheitliches europäisches Schuldrecht geschaffen werden soll, oder daß es gewisse Mindeststandards im Arbeitsrecht oder Lebensmittelwesen gibt (von wegen Lohn-/Preisdumping usw).
Aber wenn man zB die Holzkohlenpizza verbieten will, dann greif ich mir nur noch auf den Kopf… 
Oft werden wahrscheinlich auch Lobbys hinter diversen Vereinheitlichungsbestrebungen stehen…
Gruß
Patrick