Hallo Wolfgang
danke für Deinen guten Beitrag, der
mit seinen Formulierungen sehr von meinen
allzu-polemischen Idiomen abweicht 
Ich halte das Dritte Reich von Beginn an für ein altmodisches
Fossil, das schon damals nicht mehr in die Zeit paßte. Zu
diesem Ergebnis komme ich selbst dann, wenn ich ethische
Gesichtspunkte unbeachtet lasse.
Diese „Altmodischkeit“ war aber auch Teil
des Images, welches ‚man‘ sich selbst zu
geben versuchte. Gerade die „Elite der Elite“
(SS) sah sich selbst mehr oder weniger als Träger
einer ‚wiedergewonnenen archaischen Mystik‘.
Innerhalb dieser Mystik macht man eben dann
die Grimassen, von denen man glaubte, dass
sie dazugehören – was auf den Beobachter
bedrohlich oder befremdlich wirken muss.
Die Verfolgung und das Ansinnen der Ausrottung u. a.
der jüdischen Minderheit ging mit einem massiven
Aderlaß an geistiger Substanz auf allen
Wissenschaftsgebieten einher.
Hier sind zwei Dinge hinzuzufügen. Die Juden,
wie „andere Rassen auch“ (nach der zeitge-
nössischen Vorstellung) sollten ihren eigenen
„Volksraum“ bekommen. Ganz Europa sollte
„umgevolkt“ werden, mit einem Gradienten
vom „Arier“ zum „Juden und Untermenschen“
(über den Slaven) von West nach Ost.
Dieses sah man als „Reinigungsprozess“ des
eigenen Volkes an, daher auch die Nürnberger
Rassengesetze. Aus der Sicht der Deutschen war
dies demnach „konstruktiv“ und „wissenschaftlich“.
An „Ausrotten“ dachte imho zunächst niemand,
es war den Leuten eher vollkommen egal, wo
nun „andere Rassen ihren Siedlungsraum zu-
gewiesen bekämen“.
Derartige Dummheiten gehören zu den vielerorts
anzutreffenden Handlungsweisen in Diktaturen.
Es gibt auch moderne Beispiele von vollzogener
oder versuchter oder hingehaltener „Umvolkung“
aus staatlich legitimierten sentimentalen Gründen
in der heutigen Welt, aber das ist ein anderes Thema.
Eine weitere Dummheit, die in dieser ausgeprägten Form
ebenfalls zu den typischen Handlungsweisen in Diktaturen
gehört, in Deutschland aber auf besonders fruchtbaren Boden
traf, war der übersteigerte Militarismus mit einer Aufrüstung,
die die Leistungsfähigkeit des Landes überforderte.
Das würde ich nicht so streng sehen. Es gibt wieder
genug moderne Beispiele von Ländern, die sich extrem
militaristisch gebärden, pleite sind und sich als das
Nonplusultra der Zivilisation verstehen.
Das militärische Ziel hieß Unterwerfung. Solches Ziel paßt in
vorindustrielle Zeiten, aber nicht ins 20. Jahrhundert. Das
halbe Jahrhundert vor der Regierung Hitler war von zahllosen
bahnbrechenden technischen Fortschritten gekennzeichnet. Man
brauchte schon damals keine hellseherischen Fähigkeiten für
die Erkenntnis, daß niemand von zig Millionen unterworfener
Arbeitssklaven etwas hat, außer hohem Aufwand, die
Unterdrückung aufrecht zu erhalten. Bennoch träumte und
schrieb A. Hitler vom dauernden Krieg. Der Mann und seine
Gefolgschaft hatten gar nicht gemerkt, wohin die Reise geht
und waren einer schon damals überkommenen Denkweise verhaftet.
Von diesen Leuten kam niemand auf die Idee, den
Rohstofflieferanten und zahlenden Kunden für Industrieprodukte
des eigenen Landes in den Nachbarn zu sehen. Statt dessen
stand der von Anfang an sinnfreie Blödsinn von Unterwerfung
und dauerndem Krieg.
Am Ende kam es so raus - das stimmt. Aber ich erinnere mich
daran, dass es vor allem in der Ostpolitik auch ganz andere
Tendenzen gab - Nazis, welche weitgehende Selbstverwaltung
(unter deutscher Oberhoheit) vorsahen. Nur hatten diese
Kräfte im damaligen System nicht den längeren Atem.
Die „Ideologen“ setzten sich mit ihrer „straffen Linie“
in der Verwaltung des Ostraumes durch.
Diese Mischpoke - ich drücke mich bewußt
abwertend aus - hatte nicht den geringsten Schimmer von
elementaren wirtschaftlichen Zusammenhängen. Ganz zu schweigen
vom Fehlen jeglicher Phantasie, wohin die schon damals
erkennbare technische und industrielle Entwicklung führen
könnte.
Ich denke mal, dass es auch solche Leute gab, die
das konnten. Speer + Milch würden mir einfallen.
Aber im Kompetenz- und Machtdschungel siegten am
Ende andere Kräfte mit ihren Vorstellungen.
…
Will sagen: Von was auch immer politische und militärische
Ziele geprägt waren, Weitsicht war es jedenfalls nicht,
Vernunft war es nicht, sinnvolle wirtschaftliche Ziele waren
es nicht und Ethik war es auch nicht. Was sich unsere
Altvorderen leisteten, war Hirnriß und verquaste Ideologie
fernab jeder Ratio. Der im Dritten Reich beschrittene Weg war
mit Menschenrechten, Demokratie und individueller Freiheit
inkompatibel. Aus diesen Gründen ist die Behauptung abwegig,
außer einer Minderheit erkenntnisresistenter Hohlköpfe würde
jemand das Scheitern des Dritten Reichs betrauern. Nicht nur
wir, ganz Europa muß froh sein, daß die damals eingeschlagene
Richtung derart in Grund und Boden gebombt wurde, daß auch der
letzte Ignorant das Ende der (Alb-)Traume begreifen mußte.
OK.
Die Ideologie war eine verschärfte Form des üblichen
Rassismus des Abendlandes, unter dessen „Flagge“ auch
die Briten ihr Weltreich eroberten.
Warum sollten die deutschen „Schlechtweggekommen
und sich zu höherem berufen Fühlenden“ nicht
annehmen dürfen, dass man in den Goldregen kommt,
wenn man genau so mit den „niederwertigen Rassen“
umspringt und sich in analoger Weise bedient?
(aus der Sicht von 1933).
Grüße & Danke
CMБ