Hallo ilonka
Ich habe etwas weiter unten wegen meiner Laienhaftigkeit Schelte
bekommen. Was Angst und Panik angeht, bin ich ein klein wenig
kompetenter als beim Thema Depression. Aber ich bin weder Therapeut
noch habe ich massive Probleme mit Angst. Aber so ganz unerfahren bin
ich da nicht und ich habe mich belesen. So kannst du meinen Rat
vielleicht einordnen.
seid einiger Zeit übekommen mich Panikattaken - hauptsächlich
beim Autofahren.
Es fing an das ich von einer ziemlich stressigen Dienstreise
nach Hause fuhr. Ich hatte den Gedanken, was würde jetzt wohl
passieren wenn ich das Lenkrad einfach herumreßen würde? An
sowas denkt man ja schon mal zum Spass, aber man tut es nie.
An diesem Tag war es aber so, das ich plötlich das Gefühl
hatte mein Körper macht jetzt was anderes als ich denke, ich
musste das Lenkrad loslassen und abbremsen weil ich eine
Schreckliche Angst hatte es wirklich zu tun. So fing das ganze
an.
Das ist ein typischer Anfang. Ein erregtes Nervensystem (du hattest
Stress) kann bei einem Gedanken oder einer banalen Situation, die im
Normalfall nur zu geringer Unruhe fuehren wuerde, voellig
ueberreagieren. Es treten dann Herzpochen, Schweissausbrueche,
Zittrigkeit, ein Ziehen im Magen, Flachatmigkeit oder
Hyperventilation auf. Du bemerkst diese Symptome natuerlich und
denkst „Verdammt nochmal, was ist denn jetzt los?“ und du glaubst
auch wegen der heftigen Reaktion des Koerpers, dass dieser Gedanke
eine grosse Bedeutung haette oder dass deine Angst ueberaus
berechtigt sei.
Dazu kommt das Gefuehl, die Kontrolle zu verlieren und oft auch die
Angst verrueckt zu werden.
Wenn sich alles wieder beruhigt hat, willst du dieses Theater kein
zweites Mal erleben. Aber, was, wenn es wiederkehrt, so ganz aus
heiterem Himmel, wie beim ersten Mal?
Von diesem Tag an lebst du in staendiger Anspannung und Erwartung
neuer Anfaelle.
Klar, dass dir der Gedanke kommt, die Situation, in der dich die
Angst befaellt, in Zukunft einfach zu meiden.
Deshalb bleiben Leute mit Agoraphobie mitunter monatelang in der
Wohnung.
Ich nehme an, du musst Autofahren und du willst das Problem loesen.
Weglaufen geht also nicht.
Dein Problem ist, wie bei wohl allen Angstgeplagten die Angst vor der
Angst, d.h. du hast eigentlich nicht so sehr Angst, dass du gegen
einen Baum faehrst als Angst vor der Panik, die jener Gedanke
ausloesen koennte.
Mittlerweile ist der Stress seit einiger Zeit vorbei, aber
wenn ich auf Auto fahre, überkommt mich das Gefühl das mein
Körper das Lenkrad herumreissen wil, obwohl ich da gar nicht
dran gedacht habe.
Genau: der Prozess Gedanke->Angst->Koerperreaktion->groessere Angst
verselbstaendigt sich und laeuft irgendwann automatisch ab. Gehirn,
Bewusstsein und Koerper laufen dann auf ausgetretenen Wegen.
Das gefühl dauert dann nur wenige Sekunden,
ich versuche mich dann abzulenken indem ich irgendwas tue, wie
den Sender im Radio wechseln und ähnliches.
Sei froh, dass das klappt.
Es ist noch nicht soweit das ich jetzt sagen würde ich fahre
kein Auto mehr, aber auch wenn ich nicht darüber nachdenke,
auch wenn es mir an dem Tag super geht, kommen diese Attaken
wieder. Noch zu sagen wäre das ich dabei auch manchmal das
Gefühl habe nicht genung Luft zu bekommen. ich muss danach
erst einmal durchatmen…
Auch ganz typisch.
Sollte ich damit zum Arzt?
Ja, wenn Selbsthilfe nicht hilft.
und zu welchem?
Zum Hausarzt. Der sagt dir dann, an wen du dich wenden kannst und
gibt dir evtl. eine Ueberweisung an einen Therapeuten.
Oder könnte ich mir
irgendwie selbst helfen?
Ich hoffe, das Folgende hilft.
