Moin Eli,
Mit ihm ging es immer vorwärts? Wenn man einmal von den
Verhandlungen in Oslo und Camp David absieht - wer hat denn
den Verhandlungstisch verlassen?
Soweit ich weiss sind es die Israelis, die nicht mehr mit Arafat verhandeln wollen, oder ?.
Arafat ist in seinem Leben ein riesiges Stück weit gegangen. Von der militanten Verhinderung eines Staates Israel bis hin zur Unterzeichnung von Verträgen, die den Palästinensern nur noch einen Bruchteil des in der UNO-Resolution vorgesehen Gebietes ohne wirkliche Staatliche Souveränität vorsehen.
Genutzt hat es ihm nichts. Ein Großteil seines Volkes vegetiert weiterhin in Flüchtlingslagern dahin, sein Volk ist weiterhin staatenlos (kommt dir das irgendwie bekannt vor ?) und in den sogennaten „Autonomiegebieten“ diktieren alle wichtigen Entscheidungen weiterhin die Israelis.
Isreal hat im gleichen Zeitraum trotz Unterzeichung aller möglicher Verträge seine Siedlungspolitik weiterbetrieben, bestehende Siedlungen ausgebaut, Gebiete in der Westbank als Staatsland annektiert und jegliche Verantwortung für das Flüchtlingsproblem abgelehnt (grad so, als wären die Flüchtlinge von Himmel gefallen und nicht aus Israel gekommen).
Nach den Verträgen von Oslo war die
Autonomiebehörde verpflichtet, gegen eigene Terrorgruppen
vorzugehen. Hierzu wurde die AB auch von Israel bei Aufbau
eigener Polizeikräfte unterstützt. Am Schluss hatten die
Autonomiegebiete die höchste Dichte an Polizeikräften
weltweit. Das hätte eigentlich ausreichen müssen, um diesen
Teil der Abkommen zu erfüllen.
Ist das die Stelle, wo ich lachen soll ? Israel hat es in den ganzen Jahren seiner militärischen Besatzung nicht geschafft, Terroranschläge zu verhindern und das, obwohl (so wage ich es mal zu behaupten) die Israelische Armee sicherlich noch um einiges besser ausgerüstet ist, als die palästinensischen Polizisten. Israel verlangt also etwas, dass es selbst nie geschafft hat. Israel verlangt das Unmögliche.
Selbst Staaten wie GB und Spanien haben es nie geschafft auch unter Einsatz von Militär und Polizei und sämlichen modernen Mitteln Herr über Terrorgruppen wie die IRA oder ETA zu werden.
Dass die palästinensiche Polizei tatsächlich Hamas-Aktivisten verhaftet hat, hast du in einem anderen Posting indirekt selbst zugegeben. Wie sonst hätten Hamas-Aktivisten nach den Israelischen Angriffen wieder freigelassen werden können. Das die palästinensische Polizei aber in der Lage sein sollte, sämtliche terroristischen Aktivitäten zu unterbinden ist eine Utopie. Und wer eine Utopie zur Grundlage von Friedensverhandlungen macht, der muss sich schon gefallen lassen, dass man daran zweifelt, dass er es ernst meint.
Die Behinderung der palästinensischen Polizei durch die Israelischen Sicherheitskräfte ist ja schon andernorts angesprochen worden.
Und auch die Autonomiebehörde war sicherlich nicht sehr
vorwärts gerichtet, wenn sie in der eigenen Presse (es gibt
dort keine andere) immer wieder zu Hass und Gewalt gegen
Israel aufagerufen hat - auch schon vor der Intifada.
Bei solchen Konflikten ist es immer sinnvoll beide Parteien mit gleichem Maß zu messen. Gab es in Israel keine Stimmen, die weiterhin zu Hass und Gewalt gegen die Palästinenser aufgerufen hat ?
Und Arafat selber hat dort des öftern in Ansprachen davon
gesprochen, dass Palästina „grösser“ sein wird, als es die
Verhandlungen ergeben haben.
