Hallo Coccinella
Lernt man aus der Geschichte?
Interessante Frage.
Sollte man sich damit befassen?
Doch, interessehalber.
Vielleicht lernt man tatsächlich aus der Geschichte, aber dann ist es ein unerhört langsamer Lernprozeß, eine unendlich mühsame Kulturarbeit auf Umwegen.
Es sieht so aus, als ob jahrhundertelang blutige Kriege geführt worden sind, ohne daß man daraus gelernt hätte. Sicherlich gab es viele, viele Menschen, die sich nichts sehnlicher gewünscht hätten, als daß die Kriege endlich aufhören. Aber das waren alles Untertanen, die nichts zu sagen hatten. Wahrscheinlich nahmen die meisten an, daß Kriege einfach zum Leben gehörten, und daß sie eine „Schule der Männlichkeit“ seien (oder ließen sich das einreden).
Der Lernprozeß, der dazu führte, daß wir zumindest innerhalb der „ersten Welt“ keine Kriege mehr haben, beruht schlicht auf der Erkenntis, daß wir es uns nicht mehr leisten können.
Aber wer weiß?
Ob wir aus den Fehlern der Gegenwart - Ausbeutung der dritten Welt und der Umwelt - halbwegs frühzeitig lernen, oder ob wir diese Fehler bis zum Exzess machen werden, und uns vielleicht auf diesem Wege die Kriege wieder in unsere Welt hereinholen, oder auf andere Weise erst zur Erkenntnis kommen müssen: „Das können wir uns auf keinen Fall weiter leisten“?
Es gibt ein Phänomen: große geschichtliche Episoden haben eine sichtbare Nachwirkung, die ungefähr hundert Jahre anhält. Dann verblaßt die Wirkung, nicht nur, weil kein „Zeitzeuge“ mehr lebt, sondern weil andere Ereignisse im Vordergrund sind. Die Tatsache der Kriege Napoleons hat die Entscheidungen in der europäischen Politik wahrscheinlich durch das ganze 19. Jahrhundert hindurch beeinflußt.
Ähnliches gilt jetzt für den 2. Weltkrieg, den Nationalsozialismus und den Holocaust. Lange Zeit hindurch wurde totgeschwiegen. Als ich in die Schule ging, hörte der Geschichtsunterricht grundsätzlich nach dem 1. Weltkrieg auf. Kein Lehrer hätte es sich leisten können, die Geschehnisse des 2. Weltkrieges und der Zeit des Nationalsozialismus insgesamt beim Namen zu nennen, er wäre in des Teufels Küche gekommen, weil soviele noch lebten und Einfluß hatten. Heute kann und soll man ganz offiziell darüber reden - nur noch wenige leben noch und die haben kaum mehr Einfluß. Und wiederum 20, 30 oder 40 Jahre später?
Wo haben die Deutschen gelernt? Wie ist das zu beziehen auf
den Nationalstolz, der sich durch die WM entwickelt hat? Wie
steht ihr dazu und v. a. was glaubt ihr, wie lange das hält?
Wie sieht es nach der WM aus?
Ich nehme an, dieser Nationalstolz war aus obigen Gründen einige Jahrzehnte hindurch verpönt. Jetzt darf man wieder.
Grüße,
I.