Zunaechst einmal musst du verstehen, dass du nicht verrueckt werden
wirst und auch nicht stirbst, sondern dass dein Koerper einfach ein
bisschen Mucken macht. Die Nerven und das angeschlossene Hormonsystem
spielen verrueckt und haben sich jetzt schon daran
gewoehnt. Aber im Grunde ist das ueberhaupt nichts Schlimmes. Das
sind nur Ueberreaktionen.
Dein Ziel ist, den Teufelskreis aus „auf Angst folgt groessere Angst
vor der Angst“ zu durchbrechen. Das gelingt nicht , indem du
gegen die Angst ankaempfst, und auch den Gedanken, das Lenkrad
herumzureissen, kannst du nicht mit Gewalt vertreiben. Denn Kaempfen
bedeutet nur noch mehr Stress zu erzeugen und der Angst eine
Bedeutung zu geben, die ihr nicht zukommt. Sie ist nicht in der Lage,
dein Leben zu regieren, ausser du vergroesserst sie durch Gedanken
wie „Oh Gott oh Gott, was wenn…?“
Der Schluessel zum Tuerchen, das aus dem Teufelskreis hinausfuehrt,
ist Akzeptanz. Nicht Kaempfen, sondern Akzeptieren. Klingt verrueckt,
funktioniert aber.
Also: Entwickele die Einstellung „Wenn die Angst kommt, dann ist sie
willkommen. Ich mag es, wenn meine Nerven gekitzelt werden.
Achterbahn ohne zu bezahlen! Super!“ Lass sie dich durchschuetteln,
dein Herz pochen, deine Haende triefen - der Teil des Bewusstseins,
der den Wagen steuert muss sich von der Action im Hintergrund nicht
beirren lassen. Du kannst trotzdem sicher fahren.
Die Idee hinter der Akzeptanz ist einfach: Wenn du den Gedanken, das
Lenkrad zu verreissen, willkommen heisst und du sicher bist, trotz
seiner den Wagen steuern zu koennen, dann verschwindet die Angst vor
ihm, denn wir fuerchten ja nicht, was wir willkommen heissen, oder?
So verschwindet die Angst vor der Angst, die dein eigentliches
Problem ist.
Das wird vielleicht nicht beim ersten Mal klappen. Aber schon beim
ersten Mal wirst du eine Ahnung bekommen, dass dies der richtige Weg
ist. Das wird dir Vertrauen geben und du wirst Vertrauen gewinnen,
dass du es schaffst. Nimm die Attacken als Gelegenheit, deine
Faehigkeit zur Akzeptanz zu ueben und als notwendige Huerden auf dem
Weg zur voelligen Genesung.
Solltest du denken „Scheisse, ich verlier die Kontrolle ueber den
Wagen“, dann fahre langsamer und stelle dir vor, jemand wuerde seine
Haende auf deine legen, die das Lenkrad umkrampfen, und souveraen
steuern. Er fuehrt dich sicher durch die Situation, du kannst
entspannen. Deine Haende folgen seinen nur. Das muesste klappen, denn
Autofahren ist bei routinierten Fahrern ein weitgehend
automatisierter Vorgang. Dein Koerper macht vieles von allein, deine
Aufmerksamkeit auf den Verkehr vorausgesetzt.
Ich kopiere noch etwas aus einem frueheren Posting von mir zu diesem
Thema:
Was Aengste betrifft, kann dieses Buch nuetzlich sein:
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/0451167228/qid…
Ich kenne nur eine spanische Ausgabe, die auf einer englischen
basiert, die jetzt nicht mehr verlegt wird.
Jedenfalls schafft die Autorin es, detailiert die richtigen
Denkmuster zu erklaeren und einzuschaerfen, die beim Umgang mit
Aengsten hilfreich sind. Sie wirkt beruhigend und vemittelt Hoffnung
und Zuversicht. Ich selbst leide nur wenig und selten an
unangemessenen Aengsten aber ich kenne sie und der Vorgeschmack, den
ich bekam, laesst mich ahnen, wie schlimm heftige Panikattacken sein
muessen. Die Autorin spricht solchen Menschen aus der Seele und gibt
eine, wie ich als Laie glaube, gute Anleitung, wie man es schaffen
kann, langsam wieder gesund zu werden.
Ausserdem koennte dieser Thread noch hilfreich sein:
http://www.wer-weiss-was.de/cgi-bin/forum/showarchiv…
Alles Gute, Tychi