Welche Verhandlungen ? Was ist denn mit dem von Isareal annektierten „Staatsland“ in der Westbank ? Was ist mit den jüdischen Siedlungen im Palästinensergebiet die längst hätten geräumt sein sollen? Was ist mit der Annektion von Land durch Israel z.B. zum Bau von Straßen, die die jüdische Siedlungen miteianander und mit Israel verbinden sollen, aber nicht von Palästinensern genutzt werden dürfen ? etc.etc.
Dein Satz oben impliziert, es gäbe tatsächlich ein Gebiet, über das man reden würde, wenn man von einem möglichen Palästinenserstaat spricht. De facto gibt es dieses Gebiet jedoch nicht.
Wozu neue Vorschläge ? Es gibt die Prinzipienerklärung von 1993
(Oslo-1), es gibt das Gaza-Jericho-Abkommen von 1994 und es
gibt das Interimsabkommen über die Westbank und den Gaza-
Streifen von 1995 (Oslo-2).
Aus diesen Abkommen sind aber einige Fragen bewusst
herausgenommen worden, welche noch zu verhandeln waren. Du
hast natürlich recht, es waren nicht mehr sehr viele Fragen.
Und während Camp David ist man immer Arafat entgegengekommen,
worauf er seine Forderungen immer erhöht hat. Alle Beteiligten
waren am Schluss darüber verärgert und gaben am Ende allein im
die Schuld am Scheitern.
Das ist ja interessant, was du alles weisst. Soweit ICH weiss, wurde während der Verhandlungen in Camp David eine Nachrichtensperre verhängt. Israel hat (angeblich) während der gesamten Verhandlungen weder den Amerikanern, noch den Palästinenern jemals eine Landkarte präsentiert.
„Angeblich“ solten 89 Prozent der besetzen Gebiete an die Palästinenser zurückgegeben werden. Die verbleibende 11% sollten an Israel gehen. Tatsächlich hat aber Israel bereits 60% der Westbank als „Staatsland“ annektiert. Dort ist es Palästinensern untersagt zu bauen, zu siedeln oder Landwirtschaft zu betreiben. Das Jordantal darf von Palästinensern wegen israelischer Militäranlagen nicht mal befahren werden. 80% Der Siedler würden bleiben wo sie sind. Die mitten im Palästinensergebiet liegenden Siedlungen würden unter „israelische Souveränität“ fallen. In weniger als 15% des 1967 annektierten Gebiets hätten die Palästinenser „administrative Kontrolle“ ausüben können. Die Außengrenzen hätten natürlich die Israelische Armee überwacht und die Flüchtlinge wären natürlich auch da geblieben, wo sie sind etc.etc…
Zudem hat sich angeblich der israelische Ministerpräsident geweigert, direkt mit dem PLO-Chef zu verhandeln. Während der 15 Tage sprachen Barak und Arafat nicht mal eine Stunde miteinander, und dann nur über das Essen und das Wetter.
Und nun erzählst du, Arafat hätte die alleinige Schuld am Scheitern gehabt ?
Falls du die oben angebenen Behauptungen widerlegen kannst oder anderslautende Informationen hast wäre ich wirklich sehr interessiert.
Das Israel sich an eines dieser Abkommen halten würde, hat man
auch nicht gehört…
Tja, diese ist ja wohl leider nicht richtig. Warum gibt es
denn eine Autonomiebehörde, -gebiete, Polizeieinheiten,
Verbote von Parteien in Israel, Überarbeitung israelischer
Schülbücher, Projekte zur Aufarbeitung der israelischen
Geschichte usw. Alles Punkte aus den Abkommen.
Ja, alles ganz nett. Aber die wichtigesten Punkte sind ja wohl ein Staat für die Palästinenser (und zwar ein lebensfähiger, und nicht ein durch jüdische Siedlungen, Militäranlagen, Straßen und „Staatsland“ zerlöcherter Käse) und die Lösung des Flüchtlingsproblems. Wenn das geklärt ist, dann kann man ja auch mal ein bisschen Schulbücher aussuchen.
