Hallo,
(leider funktioniert die Zitatfunktion bei mir z. Z. nicht)
meine Verwunderung bezog sich darauf, dass du den §6 in deiner
Betrachtung mit einer lapidaren Aussage weitgehend
ignoriertest, obwohl genau der sich mit dem hier diskutierten
Problem beschäftigt.
Nein, ich habe doch § 6 nicht ignoriert. Es ist die entscheidende spezialgesetzliche Vorschrift.
Es kann natürlich sein, dass hier auch vor Ort eine
fehlerhafte Ermessensentscheidung getroffen wurde -
möglicherweise. Behauptet wurde aber, unter
anderem von Dir, die Handlungsweise sei schlicht illegal
gewesen (Punkt) Nicht „vielleicht“ oder „unter Umständen“,
Dein Einwand die Bedingungen des Paragraphen 6 müssten alle
erfüllt sein ist wichtig. Allerdings sind m. E. alle
Bedingungen klar erfüllt.
Ich hatte es so gemeint: Unter der Voraussetzung, dass die Polizei noch nicht einmal den Versuch unternommen hat, einzelne gewalttätige Demonstranten festzunehmen, und den restlichen Demonstranten damit klar zu machen, dass sie weiterzugehen und keine Gegenstände zu werfen haben, war die Maßnahme rechtswidrig. (Ich zitiere mich selbst: Es gab keine einzige Festnahme, offensichtlich noch nicht einmal den Versuch. Daher war die Maßnahme rechtswidrig.)
Hierfür spricht § 6 Abs. 1 PolG NRW. Dieser drückt das Ultima-Ratio-Prinzip aus. Gegen einen nicht Verantwortlichen darf die Polizei nur dann vorgehen, wenn alle anderen Mittel ausscheiden. Das Gesetz sagt:
…wenn Maßnahmen gegen die … Verantwortlichen nicht [a] oder nicht rechtzeitig möglich [b] sind oder keinen Erfolg versprechen [c]
Alternative a kommt hier nicht zum Tragen, da natürlich Maßnahmen möglich waren. Sie waren auch rechtzeitig möglich, b scheidet auch aus. Bleibt nur Alternative c, auf die sich auch die Polizei beruft. Es sei nicht erfolgversprechend gewesen, gegen die Gewalttäter vorzugehen. Nur, wo ist der Beweis dafür? Auch unter den radikalen Islamisten gibt es viele, die sich nach außen hin friedlich geben. Diese Wölfe im Schafspelz möchten auch nicht, dass in der Öffentlichkeit der Eindruck entsteht, man würde die Polizei angreifen. Es gab ja sogar eigene Ordner vom Mili Görus. Im Ergebnis war das Entfernen der Flagge zu dem damaligen Zeitpunkt noch nicht die Ultima Ratio.
Die Entschuldigung des Polizeipräsidenten sehe ich zunächst
mal als einen politischen Akt der Öffentlichkeitsarbeit.
Volkesseele ist erzürnt und will beschwichtigt werden. Wenn
dies nun ein rechtswirksames „Schuldeingeständnis“ war,
Hier bin ich mir nicht hundertprozentig sicher, ich gehe aber wie gesagt davon aus, dass die öffentliche Entschuldigung auch eine Rechtswirkung entfaltet.
dann
müssten nun ja auch die Polizisten strafrechtlich und
disziplinarisch gemaßregelt werden.
Die straf- und zivilrechtliche Seite ist separat von der polizei- bzw. verwaltungsrechtlichen Seite zu sehen. Es ging hier nur um die Frage, ob die Gefahrenabwehrmaßnahme rechtswidrig war oder nicht. Dazu ist es nicht Bedingung, dass eine Straftat vorliegt - auch wenn man dies in diesem Fall nicht ausschließen kann.
So wie sich mir die
Situation darstellt waren die aber durch fehlerhafte
Einschätzungen der Polizeiführung im Vorfeld in eine
bedrohliche und unhaltbare Situation gebracht worden. Sie
dafür dann abzustrafen empfände ich als höchst unfair.
Ich stimme dir zu, dass die Polizeibeamten vor Ort nicht für die fehlerhafte Lageeinschätzung verantwortlich waren. Sie mussten das beste daraus machen.
Aber ein Recht, sich nicht in Gefahr begeben zu müssen, gibt es für Polizeibeamte nicht. Natürlich waren die Demonstranten aggressiv und auch in der Überzahl. Das berechtigt die Polizei aber nicht dazu, im ersten Schritt gleich den Nichtstörer anzugehen. Entschuldige bitte den Ausdruck, aber das ist Feigheit vor dem Feind.
Gruß
Ultra