„Er“ ganz persönlich ? Oder nicht vielleicht eher
palästinensiche Terrororganisationen, die immer schon die
Friedensbestrebungen auch der gemäßigten Palästinenser zu
boykottieren versuchten und aufgrund der geplatzten Osloer
Abkommen neuen Auftrieb erhielten ?
Warum gab es diese Organisationen noch? Warum waren und sind
sie immer noch schwer bewaffnet? Hier gibt es noch viele
andere Fragen, welche aufzeigen, dass er sehr bewusst auch
diese Gewalt als politsches Mittel sich vorbehalten wollte und
seine Ansprache über die palästinensichen Medien rufen sehr
wohl, zu Gewalt und den Kampf gegen Israel auf.
Ich glaube, du solltest mal anfangen, die Palästinenser nicht als eine homogene Gruppe zu sehen. Das sind diese nämlich genau so wenig wie die Israels. Die Hamas trat genau in dem Jahr erstmals öffentlich in Erscheinung, in dem der palästinensische Nationalrat erstmals die UN-Resolution und den UN-Teilungsplan anerkennt, und somit die Teilung in zwei Staaten akzeptiert (1988). Daher sollte eigentlich jedem klar sein, dass diese Gruppe z.B. kein Interesse an zwei getrennten Staaten hat, und immer dann aktiv wird, wenn diese Lösung absehbar ist. Arafat hingegen würde ich durchaus der (meiner Meinung nach größten Gruppe) der Palästinenser zurechnen, die ihren eigenen Staat will. Hier alle in einen Topf zu werfen halte ich für absolut falsch.
Tja, so wird das aber sein. Beide Seiten müssen auf
Forderungen verzichten, wenn sie Frieden wollen. Oder soll
Israel sich jetzt auflösen, damit es keine Konfliktherde mehr
gibt?
Verlangt das noch irgendwer ? Das verlangt ja nicht mal Arafat. Aber wie wäre es mit Rückzug auf das Gebiet vor 1976, Lösung des Flüchtlingsproblems und Stationierung von UN-Sicherheitstruppen um sowohl die Sicherheit der Palästinenser, als auch die der jüdischen Siedler in den Palästinensergebieten zu gewährleisten ?
Diese war die Ausgangslage von Oslo und beide Seiten hatten
sich darauf verständigt. Warum dieses völkerrechtlich ein Witz
sein soll ist mir nicht klar.
Zu einem souveränen Staat gehören z.B. auch die Errichtung einer eigenen Armee, das Untersagen des Aufenthalts oder Durchzugs staatsfremder Armeen, eine unabhängige Außen- und Wirtschaftspolitik, die Sicherung der Staatgrenzen etc.
Welches Gebiet sollten denn a) deiner Meinung nach b) nach
Meinung der Israelischen Regierung c) nach den Osloer Abkommen
Hier gibt es keine grossen Unterschiede. Es geht um die
Grenzen von 1967, wobei beachtet werden muss, dass sich seit
dem die Dinge verändert haben und hierüber im Detail
nachverhandelt werden kann. Dieses war auch Ausgangslage von
Oslo und die Palästinenser wussten dieses von Anfang an.
Schöner Punkt
Wer ist denn GEGEN den Rückzüg auf die Grenzen von 1967 ? Zu sagen, irgendwas müsse „nachverhandelt“ werden heisst doch nur, hier wird versucht, ein Problem NICHT zu lösen, nämlich dass des tatsächlichen Gebiets, dass die Palästinenser inrgendwann für sich beanspruchen können…
Seit Oslo haben die Israels munter fortgefahren, weiterhin neue Siedlungen zu bauen und auszuweiten.
d) nach Meinung der Palästinenser rein flächenmäßig dieser
Palästinenserstaat umfassen ?
Dieses ist wirklich ein Problem, da hier kaum Aufklärung über
den Friedensprozess betrieben wurde und stattdessen in den
Medien weiterhin die Maximalforderungen als Ziel dargestellt
wurden. Nur damit kann es keine Verhandlungsergebnis geben und
das weiss ja wohl Arafat. Er hätte sein Volk langsam darauf
vorbereiten müssen, was als Ergebnis rauskommen wird. In
Israel hat dieser Prozess ja auch stattgefunden. Am Schluss
waren die Israelis ja sogar bereit, auf Ostjerusalem zu
verzichten.
Das ist mir neu, soweit ich weiss, sollte Jerusalem noch bei den Camp David Verhandlungen 2000 unter israelischer Souveränität verbleiben. Hast du irgend eine Quellenangabe für obiges ?
Es braucht keine Alternativen, sondern Kräfte, die Willens und
in der Lage sind, sich an unterzeichnete Verträge zu halten.
Ja, das sehe ich nicht viel anders. Aber es braucht diese
Kräfte auf beiden Seiten. Zur Zeit gibt es diese weder auf der
einen noch auf der anderen Seite.
Nun ja, Arafat ist nach wie vor da. Und wer ist auf israelischer Seite bereit mit WEM zu verhandeln ?
Wenn sich die Kräfte auf beiden Seiten, die einen Frieden wünschen, sich gegenseitig unterstüzen würden (z.B. dadurch, dass sie keine utopischen Anforderungen stellen), dann hätte viel gewonnen werden können. Es sah sooooo gut aus, noch vor wenigen Monaten eigentlich.
Die Israelis müssen sich diese Frage nicht stellen ?
Ja, sicherlich. Nur wird es sich keine israelische Regierung,
auch Sharon nicht leisten können, ohne Terror gegen die
Autonomiebehörde vorzugehen. Ich weiss, dieses ist die Frage
nach der Henne und dem Ei. Allerdings muss man auch sehen,
dass Israeli in der Vergangenheit nach Terroranschlägen immer
wieder lange Fristen eingeräumt hat. Und einseitig des öfteren
auf Vergeltungsmassnahmen verzichtet hat. Was vor allem Perez
und der Arbeiterpartei zu verdanken ist.
Ich stell mir grad vor, Spanien oder GB hätten nach jedem Terroranschlag der IRA oder der ETA das Baskenland oder Irland bombardiert. Ob die dann wohl mehr Frieden im Land gehabt hätten ?
Wieso steht das auf einem anderen Blatt ? Ist dies nicht mit
eine der entscheidenden Fragen in der gegenwärtigen Situation ?
Die Regierung und das Parlament besteht nicht nur aus Sharon.
Er ist Regierungschef in einer Demokratie. Es gab schon des
öftern vorgezogene Neuwahlen in Israel, wenn es zu solchen
Situationen kam. Aber solange Sharon an der Regierung ist,
wird es zu zähen Verhandlungen kommen und er wird sicherlich
nicht einfach die Verhandlungen wieder fortsetzen, sondern
einiges in Frage stellen.
Ja, das ist ja das Dilemma. Und die nächste Israelische Regierung wird wieder einiges in Frage stellen und nachverhandeln wollen undundund… Angeblich erkärte Shamir 1992, als er die Wahlen gegen Rabin verlor, dass er noch über zehn Jahr mit den Palästinensern verhandelt hätte, ohne ein Abkommen abschließen zu wollen. Ist das Strategie oder Programm ?
Auf der anderen Seiten muss man sehen, dass hinter Arafat sehr
wohl gemässigte Kräfte stehen, welche einen nicht kleinen Teil
der Bevölkerung ausmachen. Sicherlich besteht hier das Problem
in der jetztigen Situation gegen die Terrorgruppen noch
vorgehen zu können. Dieses sehe ich als Hauptproblem.
Nein, das sehe ich nicht als Hauptproblem, sondern allenfalls als ein Symptom an. Und solange die Ursachen nicht beseitigt werden, wird das Symptom auch immer wieder auftreten.
Gruss
Marion